Politik am Ring
Kinder in der Krise. Wie sich Corona auf Österreichs Kinder und Jugendliche auswirkt.

Moderation:                                 Gerald Groß

DiskussionsteilnehmerInnen:   Claudia Plakolm, ÖVP

                                                      Eva Maria Holzleitner, BSc, SPÖ

                                                      Michael Schnedlitz, FPÖ

                                                      Barbara Neßler, Grüne

                                                      Yannick Shetty, NEOS

Eingeladene Fachleute:              Univ.-Prof. DDr. Paul Plener, MHBA, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am AKH Wien

                                                      Isabella Steger, Bundesjugendvertretung

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Moderator Gerald Groß: Guten Abend, meine Damen und Herren, und herzlich willkommen bei „Politik am Ring“, heute zum Thema Corona und die Jugend.

Die Coronapandemie trifft und betrifft uns alle, alle Bevölkerungsgruppen, doch Kinder und Jugendliche leiden anders unter der Krise als ältere Menschen. Fehlender Kontakt zu Gleichaltrigen, eingeschränkte Bildungsangebote, fehlende Lehrstellen und ganz allgemein Zukunftsängste belasten die jungen Österreicherinnen und Österreicher, und das nunmehr schon seit fast einem Jahr.

Die Folgen sind nicht selten Depressionen, Angstzustände oder Essstörungen. Kinder- und Jugendpsychiater schlagen daher Alarm. Zu den psychischen Belastungen kommen noch unklare Zukunftsperspektiven. Wie verhindern wir also, dass Österreichs Jugend in der Pandemie auf der Strecke bleibt?

Darüber wollen wir heute mit folgenden, durchwegs jungen, Abgeordneten diskutieren: Ich begrüße herzlich bei uns im Studio: Claudia Plakolm von der ÖVP, sie ist seit 2017 Nationalratsabgeordnete, aber auch Gemeinderätin in ihrer Herkunftsgemeinde, in der Marktgemeinde Walding im Mühlviertel, und sie studiert Wirtschaftspädagogik an der Johannes-Kepler-Universität in Linz.

Ich begrüße Eva Maria Holzleitner von der SPÖ, von der Herkunft her ebenfalls eine Oberösterreicherin. Sie ist an der FH in Oberösterreich, Standort Hagenberg, beruflich engagiert, ist seit 2017 Nationalratsabgeordnete und studiert seit 2016 Sozialwirtschaft.

Ich begrüße Michael Schnedlitz von der FPÖ. Er ist von Beruf Landwirt, ist Stadtrat in Wiener Neustadt, seit Kurzem Generalsekretär der FPÖ, seit Jänner 2020, und hat das Militärrealgymnasium in Wiener Neustadt absolviert. Abgeordneter im Nationalrat ist er ebenfalls seit 2019 – herzlich willkommen.

Ich begrüße Yannick Shetty von den NEOS. Er ist ebenfalls seit 2019 Abgeordneter, und bei ihm mache ich jetzt eine Ausnahme und sage das Alter tatsächlich dazu – wir haben uns darauf geeinigt, ich darf das –, er ist nämlich der jüngste Abgeordnete im Nationalrat mit seinen 25, ich glaube, heuer jetzt 26 Jahren. (Abg. Shetty: Stimmt!) Seit 2015 studiert er Rechtswissenschaften an der Universität Wien – herzlich willkommen.

Ich begrüße außerdem Barbara Neßler von den Grünen. Sie ist gebürtige Vorarlbergerin, ist aber seit 2018 Gemeinderätin in Innsbruck und studiert auch in Innsbruck an der Universität Deutsch, Geschichte und politische Bildung. Sie ist ebenfalls seit 2019 im Nationalrat.

Herzlich willkommen Ihnen allen! Und ich begrüße zu meiner Rechten Univ.-Prof. Dr. Paul Plener. Professor Plener ist gebürtiger Sankt Pöltener, seine Mutter Sozialarbeiterin, der Vater Psychotherapeut – also ein bisschen vorgeprägt, wenn ich das so sagen darf. Er hat sich zum Medizinstudium entschlossen und ist dann zur Facharztausbildung von Wien nach Ulm gegangen, nach Deutschland, hat dort, wie gesagt, die Ausbildung zum Facharzt gemacht und ist auch Leitender Oberarzt gewesen, ist aber erfreulicherweise 2015 nach Wien zurückgekehrt und hat seither die Professur für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der MedUni Wien inne und leitet auch die entsprechende Abteilung am AKH.

Herr Professor Plener ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Ich sage das zum Thema passend sozusagen extra dazu. Eine Tochter ist, glaube ich, 20, dann haben Sie noch Zwillinge, die sind sechs Jahre alt. Daher muss ich mit dieser Frage jetzt einsteigen: Was beobachten Sie an Ihren eigenen Kindern, das Thema betreffend? Wie geht es denen? Wie sind die bis jetzt durch die Krise gekommen?

Univ.-Prof. DDr. Paul Plener, MHBA (Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am AKH Wien): Ja, prinzipiell zwei ganz konträre, oder nicht konträre, aber zwei ganz unterschiedliche Altersgruppen: Die Ältestes studiert und hat ein Jahr quasi keinen Präsenzunterricht – es ist im Sportstudium ein bisschen besser, da man da bestimmte Dinge noch machen darf. Die beiden Jüngsten sind in der ersten Klasse, also mitten dabei bei Nasenbohrertests, und haben auch die 1. Klasse im Teillockdown erlebt, aber so weit geht es ihnen eigentlich gut.

Moderator Gerald Groß: Das heißt, sie kommen mit diesen Herausforderungen zurecht – denn so selbstverständlich ist das ja nicht, wie fast niemand so gut weiß wie Sie?

Univ.-Prof. DDr. Paul Plener, MHBA: Na ja, es ist natürlich so, dass in der Entwicklungsphase soziale Kontakte eine sehr, sehr große Rolle spielen, und auch, wenn wir uns anschauen – Sie haben das vorher angeschnitten –, wer am härtesten von den Belastungen betroffen ist, dann zeigt sich eigentlich auch international das Bild, dass es die 15- bis 25-Jährigen sind, also die, die gerade die Entwicklungsaufgabe haben, sich nach außen zu orientieren. Es sind also Jugendliche, junge Erwachsene, die eigentlich durchwegs in allen internationalen Studien mit den höchsten Belastungen auffallen.

Moderator Gerald Groß: Welche Belastungen sind das und welche – bis hin zu – Krankheitssymptome sind da möglich? Ich habe in meiner Einleitung vorhin ja einige aufgezählt: Depressionen, Angstzustände, Essstörungen. Ist das schon die ganze Palette beziehungsweise was kommt am häufigsten vor, jetzt auch in Ihrer täglichen Praxis?

Univ.-Prof. DDr. Paul Plener, MHBA: Also wir haben in unserer täglichen Praxis vor allem jetzt seit Beginn dieses Jahres eine deutliche Zunahme von wirklich schweren depressiven Episoden gesehen, auch mit deutlicher Suizidalität, die dann oft eine Aufnahme bedingt.

Moderator Gerald Groß: Das heißt, Suizidalität bedeutet Selbstmordgefährdung oder schon versuchte Selbstmorde?

Univ.-Prof. DDr. Paul Plener, MHBA: Genau, ja.

Moderator Gerald Groß: Selbstmordgefährdung?

Univ.-Prof. DDr. Paul Plener, MHBA: Ja, beides. Es geht ja immer darum, einzuschätzen, so gut man das kann, wie knapp jemand davor ist, aber es gibt auch viele Jugendliche, die tatsächlich nach einem Suizidversuch zu uns kommen. Und das häuft sich nicht nur bei uns, das ist österreichweit eigentlich so, das hat man in allen Standorten der Kinder- und Jugendpsychiatrie gesehen, und auch international ist es durchaus so, dass es die Depressionen mit Suizidalität sind.

Ein zweiter Trend sind die Essstörungen, die Sie angesprochen haben, da hat sich natürlich eine Dynamik entwickelt, schon während des ersten Lockdowns, wo viele Sorge gehabt haben, zuzunehmen und dann begonnen haben, ein sehr restriktives Essverhalten zu zeigen, sehr exzessiv Sport zu treiben; und die haben jetzt über die Zeit so viel Gewicht abgenommen, dass sie teilweise eben auch in körperlich bedrohlichen Zuständen sind.

Moderator Gerald Groß: Welche Rolle spielen gerade in diesem Zusammenhang die Social Media? Da hat es immer wieder geheißen, wenn dann auf Tiktok vorgeführt wird, wie schlank man sein kann oder vielleicht sein muss, dann ist das noch ein zusätzlicher Motivator, nichts zu essen.

Univ.-Prof. DDr. Paul Plener, MHBA: Na ja, also Rollenvorbilder haben bei Essstörungen immer schon eine Rolle gespielt, das kann man bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen, das ist kein Thema. Was wir jetzt aber haben, ist natürlich, dass die Immersion stattfindet – wie es nach Hause kommt. Die Auseinandersetzung dauert viel, viel länger und es gibt auch die Möglichkeit, quasi zu interagieren, also bei Challenges teilzunehmen und sich da mehr einzubinden. Der Vergleich zu anderen kommt jetzt weg von einem bloßen Vergleich in der Realität hin zu einem Vergleich, den ich mit Millionen anderen Teenagern führen kann.

Moderator Gerald Groß: Ein medizinischer Fachbegriff, Triage, ist seit geraumer Zeit in aller Munde. Wir alle wissen jetzt, was das heißt, nämlich dass Medizinerinnen, Mediziner entscheiden müssen, wer zuerst behandelt wird, sozusagen nach dem Schweregrad der Erkrankung.

Jetzt haben Sie selber vor Kurzem dieses Wort auch in den Mund genommen, für Ihr Fach beziehungsweise auch für Ihre Abteilung, haben gesagt, Sie sind so weit, weil der Ansturm so groß ist, dass Sie schon triagieren müssen. Wie kann man sich das vorstellen?

Univ.-Prof. DDr. Paul Plener, MHBA: Das ist korrekt. Wir haben viele Kinder und Jugendliche, die so schwer betroffen sind, dass sie eine stationäre Behandlung brauchen würden, und wir müssen jetzt natürlich überlegen, wer es am dringendsten braucht. Da ist es tatsächlich so, dass wir beim Überarbeiten dieser Warteliste – mittlerweile ist sie auf drei Monate angewachsen – immer wieder Leute vorziehen müssen, aktualisieren müssen, weil sich natürlich eine Situation abgebildet hat, dass das System der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Österreich nicht besonders gut ausgebaut ist, und jetzt hat man eine Situation, die ohnehin schon sehr angespannt war, natürlich aufgrund der zunehmenden Belastungen, an den Rand geführt, wo wir schauen müssen: Wer braucht die Behandlung am dringendsten? Natürlich sind wir weiterhin für alle mit akuten Krisen da und arbeiten auch mit Überbelegungen et cetera, aber es heißt natürlich auch, dass sehr viele, die auch stationär behandelt werden müssten, mitunter auch sehr lange warten.

Moderator Gerald Groß: Jetzt haben die Damen und Herren Abgeordneten doch schon einige Zeit zugehört, ich würde daher jetzt gerne zu Ihnen kommen und die Diskussion quasi mit Ihnen eröffnen. Ich möchte Sie aber trotzdem vorher noch fragen, Herr Professor: Was erwarten Sie eigentlich von der Politik? Wofür müssen sich zum Beispiel diese jungen Damen und Herren, die im Nationalrat sitzen, in Zukunft aus Ihrer Sicht einsetzen und auch starkmachen?

Univ.-Prof. DDr. Paul Plener, MHBA: Ich glaube, generell ist es gut, wenn es Leute gibt, die sich für Kinder und Jugendliche starkmachen, weil das schon – das erleben wir zumindest immer – auch eine Bevölkerungsgruppe ist, die in dem Sinn keine Lobby hat. Die wirtschaftlichen Interessen, auf die man setzen kann, sind sehr weit in die Zukunft gedacht. Wenn man jetzt investiert, wird man den Outcome irgendwann in 15 Jahren, in 20 Jahren sehen, und da ist es wichtig, dass sich jemand dafür verantwortlich fühlt und sagt: Das Beste, was wir an Bildung haben können, investieren wir, das, was wir für die psychische Gesunderhaltung tun können, für die körperliche Gesunderhaltung, für die Prävention, tun wir, dafür wird auch Geld ausgegeben und das hat auch eine Wertigkeit, auch wenn man die erst in vielen, vielen Jahren sehen wird. Wir wissen, dass der Return on Investment eigentlich am höchsten ist, je jünger man ansetzt.

Moderator Gerald Groß: Dann gehen wir in die Runde. Ich möchte einmal eine Frage in die Runde werfen, wenn Sie mir das erlauben. Wir reden jetzt so salopp von der Generation Corona, die da heranwächst, auf das können wir uns alle vielleicht noch einigen. Manche reden aber sogar von einer verlorenen Generation.

Wer von Ihnen würde so weit gehen, dem zuzustimmen, dass da jetzt tatsächlich eine verlorene Generation heranwächst, oder ist das auch in Ihren Augen, aus Ihrer Sicht vielleicht zu hart ausgedrückt?

Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Ich glaube, wir müssen eben aufpassen, dass das nicht passiert, also der Moment ist noch nicht da, wo man von einer verlorenen Generation spricht. Es ist unsere Aufgabe im Parlament, im Nationalrat eben Sachen zu beschließen, Subventionen, Hilfspakete, auch für junge Menschen, damit es eben gar nicht zu der verlorenen Generation kommt – und da ist spätestens jetzt der Punkt, wo wir ansetzen müssen. Die Themenvielfalt haben wir ja schon kurz angesprochen – Sie haben es im einleitenden Statement gesagt –: Wie schaut die Arbeitswelt in Zukunft aus? Wie geht es mir persönlich psychisch? Wie schaut es mit meiner Bildung aus? Habe ich im Sommer einen Praktikumsplatz, den ich brauche, für meine Matura zum Beispiel?

All das sind Fragen, die wir beantworten müssen, und – wie gesagt – da ist, glaube ich, jetzt der späteste Zeitpunkt, wo wir bei Pressekonferenz für Pressekonferenz für Pressekonferenz auch etwas über das Thema Kinder und Jugend hören wollen. Das ist zum Beispiel der Anspruch, den wir oder ich als Opposition haben: dass Kinder und Jugendliche in diesem Krisenmanagement mitgedacht werden und mitangesprochen werden müssen. Das ist bis jetzt viel zu wenig passiert.

