Parlamentskorrespondenz Nr. 310 vom 03.04.2020

Nationalrat beschließt drei weitere COVID-19-Gesetzespakete

Deutliche Kritik der Opposition am Vorgehen der Bundesregierung

Wien (PK) - Nachdem die Oppositionsparteien schon im gestrigen Budgetausschuss Nachbesserungen bei den drei umfangreichen COVID-19-Sammelnovellen einforderten, gab es auch heute im Nationalrat wieder deutliche Kritik, die vor allem auf die Vorgangsweise der Regierungsfraktionen abzielte. Man habe Verständnis für die besondere Situation und daher die ersten beiden Gesetzespakete im Sinne eines nationalen Schulterschlusses mitgetragen, erklärten unisono die RednerInnen von SPÖ, FPÖ und NEOS. Aber so könne es nicht mehr weitergehen, meinte etwa Jörg Leichtfried (SPÖ). Es wurde in der letzten Präsidiale besprochen, dass keine Sammelnovellen mehr eingebracht werden sollen, zeigten auch FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl und Nikolaus Scherak von den NEOS auf. Die Klubobleute der Koalitionsparteien August Wöginger (ÖVP) und Sigrid Maurer (Grüne) baten um Verständnis dafür, dass in dieser außergewöhnlichen Situation schlicht und einfach keine andere Vorgangsweise möglich gewesen wäre. Es werde Tag und Nacht an der Legistik gearbeitet, damit die aktuelle Krise bewältigt werden könne.

Die die drei Sammelnovellen (3., 4. und 5. COVID-19-Gesetz) wurden schließlich im Rahmen einer getrennten Abstimmung mehrheitlich beschlossen. Mitberücksichtigt bei der Abstimmung wurden fünf Abänderungsanträge der Koalitionsparteien, mit denen unter anderem eine gesetzliche Grundlage für die verpflichtende Freistellung von Beschäftigten geschaffen wird, die einer COVID-Risikogruppe angehören. Außerdem ging es bei den Änderungen um eine Adaptierung der außertourlichen Presseförderung, die Aufnahme von Privatzimmervermietern in den Kreis der potentiellen Förderberechtigten sowie um die Möglichkeit, Ausnahmen von Betretungsverboten von bestimmten Betriebsstätten an bestimmte Voraussetzungen oder Auflagen knüpfen zu können.

In einem mehrheitlich angenommenen Entschließungsantrag der Koalitionsparteien wird die Bundesregierung ersucht, im Rahmen des Bundesbudgets für das Jahr 2021 festzustellen, welcher Bedarf den Trägern der Krankenversicherung aus Einnahmenausfällen und Mehraufwendungen für das Jahr 2020 in Zusammenhang mit der COVID-19-Krise entstanden ist und zudem beauftragt, ein entsprechendes Finanzierungskonzept auszuarbeiten.

Einstimmige Zustimmung fand ein von ÖVP, Grüne und SPÖ unterstützter Entschließungsantrag, in dem die Wirtschaftsministerin aufgefordert wird, so rasch wie möglich dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzulegen mit dem Ziel, Übernahmen aus Drittstaaten von standortrelevanten bzw. kritischen Schlüsselunternehmen einer verbesserten Investitionskontrolle zu unterziehen. Ebenso einstimmig angenommen wurde ein NEOS-Antrag auf eine wissenschaftliche Begleitung von Home Schooling.

In einem weiteren – mehrheitlich angenommenen – Entschließungsantrag, der von ÖVP, Grüne und SPÖ mitgetragen wurde, wird die Regierung unter anderem ersucht, den Personalstand beim Arbeitsmarktservice rasch um bis zu 500 Planstellen aufzustocken, ein zinsenloses Moratorium zumindest bis Ende des Jahres für Steuern, Sozialversicherungsbeiträge und Strom-/Gaslieferungen vorzusehen, sowie sicherzustellen, dass Zeiten der COVID-19-Krise bei der Berechnung der Anspruchsdauer des Arbeitslosengeldes sowie des Berufsschutzes und des Einkommensschutzes nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz außer Betracht bleiben. Mehrheitlich angenommen wurde heute auch ein Entschließungsantrag der Koalition, mit dem die Bundesregierung aufgefordert wird, weiter das Gespräch mit Ungarn über die Situation des Parlamentarismus in Ungarn zu suchen.

