Diskussion bei Politik am Ring: "Green Deal" – ein schlechtes Geschäft für Österreichs Bäuerinnen und Bauern?
Der Green Deal ist ein Plan, mit dem Europa als erster Kontinent bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden soll. Klimaneutral bedeutet: Wir erhöhen mit unserem Handeln die Menge an klimaschädlichen Treibhausgasen nicht mehr. Wenn Treibhausgase in die Luft gelangen, müssen sie auch wieder in der Natur abgebaut oder anders ausgeglichen werden.
Damit der European Green Deal funktionieren kann, müssen alle Bereiche der Wirtschaft neue Lösungen und Arbeitsweisen finden. Das gilt auch für die Landwirtschaft.
Die Landwirtschaft ist ein wichtiger Faktor: Mehr als 40 % des Budgets der Europäischen Union (EU) fließen in die Landwirtschaft. Die bevorstehende Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU kann eine wichtige Rolle spielen. Die EU‑Kommission hat zum Beispiel folgende Pläne:
- Ein Viertel aller landwirtschaftlich genutzten Flächen muss nach den Vorgaben der biologischen Landwirtschaft bewirtschaftet werden.
- Der Einsatz von Düngemitteln, Pestiziden und Antibiotika muss stark reduziert werden.
Die Diskussion am 20. September
In der Sendung "Politik am Ring", die im Internet übertragen wurde, diskutierten am 20. September Abgeordnete der 5 Parlamentsparteien mit Marianne Penker und Franziskus Forster. Marianne Penker ist Professorin am Institut für Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung der Universität für Bodenkultur (BOKU). Franziskus Forster ist Sprecher von Via Campesina, einer Vereinigung von österreichischen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern sowie Bergbäuerinnen und Bergbauern. Gerald Groß hat die Diskussion moderiert.
Marianne Penker von der BOKU sagt: Die Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union hat zwar viele Erfolge gebracht. Sie hat aber in 2 wesentlichen Bereichen bisher versagt:
- Es ist nicht gelungen, das Klima und die Natur zu schützen und gleichzeitig für eine gesunde Ernährung in Europa zu sorgen.
- Die Gewinne werden nicht auf alle Beteiligten fair verteilt. In der sogenannten Wertschöpfungskette sollten die Bäuerinnen und Bauern, die Verarbeitungs-betriebe und der Handel einen gerechten Anteil an den Gewinnen bekommen. Das ist aber leider nicht so.
Julia Herr ist die Umweltsprecherin der SPÖ. Sie meint: Die Förderpolitik hat zu einer ungerechten Verteilung von Einkommen in der Landwirtschaft geführt. Die Betriebe mit dem geringsten Einkommen bekommen kaum Förderungen. Die Betriebe mit dem höchsten Einkommen bekommen auch noch Förderungen in Millionenhöhe.
Georg Strasser von der ÖVP sagt: Es gebe aber auch viel Gutes aus der Landwirtschaft zu berichten. Zum Beispiel sind die Treibhausgas-Emissionen in der Landwirtschaft in den letzten Jahren um 14 % gesunken. Der Anteil der biologischen Landwirtschaft beträgt 25 %.
Clemens Stammler von den Grünen ist für ein Modell, in dem der echte Preis für Lebensmittel bezahlt wird. So könnten die Landwirtinnen und Landwirte ein faires Einkommen erzielen. Das Modell soll dann jene Menschen unterstützen, die sich diese Lebensmittel nicht leisten können.
Peter Schmiedlechner ist der Sprecher der FPÖ für Landwirtschaft und Forstwirtschaft. Er fordert auch faire Preise. Dabei soll man sich überlegen: Was brauchen Bäuerinnen und Bauern, damit sie ausreichend Geld verdienen können. Er sagt: Wenn Förderungen einfach an alle ausbezahlt werden, kann man keinen Strukturwandel in der Landwirtschaft schaffen. Und man kann auch nicht verhindern, dass Bäuerinnen und Bauern ihre Höfe aufgeben.
Franziskus Forster ist Sprecher von Via Campesina. Er sagt: Wenn Bäuerinnen und Bauern ihre Betriebe nicht aufgeben müssen, sondern weiterführen können, ist das eine große Chance. Wenn man das schafft, kann das beim Kampf gegen die Klimakrise und gegen das Aussterben von Tierarten und Pflanzenarten helfen.
Karin Doppelbauer ist die Sprecherin für Landwirtschaft und Forstwirtschaft der NEOS. Sie sagt: Die Landwirtschaft erbringt Leistungen. Für manche Leistungen bekommen die Bäuerinnen und Bauern aber keine Entlohnung. Diese Leistungen für das Gemeinwohl sollen von der Gemeinschaft bezahlt werden. Karin Doppelbauer möchte aber, dass man in diesem Zusammenhang nicht von Förderungen spricht: Es ist ein gerechter Lohn für Leistungen.
Die nächste Sendung
Die nächste Sendung von Politik am Ring findet am Montag, dem 18. Oktober 2021 statt. Sie wird wieder live ab 21 Uhr in der Mediathek auf der Internetseite des Parlaments übertragen.
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