Moderator Gerald Groß: Dann bleiben wir gleich bei der Opposition. Wie schaut es da bei Ihnen aus, Herr Shetty? Verlorene Generation?

Yannick Shetty (NEOS): Ja, ich kann mich da anschließen, also ich glaube, das ist das Damoklesschwert, das über der Generation schwebt: dass sie droht, zu einer verlorenen Generation zu werden – und da bin ich ganz bei meiner Kollegin, dass wir jetzt umsteuern müssen.

Ich bin deswegen sehr froh – der Herr Professor hat es schon angesprochen –, dass es auch einmal darum geht, die Kinder und Jugendlichen in den Mittelpunkt zu stellen. Ich bin froh, dass wir heute auch einmal in einem offiziellen Format des Parlaments das Thema beleuchten, denn ich finde, es wird viel zu wenig beleuchtet. Die Fakten, die auf dem Tisch liegen, sind ja erschreckend. Also wenn wir jetzt seit einem Jahr hören, wir müssen die Triage auf den Intensivstationen verhindern, und jetzt sehen wir so quasi nebenbei, dass die Triage auf der Kinder- und Jugendpsychiatrie Realität ist, dann ist das doch katastrophal.

Auch die anderen Zahlen, die jetzt jeden Tag eintreffen, sind erschreckend. Gerade heute kam eine Studie von der Uni Frankfurt und der Uni Hildesheim, die sagt, dass von den Kindern, die zwischen sieben und 17 Jahre alt sind, jedes dritte Kind – jedes dritte Kind! – psychische Auffälligkeiten hat. Das muss uns doch zu denken geben!

Was, glaube ich, wichtig ist: Ja, über Kinder und Jugendliche zu reden ist ein Punkt, aber was mich schon auch, sage ich ganz ehrlich, nervt, ist, dass es immer so Floskeln sind. Was ich mir schon erwarte, ist, dass wir eine Problemanalyse machen, aber im zweiten Schritt auch konkrete Lösungen anbieten.

Wenn ich darf, dann sage ich noch ganz kurz, was uns da wichtig wäre, denn wir haben auch, was das betrifft, um eben konkrete Lösungen anzusprechen, einen Plan entwickelt – vielleicht kann ich dann später noch darauf zu sprechen kommen –, neun ganz konkrete Punkte (eine Tafel zeigend), was jetzt dringend notwendig wäre und wo die Regierung auch handeln müsste.

Moderator Gerald Groß: Genau. Wir haben noch 1 Stunde 17 Minuten, sehe ich gerade auf meiner Uhr, das heißt, das sollte sich dann noch ausgehen.

Vielleicht ganz kurz nur, Herr Professor Plener, wenn ich Sie gleich zu dieser Studie fragen darf, die jetzt von Herrn Shetty zitiert worden ist: Ist das auch auf die Situation bei uns in etwa zutreffend? Deckt sich das mit Ihren Erfahrungen? Ich habe auch gesehen, eine Studie aus Hamburg zum Beispiel kommt zu einem ähnlichen Ergebnis.

Univ.-Prof. DDr. Paul Plener, MHBA: Ich glaube fast, Sie reden über die gleiche Studie: Es ist die Copsy-Studie der Kollegin Ravens-Sieberer vom UKE Hamburg, das sind eben diejenigen, die hinter den KiGGS-Gesundheitssurveys in Deutschland stehen. Sie arbeiten sehr seriös, mit mehreren Wellen, können also Vergleichsdaten heranziehen, und da hat man eine Zunahme auf die erwähnten 30 Prozent gesehen, mittels eines Screenings, dem Strengths and Difficulties Questionnaire. Das ist übrigens fast deckungsgleich mit einer Studie, die gerade aus Großbritannien vom National Health Service gekommen ist, die auch mit 2017 vergleichen konnten. Die haben ähnliche Daten gesehen.

Für Österreich haben wir noch keine Daten. Ich weiß, dass gerade eine Studie im Feld ist, die wird vermutlich in den nächsten ein bis zwei Wochen dann erste Daten generieren, aber ich gehe stark davon aus, dass sich die Situation nicht anders darstellen wird.

Moderator Gerald Groß: Herr Schnedlitz, weil die Opposition jetzt sozusagen schon am Wort war: Es hat von Herrn Shetty geheißen, das Damoklesschwert hängt gewissermaßen über den jungen Menschen in Österreich, nämlich das Damoklesschwert der verlorenen Generation. Hängt das noch oder ist es schon im freien Fall?

Michael Schnedlitz (FPÖ): Also ich denke, wir müssen, gerade was die Jungen betrifft, mit dem Wording aufpassen, um nicht Hoffnung zu nehmen, weil vielen jungen Menschen, Kindern und Jugendlichen, schon sehr viel Hoffnung genommen wurde – egal, ob das die Hoffnung auf Bildung, aber auch auf Ausbildung, auf einen nachhaltigen Arbeitsplatz ist, aber auch im kleinen Rahmen die Hoffnung auf ein offenes Ohr.

Deshalb würde ich auch nicht von der verlorenen Generation sprechen, sondern vielleicht von der zurzeit vernachlässigten Generation. Genau da ist es wichtig, wieder anzusetzen. Die Jugendlichen und auch die Kinder müssen das Gefühl haben, dass sich die Politik um sie und nicht um sich selbst kümmert. Dieses Gefühl ist derzeit bei vielen einfach nicht vorhanden, weil eine Ministerin eher mit sich selbst beschäftigt war, mit der Doktorarbeit – wir wissen es, ich will darauf gar nicht näher eingehen, weil es auch kein rühmliches Beispiel und kein gutes Vorbild für unsere Jugendlichen wäre.

Aber es ist, denke ich, wichtig, Programme auf den Weg zu bringen und Maßnahmen auf den Weg zu bringen, damit die Jugendlichen und die Kinder wieder Hoffnung haben und damit kleine Probleme wirklich auch gelöst werden.

Wo finden Kinder ein offenes Ohr oder Ähnliches? – Nicht nur bei den eigenen Eltern. Oft wollen Kinder und Jugendliche mit Gleichaltrigen reden. Vieleicht muss man ihnen sagen: Ihr habt die Möglichkeit, dass ihr trotz der derzeitigen Regeln sprecht! Vielleicht braucht es etwas weniger Angstmache, weil das natürlich die Kinderseelen am meisten trifft, wenn man das in den Medien hört.

Ich habe selbst einen fünfjährigen Sohn, der zum Beispiel auch nicht versteht, warum er jetzt nicht durchgehend im Kindergarten sein konnte und Ähnliches. Es ist wirklich schwierig – und das sehe ich auch als Vater –, das den Kindern zu erklären. Es gelingt natürlich, aber ich denke, da muss man ganz, ganz vorsichtig sein und breit ansetzen.

Das Wichtigste, was wir zurückgeben müssen, ist, dass die Kinder sich wieder so wertgeschätzt fühlen, dass sie auch wieder Hoffnung aufbauen und eine gute Aussicht auf die Zukunft aufbauen. Ich denke, wir wären alle nicht in der Politik, wenn wir nicht an diese gute Zukunft glauben würden, dass man das Ruder wieder herumreißen kann. Das ist ein ganz essentieller, wichtiger Punkt, wo leider Gottes derzeit wirklich versagt wird.

Moderator Gerald Groß: Frau Neßler, „vernachlässigte Generation“ war jetzt das Wording von Herrn Schnedlitz, würden Sie dem zustimmen?

Barbara Neßler (Grüne): Ich glaube, alle, wie wir hier sitzen, merken, was es heißt, wenn gemütliche Runden fehlen, mit den ArbeitskollegInnen, mit der Familie, mit dem Freundeskreis, und jetzt stellen wir uns vor, wir wären 15, 16 oder 18. Unsere Jugend muss natürlich auf wahnsinnig viel verzichten, wichtige Ereignisse wie beispielsweise ein Maturaball, Geburtstage, jetzt der Fasching, den viele vermissen. Das sind Rituale in unserer Gesellschaft, die jetzt einfach fehlen. Um es auf den Punkt zu bringen: Unsere Jugend ist nicht nur von der Krise betroffen, sie befindet sich mitten in der Krise.

Meine Kollegen und Kolleginnen hier wissen es, ich habe es im Plenum immer wieder angebracht: Wir dürfen nicht nur die wirtschaftlichen Folgen der Covid-Krise sehen, sondern wir müssen vor allem auch die psychosozialen Folgen der Krise angehen. Professor Plener hat es schon angeführt, mir liegen auch Zahlen von Rat auf Draht vor, dass sich beispielsweise die Themenlage deutlich verschoben hat, also von klassischen Themen wie Liebeskummer, Sexualität, Streit mit den Freunden hin zu coronagelagerten Themen, und es gibt auch einen deutlichen Anstieg von psychischen Erkrankungen, da liegen wir jetzt bei Rat auf Draht betreffend die Mehrberatung bei 43 Prozent. Wir sind bei den Angststörungen bei 59 Prozent, also das sind wirklich alarmierende Zahlen, genauso wie die Zunahme von Suizidgedanken, und da müssen natürlich alle Alarmglocken läuten. Das ist komplett bewusst, und wir sind dabei, da die größten Härten abzufedern; dazu später noch.

Nur noch kurz zum Begriff von der Lost Generation. Ich würde schon darum bitten, davon Abstand zu nehmen. Warum? – Weil unsere Jugend jetzt auch viele Kompetenzen erlernt, so schwer die Situation jetzt ist. Aber dass man mit einer schwierigen Situation umgehen lernt, dass man digitales Arbeiten lernt, dass man selbstständig arbeiten lernt, das sind wichtige Kompetenzen, die sie jetzt auch erwerben, und da müssen wir sie auch motivieren und das muss man auch anerkennen. Ich würde vom Begriff Lost Generation weggehen, weil der auch während des Ersten Weltkrieges von Heranwachsenden verwendet wurde.

Man muss auch dazusagen, wenn man ganz ehrlich ist: Es gibt in dem Sinn keine Generation Corona, weil die Coronakrise, lieber heute als morgen, in absehbarer Zeit einfach vorbeigehen wird.

Was aber nicht vorbeigehen wird, wo es keine schnelle Impfung geben wird, das wird die Generation Klimakrise sein, und die Klimakrise wird auch dann noch unsere Generation treffen, wenn über Corona nur mehr in den Geschichtsbüchern zu lesen ist – auch wenn das Thema jetzt natürlich in den Hintergrund geraten ist.

Moderator Gerald Groß: Vielen Dank. – Dann verabschieden wir uns von diesem Begriff, zumindest für die nächste gute Stunde.

Frau Plakolm, das Thema Jugend und Familie ressortierte zunächst im Arbeitsministerium. Jetzt ist die Arbeitsministerin zurückgetreten, jetzt ist der Bereich Jugend und Familie zu Ministerin Raab gewandert, die dann, im Sommer zumindest, in Karenz sein wird. Sind das gute Voraussetzungen dafür, dass da wirklich etwas für die Jugendlichen gestemmt wird?

Claudia Plakolm (ÖVP): Ich möchte eingangs noch auf die Frage, die Sie allen gestellt haben, eingehen, zum Thema Lost Generation beziehungsweise verlorene Generation. Ich halte absolut nichts davon, dass man jetzt alle Kinder und Jugendlichen sozusagen als verlorene Generation abstempelt. Das wäre natürlich ein Leichtes, wenn man in der Opposition wäre, das einfach so hinzunehmen, aber gerade für diese Angst- und Panikmache dürfen wir als Verantwortungsträger einfach nicht zuständig sein. Dieses Gerede über eine Lost Generation, das verunsichert Jugendliche, Maturantinnen und Maturanten, erst recht, und da müssen wir schon mit positivem Beispiel auch vorangehen. Da sind wir alle an diesem Tisch, egal ob Opposition oder Mitglieder der Regierungsfraktionen, gefordert, Jugendlichen schlussendlich auch eine Perspektive zu geben, in vielen, vielen Bereichen.

Natürlich war das letzte Jahr absolut kein leichtes, für keinen einzigen, und gerade für Kinder und Jugendliche nicht. Die haben irrsinnig schwierige Monate durchgemacht, sie sind de facto am wenigsten von Corona betroffen, als Risikogruppe, aber am stärksten von den sozialen Einschränkungen. Man muss ihnen Perspektiven geben. Gott sei Dank sind da schon viele richtige Schritte gesetzt worden, beispielsweise indem die Schulen als erster Schritt möglichst lange geöffnet bleiben und das in einer Pandemie wirklich immer die Ultima Ratio sein muss, dass man zu dieser drastischen Maßnahme greift und Schulen schließt.

Wir haben nächste Woche einen runden Tisch, alle Parteien, alle Jugendsprecher, auch mit unserer neuen Jugendministerin, und ich bin guter Dinge, dass wir da auch gemeinsam vieles auf die Füße stellen werden.

Moderator Gerald Groß: Herr Schnedlitz, bevor wir das Thema vertiefen, wer denn jetzt eigentlich Schuld an der Krise der Jugendlichen hat, und das möchte ich in einer nächsten Runde machen, möchte ich diese Frage gerne dem Experten stellen.

Vielleicht formuliere ich es ein wenig um und frage Sie einfach: Was hätte denn die Politik besser machen können? Ich weiß schon, rückblickend gesehen sind wir immer alle gescheiter, aber wenn Sie zurückschauen: Wo hätte die Politik Möglichkeiten gehabt, im Sinne der Jugendlichen anders und besser zu agieren?

Univ.-Prof. DDr. Paul Plener, MHBA: Genau in die Falle, nachher klüger zu sein, würde ich ungern hineintappen. Ich denke, man muss sich schon die Situation im März vergangenen Jahres vergegenwärtigen, dass wir mit einer Pandemie zu tun hatten, bei der keiner abschätzen konnte, wohin es geht. Also es war klar, dass man irgendwie reagieren musste, und es gab so gut wie gar keine Studienlage über Ansteckungshäufigkeit, und vieles war auch der Influenza ausgeborgt und man hat das einfach übertragen. Das ist normal einmal eine Situation, wo man, denke ich, so handeln musste, wie man gehandelt hat.

