65/PET XXVII. GP

Eingebracht am 18.06.2021
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Petition

Abgeordnete/r zum Nationalrat

NR-Abg. Di Olga Voglauer

NR-Abg. Mag.a Eva Blimlinger

 

An Herrn

Präsidenten des Nationalrates
Mag. Wolfgang Sobotka
Parlament

1017 Wien, Österreich

Wien/Dunaj, am 17.06.2021

Sehr geehrter Herr Präsident!

In der Anlage überreiche ich/ überreichen wir Ihnen gem. §100 (1) GOG-NR die Petition betreffend

Für die Sicherung des Slowenistikstudiums & des Instituts für Slawistik an der Universität
Klagenfurt/Za trajni obstoj študija slovenistike in inštituta za slavistiko na Univerzi v Celovcu

Seitens der EinbringerInnen wird das Vorliegen einer Bundeskompetenz in folgender Hinsicht angenommen:

Universitätswesen (Art. 10 Abs. 1 Z 12a B-VG)

Dieses Anliegen wurde bis zur Einbringung im Nationalrat von         -        BürgerInnen unterstützt.

Mit der Bitte um geschäftsordnungsmäßige Behandlung dieser Petition verbleibe ich/verbleiben wir       mit freundlichen Grüßen

Anlage

Hinweis: Ggf. vorgelegte Unterschriftenlisten werden nach dem Ende der parlamentarischen Behandlung datenschutzkonform vernichtet bzw. gelöscht, soweit diese nicht nach den Bestimmungen des Bundesarchivgesetzes zu archivieren sind.


Parlamentarische Petition

FÜR DIE NACHHALTIGE ABSICHERUNG DES SLOWENISTIKSTUDIUMS UND DES INSTITUTS
FÜR SLAWISTIK AN DER ALPEN-ADRIA-UNIVERSITÄT KLAGENFURT
ZA TRAJNI OBSTOJ ŠTUDIJA SLOVENISTIKE IN INŠTITUTA ZA SLAVISTIKO NA ALPSKO-

JADRANSKI UNIVERZI V CELOVCU

17.06.2021

Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner der Petition fordern die Bundesregierung auf, den Bestand und die Entwicklung des Slowenistikstudiums und insbesondere des Instituts für Slawistik an der Alpen-Adria-Universität in Klagenfurt/Celovec als wichtige Bildungsinstitution im mehrsprachigen Alpen-Adria-Raum und im zweisprachigen Kärnten/Koroška langfristig und für künftige Generationen zu achten, zu sichern und zu fördern.

Die Initiatorinnen und Initiatoren der Petition sind slowenischsprachige Studierende aus Klagenfurt/Celovec, Graz/Gradec und Wien/Dunaj. Die Unvorhersehbarkeit der Entwicklung des Studiums stellt für zukünftige erstsemestrige Studierende eine Hemmschwelle dar, am Institut für Slawistik zu inskribieren. Auch für jene Personen, die sich bereits mitten im Studium befinden, ist die Unsicherheit darüber, ob und in welcher Form das Slowenistik- bzw. Slawistikstudium möglich sein wird, verhängnisvoll. Bildung und Ausbildung in der zweiten Landessprache - über die Sekundarstufe hinaus - sollten als essenzielles Identifikationsmittel für die zweisprachige und sonstig interessierte junge Generation gewährleistet werden. Die Entwicklung eines bildungs- und fachsprachlichen Niveaus in der deutschen Sprache ist im Rahmen eines Studiums an der Universität Klagenfurt/Celovec garantiert. Diese Chance der Sprachbildung in der slowenischen Sprache sollten Studierende im zweisprachigen Gebiet (Kärnten/Koroška) ungeachtet der jeweiligen Anzahl an Anmeldungen auch in der slowenischen Sprache erhalten, um den Spracherhalt und die Sprachentwicklung entsprechend zu fördern.

Österreich bekennt sich zur Umsetzung seiner völkerrechtlichen Verpflichtungen gemäß der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen des Europarates (in weiterer Folge: „die Charta"). Gemäß Art. 8 (1) (e) (iii) der Charta hat sich Österreich als Vertragsstaat dazu verpflichtet, in dem Gebiet, in dem Regional- oder Minderheitensprachen gebraucht werden, unter Berücksichtigung der Situation jeder dieser Sprachen und unbeschadet des Unterrichts der Staatssprache(n), dazu zu ermutigen und/oder zuzulassen, dass an Universitäten und anderen Hochschulen Unterricht in den Regional- oder Minderheitensprachen oder Möglichkeiten zum Studium dieser Sprachen als Studienfächer angeboten werden.