Keine Mehrheiten fanden zahlreiche Anträge der Opposition, die u.a. ein Maßnahmenpaket zur Abfederung der sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise, die umgehende Öffnung der Bundesgärten, die Ausweitung des Härtefallfonds auf sämtliche Unternehmen oder die zügige Bereitstellung von Corona-Schutzkleidung im Gesundheits- und Pflegebereich zum Inhalt hatten.

Die wichtigsten Eckpunkte: Krisenbewältigungsfonds wird mit 28 Mrd. € dotiert, Härtefallfonds auf 2 Mrd. € aufgestockt

Insgesamt 92 Artikel, darunter sieben neue Gesetze, umfassen die drei umfangreichen COVID-19-Sammelnovellen, die gestern im Budgetausschuss zur Bewältigung der Corona-Krise mit den Stimmen von ÖVP und Grünen beschlossen wurden (siehe auch Parlamentskorrespondenz Nr. 306/2020). Die budgetär weitreichendste Maßnahme ist die Aufstockung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds von vier auf 28 Mrd. €. Zudem wird normiert, dass der bereits mit dem ersten Gesetzespaket eingerichtete Fonds auch Fördermittel für die Liquiditätsstabilisierung von Unternehmen bereitstellen kann. Überdies sollen zwei Mrd. € aus dem Krisenbewältigungsfonds – und nicht wie ursprünglich vorgesehen eine Mrd. € – in den mit dem 2. COVID-19-Gesetzespaket eingerichteten Härtefallfonds für Kleinstunternehmen, EPUs, freie DienstnehmerInnen und bestimmte Non-Profit-Organisationen fließen. Eine Klarstellung erfolgt insofern, als auch sogenannte Neue Selbständige zum Adressatenkreis des Fonds zählen.

Neben der Aufstockung des Krisenbewältigungsfonds und des Härtefallfonds ist unter anderem geplant, die Mittel für Kurzarbeit zu erhöhen, 30 Mio. € für Familien in besonderen Notlagen bereitzustellen, eine gesetzliche Grundlage für möglichen "Ergänzungsunterricht" während der Schulferien zu schaffen und Bonuszahlungen für MitarbeiterInnen für ihren Einsatz während der Corona-Krise bis zu 3.000 € steuerfrei zu stellen. Auch ein vorübergehendes Kündigungsverbot bei Mietrückständen, Erleichterungen für private KreditnehmerInnen und Kleinunternehmen, spezielle Regelungen für Schutzmasken im Alltagsgebrauch, Sonderförderungen für Medien, die Öffnung mancher Straßenabschnitte für FußgängerInnen und die Information von BürgermeisterInnen über konkrete COVID-Quarantänefälle in ihrer Gemeinde im Bedarfsfall gehören zum Paket. Die Polizei soll bei einer Verletzung der Ausgangsbeschränkungen künftig auch Organstrafen verhängen können, vielen Organen und Gremien wird gestattet, vorübergehend Beschlüsse per Videokonferenz bzw. im Umlaufweg zu fassen.

Durch die Einbringung von Abänderungsanträgen durch ÖVP und Grüne wurden in einzelnen Punkten noch weitere Klarstellungen vorgenommen. So dürfen etwa A rbeitnehmerInnen und Lehrlinge mit gravierenden Vorerkrankungen, die von ihrem Hausarzt ein entsprechendes Attest ausgestellt bekommen haben, demnach nur noch dann zur Arbeitsleistung herangezogen werden, wenn diese im Home-Office erbracht werden oder die Arbeitsstätte so gestaltet werden kann, dass eine Ansteckung mit dem Coronavirus mit größtmöglicher Sicherheit ausgeschlossen ist. Im Bereich der kritischen Infrastruktur – dazu gehören etwa auch der Pflegebereich und die Post – gelten allerdings Ausnahmen. Während der Freistellung erhalten betroffene ArbeitnehmerInnen ihr normales Gehalt, dem Arbeitgeber werden die Kosten durch den zuständigen Krankenversicherungsträger ersetzt. Die Freistellung gilt vorläufig bis Ende April, kann von Arbeitsministerin Christine Aschbacher, in Einvernehmen mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober, aber – bis längstens Ende Dezember – verlängert werden, wenn die Krisensituation andauert.

