Zu § 323c Abs 17 BAO

Die Fachgruppe Insolvenzrecht der Vereinigung der Österreichischen Richterinnen u Richter

spricht sich gegen die Regelung aus.

Diese schließt durch eine unwiderlegbare Vermutung de facto die Anfechtung nach der Insolvenzordnung gegenüber den Abgabenbehörden aus.

 

Grundsatz des österreichischen Insolvenzrechts ist die Gleichbehandlung der Gläubiger.

Durch die Anfechtungen von Zahlungen an Gläubiger im letzten Jahr vor Insolvenzeröffnung wird der Zeitpunkt der Gleichbehandlung vorverlegt.

Die Gläubiger zahlen den erhaltenen Betrag in die Insolvenzmasse zurück und melden ihn als Insolvenzforderung wieder an.

Dieses Geld dient vorerst der Finanzierung der Verwertung im Insolvenzverfahren und

wird letztlich als Quote gleichmäßig an alle Insolvenzgläubiger verteilt.

Ein de facto- Ausschluss der Anfechtung gegenüber den Abgabenbehörden führt daher zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der sonstigen Gläubiger.

Er schädigt die anderen Gläubiger (Lieferanten, Vermieter, Banken etc).

Die geplante Änderung ist gleichheitswidrig.

Das Geld aus einer Anfechtung dient auch oft dazu überhaupt die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens durch Kostendeckung zu ermöglichen.

Im Insolvenzverfahren hat der Schuldner dann die Möglichkeit der Sanierung.

Das Unternehmen und Arbeitsplätze bleiben erhalten, Gläubiger erhalten Zahlungen.

30% der Unternehmenskonkurse enden mit einem Sanierungsplan !

Andernfalls wird die Eröffnung abgelehnt, die Gewerbeberechtigung entzogen, die Gesellschaft im Firmenbuch gelöscht, Arbeitsplätze gehen verloren,

die Schulden bleiben –  die Gläubiger bekommen nichts.

 

Die Rückwirkung wird abgelehnt.

Die Regelung verhindert einen fair trial,

da sie die freie Beweiswürdigung des Gerichtes ausschaltet.

Allenfalls könnte statt einer unwiderlegbaren eine widerlegbare Vermutung normiert werden.

 

Mag. Christa Puschmann, Richterin des Handelsgerichts Wien

Obfrau der Fachgruppe Insolvenzrecht der Richter*innenvereinigung                        26.06.20