33. StVO-Novelle (142/SN-197/ME)

Stellungnahme zu Ministerialentwurf

Stellungnahme zu dem Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird (33. StVO-Novelle)

Bei den Stellungnahmen handelt es sich nicht um die Meinung der Parlaments­direktion, sondern um jene der einbringenden Person bzw. Institution. Mehr Informationen finden Sie in den Nutzungsbedingungen.

Inhalt

Vorbemerkung:

Es ist erfreulich, dass der Entwurf die sanfte Mobilität fördern will.
Leider ist der Primat des motorisierten Verkehrs aber auch in diesem
Entwurf ungebrochen, und die Benachteiligung von Radfahrern wird
z.B. in Z3 (§ 8a Abs. 3) weiter ausgebaut.

Im folgenden einige Vorschläge, um einige der schlimmsten
Benachteiligungen der STVO für Radfahrer zu beseitigen. Diese
Vorschläge sind nicht erschöpfend.


Zu Z3 (§ 8a Abs. 3): Dieser Punkt ist ersatzlos zu streichen.

Grund: Die Erlaubnis, mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen auf Radwegen
zu fahren, macht das Radfahren auf dem Radweg noch gefährlicher als es
ohnehin schon ist. Landwirtschaftliche Fahrzeuge vertragen sich auf
engen Wegen schlecht mit dem Radverkehr, wie z.B. der Tod von Hannes
Malte Mahler beweist.

Weiters geht es in diesem Punkt ausschliesslich darum, Radfahrer zum
Fahren auf so gefährlichen Wegen zu zwingen. Denn wenn es nur um die
Möglichkeit ginge, Wege einzurichten, auf denen Radfahrer (auf eigene
Gefahr), landwirtschaftliche Fahrzeuge, und L1e-Fahrzeuge fahren
dürfen, geht das z.B. mit der Tafel "Fahrverbot für alle
Kraftfahrzeuge" und entsprechende Zusatztafeln für Ausnahmen schon
jetzt, dazu braucht es diesen Punkt nicht.


Was im Entwurf leider nicht angegangen wurde:

§68 Abs. 1 (und 1a; Benutzungspflicht von Radfahranlagen): Diese
Absätze sind zu streichen, mit Ausnahme von: "Auf Gehsteigen und
Gehwegen ist das Radfahren in Längsrichtung verboten. Auf Geh- und
Radwegen haben sich Radfahrer so zu verhalten, dass Fußgänger nicht
gefährdet werden."

Grund: Radfahranlagen verringern die Flüssigkeit und Sicherheit des
Radverkehrs. Die Benutzungspflicht von Radfahranlagen schreckt vom
Radfahren ab.

Flüssigkeit: Ich bin z.B. auf der Fahrbahn typischerweise um den
Faktor 1,5 (über die gesamte Strecke) kürzer unterwegs als auf
Radwegen; benutzungspflichtige Radwege verringern also die Fläche, die
mit dem Rad in akzeptabler Zeit erreichbar ist, um den Faktor 2,25.
Das Radfahren steht in Konkurrenz zum motorisierten Verkehr, und dabei
ist der Effekt noch stärker. Während ich für einer bestimmten Strecke
motorisiert 28min gebraucht habe, und mit dem Fahrrad auf der Fahrbahn
33min, brauchte ich mit Radwegen 45-50min. Wenn's nur 5min extra
kostet, nimmt man eher das Rad als wenn es 17-22min mehr kostet.

Wenn jemand Bedenken bezüglich der Flüssigkeit des sonstigen Verkehrs
vorbringt: Radfahrer vermindern die Flüssigkeit weit weniger als
Autostaus; trotzdem werden keine Autofahrverbote an Stellen errichtet,
wo es sich häufig staut. Daher ist auch ein Radfahrverbot kein
akzeptables Mittel, um die Flüssigkeit des Verkehrs zu gewährleisten;
es ist noch nicht einmal ein geeignetes Mittel, da der
Verkehrsteilnehmer diese Stelle (und dann natürlich auch andere) dann
u.U. statt mit dem Rad mit dem Auto benutzt und damit dann die
Flüssigkeit des Verkehrs reduziert.

Sicherheit: Radfahranlagen sind alles andere als sicher, wie auch die
ausweichenden Antworten von Experten zeigen, wenn man Belege für die
von ihnen behauptete Sicherheit von Radfahranlagen sehen will. Selbst
in der STVO selbst ist die Gefährlichkeit von Radwegen dokumentiert:
Z.B. sind §43 (8) und §68 (3a) wohl dazu gedacht, die Gefahren von
Radfahranlagen etwas reduzieren; dass es keine entsprechenden
Paragraphen für Fahrbahnkreuzungen gibt, zeigt, dass Radfahranlagen
gefährlicher sind als die Fahrbahn.

