Nationalratspräsidium übernimmt ab 8. Juli als Kollegium Funktionen des Bundespräsidenten
Bures: Durch Entscheidung des VfGH ist Situation eingetreten, für die in Verfassung klar Vorsorge getroffen ist
Wien (PK) – Nachdem der Verfassungsgerichtshof (VfGH) heute die Stichwahl der Bundespräsidentenwahl aufgehoben hat, kann die Angelobung des neuen Bundespräsidenten nicht wie geplant am 8. Juli stattfinden. Stattdessen wird das Nationalratspräsidium ab diesem Tag die Funktionen des Staatsoberhaupts interimistisch als Kollegium ausüben.
Nationalratspräsidentin Doris Bures sagte heute in einer Presseerklärung in Anwesenheit des Zweiten Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf und des Dritten Nationalratspräsidenten Norbert Hofer: "Das Parlament hatte alle Vorbereitungen getroffen, um die Angelobung des neuen Bundespräsidenten am 8. Juli vorzunehmen. Durch die Entscheidung des VfGH ist nun eine außergewöhnliche Situation eingetreten, für die in der Verfassung aber klar Vorsorge getroffen ist."
Das Interregnum des Nationalratspräsidiums als Kollegium gilt nun so lange, bis ein neuer Bundespräsident angelobt wird. Die drei PräsidentInnen sagten unisono, sie werden dabei wie auch bisher in sehr kollegialer Art und Weise zusammenarbeiten und die Geschäfte objektiv und überparteilich führen. Als Nationalratspräsidentin übt Doris Bures den Vorsitz im Kollegium aus und wird auch dessen Sprachrohr nach außen sein.
Keinen Zweifel ließen die drei NationalratspräsidentInnen daran, dass das Urteil des Verfassungsgerichtshofs zu respektieren sei. "Die Entscheidung des VfGH birgt auch die Chance, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Rechtsstaatlichkeit zu stärken. Die kommende Wahlauseinandersetzung darf nicht dazu führen, dass neue Gräben in der Gesellschaft aufgerissen werden", so Bures. Die Nationalratspräsidentin appellierte in diesem Sinn an alle AkteurInnen, in den kommenden Wochen und Monaten besonnen zu agieren und respektvoll miteinander umzugehen. Überdies bedankte sich Bures für die rasche Entscheidung des VfGH und betonte, dass das Nationalratspräsidium als Kollegium nur die zwingend erforderlichen Rechts- und Amtsgeschäfte des Staatsoberhaupts ausführen werde.
Der Zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf sprach von einer "bemerkenswerten Entscheidung" des Gerichtshofs, die mit Respekt zur Kenntnis zu nehmen sei. Der VfGH habe der Demokratie und der Glaubwürdigkeit des Rechtsstaates damit einen großen Dienst erwiesen. Gleichzeitig wies Kopf darauf hin, dass die RichterInnen die Verfassungskonformität der Wahlgesetze bestätigt hätten und keine wissentlichen und absichtlichen Manipulationen bei der Wahl feststellbar gewesen wären.
Lob für den VfGH äußerte auch der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer. Der VfGH habe "eine sehr schwierige Entscheidung objektiv getroffen", sagte Hofer. Es habe im Rahmen der Stichwahl offenbar erhebliche Verfehlungen gegeben, die Raum für Manipulationen gelassen hätten. Ob es tatsächlich solche gegeben habe, könne er nicht sagen, antwortete Hofer auf eine Journalistenfrage. Es habe jedenfalls Situationen gegeben, "in denen Menschen alleine ausgezählt haben". Hofer bekräftigte, dass das Nationalratspräsidium keine Repräsentationsaufgaben des Bundespräsidenten wahrnehmen und auch keine Staatsbesuche machen werde.
Ausdrücklich stellte sich Hofer hinter die Wahlbeisitzer. Diese würden ehrenamtlich eine wichtige Aufgabe leisten und müssten künftig besser unterstützt werden. Einen Rücktritt als Dritter Nationalratspräsident schloss Hofer dezidiert aus. Er sieht keine Unvereinbarkeit zwischen seiner neuen interimistischen Funktion und seinem Kandidatenstatus.
Als nächster Schritt muss nun ein neuer Wahltermin festgelegt werden. Die Bundesregierung werde einen entsprechenden Vorschlag vorlegen, erklärte Nationalratspräsidentin Bures. Die endgültige Entscheidung falle im Hauptausschuss des Nationalrates, der womöglich bereits nächste Woche tagen könne.
HINWEIS: Fotos von der Presseerklärung finden Sie im Fotoalbum auf www.parlament.gv.at. (Schluss) gs/red