Ich glaube aber tatsächlich, dass, je länger die Pandemie dauert, wir in eine Art Gewichtung kommen müssen. Wir starren momentan immer auf Zahlen, und jeden Tag werden auch auf diversen Dashboards und in Medien die Zahlen verglichen. Wir müssen aber schauen, was außer Zahlen – sagen wir so – noch wichtig ist. Und je länger es dauert, umso wichtiger, glaube ich, wird auch die Frage der Zukunft, und das nimmt an Gewicht zu. Das heißt, wir müssen unser Gewicht dafür - - also wie wertvoll es uns ist, Schulen offen zu halten, und was wir dort investieren, um sie offen zu halten, sei es mit Testungen, sei es mit Maßnahmen, dass man auch alternative Unterrichtsmodelle oder Ähnliches schafft oder vielleicht den Unterricht zergliedert, ausdehnt, was auch immer. Ich denke, darauf brauchen wir jetzt mehr Augenmerk, und je länger es dauert, umso deutlicher wird das.

Moderator Gerald Groß: Vielen Dank dafür. – Wir sind aber natürlich ein politisches Talkformat, und daher wollen wir schon auch über die Politik reden.

Herr Schnedlitz, wer ist denn für die Krise der Jungen verantwortlich? Das Virus? Die Gesellschaft? Das Krisenmanagement der Regierung?

Michael Schnedlitz (FPÖ): Also ich denke, dass man für das Virus niemandem die Verantwortung geben kann, aber sehr wohl für den Umgang mit dem Virus, und da kann ich dem Experten vollkommen recht geben. Im März hat niemand wissen können, wie sich das Gesamte auswirkt, und im März war es vielleicht auch wichtig, dass gehandelt wurde, dass vielleicht vorsichtiger gehandelt wurde und auch in vielen Bereichen gehandelt wurde. Man muss aber auch nach mehreren Monaten, also mittlerweile nahezu einem Jahr, lernen und dazulernen. Das erwarten wir auch von unseren Kindern und Jugendlichen zum Beispiel in der Schule.

Wenn jetzt die ÖVP-Kollegin davon spricht, dass man keine Angst- und Panikmache betreiben darf, dann wäre zum Beispiel wichtig, dass sie das auch in der eigenen Partei thematisiert, denn genau diese Angst- und Panikmache ist es ja – die Angst- und Panikmache der ÖVP, da nehme ich die Grünen sogar aus –, die den Jugendlichen und Kindern teilweise die Perspektive und die Hoffnung nimmt.

Und wenn die einzige Lösung ein runder Tisch mit der zuständigen Ministerin – jetzt Ministerin Raab – ist, dann kann ich auch nur sagen: Wir hatten in etwa vor einem Jahr, also nicht ganz einem Jahr, auch so einen runden Tisch mit ihrer Vorgängerin, und der war völlig wertlos. Wir haben keine einzige Frage beantwortet bekommen, es war kein einziges Konzept am Tisch. Wir wissen auch, dass zum Beispiel die österreichische Jugendstrategie, die erst im September erschienen ist, nicht ein einziges Mal das Wort Corona enthalten hat. Also da hätte man zumindest ein Kapitel einführen und einfügen können, damit man sich zumindest ein bisschen damit auseinandersetzt – aber wir wissen ja, was die Ministerin stattdessen gemacht hat: Sie hat sich um sich selbst gekümmert oder das zumindest versucht.

Wenn wir jetzt zum Beispiel wissen – und ein bisschen muss ich die Zahlen schon ansprechen –, dass bei den Tests der Schüler in Wien und Niederösterreich von 470 000 Schülern 123 positiv waren – das ist einer von 4 000, also etwas darunter, der da positiv getestet wurde –, dann muss man auch offen diskutieren, ob man nicht zum Beispiel wieder Sport in Vereinen ermöglicht oder ihnen wieder Plattformen bietet und öffnet, damit die Jugendlichen und Kinder wieder unter sich sein können.

Ich habe mir da nur rausgeschrieben, was Kinder und Jugendliche brauchen, von Freunden angefangen, was jetzt nicht normal möglich ist. Ein normaler Schulbetrieb, ein geordneter Schulbetrieb ist ganz wichtig, das sehe ich als Wohn- und Sozialstadtrat in der Stadt Wiener Neustadt, weil wir im verdichteten Wohnbau leider Gottes diese Ordnung teilweise nicht haben, das muss man offen ansprechen. Gerade diese Ordnung wurde dann zum Beispiel in der Schule gefunden, und das fällt jetzt komplett weg.

Aber es geht – was die Frau Kollegin richtig angesprochen hat – bis hin zu sexuellen Erfahrungen, dem Austesten von Grenzen, dem Austesten von Hobbys, etwas Neues auszuprobieren – all das ist jetzt nicht möglich und fällt komplett weg, und es braucht schnellstmöglich Möglichkeiten. Darauf muss man reagieren. Ich denke, wir müssen uns nicht nur über die Schuldfrage unterhalten, sondern: Wie schafft man es, dass man diese Möglichkeiten schnellstmöglich, am besten morgen, wieder bietet?

Moderator Gerald Groß: Frau Holzleitner, Herr Shetty, wir sind uns ja darin einig, dass Corona ganz allgemein sowohl bestehende Trends verstärkt und verstärkt hat als auch latent vorhandene Probleme aufdeckt und aufgedeckt hat.

Welche Versäumnisse der Vergangenheit, politische Versäumnisse der Vergangenheit, rächen sich denn jetzt aus Ihrer Sicht ganz besonders, und wo müsste man daher auch dementsprechend schnell ansetzen?

Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Also ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt, weil die Opposition die Situation gar nicht hinnimmt, wie sie ist. Es gibt eine Vielzahl an Anträgen von allen drei Oppositionsparteien, die die Coronakrise abfedern wollen, gerade zum Beispiel im Bereich der Kinder und Jugendlichen.

Wenn man von Versäumnissen spricht: Ich glaube, ein ganz wesentlicher Punkt ist die finanzielle Absicherung von Rat auf Draht. Wir sehen, was diese Hotline in ihrem niederschwelligen Zugang für Kinder und Jugendliche leistet. Es ist oftmals die erste Anlaufstelle, wenn ich irgendwie Kummer habe, wenn ich Probleme habe, wenn ich mit irgendetwas Bauchweh habe, dass ich zum Handy greife und 147 anrufe oder mittlerweile auch über Chatoptionen mit Menschen dort spreche. Ich glaube, das ist eben ein ganz wichtiger Punkt: Rat auf Draht auf finanziell sichere Beine zu stellen. Viel ist über Spenden finanziert und so weiter, und ich glaube, es ist ein ganz wesentlicher Punkt, dieser Hotline – auch stellvertretend für viele Jugendarbeitsprojekte und so weiter –, einfach allen Kinder- und Jugendarbeitsorganisationen und -initiativen Sicherheit zu geben, finanzielle Sicherheit zu geben und sie abzusichern.

Ein zweiter Punkt, bei dem es auch Versäumnisse gegeben hat – und dafür spricht sich die Sozialpartnerschaft auch ganz stark aus, unter anderem die Industriellenvereinigung –, ist zum Beispiel die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wie schaut es mit Kinderbetreuungs-, eigentlich Kinderbildungseinrichtungen ab dem kleinsten Alter aus? Das muss in ganz Österreich flächendeckend zur Verfügung stehen, mit Zeiten, die auch wirklich mit einen Berufsleben der Eltern vereinbar sind. Auch da muss das Ausrollen viel, viel schneller gehen.

Wir reden beispielsweise auch von einem Chancenindex im Bereich der Bildung, der jetzt in einem ersten Step für 100 Schulen kommt. Der hätte schon viel früher kommen und auch viel schneller auf ganz Österreich ausgerollt werden müssen. Das sind Punkte, da hätten wir jetzt in der Krise zum Beispiel sofort ansetzen und sagen können: Ja, der Chancenindex ist uns wichtig, wir rollen den sofort auf ganz Österreich flächendeckend aus.

Da geht es beispielsweise um das Begleitpersonal an Schulen, da geht es um Sozialarbeit, da geht es um Schulpsychologinnen und Schulpsychologen, denn das ist eben der erste niederschwellige Zugang: dass ich in der Schule einfach nur die Türe aufzumachen brauche und jemanden habe, mit dem ich reden kann. Ich glaube, diese Niederschwelligkeit ist einfach ein wahnsinnig wesentlicher Punkt für Kinder und Jugendliche, um eben da Unterstützung zu bekommen.

Moderator Gerald Groß: Herr Abgeordneter Shetty, die Krise als Chance für ein Umdenken, zum Beispiel in der Bildungspolitik?

Yannick Shetty (NEOS): Ja, auf jeden Fall, ich sage dann auch gerne ein paar Punkte dazu, was wir uns da konkret vorstellen. Aber vielleicht noch kurz zu der Frage, die Sie in den Raum gestellt haben, wer denn schuld ist: Ich glaube, das ist nicht so einfach zu sagen. Es gibt nicht den einen Schuldigen, aber ich möchte in einem Punkt schon das unterstützen, was Kollege Schnedlitz von der FPÖ gesagt hat – und wir sind ja mit der FPÖ bekanntlich selten einer Meinung, aber in diesem Punkt muss ich das schon unterstreichen.

Herr Plener hat es angesprochen: Kinder und Jugendliche haben keine Lobby in der Politik, fast keine Lobby in der Politik, und da würde ich mir denken: Auf Regierungsebene, wer, wenn nicht die Jugendministerin, muss das Sprachrohr, die Anwältin für Kinder und Jugendlich sein?

Kollege Schnedlitz hat es schon gesagt – ich möchte da auch nicht nachtreten, aber da geht es ja auch wirklich um die Sache –: In der Zeit, in der Kinder und Jugendliche diese Anwältin für Kinder und Jugendliche so stark gebraucht hätten wie wahrscheinlich nie zu vor, war die ÖVP-Ministerin Aschbacher damit beschäftigt, ihre Dissertation zu schreiben.

Auch die inhaltlichen Punkte, die wir vorgebracht haben, alle Oppositionsparteien – ich gehe dann gleich auf die Punkte ein –, die wir jetzt auch wieder fordern, wurden vom Tisch gewischt, die wurden alle abgeschossen im Parlament, und das finde ich einfach unglaublich ärgerlich, weil es da um konkrete Punkte in der Sache geht, die auch die Situation für Kinder und Jugendliche abfedern würden.

Ich habe davor gesagt: Wir haben jetzt auch neun konkrete Punkte vorgestellt, was jetzt notwendig wäre. Wir haben einige schon im Sommer gesagt, da wurde nicht darauf gehört, aber ich möchte vielleicht kurz auf einige Punkte noch einmal eingehen.

Das erste wäre – Evi, du hast es auch gesagt –, was die sogenannten Brennpunktschulen, Schulen mit besonderen Herausforderungen betrifft: In Wien machen wir das jetzt zum Beispiel, in der Wiener Stadtregierung, dass wir einen besonderen Fokus auf diese Schulen legen, die es eh schon vor Corona besonders schwer hatten. Da dürfen wir jetzt die Coronakrise nicht irgendwie verstreichen lassen, sondern da müssen wir jetzt investieren.

Was dringend notwendig ist, jetzt, wo die Schulen wieder aufsperren, ist, dass wir die Schulen als Frühwarnsysteme nutzen. Wir wissen, dass Lehrerinnen und Lehrer, Elementarpädagoginnen und Elementarpädagogen sehr früh erkennen können, wenn zum Beispiel daheim Missbrauch stattgefunden hat oder das Kind irgendwelche Veränderungen aufweist.

Da haben wir als konkreten Vorschlag genannt, dass es, wenn wir wieder ins Homeschooling gehen, ab einer gewissen Zeit – das muss man definieren: zwei Wochen, drei Wochen zum Beispiel – einen Automatismus geben soll, dass dann, wenn Kinder nicht erreicht werden, wenn man keinen Draht mehr zu den Kindern hat, eine automatische Meldung an die Kinder- und Jugendhilfe erstattet werden muss. Wir haben das am Anfang während des ersten Lockdowns gesehen, dass massenweise Lehrer berichtet haben, sie erreichen ihre Schüler und Schülerinnen nicht mehr, und wir haben das einfach so hingenommen. Ich glaube, das geht nicht, sondern da brauchen wir auch klare Vorgaben.

Was ich mir auch erwarte, ist, dass die außerschulische Kinder- und Jugendarbeit gestärkt wird. Ich glaube, an alle von uns treten die heran. Die fangen so viel auf, das, was die Schulen nicht leisten können, die sind massiv unterfinanziert, finden in der Politik überhaupt kein Gehör, und ich glaube, da müssten wir ansetzen.

Und last but not least, wenn Herr Prof. Plener anspricht, wir haben jetzt keine Ressourcen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie: Ich weiß schon, das Personal fällt jetzt nicht vom Himmel, aber dann können wir jetzt nicht warten, sondern dann müssen wir jetzt schauen, so wie am Anfang der Coronakrise, als sozusagen das gesamte medizinische System aufgestockt wurde oder als alle Ressourcen freigemacht wurden, dass wir die jetzt freimachen, dass solche Engpässe nicht mehr vorkommen. Da gibt es auch viele andere Vorschläge, und ich würde mir von der Regierung erwarten, dass die auch gesehen werden, gehört werden und nicht alle pauschal, nur weil sie von der Opposition kommen, vom Tisch gewischt werden.

Moderator Gerald Groß: Dann geben wir diesen Input gleich weiter. Ich glaube, die Botschaften sind bei den beiden Abgeordneten angekommen. – Frau Plakolm.

Claudia Plakolm (ÖVP): Danke für die vielen konstruktiven Meldungen gleich einmal zu Beginn. Das ist ja erfreulich, dass wir gerade unter den Jugendsprechern auch so gut diskutieren können, mit vielen Vorschlägen und Ideen.

Prof. Plener hat angesprochen, dass ja die unzähligen Lockdowns und vor allem dieses monatelange Distancelearning massive Folgen für Kinder und Jugendliche haben, und ja, natürlich, Kinder und Jugendliche vermissen ihre Freunde, vermissen das Vereinsleben. Die Jugendarbeit ist angesprochen worden, wo wir hoffentlich bald wieder auf Touren kommen. Und umgekehrt: Wer hätte sich jemals gedacht, dass Kinder und Jugendliche die Schule auch sehnlichst vermissen?