Die Charta der Regional- oder Minderheitensprachen trägt zu Recht dem Prinzip life-long-learning und einem nahtlosen Bildungssystem von der vorschulischen Erziehung über die Volks- und Mittelschule bis hin zu den Universitäten und der Erwachsenenbildung Rechnung. Für Volksgruppenangehörige ist die Beherrschung der Volksgruppensprache eine Grundvoraussetzung für die Ausübung der in Art. 7 Staatsvertrag von Wien aus 1955 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Volksgruppenrechte. Die Unterzeichner*innen dieser Petition sind sich sicher, dass im Staatsvertrag von Wien auch für die Absicherung des slowenischen Universitätswesens auf dem Gebiet Kärnten/Koroška Rechnung getragen worden wäre, hätte es bereits zu diesem Zeitpunkt eine Universität in Klagenfurt/Celovec gegeben.

Die Geschichte der Slawistik und damit der Slowenistik an der Universität Klagenfurt beginnt im Jahre 1971 mit der Berufung von Alexander Issatschenko auf die Lehrkanzel für "Allgemeine und Angewandte Sprachwissenschaft unter Berücksichtigung der Didaktik der slawischen Sprachen". 1975 wurde sie durch die Berufung von Rudolf Neuhäuser auf die Lehrkanzel für "Slawistik mit besonderer Berücksichtigung der Didaktik" auf dem Gebiet Literaturwissenschaft weiter ausgebaut. Das Institut für Slawistik der Universität Klagenfurt in seiner heutigen Form besteht seit dem Wintersemester 1977/78. Sowohl die Fakultät als auch das Institut genießen von Anfang an ein grenzüberschreitendes Renommee, das es entsprechend zu bewahren und zu fördern gilt.

Die Grundlagenforschung im Bereich Slowenistik ist im zweisprachigen Kärnten/Koroška unabdingbar. Eine Absicherung des hohen Sprachniveaus in Slowenisch ist auch im Hinblick auf die Kooperation mit der Lehrer*innen-Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule Kärnten

unerlässlich. Auch sind die slowenischen Dialekte in Kärnten/Koroška einzigartig und vor allem in ihrer heutigen Ausprägung wissenschaftlich noch nicht ausreichend erforscht.

Für die slowenische Volksgruppe in Kärnten und in der Steiermark hat das Slawistikstudium einen großen emotionalen Wert, es ist mehr als ein Studium. Das Studium sichert Volksgruppenangehörigen eine qualitativ hochwertige und umfassende hochschulische sprachliche Bildung in sowie eine wissenschaftliche Beschäftigung mit der Muttersprache. Für die Angehörigen der slowenischen Volksgruppe ist die Sprache das zentrale Identifikationsmerkmal. Für den Erhalt der Volksgruppe und für die nachhaltige Sicherung ihres Bestands ist somit der Spracherhalt und die weitere Entwicklung der Sprache, Literatur und Kultur einschließlich Grundlagenforschung von entscheidender Bedeutung. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit weiteren slawischen Sprachen, Literaturen und der Kultur in Kärnten/Koroška (dzt. Bosnisch/Kroatisch/Serbisch und Russisch) hat weiters eine wichtige gesellschaftspolitische Bedeutung. So trägt etwa die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Themen wie Ideologiekritik, Mehrsprachigkeitsforschung, Diversität und Kriegsforschung dazu bei, slawophoben Tendenzen in der Region und darüber hinaus entgegenzuwirken und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.

