Mit 15. Juli endet die erste Tagung der 28. Gesetzgebungsperiode. Davor will der Nationalrat aber noch einige größere Gesetzesvorhaben auf Schiene setzen. Neben der Messenger-Überwachung und der Teilpension stehen etwa auch ein Eheverbot für unter 18-Jährige und ein neuer Straftatbestand für die unerwünschte Zusendung von Penisbildern, sogenannten "Dick-Pics", zur Diskussion. Auch Ehen zwischen Cousins und Cousinen sollen untersagt werden. Zudem sind begleitend zur Einführung der Teilpension Einschränkungen bei der Altersteilzeit vorgesehen.
Nationalrat: Vorschau auf dreitägiges Plenum zum Tagungsfinale
Mehr Transparenz bei Förderungen
Im Vorfeld des Inkrafttretens des Informationsfreiheitsgesetzes müssen darüber hinaus 140 Gesetze an die neue Rechtslage angepasst werden. In diesem Zusammenhang wollen die Regierungsparteien alle in der Transparenzdatenbank erfassten Förderungen über 1.500 € öffentlich zugänglich machen. Gleichzeitig soll ein neues Datenzugangsgesetz Forscher:innen, Unternehmen und Start-Ups den Zugang zu geschützten öffentlichen Daten erleichtern. Der Verfassungsausschuss hat überdies eine Novelle zum Parteiengesetz mit neuen Regeln für Social-Media-Accounts von Regierungsmitgliedern ins Plenum geschickt.
Weitere Gesetzesvorlagen betreffen die Einführung von Orientierungsklassen für zugewanderte Kinder und schulpflichtige Jugendliche mit wenig Bildungserfahrung sowie die Verlängerung des zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung eingeführten Infrastruktursicherungsbeitrags für Großhändler in reduzierter Form. Überdies empfiehlt der Gesundheitsausschuss dem Plenum, Tabaksticks mit Aromastoffen zu verbieten. Im Verkehrs- und Finanzbereich müssen verschiedene Gesetze an EU-Vorgaben angepasst werden. Zur Stabilisierung des Pensionssystems ist vorgesehen, einen gesetzlichen Nachhaltigkeitsmechanismus zu verankern.
Überwachung von Messenger-Diensten
Mit der neuen Messenger-Überwachung wollen die Regierungsparteien dem Verfassungsschutz unter bestimmten – sehr eng gefassten – Voraussetzungen ermöglichen, Nachrichten über Messenger-Dienste wie WhatsApp und Signal mitzulesen. Besonders umstritten ist, dass dabei im Falle verschlüsselter Nachrichten der Einsatz von Spy-Software nötig ist. Die Kritiker:innen sehen großes Missbrauchspotenzial und verweisen außerdem auf Sicherheitslücken. Nach Ansicht der Befürworter:innen braucht es diese neuen Befugnisse aber, um Bedrohungen wie Terroranschläge abzuwehren. Voraussetzung für die Messenger-Überwachung sind schwerwiegende Verdachtsmomente in Zusammenhang mit Anschlagsplänen oder ähnlich schweren Straftaten, zudem sind umfassende Kontrollmechanismen vorgesehen.
Teilpension und Einschränkung bei der Altersteilzeit
Ziel der neuen "Teilpension" ist es, ältere Beschäftigte länger im Erwerbsleben zu halten. Wer bereits pensionsberechtigt ist, also beispielsweise Anspruch auf eine Korridorpension oder eine Schwerarbeitspension hat und seine Arbeitszeit um mindestens 25 % reduziert, wird ab 2026 neben der beruflichen Tätigkeit schon einen Teil der Pension erhalten. Parallel dazu ist vorgesehen, den Zugang zur Altersteilzeit zu erschweren. Sie wird künftig nur noch drei Jahre lang staatlich gefördert, wobei die Verkürzung von fünf auf drei Jahre in Schritten bis 2029 erfolgt. Auch die für den Zugang zur Altersteilzeit erforderlichen Beschäftigungsjahre werden in Etappen hinaufgesetzt. Verboten ist es künftig, während der Altersteilzeit eine bezahlte Nebenbeschäftigung aufzunehmen. Überdies wird der staatliche Lohnausgleich für neue Altersteilzeitvereinbarungen aus budgetären Gründen in den Jahren 2026 bis 2028 vorübergehend von 90 % auf 80 % reduziert.
