Stellungnahme der Fachhochschule Campus Wien zur Novelle des FHStG – neues Fachhochschulgesetz FHG und zur Novelle des HS-QSG
GZ: 2020-0.272.905, (ausgegeben am 7. Mai 2020)
1 Stellungnahme und Änderungsvorschläge zum FHG
Grundsätzlich sei angemerkt, dass viele Punkte im neuen Fachhochschulgesetz die Entwicklungen und Erfahrungen der letzten Jahre aufgreifen und zur guten Weiterentwicklung des Sektors beitragen werden. Besonders erwähnt seien dabei § 2 Abs 2a) sowie § 2 a). Auch in der organisatorischen Durchführung des Studienbetriebs wurden Maßnahmen gesetzt, die einer Vereinfachung in den Verwaltungsabläufen dienen.
Äußerst bedauerlich werden allerdings die Einführung von Privathochschulen und die ausschließliche Zuordnung von Doktoratsprogrammen zu Universitäten gesehen. Letzteres schließt selbst in forschungsstarken Disziplinen an Fachhochschulen, mit entsprechender infrastruktureller und personeller Ausstattung, den Aufbau eigenständiger Doktoratsprogramme und deren Akkreditierung aus. Das ist umso bedauerlicher als bestimmte Disziplinen ausschließlich an Fachhochschulen etabliert sind (zB gesundheitswissenschaftliche Studienrichtungen, Soziale Arbeit) und es keine disziplinäre Anschlussstelle für Doktorate an Universitäten gibt. Studierende dieser Studiengänge sind meist Frauen, die dadurch strukturell benachteiligt werden.
Folgende Veränderungsvorschläge werden von Seiten der FH Campus Wien eingebracht, wobei gelb unterlegt jeweils die vorgeschlagene Ergänzung/Veränderung zu sehen ist:
§ 2 (5) Die Erhalter haben die Gleichstellung von Frauen und Männern und die ausgeglichene Repräsentanz von Frauen und Männern in allen Positionen und Funktionen zu beachten. Jedem Gremium haben nach Möglichkeit 50vH Frauen und 50vH Männern anzugehören.
Kommentar: die bisherige Regelung einer unbedingten 50 % : 50 % Verteilung entspricht nicht dem gerade im hochschulischen Bereich herangezogenen „Glasdecken-Index“, der Aufstiegschancen von Frauen und Männern in Relation zur Gesamtkohorte des akademischen Personal bemisst. In den Erläuterungen zum Gesetzestext könnte darauf Bezug genommen werden.
Die fixen % Sätze würde in monodisziplinären Hochschulen (zB rein technisch orientiert oder rein gesundheitswissenschaftlich orientiert) Gremien nicht adäquat besetzbar machen.
Darüber hinaus ist mit der derzeitigen Formulierung für Personen mit der Zugehörigkeit „divers“ kein Platz in den Gremien möglich.
§
2a: (2) Der Fachhochschul-Entwicklungs- und Finanzierungsplan hat einen
Planungszeitraum von zumindest drei fünf
Jahren zu umfassen und wird mindestens ein Jahr
vor Ende der Gültigkeit als neuer FH-EF - Plan verabschiedet.
Kommentar: Für die Planungssicherheit ist es unerlässlich längere Zeiträume zur Verfügung zu haben. Darüber hinaus sollte gewährleistet sein, dass keine Finanzierungslücken entstehen, sondern die langfristige Sicherheit gegeben ist.
§ 3 (2) 4: Ein Fachhochschulstudium ist so zu gestalten, dass es in der festgelegten Studienzeit abgeschlossen werden kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Jahresstudienleistung einer oder eines Studierenden 1 500 Stunden nicht überschreiten darf.
Kommentar: (Jahresarbeitsleistung könnte sich auch auf berufliche Tätigkeit beziehen – Jahresstudienleistung ist klarer.)
§
4 (5a): Bestehen Zweifel an der
Echtheit der Urkunden, mit denen die Erfüllung der Zugangsvoraussetzungen
nachgewiesen wird,……..,kann die Fachhochschule die Leitung des FH-Kollegiums die
Überprüfung der Unterlagen oder der Kenntnisse …..
Kommentar: Betrifft akademischen Belange, diese sollten der Kollegiumsleitung zugeordnet werden. Die Zuweisung an die Kollegiumsleitung schafft Klarheit in der Zuständigkeit
§ 6. (1) Nach Abschluss der für den Fachhochschul-Studiengang vorgeschriebenen Studien und Prüfungen wird durch die Leitung des Kollegiums per Bescheid ein akademischer Grad verliehen.