Darum muss es einfach oberste Priorität haben, dass zumindest die Schulen geöffnet sind, mit sinnvollen Maßnahmen, die da vorgelegt worden sind, und wie das auch praktikabel ist. In Oberösterreich war heute beispielsweise der erste Schultag nach den Ferien. Und ich glaube, ein ähnliches Konzept brauchen wir auch für die älteren Jugendlichen an den Universitäten. Ich glaube, das kann man auch eins zu eins umlegen. Herr Professor, Sie haben von Ihrer Tochter gesprochen, die das erste Semester auf der Uni studiert. Jetzt versetzen wir uns alle einmal in Erstsemestrige, die ihre Studienkollegen eigentlich nur von Zoom-Konferenzen kennen, was undenkbar ist – wir alle haben ein anderes erstes Semester auf unseren Unis erlebt. Diesen Schritt in die Normalität muss man auch diesen Jugendlichen geben, abseits der vielen Vorschläge, die zum Thema Schule gemacht worden sind.

Gerade auch das Vereinsleben, das kurz angeschnitten worden ist – Jugendarbeit, ehrenamtliche Arbeit, Sport, Musik –: Ich glaube, da muss man auch Wege finden, dann auch ab einem gewissen Punkt mit der Pandemie zu leben. Corona wird nicht von heute auf morgen vorbei sein, das wäre eine Illusion, das zu glauben, auch nicht, wenn alle – oder natürlich: diejenigen, die sich impfen lassen wollen – geimpft sind. Man muss diese Teststrategie weiterfahren, die wird uns noch lange begleiten, und diesen Schritt in die Normalität oder dann gewissermaßen in die Zukunft, den werden wir nur schaffen, wenn wir da alle an einem Strang ziehen.

Moderator Gerald Groß: Frau Neßler, bitte schließen Sie diese Runde ab.

Barbara Neßler (Grüne): Ich wurde nur gern ein paar Punkte aufgreifen, die genannt worden sind. Was ist bisher passiert? Wir sind dabei, die größten Härten quasi abzufedern, und wir haben beispielsweise im Familienausschuss mit ExpertInnen darüber diskutiert, wie wir das am besten machen. Da möchte ich mich auch bei allen Jugendsprechern und -sprecherinnen für die wirklich gute Zusammenarbeit bedanken.

So, was ist bisher passiert? – Wir haben im Covid-Beratungsteam, angesiedelt im Gesundheitsministerium, Experten und Expertinnen, die den Fokus auf Kinder- und Jugendgesundheit legen. Wir haben bei der ÖGK die 20 000 Therapieplätze aufgestockt. Aber wenn man natürlich beispielsweise das Thema Psychotherapie anschaut: Da wissen wir, dass das ein langer Prozess werden muss. Meiner Meinung nach: Ich hätte es natürlich gerne, dass es sofort Psychotherapie auf Krankenschein gibt, jetzt wissen wir aber natürlich, dass wir das so schnell nicht bekommen werden, sondern was es jetzt braucht, sind natürlich rasche Unterstützungsmöglichkeiten. Das heißt, dass bestehende Beratungsstellen – Rat auf Draht ist angesprochen worden – und Institutionen einfach aufgestockt werden müssen und bestmöglich unterstützt werden. Rat auf Draht haben wir ja vor Kurzem aufgestockt, und wenn es nicht reicht, werden wir es wieder aufstocken.

Was noch angesprochen wurde, und das ist auch mir sehr wichtig, ist die außerschulische Jugendarbeit, denn die Jugendarbeit meldet uns zurück, dass sie die Kinder online nicht mehr erreichen. Das wissen wir von uns selber: Wir sitzen ständig vor dem Computer, und irgendwann mag man nicht mehr vor dem Computer sitzen. Was man nicht vergessen darf: Es braucht die physische Auseinandersetzung – ich sage es jetzt einmal so –, damit man die sozialen Spielregeln erlernen kann. Dafür braucht es Interaktion. Wir sind dabei, mit NGOs Sicherheitskonzepte zu entwerfen, dass wir so schnell wie möglich diesen Schritt setzen können.

Was ich gern noch in Bezug auf die Schulen ansprechen würde: Die Schulen sind ein sozialer Ort. Darum ist oft für uns ganz klar, dass die Schulen, wenn es um Öffnungsschritte geht, immer oberste Priorität gegenüber anderen gesellschaftlichen Bereichen haben müssen. Jedes Kind bringt in die Schule einen Rucksack mit, der ist mal schwerer, mal leichter, aber im Moment ist er für alle Kinder schwerer geworden, und wir müssen den Kindern helfen und diesen Rucksack mittragen. Darum haben wir das Supportpersonal aufgestockt, und der nächste Schritt, das ist ganz richtig, muss sein, dass Sozialarbeiter flächendeckend und niederschwellig in den Schulen aufgestellt werden.

Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Wenn ich ganz kurz nur einhaken darf, weil es gut gerade zum heutigen Termin passt: Es war heute eine Demonstration am Ballhausplatz aufgrund des Bildungsministers, weil eben Schülerinnen und Schüler sich wirklich nicht gehört fühlen, also eigentlich genau die Zielgruppe, über die wir heute sprechen wollen, und ich finde das wirklich - - Ich weiß, wir haben unter den Jugendsprecherinnen und Jugendsprechern eine gute Zusammenarbeit, aber wenn sich Schülerinnen und Schüler nicht gehört fühlen, dann müssen wir trotzdem alle hinterfragen, was wir an Arbeit für diese Zielgruppe machen.

Und der Aufschrei ist groß. Die wissen nicht genau: Wie schaut die Matura aus? Nicht nur heuer, sondern bereits letztes Jahr ist sehr viel sehr kurzfristig passiert. Wie gesagt, ich glaube, das ist ein ganz zentraler Punkt. Wir hören sie nicht genug, sonst gäbe es den Aufschrei nicht.

Moderator Gerald Groß: Okay. Herr Shetty, einen Satz haben Sie mir versprochen – oder haben Sie mir gedeutet.

Yannick Shetty (NEOS): Ach so, das hat nicht ein Satz geheißen, einen Satz schaffe ich nicht ganz, aber ich halte mich ganz kurz. Ich habe eingangs gesagt, die Situation ist dramatisch, und ich würde mir für die heutige Diskussion wünschen, dass wir nicht nur Floskeln verwenden – bei allem Respekt, aber da war sehr viel Allgemeines dabei –, sondern auch Punkte ganz konkret machen. Deswegen würde mich, auch im Sinne eines konstruktiven Dialogs, ein ganz konkreter konstruktiver Vorschlag interessieren – wie da die Position der Regierungsparteien ist –, der die Situation, dass ein Drittel der Jugendlichen massive Probleme, psychische Probleme aufweisen, massiv abfedern würde.

Es gibt dazu auch eine Petition – 40 000 Menschen haben schon unterschrieben –, die sich „Kinder brauchen Sport“ nennt. Die verlangen, dass der Outdoorsport, die Sportvereine öffnen, unter ganz strengen Auflagen: regelmäßige Tests, keine Garderoben, keine Kantinen, natürlich dass keine Wettbewerbe stattfinden, sondern nur der Regelbetrieb. Das wäre ganz dringend notwendig. Da würde mich von den Regierungsparteien interessieren, ob das möglich ist oder ob sie vertrösten, dass erst im Sommer oder erst ab Ostern wieder Sport möglich sein wird. Das hielte ich nämlich für eine ganz große Katastrophe.

Moderator Gerald Groß: Gut, dann schauen wir gleich. Möglich?

Claudia Plakolm (ÖVP): Ich habe es vorhin schon gesagt: Ich glaube, wir müssen ab einem gewissen Zeitpunkt lernen, mit der Pandemie zu leben.

Moderator Gerald Groß: Und das gehört dazu?

Claudia Plakolm (ÖVP): Maßnahmen werden uns die nächsten Monate noch begleiten, und deswegen müssen wir uns auch für den Sportbereich dringend etwas überlegen, dass gerade im ehrenamtlichen Bereich, aber genauso auch im professionellen Bereich Sport wieder möglich ist.

Moderator Gerald Groß: Frau Neßler, Vizekanzler Kogler ist ja für das Thema zuständig.

Barbara Neßler (Grüne): Genau. Ja, natürlich gehört das dazu, aber was wir nicht vergessen dürfen: Es ist natürlich immer eine Gratwanderung zwischen: Unsere oberste Priorität ist die Gesundheit, aber wir müssen auch die psychosozialen Auswirkungen auf Kinder im Blick behalten und diese ernst nehmen. Es ist nicht nur der eine Punkt. Das ist mir ganz wichtig, dass wir das auch betonen: Es ist nicht nur der eine Punkt! Sport alleine – ja, ist wichtig, da bin ich bei dir, Yannick, aber: – wird nicht reichen. Wir müssen Beratungsstellen im psychosozialen Bereich aufstocken. Gott sei Dank, das muss ich dazusagen, da bin ich froh, funktionieren die Schulen jetzt wieder so gut und haben wir ein Sicherheitsnetz um die Schulen gespannt, aber trotzdem: Da wird es noch viel mehr brauchen, und nicht nur den einen Punkt.

Moderator Gerald Groß: Okay. Ich nehme an, Herr Schnedlitz hat auch noch einen Punkt.

Michael Schnedlitz (FPÖ): Ja, und zwar: Ich glaube, wir treffen es jetzt eh relativ gut, und Kollege Shetty hat schon zwei gute Punkte angesprochen: ganz am Anfang, dass es eine Problemanalyse braucht, eine Lagebeurteilung. Bei dieser Problemanalyse muss doch für die Politik und für die Regierung offensichtlich werden, dass wir mit dem Beratungsangebot nicht den Turbo erwischen. Der Turbo ist aus unserer Sicht nämlich: Es sind alle Kinder und alle Jugendlichen betroffen und sehr viele nützen das Beratungsangebot aus diversen Gründen einfach nicht und werden das auch künftig nicht. Deshalb sind eben genau der Sport – das ist der zweite Punkt –, das Vereinsleben und das Zusammenkommen ganz wichtige Punkte.

Bei der Problemanalyse muss auch eine Gewichtung auffallen: Ist jetzt das Problem des Coronavirus noch größer bei den Kindern und Jugendlichen für die Gesundheit und auch für die Psyche oder sind die Auswirkungen des Lockdowns oder der Maßnahmen, die in Österreich durch die Regierung gesetzt werden, ist dieses Problem bereits gesundheitlich größer? Das wird einfach viel zu wenig debattiert, und genau diese Gewichtung braucht es unbedingt, und die muss auch ehrlich diskutiert werden, damit wir hier schnellstmöglich Maßnahmen finden.

Moderator Gerald Groß: Okay. Lassen wir gleich den Mediziner diese Frage beantworten: Was ist eigentlich jetzt schlimmer, was wiegt inzwischen schwerer: die Erkrankung durch das Virus oder schon die psychischen Folgeschäden?

Univ.-Prof. DDr. Paul Plener, MHBA: Wenn man es jetzt einmal auf die Gruppe der Kinder und Jugendlichen beschränkt, ist es natürlich so, dass sie von schweren Verläufen, verglichen in Altersgruppen, weniger stark betroffen sind. Das ist relativ evident. Es gibt neuerdings auch bei der britischen Variante natürlich schon auch immer wieder Berichte, die von schweren Verläufen auch bei Kindern sprechen, aber das scheint noch nicht tatsächlich in der Breite angekommen zu sein, muss man sagen, oder es scheint kein durchdringendes Phänomen zu sein.

Das Problem an den psychosozial schwierigen Verläufen ist, dass wir natürlich damit auch „Karrieren“ – unter Anführungszeichen – schaffen, die auch längerfristig Probleme machen können.

Moderator Gerald Groß: Aber die Frage, die dahintersteckt, ist ja eigentlich: Müssen oder sollten wir sozusagen einfach in Zukunft auf Lockdowns verzichten, um den jungen Menschen ein möglichst normales Leben zu ermöglichen, um den Kindern da nicht sozusagen einen Rucksack mit auf den Weg zu geben?

Univ.-Prof. DDr. Paul Plener, MHBA: Schauen Sie, ich bin kein Hellseher. Niemand weiß, was für Mutationen noch auftreten werden, und wenn man sich die zweite Welle der Spanischen Grippe anschaut: Es wäre einfach wirklich, wirklich schwierig zu sagen, dass wir nie wieder in einen Lockdown kommen werden. Das wäre irrational, so eine Aussage zu treffen. Ich denke aber schon, dass wir, wenn es entsprechende Maßnahmen braucht, alles, was es an Maßnahmen gibt, investieren sollten, um nicht nur die Schulen, sondern – da bin ich ganz bei dem, was gesagt worden ist – Sportvereine und vielleicht auch die, die jetzt mit Sport nicht so viel zu tun haben, sagen wir die Pfadfinder – obwohl die vielleicht auch sportlich sein können, ich will da jetzt nichts herausgreifen – oder Musikvereine oder Sonstiges, einfach Orte des sozialen Zusammenlebens auch geschützt wieder aufsperren zu können.

Moderator Gerald Groß: Wir haben heute noch eine Pfadfinderin hier.

Univ.-Prof. DDr. Paul Plener, MHBA: Ausgezeichnet.

Moderator Gerald Groß: Wir werden sie dann auch gleich dazu befragen. Besonders herausfordernd, meine Damen und Herren, ist die Situation vor allem für junge Menschen, die gerade am Übergang von einer Lebensphase in die nächste stehen. Zum Beispiel: Schule beendet, Ausbildung oder Studium begonnen – und was jetzt? In der folgenden Reportage begleiten wir eine junge Frau, der ihr Einsatz für andere über die Krise hinweghilft.

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Es folgt eine Videoeinspielung:

Sprecher: Katharina Handler studiert an der TU Wien und engagiert sich ehrenamtlich als Rettungssanitäterin beim Roten Kreuz.

Katharina Handler (Studentin): Ich habe die Ausbildung Ende Oktober 2019 begonnen und habe dann mit dem Rettungskurs im Februar begonnen, und dann im März haben wir eben eh schon den ersten Lockdown gehabt. Somit habe ich die Praxis eigentlich während des ersten Lockdowns absolviert.

Sprecher: Die Studentin findet sich plötzlich mitten in einer Pandemie wieder. Angst hat sie keine, im Gegenteil.