Die Unterzeichner*innen der Petition empfänden es als beschämend, wenn die Verantwortlichen nicht alle Maßnahmen setzen würden, um einer weiteren Rückgang der slowenischen Sprache und Kultur, die bereits aufgrund von historisch bedingter Assimilation weit vorangeschritten ist, zuvorzukommen. Die slowenischen Student*innenvereine fordern von der Bundesregierung und von der Republik Österreich ein proaktives Engagement hinsichtlich des Erhalts und der Förderung des Slowenischen und der slawischen Sprachen in Österreich, auch auf dem Gebiet des Hochschulwesens. Dies würde auch einer verfassungskonformen Auslegung der Staatszielbestimmung des Art. 8 Abs. 2 der österreichischen Bundesverfassung entsprechen. Gem. Art. 8 Abs. 2 bekennt sich die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) zu ihrer gewachsenen sprachlichen und kulturellen Vielfalt, die in den autochthonen Volksgruppen zum Ausdruck kommt. Sprache und Kultur, Bestand und Erhaltung dieser Volksgruppen sind zu achten, zu sichern und zu fördern.

Grundbedingung für einen erfolgreichen Bildungsweg ist ein nahtloser Übergang von der vorschulischen Erziehung über die schulische Bildung bis hin zur Hochschule und zur Erwachsenenbildung. Dieser Ausbildungsweg muss den Angehörigen der slowenischen Volksgruppe in Form eines Bachelor- und Masterstudiums Slowenisch sowie des Studiums weiterer slawischer Sprachen am Institut für Slawistik - ungeachtet der Studienkennzahlen - auch weiterhin vollumfänglich möglich sein.

Aus Studierendensicht braucht es dringend eine langfristige Absicherung des Bachelor- und Masterstudiums Slawistik, an der AAU Klagenfurt/Celovec und die Sicherstellung eines adäquaten Lehrveranstaltungsangebots, das es den Studierenden erlaubt, ihr Studienprogramm in der hierfür vorgesehen Studienzeit abzuschließen.

Es obliegt der Universität sämtliche Lehrveranstaltungen anzubieten, die es den Studierenden erlauben, das Studium entsprechend der vorgesehen Studiendauer auch abschließen zu können. Problematisch an der derzeitigen Situation ist der Umstand, dass die Semesterwochenstunden von Lehrveranstaltungen (bei gleichbleibender ECTS-Anzahl) auf sog. „Reading Courses" halbiert werden, wenn es keine ausreichende Anzahl an Teilnehmer*innen gibt. Die Logik dieser Maßnahme ist zwar wirtschaftlich nachvollziehbar, sie stellt dennoch kleinere Studien vor sehr große Herausforderungen, etwa in Bezug auf die Planbarkeit der Lehre, die Zumutbarkeit für die Lehrenden und mittelfristig ist auch die Durchführbarkeit der Studien selbst gefährdet. Im zweisprachigen Kärnten/Koroška ist jedoch die Absicherung des Studienangebots an der Slawistik und insbesondere im Hinblick auf das Studium der Slowenistik allein schon aus politischen Gründen unerlässlich und sind dafür - entsprechend den rechtlichen Verpflichtungen Österreichs - auch die hierfür notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen.

Zum Leitbild der AAU Klagenfurt/Celovec gehört es, Grenzen zu überwinden. Die AAU definiert sich als ,,[e]ine autonome und selbstbewusste Institution, die sich selbst und ihre Umgebung kritisch reflektiert. Über ihre Kernaufgaben hinaus ist sie gesellschaftlich offene Dialogplattform, Ort der Begegnung und think tank und ist sich ihrer besonderen Rolle als partizipativer Wissens- und Kulturträger vollauf bewusst.[1]"

Gemäß § 1 Universitätsgesetz sind die Universitäten berufen, „verantwortlich zur Lösung der Probleme der Menschen sowie zur gedeihlichen Entwicklung der Gesellschaft und der natürlichen Umwelt beizutragen" und zugleich der „Bewältigung der gesellschaftlichen Herausforderungen in einer sich wandelnden humanen und geschlechtergerechten Gesellschaft" zu dienen.

Die AAU Klagenfurt/Celovec bekennt sich gemäß ihrem Leitbild „[...] [zur] Diversität, [...] und stellt sich den gesellschaftlichen, kulturellen, wirtschaftlichen und technologischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. In Erfüllung ihrer internationalen Ansprüche in Forschung und Lehre sieht sie ihren Grundauftrag darin, die Entwicklung der Region inmitten eines vereinten Europa und einer vernetzten Welt zu fördern und ihre historische Lage im Schnittpunkt dreier Kulturen zu nutzen.[2]"

Als Initiatorinnen dieser Petition fordern die slowenischen Student*innenklubs in Kärnten/Koroška (KSSSK), Wien/Dunaj (KSSSD) und Graz/Gradec (KSSSG) die Bundesregierung und insbesondere den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie alle zuständigen Verantwortlichen auf, alle Maßnahmen zu setzen, um weiterhin den Zugang zu einem vollumfänglichen Bachelor- und Masterstudium der Slowenistik sowie zu weiteren slawischen Sprachen am Universitätsstandort Klagenfurt/Celovec zu sichern und auch in Zukunft aktiv zu fördern.