Normiert wird darüber hinaus, dass steuerfrei gewährte Corona-Hilfen und -Bonuszahlungen auch von der Sozialversicherungspflicht befreit sind. Zudem werden die Bestimmungen für die außertourliche Presseförderung nochmals adaptiert und so sichergestellt, dass nicht nur Tageszeitungen, sondern auch Wochenzeitungen zusätzliche Fördermittel erhalten. Weitere Änderungen betreffen Haftungsübernahmen für von der Corona-Krise betroffene Unternehmen, die Einstufung der COVID-Finanzierungsagentur (COFAG) als "Öffentliche Stelle" und Erleichterungen für Schuldner. Außerdem wird klargestellt, das für Militärapotheken die gleichen Rechtsvorschriften wie für Apotheken gelten.

Anschober: Zusammenhalt und Miteinander statt parteipolitischer Auseinandersetzungen

Vor Eingang in die Debatte nahm Gesundheitsminister Rudolf Anschober noch einmal kurz zu den aktuellen Entwicklungen in der Corona-Krise auf nationaler und globaler Ebene Stellung. Mittlerweile liege man bei über einer Million Erkrankten und über 50.000 Todesfällen weltweit. Auch wenn Europa derzeit noch immer das Epizentrum sei, spitze sich die Lage in den USA, im Iran, in Indien, aber auch in Afrika immer mehr zu. Anschober zeigte sich erfreut darüber, dass die in Österreich ergriffenen Maßnahmen zu wirken beginnen, man könne ein erstes Licht im Tunnel sehen. Noch vor drei Wochen sei die Zahl der Infizierten pro Tag um 40% gestiegen, mittlerweile liege man bei 4%. Dieser richtige Weg müsse daher konsequent weiter beschritten werden. Positiv sei auch, dass nun schon über 100.000 Tests durchgeführt wurden und dass in ein bis zwei Wochen breitflächig mit Antikörpertests gestartet werden könne. Eine gute Nachricht gebe es auch hinsichtlich der Ausstattung des Pflege- und Spitalpersonals, informierte der Minister, schon am Wochenende werden etwa 1,9 Millionen OP-Masken und große Mengen an Schutzhandschuhen sowie Desinfektionsmitteln an die Bundesländer ausgeliefert. Gleichzeitig haben sich die Krankenhäuser hervorragend auf eine mögliche Akutsituation vorbereitet, zumal fast 50% der Intensivbetten und Beatmungsgeräte noch zur Verfügung stehen.

Vor diesem Hintergrund müsse man die nun vorliegenden Gesetzesnovellen sehen, betonte der Minister, denn es gehe darum, ausreichende Betreuungskapazitäten für jeden kranken Menschen in Österreich sicherzustellen. Im Gesundheitsbereich habe man etwa dafür gesorgt, dass die ArbeitnehmerInnen im Homeoffice von der Unfallversicherung erfasst werden und dass pensionierte ÄrztInnen, die vielleicht in einem Notfall zum Einsatz kommen werden, keine steuerlichen Nachteile erfahren. Als Sozialminister sei es ihm besonders wichtig, dass zusätzlich 30 Mio. € für einkommensschwache Familien zur Verfügung gestellt werden. Generell appellierte Anschober, dass in dieser schwierigen Zeit statt parteipolitischer Auseinandersetzungen der Zusammenhalt und das Miteinander im Vordergrund stehen müssen.

Blümel: Zahlreiche Maßnahmen, um die heimische Wirtschaft durch die Krise zu begleiten

Das oberste Ziel der Bundesregierung sei es, die Gesundheit der Menschen zu schützen, unterstrich Finanzminister Gernot Blümel. Gleichzeitig sehe er es als eine zentrale Aufgabe, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten und die österreichische Wirtschaft so gut es geht durch die Krise zu begleiten. Dafür habe man den Schutzschirm in der Höhe von 38 Mrd. € über Österreich aufgespannt, erklärte der Minister, und dieser wirke bereits. Als Beispiele führte er an, dass schon 90.000 Anträge zur Steuerstundung eingelangt sind und Garantien im Ausmaß von rund 700 Mio. € freigegeben wurden. Was den Härtefallfonds für Kleinstunternehmer angeht, so konnten im Zuge der ersten Phase bereits 92% der 111.000 Anträge erledigt werden. Heute wurden zudem die genauen Modalitäten für den 15 Mrd. €-Hilfsfonds vorgestellt, der sowohl Staatsgarantien als auch Direktzuschüsse vorsehe.