Katharina Handler: Vor allem, wenn man sonst zu Hause sitzt, im Homeoffice arbeitet oder im Distancelearning, ist es auf jeden Fall ein super Ausgleich und eine Abwechslung, wenn man unter die Leute kommt, wenn man etwas Neues sieht und wenn man einfach auch andere Sachen lernt, und man lernt in jedem Dienst irgendetwas Neues dazu. Also deswegen ist das auch vor allem spannend für mich.

Sprecher: Elisabeth Schmid vom Roten Kreuz bemerkt, dass sich gerade in der Coronakrise auch viele junge Menschen für eine ehrenamtliche Tätigkeit interessieren.

Elisabeth Schmid (Leiterin Servicestelle Freiwilliges Engagement): Wir haben sehr viele freiwillige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazugewinnen können, das heißt, es gibt sehr viele Leute, die einfach durch die Pandemie mehr Zeitressourcen hatten, leider Gottes auch bedingt durch die Kurzarbeit. Wir hatten aber auch viele Menschen, die sich gemeldet haben, die gesagt haben, es gibt jetzt eine Krise in Österreich, wir wollen unbedingt unterstützen, wir wollen helfen, und so konnten wir viele dazugewinnen, die teilweise gesagt haben, sie möchten sich dadurch längerfristig engagieren, teilweise aber auch kurzfristig für die nächsten paar Wochen oder Monate, wo es halt Bedarf gibt.

Sprecher: Sogar von zu Hause aus kann man das Rote Kreuz als Freiwilliger unterstützen, zum Beispiel im Telefondienst beim Benachrichtigen jener Menschen, deren Coronatestergebnis negativ ist. Für Katharina Handler ist ihr Ehrenamt ein Weg, um zu helfen und dadurch auch selbst gut durch die Krise zu kommen.

Katharina Handler: Es macht einfach irrsinnig viel Spaß und man macht die Dienste eigentlich mit Freunden, es schließen sich viele Freundschaften, und zusätzlich ist es einfach eine sinnvolle Beschäftigung.

Sprecher: Eine sinnvolle Beschäftigung nicht nur für Katharina Handler, denn seit Beginn der Pandemie haben sich allein in der Bundeshauptstadt 800 Menschen gemeldet, die das Wiener Rote Kreuz ehrenamtlich unterstützen wollen.

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Moderator Gerald Groß: Politik am Ring heute zum Thema Corona und die Jugend. Neben mir sitzt Prof. Paul Plener, Chef der Kinder- und Jugendpsychiatrie am AKH in Wien. Herr Prof. Plener, welche Tipps hätten Sie denn für Eltern, die uns jetzt vielleicht auch besorgt zuschauen, weil sie verhindern wollen, dass ihre Kinder da in eine psychische Krise hineinschlittern, oder die sich eingestehen müssen, dass sie bereits mitten drinnen sind.

Univ.-Prof. DDr. Paul Plener, MHBA: Prinzipiell geht es darum, dass man auf die Grundfesten von psychischer Gesundheit mehr Augenmerk legt, und das sind normal ein ganz klarer Ablauf von Tag und Nacht mit fixen Aufstehzeiten, fixen Schlafzeiten und auch das Rausgehen, Sonnenlicht, auch wenn Distancelearning angesagt ist. Wichtig sind tatsächlich Sport – wir wissen, das ist einer der Bestandteile, die sehr, sehr gut zur psychischen Gesundheit beitragen, also wirklich rausgehen und etwas tun – und das Aufrechterhalten von sozialen Kontakten, so gut es geht, am besten im Freien natürlich, weil das gerade in dieser Lebensphase für psychische Gesundheit eine immens wichtige Rolle spielt.

Wenn das jetzt tatsächlich schon – zweiter Fall, Sie sagen, da sind Sorgen da – sozusagen in Richtung Krankheit geht, wäre es natürlich wichtig, sich vielleicht über niedrigschwellige Anlaufstellen wie Beratungsstellen – es gibt viele telefonische Angebote, die jetzt in der Pandemie auch ausgebaut worden sind – Rat zu suchen, Hilfe zu holen, und es gibt natürlich die Anlaufstellen, es gibt immer eine Kinder- und Jugendpsychiatrie, die regional zuständig ist, die 24 Stunden, sieben Tage die Woche besetzt ist, aber natürlich auch Psychotherapeuten oder auch klinische Psychologen, die für solche Fälle gute Ansprechpartner sind.

Moderator Gerald Groß: Ganz kurz nur: Gibt es eigentlich Unterschiede zwischen sozialen Gruppen beziehungsweise zwischen sozial bessergestellten Menschen und ärmeren Familien?

Univ.-Prof. DDr. Paul Plener, MHBA: Also generell ist es so, dass lang und breit diskutiert und oft empirisch belegt wurde, dass prinzipiell Armut oder Aufwachsen in sozioökonomisch schwachen Verhältnissen ein Risikofaktor für die Entwicklung psychischer Krankheit darstellt. Das ist überhaupt keine Neuigkeit. Wir sehen aber jetzt zunehmend, klinisch gerade, dass wir sehr viele Kinder und Jugendliche vorgestellt bekommen, die aus dem, was man so als, ja, gut situiertes Elternhaus bezeichnet, kommen, dort aufgewachsen sind und jetzt in den letzten zwei bis drei Monaten plötzlich wirklich in eine psychische Erkrankung geschlittert sind.

Moderator Gerald Groß: Social Media – mehr Segen oder mehr Fluch in der derzeitigen Situation?

Univ.-Prof. DDr. Paul Plener, MHBA: Ich tue mir da mit Schwarz-Weiß-Malerei relativ schwer. Wir haben natürlich viel Social-Media-Aktivität, die Medienaktivität hat zugenommen, das ist auch gut belegt worden. Auf der anderen Seite muss man sagen: Was soll man den ganzen Tag alleine zu Hause machen? Und da ist jetzt die Kehrseite, dass man natürlich auch über Social Media Kontakte aufrechterhalten kann, wenn es denn anders nicht geht.

Moderator Gerald Groß: Befürchten Sie, dass das dicke Ende erst kommt, nämlich wenn diese jungen Menschen, die jetzt mit psychischen Problemen behaftet sind, einmal erwachsen sind, dass sie manches mitschleppen, wie ich vorhin gesagt habe, als Rucksack?

Univ.-Prof. DDr. Paul Plener, MHBA: Ich denke, es gibt ganz wenig Vergleichsdaten, auf die man jetzt bauen kann. Wir wissen aus früheren Epidemien, in denen es auch Quarantänebedingungen gab, die aber eher kurzfristig waren, dass sich die Belastungen schon vier bis sechs Monaten nach dem wirklichen Epidemieende auch reduziert haben. Also es ist schwer, eine Prognose zu treffen. Ich denke, es wird dann eher darum gehen, dass sich bleibende Lebensentscheidungen, die jetzt ausgefallen sind oder nicht gemacht werden, eben nicht auch perpetuieren und in die Zukunft weitergetragen werden.

Moderator Gerald Groß: Vielen herzlichen Dank, Herr Prof. Plener, dass Sie bei uns waren. Alles Gute weiterhin für Ihre so wichtige Arbeit!

Univ.-Prof. DDr. Paul Plener, MHBA: Vielen Dank.

Moderator Gerald Groß: Jobsuche in Zeiten wie diesen ist meist schwierig, nicht nur im Tourismus. Wer überhaupt erst einen Beruf lernen will, bekommt das im Moment besonders zu spüren. Auch wenn einzelne Industriebetriebe zum Beispiel derzeit wieder Lehrlinge suchen, insgesamt gibt es eine gewaltige Lücke, die da klafft. Wir schauen uns das im Folgenden gleich im Detail an, und zwar in der folgenden Grafik. (Im Folgenden werden die Ausführungen des Moderators durch eingespielte Diagramme unterstützt.) Aktuell, also mit Jänner 2021, hat es ein Angebot von 4 740 offenen Lehrstellen in Österreich gegeben. Im Vergleich zum Jänner des Vorjahres sind das um 1 157 Stellen weniger. Auf diese verfügbaren Plätze kommen 7 411 Lehrlinge, die derzeit einen Ausbildungsplatz suchen. Hier klafft also eine Lücke von 2 671 Lehrstellen.

Neben mir hat jetzt Isabella Steger Platz genommen – herzlich willkommen! Sie ist diplomierte Sozialarbeiterin – sie hat an der FH in Sankt Pölten studiert – und als solche ist sie nicht nur ehrenamtlich in der Jugendarbeit tätig, sondern sozusagen auch im Brotberuf. Seit Oktober 2020 arbeitet sie auch in der mobilen Jugendarbeit in ihrem Verein in Simmering.

Jugendpolitisch ist sie seit 2017 im Vorstand der Bundesjugendvertretung und seit 2019 auch im Vorsitz der Bundesjugendvertretung tätig. Innerhalb dieser Gruppe, dieser Plattform vertritt sie die Pfadfinderinnen und Pfadfinder Österreichs, die sich als überparteilich und überkonfessionell verstehen.

Wie ist es Ihnen bisher mit der Diskussion gegangen, Frau Steger? Sie haben aufmerksam zugehört.

Isabella Steger (Bundesjugendvertretung): Genau. Bisher sind ganz viele wichtige Themen angesprochen worden, die Kinder und Jugendliche betreffen, angefangen von der psychischen Gesundheit bis hin zur Öffnung der außerschulischen Jugendarbeit, was alles wichtige Themen sind. Zum Thema psychische Gesundheit möchte ich nur sagen: Es ist extrem wichtig, Kinder- und Jugendpsychiatrien auf bessere Beine zu stellen, aber das ist natürlich nur die Spitze des Eisberges. Es ist wichtig, da wirklich frühzeitig anzusetzen, präventive Konzepte zu haben – eben Ausbau von Schulsozialarbeit, von Schulpsychologie, mehr Psychotherapieplätze auf Kasse für Kinder und Jugendliche –, denn da kann wirklich frühzeitig viel abgefangen werden, damit Kinder und Jugendliche nicht erst auf die Kinder- und Jugendpsychiatrie kommen müssen.

Moderator Gerald Groß: Das Thema ist ja auch bereits mehrfach angesprochen worden, wie wichtig auch außerschulische Jugendarbeit ist. Wie wichtig ist sie denn in Ihren Augen und wie funktioniert Jugendarbeit unter den herrschenden Bedingungen überhaupt?

Isabella Steger: Kinder- und Jugendarbeit ist sehr wichtig, denn: Was macht außerschulische Kinder- und Jugendarbeit? – All das, was Herr Plener gerade angesprochen hat, was wichtig ist: Sie gibt Routine. Man ist viel draußen in der Natur. Man macht Sport. Man hat Kontakte zu Gleichaltrigen. Und sie ist einfach ein Auffangnetz für Kinder und Jugendliche, wo sie frei von Leistung, außerhalb der Familie, weg von den Eltern einfach sie selbst sein können.

Jugendarbeit derzeit funktioniert. Es gibt viele Jugendorganisationen, die wirklich in kürzester Zeit ihre Angebote auf digitale Heimabende umgestellt haben, wo auch wirklich Konferenzen, Seminare digital stattfinden. Aber: Wir haben eine Umfrage unter 200 Kinder- und Jugendorganisationen und Jugendleitern und -leiterinnen gestartet, und da ist einfach rausgekommen, man erreicht die Kinder nicht mehr. Die Kinder kommen nicht mehr in die digitalen Angebote, weil sie den ganzen Tag vorm PC sitzen, weil sie nicht mehr können, und auch den ehrenamtlichen Jugendleitern und -leiterinnen fällt es auch immer schwerer, diese Jugendarbeit aufrechtzuerhalten, weil die Möglichkeiten, wenn es nur online stattfindet, begrenzt sind.

Man sitzt im Homeschooling oder im Homeoffice den ganzen Tag vorm PC, und sich dann am Abend auch noch einmal hinzusetzen und ehrenamtlich vor dem Computer zu sein, das wird einfach immer schwieriger. Deswegen ist es wichtig, dass parallel zur Schulöffnung auch die außerschulische Kinder- und Jugendarbeit schnellstmöglich geöffnet wird.

Moderator Gerald Groß: Sie vertreten ja alle Jugendlichen, die Schülerinnen und Schüler, die Lehrlinge, die Berufstätigen, die Studenten und Studentinnen. Was haben denn alle gemeinsam? Gibt es so etwas Verbindendes in der momentanen Situation, neben all den individuellen Problemen und speziellen Herausforderungen, die sie auch haben?

Isabella Steger: Ich glaube, was uns alle verbindet, auch uns, die wir alle hier sitzen, sind einfach die fehlenden sozialen Kontakte, und das spiegelt sich wirklich vom Kindergarten bis zur Uni wider. Das ist einfach so ein enormer Einschnitt in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Da geht es um wichtige Entwicklungsaufgaben, sei es jetzt in der Kinderkrabbelstube das Spielen mit Gleichaltrigen, sei es gemeinsam feiern gehen, gemeinsam im Hörsaal sitzen bei den Studierenden. Ich glaube, das alles verbindet uns, aber das verbindet uns auch über die Generationen hinweg, dass einfach die sozialen Kontakte fehlen, und deswegen ist es wichtig, dass wir möglichst rasch gute Sicherheitskonzepte haben, die sozialen Austausch möglich machen.

Moderator Gerald Groß: Da sind wir schon bei meiner nächsten und für diesen Teil jetzt einmal abschließenden Frage an Sie: Was erwarten Sie denn von den Damen und Herren Abgeordneten, die da im Hohen Haus sitzen und das ja bis zu einem gewissen Grad mitbestimmen können und in der Hand haben, ganz konkret?

Isabella Steger: Kinder und Jugendliche müssen Priorität Nummer eins sein. Es müssen, wenn es um die Öffnung geht, wenn es um Lockerungen geht, immer an allererster Stelle Kinder und Jugendliche stehen. Es ist jetzt besser geworden damit, dass jetzt die Schulen geöffnet sind, dass es da Strategien gibt, aber das war im vergangenen Jahr sehr oft nicht der Fall. Ich erwarte mir einfach, dass die Soforthilfe für psychische Gesundheit aufgestockt wird, dass es gute Unterstützungsangebote für Kinder und Jugendliche gibt und dass bei jeder Coronamaßnahme, die getroffen wird, geprüft wird, wie sich das auf Kinder und Jugendliche auswirkt. Kinder und Jugendliche müssen wichtiger sein als die Wirtschaft und alles andere.