Mit allen anderen Unterzeichner*innen unterstütze ich die Forderungen nach:

-         einer vollständigen Umsetzung der völkerrechtlichen Verpflichtungen Österreichs aus der Charta der Regional- oder Minderheitensprachen des Europarates, insbesondere im Bereich des Hochschulwesens gemäß Art. 8 (1) (e) (iii) der Charta;

-         einer langfristigen Absicherung des Bestands und der Weiterentwicklung des Bachelorstudiums Slowenistik an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt/Celovec laut Studienordnung;

-         einer langfristigen Absicherung des Bestands und der Weiterentwicklung des Masterstudiums Slowenistik und des Masterstudiums „Cross-Border-Studies" (welches voraussichtlich mit Wintersemester 2022 eingeführt wird) an der-Adria-Universität Klagenfurt/Celovec mit der Möglichkeit der Ausarbeitung einer Masterarbeit auf dem Fachgebiet der Slowenistik und eines späteren Doktoratsstudium auf dem Fachgebiet der Slowenistik;

-         einer langfristigen Absicherung des Bestands und der Weiterentwicklung des Instituts für Slawistik an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt/Celovec;

-         einer langfristigen Absicherung der Grundlagenforschung im Bereich Slawistik sowie Slowenistik im zwei- und mehrsprachigen Kärnten/Koroška;

-         einer Garantie für Studierende, dass alle im Curriculum vorgesehenen Präsenzstunden

ungeachtet der zum Studium inskribierten Studierendenzahl den Studierenden vollumfänglich und ohne Kürzungen angeboten werden;

-         die Finanzierung zumindest einer Professur am Institut für Slawistik an der AAU

Klagenfurt/Celovec mit Fokus auf Kulturwissenschaften »Slowenisch«;

-         die allgemeine Förderung der slowenischen Sprache auf dem Gebiet des Hochschulwesens an den bestehenden drei Universitätsstandorten Klagenfurt/Celovec, Graz/Gradec sowie Wien/Dunaj, auch in Entsprechung der Staatszielbestimmung des Art. 8 Abs. 2 B-VG sowie die Förderung des wechselsseitigen Austauschs;

 

-         die Beibehaltung und die weitere Vertiefung der traditionell engen internationalen

Kooperation des Instituts für Slawistik an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt/Celovec mit anderen Universitäten, insbesondere im Alpen-Adria-Raum, entsprechend der gesellschaftspolitischen Verantwortung von Universitäten und entsprechend dem Leitbild der AAU „Grenzen überwinden".

Unterstützer*innen dieser Petition:

Für die Koordination dieser Petition verantwortlich und für Rückfragen zuständig:

-         Klub slovenskih študentk in študentov na Koroškem - Klub slowenischer Studentinnen und Studenten in Kärnten, Roman Petek, mail: office@ksssk.at.

-         Klub slovenskih študentk in študentov na Dunaju - Klub slowenischer Studentinnen und Studenten in Wien, Simon Urban, pisarna@ksssd.org

-         Klub slovenskih študentk in študentov v Gradcu - Klub slowenischer Studentinnen und Studenten Graz, Jera Jagodic, office@ksssg.at

Weitere Unterstützer*innen dieser Petition:

-         DI Olga Voglauer, Nationalratsabgeordnete/Poslanka v državnem zboru,

olga.voglauer@gruene.at

-         Mag.a Eva Blimlinger, Nationalratsabgeordnete/Poslanka v državnem zboru,

eva.blimlinger@gruene.at



[1] Universität Klagenfurt, Leitbild, vgl. https://www.aau.at/universitaet/profil/leitbild/, zuletzt eingesehen am

14.6.2021.

[2] Universität Klagenfurt, Leitbild, vgl. https://www.aau.at/universitaet/profil/leitbild/, zuletzt eingesehen am

14.6.2021.