Kucher: Menschliche Schicksale müssen im Mittelpunkt der Anstrengungen stehen

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ) stimmte mit dem Gesundheitsminister darin überein, dass angesichts der weltweiten Corona-Krise nicht die Parteipolitik im Vordergrund stehen dürfe. Daher sollten gute Ideen, egal von welcher Fraktion sie kommen, von der Regierung aufgegriffen und umgesetzt werden. Dagegen spreche aber die Vorgangsweise von ÖVP und Grünen, die allein gestern 92 Anträge eingebracht haben, dann aber für die vier SPÖ-Initiativen keine Zeit mehr hatten. Die größte Gesundheitskrise unserer Zeit fordere einen enormen Tribut von den Menschen. Nicht nur die gesundheitlichen Auswirkungen, sondern auch die wirtschaftlichen Folgen seien derzeit noch gar nicht zu beurteilen. Daher brauche es ein Bündel an Maßnahmen, erklärte Kucher, der auf einen diesbezüglichen Entschließungsantrag seiner Fraktion verwies. Kucher plädierte vor allem dafür, nach der Krise nicht auf jene Menschen zu vergessen, die derzeit oft unter schwierigsten Verhältnissen arbeiten müssen.

Haubner: Adäquate und unbürokratische Maßnahmen für die einzelnen Unternehmensbereiche

ÖVP-Wirtschaftssprecher Peter Haubner begrüßte ausdrücklich die drei umfangreichen Sammelnovellen, die einen wichtigen Beitrag zur Sicherung des Standortes Österreich und zur Liquidität der heimischen Unternehmen leisten. Die Gesetzespakete seien auf die einzelnen Unternehmensbereiche abgestimmt und reichen vom Härtefonds über den Notfallfonds bis hin zu den verschiedenen Haftungs- und Stundungsmöglichkeiten. Dazu komme auch noch das Modell der Kurzarbeit, das inzwischen schon von über 12.000 Betrieben in Anspruch genommen wurde, führte Haubner aus. Für wichtig erachtete er auch, dass nun auf unbürokratische Weise die Stundung von Krediten bei der Hausbank beantragt werden könne.

Schwarz: Speziell abgestimmte Hilfspakete unter Wahrung des sozialen Ausgleichs

Die große Herausforderung für die Bundesregierung bestehe darin, spezielle Hilfspakete für die einzelnen Bereiche zu schnüren, da diese sehr unterschiedlich betroffen sind, gab Abgeordneter Jakob Schwarz (Grüne) zu bedenken. Er glaube, dass diese Gratwanderung bis jetzt recht gut gelungen sei und kein neues "Bürokratiemonster" geschaffen wurde. Die Maßnahmen seien vielfältig und reichten von Kredit- und Steuerstundungen, dem Modell der Kurzarbeit bis hin zum Härtefallfonds für Kleinstbetriebe. Durch die Verankerung von Zusatzkriterien konnte der soziale Ausgleich gewährleistet werden, versicherte Schwarz, zumal etwa große Betriebe keine MitarbeiterInnen kündigen dürfen, bevor sie Hilfen beantragen. Außerdem gebe es Beschränkungen bei den Dividendenauszahlungen und den Boni für Manager.

Schnedlitz: Forderung nach Strategiewechsel mit Augenmaß

Die Freiheitlichen bekennen sich zu einem nationalen Schulterschluss, konstatierte Abgeordneter Michael Schnedlitz (FPÖ), dies dürfe aber nicht bedeuten, dass Missstände nicht mehr angesprochen werden können. Seine Partei sehe sich dazu verpflichtet, Sprachrohr für die "Opfer der Maßnahmen der Regierung" zu sein und Verbesserungen einzufordern. Ablehnend stand er auch Sammelgesetzen gegenüber, weil damit alles über einen Kamm geschert werde. Die Bevölkerung habe nicht nur ein Recht auf die Wahrheit, sondern auch auf ein echtes Krisenmanagement, war Schnedlitz überzeugt, der einen Strategiewechsel einforderte. Im Mittelpunkt müssten dabei Glaubwürdigkeit und Konsequenz stehen, denn nur so könne das Vertrauen der Bevölkerung gewonnen werden. Generell ortete Schnedlitz eine "Salamitaktik" bei der Regierung, zumal die Krise anfangs schöngeredet und zum Beispiel die Grenzen nicht sofort geschlossen wurden. Gleichzeitig würden Personen kontrolliert, die allein auf der Straße unterwegs sind; dies sei nicht mehr nachvollziehbar. Außerdem sei die Bevölkerung noch immer nicht ausreichend mit Schutzmasken und –kleidung versorgt.