(6)
Über einen Antrag auf Nostrifizierung eines an einer ausländischen
Fachhochschule erworbenen Grades entscheidet das Kollegium die Leitung des Kollegiums der Einrichtung,
an die der Antrag gestellt wird und die den entsprechenden Studiengang
durchführt. Das Kollegium Die
Leitung des Kollegiums oder eine von ihr beauftragte sachverständige
Person hat zu prüfen, ob das ausländische Studium der
Antragstellerin oder des Antragstellers hinsichtlich der Anforderungen, des
Gesamtumfanges sowie der Studieninhalte so aufgebaut ist, dass es mit dem im
Antrag genannten inländischen Fachhochschul-Studiengang als gleichwertig
anzusehen ist. Sofern die Gleichwertigkeit grundsätzlich gegeben ist und
nur einzelne Ergänzungen auf die volle Gleichwertigkeit fehlen, haben die
antragstellenden Personen das Recht, diese vom Kollegium von der Kollegiumsleitung bekanntgegebenen
Lehrveranstaltungen und Prüfungen als außerordentliche Studierende
zu absolvieren.
Kommentar: Ersetzen von Kollegium durch Leitung des Kollegiums gemäß § 10 (4) 4 vorgeschlagene Fassung. Die Hinzuziehung einer sachverständigen Person dient der Qualitätssicherung und entspricht der derzeit üblichen Vorgangsweise.
(8)
Die Erhalter Fachhochschulen
sind berechtigt, für die Nostrifizierung eines ausländischen
Studienabschlusses eine Taxe von 150 Euro einzuheben. Die Taxe ist im Voraus zu
entrichten. Sie verfällt, wenn der Antrag auf Nostrifizierung abgewiesen
oder zurückgezogen wird.
Kommentar: Ersetzen Erhalter durch Fachhochschulen als konsistente semantische Weiterführung.
§ 7 (3) Nebenberufliches Lehrpersonal gemäß Abs. 2 kann sich nach Rücksprache mit der jeweiligen Studiengangsleitung von anderen Personen vertreten lassen, sofern diese über die gleiche Qualifikation verfügen.
Kommentar: eine verpflichtende Rückkoppelung an die Studiengangsleitung ist im Sinne einer geforderten Transparenz und entsprechender Information an die Studierenden essentiell. Statt gleich besser: gleichwertig.
§
8 (4) Der mit der Entwicklung
des beantragten Studienganges von der Fachhochschule vom Kollegium betraute Personenkreis muß
muss mindestens vier Personen
umfassen. Von diesen müssen zwei wissenschaftlich entweder durch Habilitation einen PhD oder durch eine dieser
gleichwertigen Qualifikation ausgewiesen sein, und zwei über den Nachweis
einer Tätigkeit in einem für den beantragten
Fachhochschul-Studiengang relevanten Berufsfeld verfügen. Die für die
Entwicklung des beantragten Fachhochschul-Studienganges verantwortlichen
Personen sind im Antrag zu nennen; eine Person ist von der Fachhochschule zu
beauftragen, der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung
Austria für die erforderlichen Auskünfte zur Verfügung zu
stehen. Im Falle der Akkreditierung haben mindestens vier Personen des mit der
Entwicklung betrauten Personenkreises im Studiengang zu lehren, zwei davon
jedenfalls hauptberuflich. Von den Lehrenden müssen zwei wissenschaftlich
durch Habilitation einen PHD
oder durch eine dieser gleichwertige Qualifikation ausgewiesen sein und zwei
über den Nachweis einer Tätigkeit in einem für den Studiengang
relevanten Berufsfeld verfügen. Scheidet eine dieser Personen aus dem
Lehr- und Forschungspersonal aus, ist diese durch eine gleichqualifizierte
Person zu ersetzen
Kommentar: eine Konkretisierung wer tatsächlich für diese Agenden verantwortlich zeichnet, ist in diesem Fall zielführend. Die Habilitation ist ein Phänomen des deutschsprachigen Sprachraums und wird auch hier zunehmend durch den wissenschaftlichen Ausweis eines PhD verdrängt. Auch nimmt die Zahl der Habilitierter an den Universitäten ab, da diesem Status nicht mehr die Bedeutung beigemessen wird wie früher. Daher ist es im Sinne einer Weiterentwicklung des FHG sinnvoll auf die Qualifikation eines PhD abzustimmen.