Moderator Gerald Groß: Dann wollen wir gleich darüber diskutieren. Ich möchte aber noch ein Thema hereinnehmen, das wir heute vielleicht auch ein wenig stiefmütterlich behandelt haben, nämlich das Thema Lehrlinge. Lehrlinge, die vergessenen Kinder der Politik: So hat es der Landesschulsprecher der oberösterreichischen Berufsschüler vor Kurzem einmal formuliert. Der Anlass war: Bei den Coronatests wurden die Berufsschulen vergessen.

Die Regierung sagt, sie will sich verstärkt um die Jugendbeschäftigung kümmern. Ob und wie das bei den Betroffenen ankommt, haben wir uns angesehen.

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Es folgt eine Videoeinspielung:

Sprecher: Jakob Buchinger macht seit drei Jahren seine Konditorausbildung in einem großen Betrieb, doch plötzlich ist alles anders. Die Pandemie macht ihm einen Strich durch die Rechnung.

Jakob Buchinger (Konditor-Lehrling): Dann kam Corona. Im ersten Lockdown waren wir noch komplett zu Hause. Da wusste eben noch niemand, was abgeht und wie es jetzt läuft und so. Dann waren wir auch nur ein paarmal im Betrieb, aber dadurch, dass eben auch nicht viele Leute generell im Haus waren, hatten wir halt nix zu tun und sind halt viel rumgestanden.

Sprecher: Damit Lehrlinge wie Jakob nicht den Anschluss verlieren, hat die Stadt Wien zusammen mit Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer ein Projekt ins Leben gerufen. Die Jugendlichen können in einer überbetrieblichen Lehrwerkstatt weiterlernen. Die Kosten werden vom Waff, das ist der Wiener ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds, dem AMS und der Stadt Wien übernommen. Für Jakob, der kurz davor steht, seine Lehre zu beenden, ist das eine große Chance.

Jakob Buchinger: Ein bis zwei Tage sind wir dann immer hier in der Küche und backen alle möglichen Sachen. Bis vorige Woche war auch noch ein veganer Sternekoch da, der mit uns alle möglichen Sachen ausprobiert hat, das war auch cool zu sehen.

Sprecher: Auch für Tiyakewin Routh ist der Traum einer Lehre im traditionsreichen Wiener Café Central bald zu Ende.

Tiyakewin Routh (Restaurantfachfrau-Lehrling): Ich war circa ein Monat im Normalbetrieb, wo bei uns wirklich viel los war – bei uns sind immer Schlangen. Ab März habe ich dann aufgehört, und ich habe dann erst wieder im September begonnen. Es war am Anfang wirklich mühsam, weil eben keine Gäste gekommen sind, und wir waren sehr viele Angestellte dort. Ich habe am Anfang schon irgendwie Angst gehabt, dass ich meine Lehrstelle verliere. Das Ding ist aber, dass wir Lehrlinge einen Kündigungsschutz haben, also wir dürfen nicht gekündigt werden, außer die Betriebe sperren komplett zu. Es war dann halt auch so, dass bei uns viele gekündigt worden sind, die auch schon sehr lange im Betrieb waren, und das hat mir auch leidgetan für die.

Sprecher: Nach der Unterbrechung kann auch sie beim sogenannten Corona-Wien-Ausbildungsverbund weiterlernen. Die Organisatorin des Projekts ist froh, wenn sie sieht, wie die Auszubildenden langsam wieder Mut fassen.

Sandra Schnell (Projektleiterin Weidinger und Partner): Es fehlt ihnen mittlerweile ein Jahr, so lange dauert es halt schon, und sie werden frustrierter und unmotivierter, und deshalb ist unser Projekt ein kleiner Lichtstrahl.

Sprecher: Die Direktorin des Hotel Bellevue, das zusammen mit dem Hotel Intercontinental als Ausbildungsstätte für die Lehrlinge dient, sieht auch Positives an der jetzigen Situation.

Ulrike Regenfelder-Gassner (General Manager Hotel Bellevue): Es ist halt jetzt auch Zeit für Fragen, weil sie nicht direkt am Gast sind. Die dürfen Fehler machen, die werden korrigiert, es ist vielleicht ein bisschen die Hemmschwelle genommen, die Nervosität, vor allem für die ganz Jungen, die erst im ersten Lehrjahr sind.

Sprecher: Jakob Buchinger versucht, das Beste aus seiner Situation zu machen, auch wenn jetzt für ihn alles anders ist und er seine Lehre nicht in seinem angestammten Betrieb beenden kann.

Jakob Buchinger: Wäre halt schön gewesen, aber ja, kann man auch nicht ändern. Ich bin so ein Mensch, ich sage dann: Lassen wir die Vergangenheit und schauen, dass es in der Zukunft trotzdem gut weitergeht!

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Moderator Gerald Groß: Lehrlinge, die vergessenen Kinder der Politik: Müssen Sie, so wie Sie hier sitzen, sich diesen Vorwurf nicht auch gefallen lassen? Sie alle haben, so wie Sie hier sitzen, höhere Schulen absolviert, haben ein Studium absolviert oder sind gerade dabei, ein Studium zu absolvieren.

Ist es da nicht naheliegend, dass man vielleicht auf Lehrlinge vergisst, auch in der politischen Arbeit?

Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Ich glaube, es ist natürlich die eigene Herkunft – der eigene Lebensweg prägt einen. Er darf aber nie die Brille dafür sein, wie man Politik macht. Meine Lebensrealität kann nie auf jene von beinahe neun Millionen Menschen in Österreich passen. Das ist ein ganz zentraler Punkt. Deswegen ist es wichtig, dass wir uns in der Politik austauschen – tagtäglich –, beispielsweise mit der Österreichischen Gewerkschaftsjugend, die gerade bei diesem Thema extrem zentral ist, mit der Bundesjugendvertretung als gesetzlicher Vertretung aller Kinder und Jugendlichen in Österreich. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, und ich finde, das ist ein sehr wichtiger Punkt, der in den letzten Jahren immer mehr überhandgenommen hat: dass Politik aus der Ich-Perspektive gemacht wird – ich als Mutter, ich als Studentin. Das darf niemals unser Zugang sein, weil das, wie gesagt, einfach nicht ist, wofür wir im Parlament sitzen. Wir sitzen im Parlament für die Menschen, die uns gewählt haben, für die, die draußen sind, die von uns eben Antworten auf die verschiedensten Lebensrealitäten haben wollen. Das muss auch unser Zugang sein, und deswegen müssen wir das Ohr immer draußen haben.

Moderator Gerald Groß: Vielleicht haben Lehrlinge ja eine Lobby, aber die NEOS – oder die Junos – sind es wohl nicht, oder?

Yannick Shetty (NEOS): Warum?

Moderator Gerald Groß: Ich weiß es nicht, ist das vielleicht ein Klischee?

Yannick Shetty (NEOS): Ja, das glaube ich auf jeden Fall. Wo ich Kollegin Holzleitner auf jeden Fall recht geben möchte – oder zum Teil recht geben möchte –, ist, dass man, wenn man wie wir alle hier – nicht alle, aber die meisten – einen anderen Bildungshintergrund als einen Lehrabschluss hat, trotzdem, glaube ich – da bin ich bei dir –, für die Betroffenen gute Politik machen kann, aber dass man im politischen Alltag doppelt und dreifach hinterfragen muss, ob man nicht vielleicht zu sehr nur die eine Brille aufhat. Ich glaube, dieser verschärfte Blick ist notwendig, und den vermisse ich bei der Bundesregierung auch in weiten Teilen. Wir haben im Jahr 2020 im Vergleich zu 2019 einen Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit bei jungen Menschen – bei Menschen unter 25 Jahren – von 157 Prozent. Es ist natürlich schon klar, dass das der Coronapandemie geschuldet ist, aber wir wissen: Langzeitarbeitslosigkeit ist toxisch, toxisch für den weiteren Lebensweg junger Menschen. Ich würde mir schon erwarten, dass wir irgendwie einen Plan haben, wie wir davon wegkommen.

Da bin ich zuversichtlich, weil sich die Regierung jetzt entschlossen hat, einen Experten in die Bundesregierung zu holen. Ich schätze Martin Kocher sehr – wir schätzen Martin Kocher sehr –, und ich erwarte mir auch eine Verbesserung gegenüber dem, was davor passiert ist, nämlich wenig bis gar nichts oder nur Showpolitik. Das ist dringend notwendig. Wir brauchen die Expertise, wir brauchen einen konkreten Plan, wie wir solche toxischen Phänomene wie Langzeitarbeitslosigkeit verhindern können. Ich bin jetzt gespannt, was vom neuen Minister kommt, aber viel Zeit und viel Geduld werden wir nicht haben, denn es ist fünf vor zwölf.

Moderator Gerald Groß: Herr Schnedlitz, es gibt es ja schon Aufstockungen der finanziellen Mittel für die überbetriebliche Lehrausbildung, den Lehrlingsbonus für Betriebe. Ist das aus Ihrer Sicht ausreichend?

Michael Schnedlitz (FPÖ): Nein, auf keinen Fall. Ich denke, eines der größeren Probleme ist gar nicht, dass man selbst nicht den gleichen Lebensweg gegangen ist, sondern dass die Politik grundsätzlich oft einfach Dinge macht, die keine Probleme lösen, sondern – so ehrlich muss man sein, man hat oft das Gefühl – nur, um halt irgendetwas gemacht zu haben. Ein Baustein ist – ja –, dass man zum Beispiel ein sekundäres Angebot schafft, was aber definitiv nur eine Übergangslösung oder eine Beschäftigungstherapie in einem – unter Anführungszeichen – „imaginären Arbeitsmarkt“ ist.

Wenn wir aber wissen, dass die Lehrstellen dann auch in die Normberufe, in Regelberufe übergehen müssen und in Berufen, für die es eine Lehrausbildung gibt, die Arbeitslosigkeit sogar noch mehr steigt als die Durchschnittsarbeitslosigkeit in Österreich, dann ist das zwar nett, aber wenn mit solchen Programmen die Zeit in der Lehre überbrückt wurde, dann hilft das den Lehrlingen, den Jugendlichen nicht, wenn sie danach keine Arbeit finden. Das ist, glaube ich, ein ganz zentraler Punkt, der für die Motivation wichtig ist. Natürlich ist es für die Motivation wichtig, dass man das Gefühl hat: Na zumindest mache ich jetzt irgendetwas!, aber die Hauptmotivation ist, zu wissen, warum man es macht. Das heißt, dass man nach der Lehre auch einen nachhaltigen, sicheren Job findet, und es wurde ein Jahr lang einfach absolut nichts dafür gemacht, dass dieses Angebot danach auch vorhanden ist. Dazu haben wir ein Jahr absolut nichts gehört.

Wir haben heute schon einmal darüber debattiert, dass sehr viele Vorschläge von der Opposition auf dem Tisch liegen, die halt einfach nicht angenommen wurden. Da würde ich mir den Schulterschluss, der von der Regierung so oft strapaziert wurde, wünschen: dass man die türkise Brille der Regierung ablegt und auch rote, pinke, blaue oder andere Vorschläge umsetzt, wenn diese den Jugendlichen helfen.

Moderator Gerald Groß: Dann fragen wir die beiden Vertreterinnen der Regierungsparteien gleich, ob sie sich das vorstellen können, und vor allem welche Vorschläge.

Barbara Neßler (Grüne): Um vielleicht noch kurz auf das Video einzugehen: Ich bin ja nicht nur für den Bereich Jugend, sondern auch für den Bereich Tourismus zuständig, in dem vor allem sehr viele junge Menschen sind, und dementsprechend führe ich jede Woche Telefonate, von der Gewerkschaft über Vertreter und Vertreterinnen der Branche, in der natürlich Lehrlinge massiv davon betroffen sind.

Was mir wichtig ist: Es geht nicht nur um die Langzeitarbeitslosen, es geht vor allem auch um die Jugendlichen, die jetzt gerade um einen Job bemüht sind, denn wenn man den Jugendlichen am Anfang signalisiert: Du wirst nicht gebraucht!, dann wirkt sich das nicht nur auf das Selbstbewusstsein der jungen Menschen negativ aus, sondern auch auf die ökonomische Lebensbilanz. Da fehlen beispielsweise die Anrechnungsjahre zur Pension, oder man kann erst später in eine höhere Gehaltsstufe kommen.

Worüber ich froh bin, ist, dass die prognostizierten Katastrophenszenarien, wie wir sie noch im letzten Mai beispielsweise von der Universität Linz hatten, die prognostiziert hat, dass sich die Jugendarbeitslosigkeit verdoppeln wird und dass 7 000 Lehrstellen fehlen werden, nicht eingetreten sind. Jetzt im Jänner – wir haben es gerade gesehen, es wurde eingespielt – fehlen rechnerisch 2 761 Lehrstellen. Daran sieht man schon, dass die Reihe an Maßnahmen, die wir gesetzt haben, gewirkt hat – beispielsweise der Lehrlingsbonus oder die Lehrlingskurzarbeit mit der 100-Prozent-Nettoersatzrate, die Covid-Hotline für Lehrlinge und so weiter. Natürlich ist es nicht unser Anspruch, dass wir nur das Schlimmste verhindern, sondern eben auch, dass wir die bedarfsorientierten, überbetrieblichen Lehrwerkstätten aufstocken. Da geht es nicht nur darum, dass die Jugendlichen irgendetwas machen – in Richtung Kollegen Schnedlitz –, sondern das garantiert natürlich schon einen Lehrabschluss. Das muss man schon festhalten.

Michael Schnedlitz (FPÖ): Die brauchen aber einen Arbeitsplatz.

Barbara Neßler (Grüne): Genau, und darum ist es jetzt gleichzeitig umso wichtiger, dass wir nicht nur im Bereich der Jobs Maßnahmen setzen, sondern dass wir jetzt auch schon Konjunkturmaßnahmen setzen, gerade im Bereich Tourismus, in der Wirtschaft, damit das Rädchen wieder zum Laufen kommt und wieder neue Arbeitsplätze geschaffen werden können.

Was ich gleichzeitig noch mitschicken möchte, ist, dass wir jetzt auch Konjunkturmaßnahmen setzen müssen, dass bestehende Irrwege – so nenne ich sie jetzt einmal – jetzt schon korrigiert werden, in dem Sinn, dass wir in die Richtung investieren, die wir wollen – Stichwort Green Jobs –, dass wir, wie beispielsweise bei der Investitionsprämie, Klimaschutz und Konjunkturmaßnahmen unter einen Hut bringen. In diese Richtung muss es gehen, und da sind wir dabei.