Zum Abschrecken vom Radfahren: Ein Freund von mir fuhr 10 Jahre lang
unfallfrei mit dem Rad zur Arbeit. Dann haben sie ihm einen
benutzungspflichtigen Radweg hingebaut, auf dem er in zwei Monaten
zweimal mit Autos und einmal mit einer Hundeleine kollidierte. Dann
wechselte er auf eine radwegfreie Route, wo aber nach einiger Zeit
ebenfalls ein benutzungspflichtiger Radweg errichtet wurde. Dann gab
er das Radfahren auf. Auch ich fahre wegen der vielen
benutzungspflichtigen Radwege schon deutlich weniger als früher.


§52 a) 8c "Fahrverbot für Fahrräder": Dieses Zeichen ist ersatzlos zu
streichen.

Grund: Es gibt keinen sachlichen Grund, das Radfahren auf Fahrbahnen
zu verbieten, auf denen motorisierter Verkehr erlaubt ist. Siehe auch
die Ausführungen zu §68.

Was Sicherheitsbedenken bezüglich des Radfahrens an der Stelle betrifft:
Die Straße ist so zu gestalten, dass Radfahrer nicht
besonders gefährdet werden, und dass Radfahrer andere nicht besonders
gefährden. Ein Radfahrverbot ist kein akzeptabler Ersatz dafür.

Tatsächlich habe ich z.B. im Gesäuse oder im Bezirk Mödling
Radfahrverbote gesehen, die z.B. Linksabbiegen erzwingen und dadurch
die Gefährdung beträchlich erhöhen.

§52 b) 16 "Radweg"; 17a) "Geh- und Radweg": Diese Zeichen sind zu
streichen.

Grund: Siehe meine Ausführungen zu §68 Abs. 1.

Als geeigneten Ersatz für die Radfahrer, die Radwege benutzen wollen,
gibt es §53 27 "Radweg ohne Benützungspflicht" und 28 "Geh- und Radweg
ohne Benützungspflicht".


§19 Abs. 6a (Nachrang am Ende von Radwegen) ist zu streichen.

Grund: Diese Regelung bevorzugt den Fahrbahnverkehr (und wegen der
Radwegbenutzungspflicht damit den motorisierten Verkehr) vor
Radfahrern. Stattdessen sollten die übrigen Vorrangregeln
(z.B. Abs. 1, Abs. 4 usw.) zum Tragen kommen.

In manchen Gegenden (z.B. in der Nähe von Vöcklabruck) enden Radwege
grundsätztlich bei jeder Kreuzung, während die parallel verlaufende
Fahrbahn Vorrang vor den kreuzenden Strassen hat. Auf der anderen
Seite beginnt ein weiterer benutzungspflichtiger Radweg. Auf diese
Weise werden Radfahrer ausgebremst.

Ein weiteres Problem dieser Regelung ist, dass Nicht-Radfahrer (die ja
mit diesem Entwurf auf Radwegen erlaubt sein sollen) eine abweichende
Vorrangregelung haben, was z.B. in der oben genannten Situation zu
Unfällen führen kann.


§68 Abs. 3a (10km/h Tempolimit für Radfahrer vor Radfahrerüberfahrt):
Dieser Absatz ist nicht nur zu entschärfen, sondern zu streichen.

Gründe:

1) Laut §9 (2) sollen Fahrzeuge auf der Fahrbahn Radfahrern auf einer
Radfahrerüberfahrt nicht behindern und gefährden, die entlang der
Überfahrt fahrenden Radfahrer sollen also Vorrang haben. In diesem
Sinne ist es widersinnig, wenn motorisierte Verkehrsteilnehmer auf
der Fahrbahn dort keine spezielle Geschwindigkeitsbeschraenkung
auferlegt wird, den Radfahrern auf der Radverkehrsanlage aber schon.

2) Die Formulierung unterscheidet nicht zwischen denen, die sich der
Radfahrerüberfahrt auf der Fahrbahn nähern und denen, die sich auf der
Radverkehrsanlage nähern, sondern zwischen Radfahrern und anderen.
Das heisst, ein Führer eines anderen Fahrzeugs auf der
Radverkehrsanlage darf sich der Radfahrerüberfahrt mit wesentlich
höherer Geschwindigkeit nähern, und ein Radfahrer auf der Fahrbahn
muss vor ein Radfahrerüberfahrt auf 10km/h abbremsen. Beides dürfte
für die Verkehrssicherheit nicht förderlich sein, letzteres auch für
die Flüssigkeit des Fahrbahnverkehrs. Es gibt keinen sachlichen Grund
für diese Diskriminierung von Radfahrern gegenüber anderen Fahrzeugen.

3) Diese Regelung bremst Radfahrer aus und widerspricht der Absicht
der Novelle.

Stellungnahme von

Ertl, Martin Anton (1050 Wien)

Ähnliche Gegenstände