§
10 (2) Dem Kollegium gehören
neben der Leiterin oder dem Leiter des Kollegiums und ihrer oder seiner
Stellvertretung sechs Leiterinnen oder Leiter der jeweils eingerichteten
Fachhochschul-Studiengänge, sechs Vertreterinnen oder Vertreter des Lehr-
und Forschungspersonals sowie sechs vier
Vertreterinnen oder Vertreter der Studierenden der
Fachhochschul-Studiengänge an.
Kommentar: Nach dem Universitätengesetz sind im Senat der Universität – so dieser 18 Personen umfasst – vier Vertreter*innen der Studierenden vorzusehen. Das FH Kollegium umfasst ebenfalls 18 Personen. Es ist völlig systemwidrig hier eine größere Anzahl an Studierenden vorzusehen, als im Senat der Universitäten (zb auch Uni Wien).
§
10 (3) 1. ….. Wiederholte
Wiederbestellungen sind zulässig. Die Leitung des Kollegiums hat die
Bezeichnung Vorsitzende oder Vorsitzender des Kollegiums zu führen;
Kommentar: Der letzte Satz sollte gestrichen werden, da auch sonst im Gesetz keine Titel explizit angeführt werden und mit der Bezeichnung „Leitung des Kollegiums“ die Funktion eindeutig zuordenbar ist. Es besteht kein zusätzlicher Regelungsbedarf.
§ 10 (4): Der Leitung des Kollegiums obliegt:
1. die Beauftragung und die Erteilung von Anweisungen an Studiengangsleitungen und Leitungen von
akademischen Organisationseinheiten im Rahmen der akademischen
Qualitätssicherung sowie die Beauftragung und Erteilung von Anweisungen
an Mitglieder des Lehr- und Forschungspersonals um eine ordnungsgemäße Durchführung des Lehrbetriebes
sowie eine qualitätsvolle praxisorientierte Ausbildung auf Hochschulniveau
sicherzustellen. zu Art und Umfang der Ausübung ihrer
Lehrverpflichtung, soweit dies zur ordnungsgemäßen Aufrechterhaltung
des Studienbetriebes nach Maßgabe der Studienpläne erforderlich ist
Kommentar: Das Weisungsrecht der Kollegiumsleitung dient der Durchsetzung von Qualitätssicherungsmaßnamen, wenn im Rahmen der Evaluierung des gesamten Lehr- und Prüfungsbetriebs (siehe § 10 (3)Z8 Missstände in Studiengängen oder akademischen Organisationseinheiten zu Tage treten.
§
11 (3) Der Bewerberin oder den
Bewerber ist Einsicht in die Beurteilungs- und Auswertungsunterlagen zu
gewähren, wenn sie oder er dies innerhalb von drei Monaten ab Bekanntgabe
des Ergebnisses verlangen. Die Bewerberin
oder der Bewerber ist berechtigt, die Beurteilungsunterlagen zu
vervielfältigen. Vom Recht auf Einsichtnahme und
Vervielfältigung sind Fragen betreffend die persönliche Eignung
ausgenommen. Vom Recht auf Vervielfältigung sind ebenso
Multiple-Choice-Fragen einschließlich der jeweiligen
Antwortmöglichkeiten ausgenommen.
Kommentar: Auch jetzt schon nehmen „Abgesandte“ diverser Vorbereitungskurse für das Aufnahmeverfahren nur zu dem Zweck teil, dass für eben diese Kurse Informationen zu den jeweiligen Inhalten der Aufnahmeverfahren mitgenommen werden. Das führt dazu, dass jene, die sich diese Kurse leisten können, höhere Chancen haben, das Aufnahmeverfahren zu bestehen. Da man nicht jedes Jahr die Bewerbungsgrundlagen komplett ändern kann (es geht ja um ähnliche Fähigkeiten, die für das Studium relevant sind), würde eine Kopie der Beurteilungsunterlagen (Testbögen) zu einer Verstärkung dieses unerwünschten Effekts führen.
§ 15 (4) neu: Bei Prüfungen auf elektronischem Weg muss eine ordnungsgemäße Durchführung der Prüfung gewährleistet sein. Die Rahmenbedingungen hinsichtlich der technischen Infrastruktur sowie der organisatorischen Maßnahmen und der Überprüfung der Identität des oder der Studierenden müssen in der Prüfungsordnung der Hochschule festgelegt und rechtzeitig kommuniziert werden
Kommentar: Die Rahmenbedingungen für Prüfungen auf elektronischen Weg werden derzeit evaluiert und sollten nicht vorschnell in der Form, wie in der COVID-Verordnung festgelegt ins Gesetz übernommen werden. Die Erfahrungen der letzten Wochen sollten evaluiert und in der Festlegung zukünftiger Rahmenbedingungen berücksichtigt werden.