Moderator Gerald Groß: Frau Plakolm.

Claudia Plakolm (ÖVP): Also ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass, auch wenn keine Pandemie wäre, das Thema Jugendbeschäftigung und Lehre ganz oben auf der Tagesordnung stehen muss. Wir waren uns vor der Pandemie schon darüber einig, dass wir im Bereich Lehre Aufholbedarf haben, obwohl die Lehre ja ein internationales Erfolgsmodell ist, was zahlreiche internationale Wettbewerbe – Euroskills, Worldskills und dergleichen – beweisen, bei denen österreichische Jugendliche immer wieder die Stockerlplätze belegen. Im eigenen Land fehlt irgendwo die Wertschätzung für die Lehre, aber beinahe jeder zweite Jugendliche – zumindest im ländlichen Raum – entscheidet sich für die Lehre. Ich glaube, man muss die Lehre genauso mit Perspektiven ausstatten, wie man das auch in der Schule und an der Uni macht.

Jetzt ist natürlich die Coronakrise über uns hereingebrochen. Ich vergleiche das immer gern mit einer Lawine, die von heute auf morgen über die ganze Welt hereingestürzt ist, und schön langsam taut es jetzt auf. Der Schnee schmilzt, das Eis schmilzt, und man sieht, was für einen Schaden Corona in wirtschaftlicher Hinsicht, was die Beschäftigung betrifft, hinterlassen hat. Davon ist die Jugendbeschäftigung natürlich massiv und stark betroffen, aber ich möchte jetzt nicht alles schlechtreden, denn Fakt ist auch, dass Österreich die viertniedrigste Arbeitslosenquote unter Jugendlichen in Europa hat. Jeder einzelne Arbeitslose ist einer zu viel, keine Frage, aber wir unternehmen da echt viel. Der Grund, warum wir im internationalen Vergleich gut aussteigen, ist die Lehre, und damit sind wir wieder bei dem Punkt, dass wir, glaube ich, der Lehre und vor allem den Lehrlingen die Wertschätzung entgegenbringen müssen, die sie auch verdienen.

Moderator Gerald Groß: Okay, vielen - -

Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Aber, Entschuldigung: Eines ist, glaube ich, schon noch wichtig. Ich meine, wir sind jetzt im Februar, und natürlich ist da eine Lehrstellenlücke anders als beispielsweise dann im Juli oder im August, wenn das Schuljahr geendet hat. Jetzt muss auch der Zeitpunkt sein, zu dem wir das angehen, Joborientierung machen und eben allen jungen Menschen die Garantie geben: Du hast ein Recht auf Arbeit, du hast ein Recht auf Ausbildung!

Auch dazu muss ich wirklich sagen: Im Juli hatten wir im Parlament einen Dringlichen Antrag zum Thema Jugend und Arbeit – den habe ich sogar selbst eingebracht. Auch über diesen ist leider, wie es bei Anträgen der Opposition oftmals ist, nicht positiv abgestimmt worden. Darin waren ganz wichtige und zentrale Punkte, zum Beispiel auch die Ausbildungsgarantie, die es früher gegeben hat und die jetzt leider mit null Euro budgetiert ist. Wir haben es gerade gehört: Auch die BerufschülerInnen, die Lehrlinge müssen mit Gleichem ausgestattet werden. Da sind wir bei den Testkits, die sie – Sie haben es angesprochen (in Richtung Moderator Groß) – später gehabt haben, und bei den Laptops und Tablets ist es nach wie vor nicht gleich.

Ein ganz wesentlicher Punkt, warum wir jetzt schon ansetzen müssen, ist: Wir wissen einfach nicht, wie die wirtschaftliche Lage sein wird. Weil ich eine Kollegin aus Oberösterreich da habe: Bei MAN beispielsweise steht beim Betriebsstandort in Steyr ein großes Fragezeichen. Wenn dieser Betrieb absiedelt, sind das noch einmal 200, 300 Lehrstellen, die weg sind, und wir müssen schauen, dass es trotzdem ein Angebot an Lehrstellen gibt.

Da möchte ich noch einmal ganz kurz die Lanze für den öffentlichen Dienst brechen, weil wir im letzten Jahr auch gesehen haben, wie wesentlich und wichtig er ist. Dort ist viel ausgespart worden, und auch da kann man viele Lehrstellen und vor allem auch sichere Jobs schaffen.

Moderator Gerald Groß: Ich bemerke gerade, dass wir eine neue Runde eröffnet haben. Das war eigentlich nicht der Plan, um ehrlich zu sein. Wir haben nicht einmal mehr 20 Minuten, also bitte ich Sie jetzt um ganz kurze Wortmeldungen.

Frau Plakolm, Sie sind jetzt von Ihrer Kollegin von der SPÖ aus Oberösterreich direkt angesprochen worden. – Bitte.

Claudia Plakolm (ÖVP): Also ich möchte schon noch einmal betonen, dass Fakt ist, dass zahlreiche Unternehmen in Zeiten wie diesen hängeringend nach Lehrlingen suchen. Wir haben da ein regionales Gefälle, keine Frage, aber in acht von neun Bundesländern kann sich der Lehrstellensuchende aussuchen, welche Lehrstelle er annimmt. In Oberösterreich, da du das angesprochen hast, kann sich ein Lehrstellensuchender aussuchen, welche von zwei Lehrstellen er annimmt. Man sucht ja händeringend nach Fachkräften. Ich glaube, man muss viel daran arbeiten, dass man die Lehre attraktiv hält und dass man damit genauso auch wieder Möglichkeiten aufzeigt.

Moderator Gerald Groß: Herr Schnedlitz.

Michael Schnedlitz (FPÖ): Ich war jetzt gerade nur ein bisschen verwirrt, weil es mir so vorgekommen ist, als hätten wir darauf vergessen, die Regierungspolitiker in diese Runde einzuladen. Es gab jetzt Forderungen von der Kollegin von der türkisen ÖVP beziehungsweise von den Grünen, die wir natürlich unterstreichen und auch schon mit Anträgen eingebracht haben. Wenn ich aber höre, es braucht Konjunkturmaßnahmen, dann bin ich – ja – auch dieser Meinung, aber es ist euer Job, das umzusetzen. Wenn ich zum Beispiel höre, es braucht Arbeitsplätze für Lehrlinge, und deine (in Richtung Abg. Plakolm) Vorschläge höre, dann sage ich: Ja, aber die Zeit des Redens ist vorbei! Es ist zwar jetzt nett, wenn hier Forderungen gestellt werden, aber Regierungspolitiker sind nicht dazu da, zu fordern, sondern zu handeln.Ich glaube, es ist demütigend für jeden Arbeitslosen und für jeden Jugendlichen, der keine Zukunftsaussichten hat, wenn er sich anhören muss, wie Politiker handeln. Der Lehrling kann auch nicht zu seinem Meister und zu seinem Arbeitgeber sagen: Ich fordere jetzt, dass sich der Kaffee hinausträgt! – Der wird seinen Job verlieren.

Ich glaube, dass es nicht angemessen ist, wenn Vertreter von Regierungsparteien hier Forderungen aufstellen, weil die Zeit zu handeln längst da ist. Ich befürchte – wenn wir von der Krise sprechen –, dass die Krise und das dicke Ende erst kommen werden, denn wenn alle Stundungen, die jetzt noch verlängert werden, schlagend werden, wenn die tilgungsfreie Zeit vom AWS vorbei ist und so weiter, dann wird das dicke Ende noch kommen, und deshalb wird es wirklich Zeit, zu handeln, anstatt nur zu fordern. Die Zeiten in der jungen Politik, Frau Kollegin (in Richtung Abg. Plakolm), sind vorbei. Sie sind jetzt im Parlament, damit Sie mit Ihrer Fraktion handeln.

Moderator Gerald Groß: Okay, der Fairness halber jetzt doch noch Frau Neßler, aber bitte bedenken Sie: Wir haben auch noch Frau Steger hier sitzen, und schön langsam ist es unhöflich, wie sie einfach nur zuhören darf. – Bitte.

Barbara Neßler (Grüne): Herr Schnedlitz, ich glaube, Sie haben mir nicht ganz zugehört. Ich habe die Maßnahmen aufgezählt, die wir bereits gesetzt haben – vom Lehrlingsbonus bis zur Kurzarbeit der Lehrlinge. Ich habe genauso Maßnahmen wie beispielsweise die Investitionsprämie aufgezählt. Wir sind laufend dabei, und zu den angesprochenen Stundungen: Auch hierfür haben wir schon eine Lösung, aber richtig, wir werden an dem Thema weiterhin dranbleiben müssen, das ist ganz klar.

Es gibt die Taskforce Jugendbeschäftigung, die sich genau mit dem, was es noch braucht, beschäftigt. Das Ziel dieser Taskforce ist, dass jeder und jede Jugendliche einen - -

Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Eine Taskforce, das ist Showpolitik: Fünf Ministerinnen, Minister stellen sich hin und präsentieren keine neue Maßnahme für die Jugendbeschäftigung. Fünf Regierungsmitglieder stellen sich hin, loben die Taskforce und präsentieren keine einzige Maßnahme für Kinder und Jugendliche, die die Jugendbeschäftigung besser macht – fünf Regierungsmitglieder!

Michael Schnedlitz (FPÖ): Genau, Konjunkturmaßnahmen (in Richtung Abg. Neßler): Es wurde keine einzige Konjunkturmaßnahme gesetzt.

Moderator Gerald Groß: Jetzt muss ich von meinem Recht als Ältester hier an diesem Tisch einmal wirklich ganz autoritär Gebrauch machen und die Diskussion an diesem Punkt stoppen und Sie, Frau Steger, fragen, wie Sie diese Diskussion empfunden haben. Wenn Sie sich vorstellen, Sie haben morgen ein Zoom-Meeting mit ihren Kolleginnen und Kollegen innerhalb der Bundesjugendvertretung, was würden Sie denen dazu sagen, wie das heute war und wie es aus Ihrer Sicht gelaufen ist?

Isabella Steger: Das Thema Lehre ist unglaublich wichtig, und ich finde es schön, dass hier auch so eine heiße Diskussion entbrannt ist, weil es einfach zeigt: Es ist Thema, es wird von den Jugendsprechern und -sprecherinnen ernst genommen. Allerdings muss man sagen, dass das Thema Lehre auch lange vergessen worden ist. Es ist immer sehr viel um das Thema Schule gegangen, und auf die Lehrlinge ist oft vergessen worden. Sie waren schlechter mit Computern ausgestattet, als es um das Thema Homeschooling gegangen ist. Sie waren bei der Teststrategie hintenan, das heißt, Berufsschulen haben später als NMS oder AHS Tests bekommen. Da braucht es einfach einen größeren Fokus auf Lehrlinge.

Herr Plener hat es am Anfang angesprochen: Am meisten betroffen sind Personen zwischen 15 und 25 Jahren, und das sind genau jene Personen, die gerade vor der Berufsorientierung, vor der Berufswahl stehen, das heißt, es braucht einfach mehr Lehrstellen. Es ist gut, dass die überbetriebliche Lehrausbildung ausgebaut worden ist, aber man muss auch sagen, dass ja nicht das Ziel ist, dass alle Jugendlichen in einer überbetrieblichen Lehrausbildung ihre Lehre abschließen, auch wenn das eine qualitätsvolle Lehre ist. Das Ziel muss sein, dass es genug Lehrstellen in den Betrieben gibt und dass Jugendliche dort eine qualitativ hochwertige Ausbildung bekommen – auch in der Lehre –, dass man die Lehre aufwertet und dass es nicht darum geht, kurzzeitig Zahlen zu drücken, eben durch Kurzarbeit, sondern dass es wirklich um die Zukunft von jungen Menschen geht und Leute, die jetzt eine Lehre beginnen, in drei Jahren sagen: Ja, ich habe einen guten Lehrabschluss und finde damit auch einen Job! – Das ist einfach wichtig, weil wir merken – ich merke das auch tagtäglich in meiner Arbeit als Jugendarbeiterin –, dass viele Jugendliche Perspektive und Mut verlieren. Es ist derzeit wahnsinnig schwierig, Lehrstellen zu finden, vor allem in Wien. Da ist es einfach wichtig, jungen Menschen eine Perspektive zu geben.

Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel auch ein Fonds für Jugendbeschäftigung. Das heißt, Betriebe zahlen in einen Fonds ein, und wenn sie Lehrlinge aufnehmen, dann bekommen sie aus diesem Fonds finanzielle Unterstützung für diese qualitativ hochwertige Ausbildung.

Moderator Gerald Groß: Zum Thema Geld wollte ich Ihnen ohnedies noch eine Frage stellen. Es ist ja auffällig, dass es Pensionserhöhungen gegeben hat, Einmalzahlungen für Arbeitslose, Fixkostenzuschüsse für Unternehmen. Braucht es vergleichbare, ganz konkrete, sozusagen zweckgebundene Finanzmittel für junge Menschen und für entsprechende Projekte?

Isabella Steger: Ja, ganz, ganz dringend! Dazu möchte ich wieder die außerschulische Jugendarbeit aufs Tapet bringen: Sie ist unterfinanziert. Jugendorganisationen haben derzeit dadurch, dass Veranstaltungen wie Dorffeste, Bälle und Feiern nicht mehr stattfinden können, enorme finanzielle Einbußen. Jugendorganisationen haben oftmals neben den Ehrenamtlichen ein bis zwei bezahlte Mitarbeiter, die die administrativen Tätigkeiten schupften können. Diese mussten gekündigt werden. Das heißt, es braucht wirklich niederschwellige finanzielle Unterstützung für die außerschulische Kinder- und Jugendarbeit.

Ich möchte auch noch einmal betonen: Es gibt die Förderung für Kinder- und Jugendorganisationen, aber diese wurde seit 20 Jahren nicht erhöht. Wir haben bei Kinder- und Jugendorganisationen inflationsbedingt einen Verlust von 40 Prozent. Es braucht einfach eine bessere finanzielle Absicherung der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit, denn sie hilft, wie schon gesagt, nicht nur bei den sozialen Kontakten und psychischen Aspekten, sondern was macht außerschulische Jugendarbeit noch? – Berufsorientierung. Man lernt dort Kompetenzen, die man im Arbeitsleben, im Berufsfeld braucht, und deswegen ist es einfach wichtig, die Jugendförderung an die Inflation anzupassen und zu erhöhen und wirklich ganz gezielt kleine Vereine finanziell zu unterstützen.