Schellhorn: Scharfe Kritik an der Abwicklungsform der Hilfsmaßnahmen

Auch wenn es ein wenig lange gedauert habe, sei man nun auf dem richtigen Weg, räumte Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS) ein. Es sei richtig, dass es noch viele Tage dauern werde, bevor man wieder die Türen von Restaurants, Hotels oder Fitnessstudios öffnen könne. Genau deshalb müsse man heute anfangen, darüber nachzudenken, wie man die Balance zwischen Gesundheitsinteressen und totalem Wirtschaftskollaps finden könne. Was die Unterstützung für die Betriebe angeht, so müsse nicht nur schnell geholfen werden, sondern vor allem jenen, die die Unterstützung wirklich brauchen. Dies sei jedoch nicht der Fall, beklagte der NEOS-Mandatar, der der Regierung "tarnen, täuschen und vertuschen" vorwarf. Im konkreten sprach er damit den Umstand an, dass für die Verteilung der Mittel bestimmte Lobbygruppen eingesetzt werden. Er wolle daher "seine Rede einem Politiker widmen, den man früher als Werner Kogler gekannt habe", stellte Schellhorn pointiert fest. Dieser Werner Kogler wäre früher nie bereit gewesen, die Vergabe von Millionenbeträgen der Kontrolle des Parlaments zu entziehen.

Justizministerin Zadić: Alle packen an

Es gelte nun, die Krise gemeinsam zu überwinden, sagte Justizministerin Alma Zadić. Daher würden die Justizanstalten nun wiederverwendbare Schutzmasken produzieren. In ihrem Zuständigkeitsbereich werde der Nationalrat heute zahlreiche Maßnahmen beschließen, die der Bevölkerung mehr Sicherheit geben. So sollen etwa keine Delogierungen aufgrund von Mietrückständen bei von der Corona-Krise betroffenen Personen durchgeführt und Stundungsmöglichkeiten für Kredite rechtlich vorgesehen werden.

Bildungsminister Faßmann: Schule ist als Ort des Lernens nicht ersetzbar

Bildungsminister Heinz Faßmann zog heute drei Erkenntnisse aus dem Wechsel auf Home-Schooling, der seiner Auffassung nach gut funktioniert habe. Selbstorganisiertes Lernen habe dabei eine große Bedeutung, so der erste Schluss des Bildungsministers. Weiters habe sich E-Learning als ein geeignetes Instrument für vertiefendes Lernen erwiesen. Schließlich betonte Faßmann, dass die Schule bestimmte Funktionen als Ort des Lernens erfülle und damit einfach nicht ersetzbar sei. Die heute in Diskussion stehende Verordnungsermächtigung würde umfangreiche Möglichkeiten bieten, um auf die Herausforderungen der Corona-Krise einzugehen, beispielsweise im Bereich der Terminsetzung, bei den Lehrplänen oder bei der Ermöglichung von Ergänzungsunterricht.

SPÖ fordert Unterstützung für Arbeitslose, Kulturschaffende und Gemeinden

Ein "Brodeln" ortete SPÖ-Mandatarin Katharina Kucharowits in der Kreativwirtschaft und bei KulturarbeiterInnen. Der Härtefonds und die Maßnahmen der Kurzarbeit würden hier nicht greifen, weil die Lebenssituation eine andere sei, so die SPÖ-Mandatarin. Außerdem mahnte die Netzpolitiksprecherin der SPÖ den Schutz der persönlichen Daten beim Einsatz von "Big Data" ein. Sie legte auch eine Entschließung vor, die von der Bundesregierung fordert, den Gemeinden die sinkenden Ertragsanteile und die reduzierten Einnahmen aus der Kommunalsteuer abzugelten. Jetzt gelte es sicherzustellen, dass alle Gemeindeleistungen in der Krise und der anschließenden Phase der wirtschaftlichen Erholung aufrechterhalten und finanziert werden können, betonte Kucharowits.

