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Coronavirus: Nationalrat beschließt 13 weitere COVID-19-Gesetze

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Fünf umfangreiche Gesetzespakete mit rund 150 Gesetzesnovellen bzw. Sondergesetzen hat der Nationalrat bereits in den ersten Wochen der Corona-Krise beschlossen. Nun haben die Abgeordneten noch einmal nachgelegt. Mit 13 weiteren COVID-19-Gesetzen sollen unter anderem Lücken bei staatlichen Hilfen geschlossen und vorübergehende Sonderregelungen für bestimmte Sozialleistungen festgelegt werden. Zudem werden gesetzliche Rahmenbedingungen für die geplante schrittweise Wiederbelebung des öffentlichen Lebens geschaffen und eine österreichische Beteiligung an gemeinsamen EU-Hilfen ermöglicht. Auch der Justiz- und der Behördenbetrieb sollen sukzessive wieder hochgefahen werden.

Die Beschlüsse fielen teils einstimmig, teils mehrheitlich, wobei ÖVP und Grüne zuvor noch in einigen Punkten auf Kritik der Oppositionsparteien reagierten. So nahmen sie Präzisierungen im Epidemiegesetz in Bezug auf behördliche Auflagen für Veranstaltungen vor. Damit ist nun klargestellt, dass die Nutzung einer Tracking-App kein Schlüssel für den Zugang zu einer Veranstaltung sein darf. Ebenso dürfen Risikogruppen wie ältere Personen von Events nicht pauschal ausgeschlossen werden. Auch eine Diskriminierung von Personen wegen ihrer ethnischen Herkunft oder Religionszugehörigkeit ist ausdrücklich untersagt.

Auf Drängen der SPÖ wird die Notstandshilfe außerdem bereits rückwirkend ab Mitte März – statt wie ursprünglich geplant ab Mai – auf die Höhe des Arbeitslosengelds angehoben. Damit wollen die Abgeordneten nicht zuletzt verhindern, dass arbeitslose Personen, die aufgrund der aktuellen Situation kaum Chancen auf einen Job haben, Einkommenseinbußen erleiden. Die Erhöhung gilt vorläufig befristet bis Ende September, kann bei Fortdauer der Pandemie aber bis Jahresende verlängert werden.

Weitere Abänderungen betreffen die Gewährung von Waisenpensionen und Mitversicherungen über das 27. Lebensjahr hinaus, die nachträgliche Prüfung von Unternehmenshilfen durch die Finanzämter und die Abwicklung von Verwaltungsverfahren. Zudem werden noch einmal 30 Mio. € für Familien in Notlagen bereitgestellt, wobei dieses Mal vorrangig Haushalte unterstützt werden sollen, die schon vor der Corona-Krise auf Arbeitslosengeld bzw. Mindestsicherung angewiesen waren. Ergänzend zu den Gesetzesbeschlüssen wurden mehrere Entschließungen gefasst: Unter anderem ist den Abgeordneten ein koordiniertes Hochfahren des Gesundheitssystems, die schrittweise Öffnung des Sports und die Unterstützung von Sport- und Kulturvereinen ein Anliegen.

Besänftigen ließ sich die Opposition durch die Abänderungen allerdings nur bedingt. Vor allem an der Novellierung des Epidemiegesetzes ließen SPÖ, FPÖ und NEOS weiter kein gutes Haar. Die Regelungen seien "verpfuscht" und überschießend, Freiheitsrechte in Gefahr, so der einhellige Tenor der Oppositionsparteien. Sie konnten sich mit der Forderung nach einer Rückverweisung des Gesetzentwurfs an den Gesundheitsausschuss zur Durchführung eines Begutachtungsverfahrens allerdings nicht durchsetzen. Es brauche eine rasche Beschlussfassung der Bestimmungen, argumentierten ÖVP und Grüne. In diesem Sinn bedauerten die Koalitionsparteien auch, dass der Bundesrat voraussichtlich erst am 7. Mai über die Gesetzespakete beraten wird und damit viele Bestimmungen erst verzögert in Kraft treten können.

