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Teuerung und Energiekrise: Nationalrat beschließt Entlastungen in Milliardenhöhe

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In Reaktion auf die aktuelle Teuerung und die Energiekrise hat der Nationalrat Entlastungen für Bürger:innen und Unternehmen in Milliardenhöhe beschlossen. Noch vor dem eigentlichen Start der Budgetverhandlungen stimmten die Abgeordneten unter anderem mit breiter Mehrheit dafür, die sogenannte kalte Progression weitgehend abzuschaffen und viele Familien- und Sozialleistungen künftig automatisch an die Inflation anzupassen. Zudem werden Bezieher:innen kleiner und mittlerer Pensionen im März erneut eine Einmalzahlung von bis zu 500 € erhalten. Auch umfassende Stromkostenzuschüsse für Privathaushalte in Form der "Strompreisbremse", eine außerordentliche Erhöhung der Ausgleichszulage auf 1.110 €, die Aufstockung des Energiekostenzuschusses für Unternehmen von 450 Mio. € auf 1,3 Mrd. € sowie eine Senkung der Lohnnebenkosten gehören zum umfangreichen Entlastungspaket.

Allein durch die Abschaffung der kalten Progression verzichtet der Staat laut Berechnungen des Finanzministeriums im kommenden Jahr auf Steuereinnahmen im Ausmaß von rund 1,5 Mrd. €, wobei sich diese Entlastung in den darauffolgenden Jahren weiter potenziert. Bedingt ist das zum einen durch die in Aussicht genommene regelmäßige Anpassung der Tarifstufen im Bereich der Lohn- und Einkommensteuer – 2023 im Ausmaß von 3,76% bzw. 6,3% –, zum anderen steigen künftig auch die Steuerabsetzbeträge mit der Inflation (2023 um 5,2%). Bei den Ausgaben schlägt unter anderem die Inflationsanpassung vieler Sozial- und Familienleistungen mit 360 Mio. € sowie die zusätzliche Unterstützung von Pensionist:innen mit 650 Mio. € zu Buche.

Konkret werden künftig neben der Familienbeihilfe auch Studien- und Schülerbeihilfen, das Kinderbetreuungsgeld, die finanzielle Unterstützung für den Papamonat (Familienzeitbonus), das Rehabilitationsgeld und einige weitere Leistungen automatisch valorisiert. Zusätzlich ist eine außertourliche Erhöhung der Schülerbeihilfen - rückwirkend mit September dieses Jahres - vorgesehen. Das an die Familienbeihilfe gekoppelte Schulstartgeld wird ab 2023 schon im August, statt wie bisher im September, überwiesen. Unternehmen kommt, neben dem Energiekostenzuschuss, auch eine Reduzierung der Dienstgeberbeiträge zum Familienlastenausgleichsfonds von 3,9% auf 3,7% zugute. Überdies sieht das von der Regierung vorgelegte Teuerungs-Entlastungspaket II eine deutliche Hinaufsetzung der Besteuerungsgrenzen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe vor.

Mit der sogenannten "Strompreisbremse" wird sichergestellt, dass die Stromkosten für Privathaushalte bis zu einem jährlichen Stromverbrauch von 2.900 kWh 10 Cent je Kilowattstunde nicht übersteigen, wobei der Förderzeitraum mit Dezember 2022 bis Juni 2024 festgelegt wurde. Zusätzlich werden einkommensschwache Haushalte, die von der GIS-Gebühr befreit sind, zwischen Jänner 2023 und Juni 2024 einen Netzkostenzuschuss in der Höhe von 75% erhalten.

Neue Schulen zur Pflegeausbildung

Weitere vom Nationalrat gefasste Gesetzesbeschlüsse haben eine Fristverlängerung für die Einreichung der im Frühjahr verteilten Energiegutscheine, Erleichterungen bei der Inanspruchnahme von Photovoltaik-Förderungen, die Übertragung neuer Aufgaben an das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen sowie die Überführung von Schulversuchen im Bereich der Pflegeausbildung in das Regelschulwesen zum Inhalt. Berufsbildende mittlere und höhere Schulen mit Pflegeschwerpunkt sollen demnach zur Verringerung des Personalmangels in der Pflege beitragen. Auch Novellen zum Urlaubsgesetz, zum Ausländerbeschäftigungsgesetz, zum Zahnärztegesetz und zum Härtefallfondsgesetz haben den Nationalrat passiert.

Gemäß einer Änderung des Meldegesetzes kann künftig am Meldezettel auch eine alternative Geschlechtsbezeichnung – abseits von "männlich" und "weiblich" – angegeben werden, wobei das Inkfrafttreten der neuen Bestimmungen von 9 auf 12 Monate nach Kundmachung des Gesetzes verschoben wurde. Zudem sieht ein bei der Abstimmung mitberücksichtigter Abänderungsantrag Erleichterungen in Bezug auf elektronische Anmeldungen vor, etwa was die Bestätigung des Unterkunftgebers betrifft. Kurzfristig ergänzt wurde auch die zur Diskussion stehende Gewerbeordnungsnovelle: Kosmetiker:innen sind künftig somit auch zur Haarentfernung mittels Laser berechtigt.

Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit

In Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie haben die Abgeordneten eine Wiedereinführung des Rechtsanspruchs auf Sonderbetreuungszeit beschlossen. Diese kann – im Ausmaß von bis zu drei Wochen und befristet bis Jahresende – für Kinder in Anspruch genommen werden, die aufgrund einer Corona-Infektion nicht die Schule oder den Kindergarten besuchen können. Zudem wurden die Honorarregelungen für Ärzt:innen adaptiert und das Nachtragen von Corona-Impfungen in den elektronischen Impfpass erleichtert.

Weiters genehmigt hat der Nationalrat eine Vereinbarung des Bundes mit dem Land Oberösterreich zur Finanzierung der neuen Digital-Uni in Linz. Außerdem wurden zahlreiche Entschließungen gefasst. So sind den Abgeordneten etwa eine Erhöhung der Bezüge von Grundwehrdiener:innen, eine Ausweitung der Deutschförderung an den Schulen, eine Evaluierung der Ausbildungsangebots für Dolmetscher:innen der Österreichischen Gebärdensprache und die Einberufung eines Runden Tisches zu Hassverbrechen gegen LGBTIQ-Personen ein Anliegen. Keine Mehrheit erhielten hingegen ein von der FPÖ eingebrachter Misstrauensantrag gegen Innenminister Gerhard Karner und eine Initiative zur Abhaltung einer Volksbefragung zu den Russland-Sanktionen.

Mit der Präsentation des Haushaltsentwurfs für 2023 durch Finanzminister Magnus Brunner fiel der Startschuss für die parlamentarischen Budgetberatungen. Tags darauf wurde das umfangreiche Zahlenwerk einer ersten Bewertung durch die Abgeordneten unterzogen. Ebenso standen der Grüne Bericht zur Lage der Landwirtschaft, verschiedene Bürgeranliegen und ein Bericht über die Umwelt- und Klimasituation in Österreich zur Diskussion. Die NEOS sehen die Regierung unter anderem in Bezug auf die Vorlage eines neuen Energieeffizienzgesetzes säumig, konnten sich mit einem Fristsetzungsantrag aber nicht durchsetzen.

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