22/PET XXVII. GP

Eingebracht am 17.06.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Petition

Abgeordnete/r zum Nationalrat

Michael Bernhard

An Herrn

Präsidenten des Nationalrates
Mag. Wolfgang Sobotka
Parlament

1017 Wien, Österreich

Wien, am 17.06.2020

Sehr geehrter Herr Präsident!

In der Anlage überreiche ich/ überreichen wir Ihnen gem. §100 (1) GOG-NR die Petition betreffend Selbstbestimmtes Sterben in Würde

Seitens der Einbringerlnnen wird das Vorliegen einer Bundeskompetenz in folgender Hinsicht angenommen:

Das österreichische Strafgesetz (StGB) fällt in die Kompetenz des Bundes

Dieses Anliegen wurde bis zur Einbringung im Nationalrat von 91,322 BürgerInnen unterstützt.
Mit der Bitte um geschäftsordnungsmäßige Behandlung dieser Petition verbleibe ich/verbleiben wir mit freundlichen Grüßen

Anlage

Hinweis: Ggf. vorgelegte Unterschriftenlisten werden nach dem Ende der parlamentarischen Behandlung datenschutzkonform vernichtet bzw. gelöscht, soweit diese nicht nach den Bestimmungen des Bundesarchivgesetzes zu archivieren sind.

Selbstbestimmtes Sterben in Würde

Die Österreichische Gesellschaft für ein humanes Lebensende (ÖGHL) und die Petition von Wolfgang Obermüller „Recht auf Sterbehilfe", ersuchen den Nationalrat, die Entkriminalisierung von Sterbehilfe zu diskutieren und gesetzgeberisch umzusetzen.

Die Österreichische Gesellschaft für ein humanes Lebensende (ÖGHL) setzt sich dafür ein, Menschen die Möglichkeit zu geben, sinnloses und unerträgliches Leid am Lebensende zu vermeiden und dadurch ihre Menschenwürde zu erhalten. Sie ist einem humanistischen Weltbild verpflichtet und ist überkonfessionell und überparteilich. Gemeinsam mit der Petition „Recht auf Sterbehilfe" von Wolfgang Obermüller, die bereits von über 90.000 Menschen[1] unterzeichnet wurde, möchte die ÖGHL die gesellschaftliche, politische und legale Durchsetzung des Rechts auf Selbstbestimmung am Lebensende, sowie die Entkriminalisierung der Sterbehilfe, insbesondere die Änderung von §78StGB „Mitwirkung am Selbstmord", zum Beispiel durch Einfügung geeigneter qualifizierter Ausnahmen, in denen Sterbehilfe zulässig ist.


 

Die Petition stützt sich außerdem auf das Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte[2] und das Urteil des Deutschen Bundesverfassungsgerichts[3] und auf die dort bereits begonnene praktische Umsetzung, sowie auf die Liberalisierung oder sogar Zulassung von Sterbehilfe in weiteren (europäischen) Ländern. Die Petition bezieht sich auf die Empfehlungen der Bioethikkommission des Bundeskanzleramts („Sterben in Würde", 2015), die eine Reform der Sterbehilferegelungen empfahl. Als Umsetzungsmöglichkeit verweist die Petition auf das niederländische und das Schweizer Modell der Sterbehilfe.

Ein Recht auf Selbstbestimmung am Lebensende ist ein wesentlicher Teil der Autonomie des Menschen. Im Laufe der Geschichte hat diese Betonung und Anerkennung zugenommen und wie eine Umfrage zeigt, spricht sich die Mehrheit der Bevölkerung in Österreich für Sterbehilfe aus.[4]

Die Petition zielt vor allem auf ein Recht auf Selbstbestimmung am Lebensende, im Kontext von unausweichlichem schwerem körperlichem oder psychischem Leid, insbesondere bei unheilbaren Krankheiten, unter ärztlicher und psychologischer Betreuung, und bei aufrechter Urteilskraft des Leidenden ab. Der ethische und zeitliche Vorrang von Palliativmedizin, sowie psychischer und emotionaler Betreuung vor jeder Entscheidung zum Freitod wird betont.



[1] Stand Mai 2020

[2] Haas gegen die Schweiz vom 20.01.2011

[3] Urteil vom 26.02.2020 (Suizid und Hilfe dazu als Grundfreiheit)

[4] http://www.medizinalrecht.org/wp-content/uploads/2013/03/Meinungsumfrageergebnisse_Selbstbestimmung_am_Lebensende.pdf, https://www.oeghl.at/2020/02/27/große-mehrheit-für-liberalisierung-der-sterbehilfe/