Eingebracht von: Sabutsch, Stefan

Eingebracht am: 21.07.2021

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

HL7 Austria ist ein gemeinnütziger Verein zur Verbesserung der elektronischen Datenkommunikation und Interoperabilität im Gesund­heits­­­wesen mithilfe der internationalen Standards von Health Level Seven® (HL7®). Ein wesentlicher Aspekt des Datenaustauschs zwischen Systemen ist die semantisch eindeutige Kennzeichnung von Informationen.

 

HL7 Austria begrüßt ausdrücklich das Bemühen, mit dem aktuellen Entwurf zur Änderung des Meldegesetzes 1991 das Recht auf individuelle Geschlechtsidentität im Meldewesen zu verankern.

 

Wir beobachten ähnliche Bemühungen rund um die Welt und auch verschiedene Lösungsansätze, um die Balance zwischen behördlicher Notwendigkeiten und dem Recht auf Selbstbestimmung zu halten. Erfolgreich sind klar definierte und möglichst einfache Lösungsansätze. Problematisch sehen wir daher die vorgeschlagene Umsetzung mit den Ausprägungen „divers“, „inter“ oder „offen“ (und keine Angabe) und möchten daher folgende Stellungnahme abgeben:

 

1)  Es soll klar gestellt werden, dass das "behördliche Geschlecht" (en: "administrative gender") auf das soziale Geschlecht abzielt und welche Zuordnungskriterien zum biologischen Geschlecht gelten.

2)  Die Bioethikkommission fordert ausdrücklich, neben weiblich und männlich "eine dritte Option" einzuführen, "wie etwa 'inter' oder 'divers'".  (siehe Intersexualität und Transidentität, Stellungnahme der Bioethikkommission, 28.November 2017 (1). Wir schlagen daher die Streichung einer der beiden Optionen "inter" oder "divers" vor.

3)  Ideal wäre die Definition des "dritten Geschlechts" als "weder männlich noch weiblich". Das würde alles umfassen, was nicht eindeutig den bisherigen Ausprägungen "männlich/weiblich" zuordenbar ist. Das würde auch die "offen" Option mit einschließen, die damit gestrichen werden kann.

4)  Falls eine Person keine Angabe über ihre Geschlechtsidentität machen kann oder möchte, kann die Option "keine Angabe" erwogen werden.

 

Vorschlag für eine Referenz auf internationale Standards:

 

*  Für die Verwendung in Reisepass, Personalausweis und anderen international verwendbaren Dokumenten wäre eine Bezugnahme auf internationale Standards wie etwa ISO/IEC 5218 (Information technology — Codes for the representation of human sexes) oder HL7 Administrative Gender (OID: 2.16.840.1.113883.5.1) sehr sinnvoll.

 

Herausforderungen in der Medizin-IT:

 

*  Wir weisen darauf hin, dass in der Medizin-IT das Attribut "Geschlecht" bisher mit dem biologischen Geschlecht gleich gesetzt wird und daher häufig mit Automatismen verwendet wird, wie etwa Berechnung von Referenzbereichen, medizinische Fachlogik oder auch eine Zuordnung zu Stationen/Zimmern bei stationären Aufenthalten. Diesem Problem muss sich die Branche stellen. Aus der Diskussion des neuen Meldegesetzes muss eine Diskussion folgen, wie mit den nunmehr erweiterten Daten der behördlicher Personenstandsregister in lokalen Dokumentationssystemen (wie Krankenhaus-Informationssysteme, Arzt-Praxissysteme etc) umzugehen ist.

*  Als Anregung möchten wir die Autoren des Änderungsvorschlags bitten, einen Vorschlag zu machen, wie Personen mit dem dritten Geschlecht in Briefen und Formularen anzusprechen sind.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Für die HL7 Austria

 

Dr. Stefan Sabutsch

Präsident

HL7 Austria

Erdbergweg 7/78052 Graz

 

(1) https://www.bundeskanzleramt.gv.at/dam/jcr:33e9da27-f94c-4029-9541-070c9d2b64ff/Intersexualitaet%20und%20Transidentitaet_BF.pdf