Dienstfreistellungen, Videoverhandlungen, Steuererleichterungen und Gutscheinlösung

Zu den vom Nationalrat beschlossenen Maßnahmen gehört unter anderem eine Präzisierung jener Bestimmungen, die eine verpflichtende Dienstfreistellung für Beschäftigte mit bestimmten Vorerkrankungen vorsehen, wenn diese weder im Homeoffice noch an einem besonders geschützten Arbeitsplatz arbeiten können. Diese Sonderregelung wird nun auch für Beschäftigte im Bereich der kritischen Infrastruktur und für geringfügig Beschäftigte gelten. Außerdem werden Leistungen wie Krankengeld oder befristete Invaliditätspensionen temporär weitergezahlt, wenn Begutachtungen nicht möglich sind. Auch Familienbeihilfe wird unter bestimmten Voraussetzungen länger gewährt.

Um das Wiederhochfahren des Justizbetriebs zu beschleunigen, kann künftig auch in Zivilprozessen per Video verhandelt werden, sofern alle Verfahrensparteien zustimmen. Ebenso soll in Verwaltungsverfahren wie Bauverhandlungen Videotechnologie verstärkt zum Einsatz kommen. Die Frist für die Ablegung der Integrationsprüfung wird verlängert, auch in anderen Bereichen kommt es zu Fristerstreckungen.

Alternativ zum gänzlichen Verbot von Veranstaltungen während der COVID-19-Pandemie wird es künftig möglich sein, diese an bestimmte Auflagen zu knüpfen. Zudem können Absonderungsmaßnahmen für erkrankte bzw. krankheitsverdächtige Personen telefonisch angeordnet werden. Die Erlaubnis zur Blutabnahme wird auf SanitäterInnen ausgedehnt.

Weitere Maßnahmen betreffen die Einbeziehung von KünstlerInnen und Kulturschaffenden in den Härtefallfonds, zusätzliche Geldmittel für die Förderung von freiwilligem Engagement, die Umsatzsteuerbefreiung von Schutzmasken und die Schaffung einer rechtlichen Grundlage für ein COVID-Screening-Register. Zudem erhalten die Finanzämter spezifische Prüfbefugnisse, um etwaigen Fördermissbrauch aufzuspüren. Der Finanzminister kann bis zu 650 Mio. € für den Garantiefonds der Europäischen Investitionsbank bereitstellen und weitere 720 Mio. € an Garantien für das EU-Kurzabeitsprogramm Sure übernehmen.

Kurzfristig haben sich die Koalitionsparteien auch auf eine Gutscheinregelung für Kultur- und Sportveranstaltungen geeinigt. Demnach werden bereits bezahlte Tickets für abgesagte Veranstaltungen erst ab 2023 refundiert werden müssen, um betroffene Veranstalter vor einer Insolvenz zu bewahren. Mitgliederversammlungen großer Vereine können nach hinten verschoben werden. Die Selbstablesung sogenannter Verdunstungsmesser bei Heizungen wird erleichtert.

Weitere Beschlüsse

Noch vor den Gesetzesbeschlüssen haben sich die Abgeordneten im Rahmen einer Aktuellen Stunde mit den umfangeichen Hilfen für Unternehmen befasst, wobei Koalition und Opposition die Unterstützungsleistungen unterschiedlich beurteilten. Darüber hinaus wurden in der Sitzung Anpassungen des Zahlungsdienstegesetzes sowie des Versicherungsaufsichtsgesetzes an EU-Vorgaben beschlossen und der Weg für eine dreimonatige Verlängerung des Ibiza-Untersuchungsausschusses geebnet. Die Opposition drängte unter anderem auf rasche Hilfen für Gemeinden und eine Ausweitung des Diskriminierungsschutzes.

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