Volksbegehren und Entschließungen
Abseits von Gesetzesvorhaben will der Nationalrat die Beratungen über zwei Volksbegehren abschließen. Unter dem Titel "Essen nicht wegwerfen!" geht es dabei zum einen um die Forderung nach strengeren Gesetzen zur Bekämpfung von Lebensmittelverschwendung. Die Abgeordneten wollen dazu eine Entschließung fassen und die Regierung auffordern, bestehende Maßnahmen zu evaluieren und Maßnahmen aus anderen Ländern auf ihre Wirksamkeit und Anwendbarkeit zu prüfen. Zudem soll ein "Aktionsplan nachhaltige öffentliche Beschaffung" Lebensmittelabfälle reduzieren. Auch in Bezug auf das zweite Volksbegehren, das sich gegen eine Anerkennung der EU von Atomstrom als nachhaltige Energieform wendet, herrschte im Umweltausschuss breiter Konsens. Atomenergie sei abzulehnen, sind sich die Parteien einig.
Diskutieren werden die Abgeordneten außerdem über außenpolitische Themen. So sind etwa Entschließungen zur Lage im Gazastreifen, zur österreichischen Kandidatur für den Sicherheitsrat und zur Südtirol-Autonomie geplant. Auch eine Verbesserung der psychosozialen Angebote für Jugendliche, eine Informationskampagne gegen K.-o.-Tropfen, die Erarbeitung einer Strategie für den "Musikstandort Österreich" und Maßnahmen zum Schutz von Rehkitzen und anderen Wildtieren – etwa bei Mäharbeiten – sind Gegenstand von Entschließungen.
Berichte, Abkommen, U-Ausschuss
Auf Basis des neuen ÖBB-Rahmenplans für die Jahre 2025 bis 2030 werden sich die Abgeordneten mit dem weiteren Ausbau der Schieneninfrastruktur auseinandersetzen. Ebenso stehen der Landesverteidigungsbericht 2024/25, der jüngste Sportbericht und ein aktueller Bericht der Bundesstelle für Sektenfragen auf der Tagesordnung. Zur Genehmigung liegen den Abgeordneten außerdem ein Übereinkommen mit den Westbalkanstaaten über den automatischen Austausch von Fingerabdruck- und Fahrzeugregisterdaten, Abkommen mit der Slowakei und Ungarn über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Rettungsdienst und ein Sozialabkommen mit der Mongolei vor.
Die FPÖ spricht sich unter anderem dafür aus, Grenzübertritte nach Österreich ohne Reisedokumente strafrechtlich zu sanktionieren und das Luftabwehr-Projekt Sky Shield zu stoppen. Vonseiten der Grünen liegt ein ausgearbeiteter Gesetzesantrag für ein neues Elektrizitätswirtschaftsgesetz vor.
Schließlich könnte auch der von der FPÖ verlangte "ÖVP-Machtmissbrauchs-Untersuchungsausschuss" endgültig auf den Weg gebracht werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Geschäftsordnungsausschuss die Ampel für den U-Ausschuss rechtzeitig auf Grün stellt.
Aktuelle Stunde und Fragestunden
Beginnen wird die Sitzung am Mittwoch mit einer Aktuellen Stunde, wobei die SPÖ dafür das Thema "Ausbau der Absicherung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer" ausgewählt hat. Für Donnerstag ist eine Fragestunde mit dem für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport zuständigen Vizekanzler Andreas Babler vorgesehen. Am Freitag wird sich Außenministerin Beate Meinl-Reisinger den Fragen der Abgeordneten stellen.
Weitere Informationen
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- Tagesordnung der 35. Nationalratssitzung (Mittwoch)
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