§ 16 NEU:
„Abschließende Prüfungen in Fachhochschul-Studiengängen Bachelor-, Fachhochschul-Master- und Fachhochschul-Diplomstudiengängen
(1) Die einen Fachhochschul-Studiengang abschließende Gesamtprüfung gemäß § 3 Abs 2 Z 6 ist vor einem facheinschlägigen Prüfungssenat abzulegen. Diese Gesamtprüfung setzt sich aus den Prüfungsteilen
1. Präsentation der Bachelorarbeit(en) bzw. der Masterarbeit,
2. Prüfungsgespräch, das auf die Querverbindungen des Themas der Bachelorarbeit(en) bzw. der Masterarbeit zu den relevanten Fächern des Studienplans eingeht sowie
3. Überprüfung des im Studienplan festgelegten Kompetenzerwerbs
zusammen.
Kommentar: Dieser Vorschlag entspricht dem von der FHK eingebrachten Vorschlag einer Zusammenführung beider Rahmenvorgaben, sowie der stärkeren Fokussierung auf die im Studium erworbenen Kompetenzen – in ihrer jeweiligen Unterschiedlichkeit auf Bachelor und Masterniveau.
§
18 (4) Studierenden steht einmalig
das AntragsrRecht auf
Wiederholdung eines Studienjahres in Folge einer negativ beurteilten
kommissionellen Prüfung zu. Die Wiederholung ist bei der
Studiengangsleitung binnen eines Monats ab Mitteilung des
Prüfungsergebnisses bekannt zu geben beantragen.
Kommentar: Im Sinne der effektiven und effizienten Nutzung der Studienplatzfinanzierung sollte es auch weiterhin möglich sein bei Studierenden, die in vielen Lehrveranstaltungen keinen Studienerfolg erbracht haben, eine Wiederholung des Studienjahres abzulehnen.
2 Stellungnahme und Änderungsvorschläge zum HS-QSG
Nach mehr als 25-jährigem Bestehen der Fachhochschulen, dem Aufbau umfassender interner Qualitätssicherungsmaßnahmen und der Durchführung regelmäßiger Zertifizierungen der Qualitätsmanagementsysteme ist das Festhalten an der Programmakkreditierung der einzelnen Studiengänge weder sinnvoll noch adäquat. Die Prüfbereiche der Programmakkreditierung werden in den wesentlichen Punkten auch bei den regelmäßigen Audits vorgelegt und überprüft, sodass es zu Doppellungen kommt, die keinen Mehrwert haben. Im Sinne der Verwaltungsvereinfachung und Ressourcenschonung sollte die Programmakkreditierung in Fachhochschulen, deren Qualitätssicherungssystem bereits zertifiziert ist, durch ein internes Qualitätssicherungsverfahren ersetzt werden.
Folgende Veränderungsvorschläge werden von Seiten der FH Campus Wien eingebracht, wobei gelb unterlegt jeweils die vorgeschlagene Ergänzung/Veränderung zu sehen ist:
§ 22 (8) Mit Zertifizierung des Qualitätsmanagementsystems der Fachhochschule geht die Programmakkreditierung sowie alle Änderungen der Studienprogramme in das Qualitätssicherungssystem der Fachhochschule über.
Kommentar: Mit der Durchführung regelmäßiger Audits ist eine ausreichende Qualitätssicherung für alle internen Studienprogrammentwicklungen gewährleistet (siehe auch oben)
§
31 (7) Die Ombudsstelle hat
jährlich einen Bericht über ihre Tätigkeit zu erstellen, wobei
die namentliche Nennung von Personen gemäß Abs. 1, die sich an die
Ombudsstelle gewandt haben, nicht zulässig ist. Die Nennung der Einrichtungen,
die mit Studierendenthemen befasst sind, ist zulässig.
Kommentar: Viele Anfragen an die Ombudsstelle umfassen reine Informationsabfragen, die beauskunftet werden. Die Nennung der Einrichtungen, ohne dass es vorher eine Befassung der Einrichtung mit dem Thema gab, wäre unverhältnismäßig.