Moderator Gerald Groß: Frau Steger, wir haben natürlich alle keine Glaskugel, obwohl wir natürlich manchmal gerne eine hätten, gerade in Zeiten wie diesen. Sie haben von der fehlenden oder vielleicht verloren gehenden Perspektive gesprochen: Wir haben heute erfahren, dass es zumindest bis Ostern einmal keine Lockerung der bestehenden Maßnahmen geben wird. Wenn wir in den Sommer schauen: Angenommen es wird über den Sommer hinaus weiterhin noch strenge Maßnahmen geben oder geben müssen – was heißt das für die jungen Menschen? Wie schätzen Sie da die Situation ein?

Isabella Steger: Ich persönlich schaue auch mit sehr viel Sorge in die Zukunft, wenn das noch länger geht. Ich hoffe natürlich, dass durch die Impfung alles besser wird – das hoffen wir, glaube ich, alle: die große Erleichterung –, aber sollte es im Herbst wirklich noch weitere Lockdowns geben – ich glaube, jungen Leuten geht es im Lockdown schlecht, es geht ihnen immer schlechter –, glaube ich, dass ganz wichtig ist, dass Schulen nicht mehr geschlossen werden. Natürlich muss man immer schauen, wie das Infektionsgeschehen ist, aber sie sollten zumindest als Letzte geschlossen werden. Ich glaube, wenn diese Phase noch länger so weitergeht, dann haben wir es in Zukunft mit enormen psychischen Auswirkungen zu tun, wie Herr Plener auch schon gesagt hat: Ich rede wirklich von posttraumatischen Belastungsstörungen, die dann gesehen werden.

Das Thema Bildung und Ausbildung wird uns noch lange beschäftigen, denn ich glaube, dass wir die Auswirkungen dieser Pandemie auf Kinder und Jugendliche erst in den nächsten Jahren wirklich sehen werden.

Moderator Gerald Groß: Ganz abschließend jetzt an Sie die Frage – weil wir hier mit jungen Politikerinnen und Politikern zusammensitzen –: Würden Sie sagen, dass das Vertrauen in die Institutionen, das Vertrauen in die Politik insgesamt im letzten Jahr bei den Jugendlichen größer und stärker oder eher schwächer geworden ist?

Isabella Steger: Ich kann jetzt keine Pauschalaussage für alle Kinder und Jugendlichen geben. Was ich natürlich schon sehr mitbekomme, ist, vor allem seit Herbst, dass die Skepsis schon größer wird und dass Jugendliche auch immer wieder Probleme haben, noch mitzukommen: Was gilt jetzt gerade? Wen darf ich gerade treffen? Wie schaut das mit den Lockerungen aus? – Sie kennen sich einfach nicht mehr aus. Das stärkt das Vertrauen in die Politik nicht.

Moderator Gerald Groß: Vielen Dank – kommen wir zur Schlussrunde! Jetzt beginne ich bei Ihnen, Herr Shetty, weil Sie vorhin nicht mehr drangekommen sind. Was kann oder muss ganz konkret geschehen, und was darf in der nächsten Zeit keinesfalls geschehen, um die Situation der Jugendlichen in Österreich zu verbessern?

Yannick Shetty (NEOS): Ich würde es vielleicht – wenn ich jetzt vielleicht ein bisschen mehr Zeit habe, weil ich die Runde davor ausgelassen habe – ein bisschen trennen in: Was müssen wir jetzt akut tun, und was müssen wir mittel- bis langfristig tun?

Akut: Ich habe da einen Punkt herausgegriffen, und ich wiederhole ihn noch einmal, weil auch Professor Plener ihn noch einmal wiederholt und so in den Fokus gerückt hat und die Antworten der beiden Kolleginnen der Regierungsparteien überaus schwammig waren, um es freundlich auszudrücken. Was auch Professor Plener als Sofortmaßnahme vorgeschlagen hat: dass wir, wenn der Lockdown wirklich bis Ostern noch einmal verlängert wird, Sportmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche – so viele Kinder und Jugendliche sind in Sportvereinen engagiert, sei es im Fußballverein, im Tennisverein oder wo auch immer – wieder ermöglichen, dass wir die Möglichkeit geben, dass auch Freiräume geschaffen werden. Ich meine, wir sind alle in einer wahnsinnig privilegierten Situation, aber für ein Kind, das gemeinsam mit vier oder fünf anderen in der Familie in einer 50-Quadratmeter-Wohnung wohnt, ist der Sport der einzig mögliche Freiraum an einem Tag. Dazu würde mich interessieren, ob Sie (in Richtung der Abgeordneten Neßler und Plakolm) dem Vorschlag zustimmen, die Sportmöglichkeiten auch wirklich zu öffnen.Mittel- bis langfristig, glaube ich, ist einmal das Zentrale, dass wir handeln. Ich bin in die Politik gegangen, um etwas zu bewirken, um etwas zu verändern. Ich finde – natürlich nicht wortwörtlich im rechtlichen Sinn verstehen –, Nichtstun in der Politik ist Amtsmissbrauch. Man muss handeln, und gerade wenn so konkret von Experten aufgezeigt wird, was notwendig ist, dann würde ich mir erwarten – gerade von der neuen Jugendministerin, aber auch vom Arbeitsminister oder anderen Betroffenen –, dass ein konkreter Plan präsentiert wird. Wie schaffen wir es, dass diese Generation eben nicht die Lost Generation wird? Sie ist es nicht, aber sie droht es zu werden. Was genau plant die Regierung? – Das vermisse ich, ich vermisse das Sprachrohr für die jungen Menschen.

Moderator Gerald Groß: Wir werden das vielleicht noch hören. – Frau Holzleitner, was darf keinesfalls passieren?

Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Es darf keinesfalls passieren, dass bei den nächsten Krisenmaßnahmenpaketen und so weiter die Kinder und Jugendlichen wieder vergessen werden. Kinder und Jugendliche sollen in der Krisenkommunikation ganz nach vorne – Priorität eins – gesetzt werden, damit verständlich und in Kinder- und Jugendsprache kommuniziert wird. Expertin Steger hat schon angesprochen, dass Kinder und Jugendliche oftmals nicht mehr mitkommen, wie, wo und was jetzt gilt, und ich glaube, das ist ein zentraler Punkt: Wenn wir es schaffen – oder in dem Fall die Regierung es schafft –, so zu kommunizieren, dass bei dem, was jetzt gilt, wirklich alle mitkommen, dann darf uns das bei den nächsten Pressekonferenzen nicht mehr passieren: Es darf uns nicht passieren, dass wir Hoffnungen nehmen, sondern es muss passieren, dass wir jungen Menschen mit einem Jugendpaket – mit einem Paket für Jugendarbeit, für Jugendgesundheit und so weiter – Zukunftschancen geben. Also da gibt es massenweise Maßnahmen, die jetzt gesetzt werden müssen.

Moderator Gerald Groß: Danke schön. – Herr Schnedlitz.

Michael Schnedlitz (FPÖ): Es darf auf keinen Fall passieren, dass unseren Kindern und Jugendlichen weiter ohne jegliche Grundlage Fesseln angelegt werden. Wenn wir jetzt von einem Lockdown bis Ostern sprechen, dann ist das ganz einfach rechtswidrig, weil alle zehn Tage die Evidenz dafür, ob es weitere Lockdowns braucht, geprüft werden muss. Das ist das beste Beispiel dafür, dass diese Regierung die Evidenz und die Grundlagen gar nicht interessieren, sondern dass man einfach pauschal das Land und auch unsere Kinder und Jugendlichen weiter in Fesseln legt.

Was muss passieren? – Genau das Gegenteil: dass die Kinder und Jugendlichen wieder zusammenkommen können, in der Schule, aber auch in der Freizeit, was Sport, Vereine und Freizeitgestaltung betrifft, denn das ist der Turbo, der jetzt zur negativen, problematischen Entwicklung bei den Kindern und Jugendlichen führt.

Um das ganz kurz mit Zahlen zu untermauern: Wir wissen, dass der Kontakt von Kindern und Jugendlichen mit ihren Großeltern um 87 Prozent zurückgegangen ist, aber jener mit den eigenen Freunden um 96 Prozent. Das heißt, der Kontakt zu den Freunden ist stärker zurückgegangen als jener zu einer Risikogruppe. Daran sehen wir, dass wir am falschen Weg sind und nicht das erreichen, was wir erreichen wollen. Wir sagen: Lassen wir unsere Kinder und Jugendlichen endlich wieder atmen!

Moderator Gerald Groß: Frau Neßler und Frau Plakolm, Sie haben jetzt sozusagen die letzte Chance, Ihre Kolleginnen und Kollegen zu überzeugen. Wofür werden Sie sich besonders ins Zeug legen? Was können Sie heute versprechen? Wofür machen Sie sich, auch innerhalb der eigenen Partei, so stark, dass man Sie einfach nicht überhören kann?

Barbara Neßler (Grüne): Ich glaube, meine Kolleginnen und Kollegen wissen, dass wir quasi auch hinter der Bühne gut zusammenarbeiten und dass wir ihre Vorschläge aufgreifen, mitnehmen und einarbeiten. Ich möchte jetzt nur noch auf die gesagten Punkte eingehen.

Zur Kommunikation: Es stimmt, ja, wir haben bei der Kommunikation am Anfang sicher zu wenig auf die jungen Menschen geachtet – ganz klar. Darum haben wir geschaut, dass wir da einfach besser geworden sind, und darum hat beispielsweise auch unser Gesundheitsminister eine Pressekonferenz nicht nur über Kinder, sondern zusammen mit Kindern gehalten.

Ich muss auch dazusagen - - (Abg. Schnedlitz: Das ist keine Lösung!) – Herr Schnedlitz, ich habe Sie auch ausreden lassen, obwohl Sie von Fesseln gesprochen haben, aber auf Ihre fahrlässige Kommunikation in Bezug auf die Covid-Krise möchte ich jetzt nicht weiter eingehen, das würde den Rahmen sprengen.

Moderator Gerald Groß: Sie kommen vom Weg ab.

Barbara Neßler (Grüne): Zurück zum Thema: Bei wem ich mich schon bedanken möchte, sind die vielen Organisationen, auch die Bundesjugendvertretung, weil es, beispielsweise wenn eine Verordnung und so weiter gemacht wird, oft in der Theorie gut gemeint ist, aber vielleicht in der Praxis zum Teil noch hapert. Dann wird nachgeschärft, und dabei bin ich sehr dankbar für die Expertise und die Praxiserfahrung. Unsere NGOs, unsere Jugendorganisationen sind in unmittelbarem Kontakt, und wir stehen ständig im Austausch. Das ist sehr wichtig, und dafür möchte ich mich noch einmal bedanken.

Grundsätzlich: Die Covid-Krise ist wie ein Vergrößerungsglas, das bestehende – schon lang bestehende – Probleme radikal aufdeckt, und das sehen wir beim Thema Kinderbetreuung, das sehen wir beim großen Thema Kinderarmut, das sehen wir - -

Moderator Gerald Groß: Frau Neßler, ich will nicht unhöflich sein, aber wir wiederholen uns jetzt schön langsam.

Barbara Neßler (Grüne): Ich komme zum letzten Satz. Ich möchte nur sagen: Es gibt wahnsinnig viel zu tun, und wir sind dabei. Zu den jungen Menschen möchte ich noch eines sagen. Wir wissen leider nicht, wann die Covid-Krise vorbei ist, aber eines ist ganz klar: Es werden wieder bessere Zeiten kommen.

Moderator Gerald Groß: Ihr Wort in Gottes Ohr. – Frau Plakolm.

Claudia Plakolm (ÖVP): Ich werde mich ganz stark dafür einsetzen, dass die Schulen – so lange es geht, und hoffentlich durchgehend – geöffnet bleiben, weil ich glaube, dass das die wichtigste Prävention ist – gerade wenn wir über das Eingangsthema sprechen: Um die psychischen Folgen der Coronakrise für Kinder und Jugendliche geht nichts herum, kein Zoom-Meeting kann den Unterricht ersetzen, und demnach braucht es auch geöffnete Schulen und gleichermaßen ein Konzept für die Hochschulen, sodass man auch da wieder in ein geordnetes Sommersemester zurückkehren kann.

Ich möchte mich dem Dank anschließen, vor allem in Richtung aller Jugendlichen in Österreich, die in den letzten Monaten, im gesamten letzten Jahr echt vor enorme Herausforderungen gestellt waren. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass ohne Jugendliche in dieser Krise absolut nichts funktionieren würde. Wir haben vorhin den Film über das Rote Kreuz gesehen, über das ehrenamtliche Engagement in dieser Zeit. Es hat außerordentliche Zivildiener gegeben, Menschen beim Bundesheer, beim Roten Kreuz, bei Rettungsorganisationen, Menschen, die bei den Massentestungen geholfen haben und nach wie vor helfen. Vieles wäre ohne sie nicht möglich: Essen auf Rädern, Initiativen, Nachbarschaftshilfe und so weiter. Mir würde Unzähliges einfallen, was Jugendliche alles gestemmt haben. Dieses Engagement, dieser ehrenamtliche Einsatz ist ja gewissermaßen auch die beste Prävention, durch die man auch soziale Kontakte ermöglichen kann. Diesen Einsatz wünsche ich mir auch für die Zukunft, und dafür möchte ich allen Jugendlichen ganz herzlich danken.

Moderator Gerald Groß: Diesem Dank schließe ich mich gerne an. Ich sage auch Danke schön zu Ihnen, Frau Steger, und Danke an Sie, meine Damen und Herren, die Sie hier sehr lebhaft miteinander diskutiert haben, aber, wie ich finde, auch sehr wertschätzend, und das macht doch auch Hoffnung.

Vielen herzlichen Dank, meine Damen und Herren! Ich danke Ihnen, dass Sie dabei waren und uns zugeschaut haben. Ich hoffe, Sie sind das nächste Mal bei unserer Sendung Politik am Ring wieder dabei: am 15.3., wieder am Montag, meine Damen und Herren, hier in der Hofburg, dem Ausweichquartier des österreichischen Parlaments.

An dieser Stelle sage ich jetzt: Schönen guten Abend, auf Wiedersehen, bis zum nächsten Mal, und alles Gute, meine Damen und Herren, bleiben Sie gesund!