Die Abgeordneten der SPÖ forderten zudem eine einheitliche Linie der Bundesregierung bei der Benutzung von Parks. Eine umgehende Öffnung der Bundesgärten sei notwendig, um Menschen in Stadtteilen mit wenig Grünräumen die Bewegung im Freien zu ermöglichen, sagte SPÖ-Abgeordneter Kai Jan Krainer.

Josef Muchitsch betonte, dass auch die ArbeitnehmerInnen mehr Unterstützung bräuchten. In einem Entschließungsantrag sprach er sich dafür aus, den von der SPÖ-geforderten "COVID-19-Ausgleich" für alle derzeit arbeitslos gemeldeten Personen in Form eines 30-%igen Zuschlags zu allen Arbeitslosenversicherungsleistungen rückwirkend mit 1. April 2020 auszuzahlen. Die Erhöhung des Arbeitslosengeldes solle auch nach der unmittelbaren Krise gelten, da auf längere Zeit mit einer höheren Arbeitslosigkeit zu rechnen sei, sagte der SPÖ-Sozialsprecher.

ÖVP will Landwirtschaft und Arbeitslose unterstützen

Corona trifft auch die Landwirtschaft, unterstrich Klaus Lindinger (ÖVP) und rief zum Kauf heimischer Produkte auf. Um die Betroffenen dieser Betriebe zu unterstützen, werde der Härtefallfonds auf die Landwirtschaft ausgeweitet und auf 2 Mrd. € ausgedehnt.

Zwei Abänderungsanträge brachte Nico Marchetti (ÖVP) ein. Einerseits sollen die Zuwendungen des Härtefallfonds nicht nur steuerfrei sein, sondern auch nicht den Sozialversicherungsbeiträgen unterliegen. Überdies soll es mehr Transparenz bei den Risikogruppen, die dienstfrei zu stellen sind, geben. Konkret liege es an der Krankenversicherung, den Betroffenen bzw. die Betroffene über seine bzw. ihre Zuordnung zur Risikogruppe zu informieren. Der behandelnde Arzt erstellt in Folge anhand einer Risikoabwägung ein Attest, das dem Dienstgeber vorgelegt werden kann.

ÖVP-Klubobmann August Wöginger brachte zwei weitere Abänderungsanträge der Regierungsparteien ein, mit denen Regelungen über das Betreten von Betriebsstätten präzisiert und der Förderberechtigung für private Zimmervermietung getroffen wurden. Schließlich brachte er einen gemeinsamen Entschließungsantrag von ÖVP, SPÖ, Grünen ein, der einige SPÖ-Forderungen übernimmt. COVID-19-Zeiten sollen bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes nicht berücksichtigt werden, damit Menschen nicht aufgrund der Krise in den Bezug der Notstandshilfe rutschen, erläuterte Wöginger.

Grüne: Schlüsselunternehmen vor Übernahmen bewahren und Medienvielfalt sichern

Schlüsselunternehmen sollen vor Übernahmen durch Drittstaaten abgesichert werden, so Markus Koza (Grüne). Aus dem vorliegenden Entschließungsantrag gehe hervor, dass Übernahmen ein Risiko für die öffentliche Sicherheit darstellen können und daher neu geregelt werden müssten. So soll die langfristige Versorgungssicherheit Österreichs und des heimischen Wirtschaftsstandorts sichergestellt werden.

Die Bildungssprecherin der Grünen Sibylle Hammann sieht in der Krise die Chance, im Schulbereich Neues auszuprobieren und den Schulalltag im Positiven zu verändern. Es werde notwendig sein, neue Modelle zu entwickeln. Sie unterstütze daher den NEOS-Antrag zur Evaluierung von E-Learning, so Hamann.

Für einen gemeinsamen Beschluss der gesundheitspolitischen Maßnahmen appellierte Ralph Schallmeiner (Grüne) an die Opposition. Die schnelle Lösung der Frage bezüglich Informationsweitergabe bei positiven Tests an die Hausärzte sieht er als positives Beispiel der gemeinsamen Arbeit und bedankte sich bei Abgeordneten Kaniak (FPÖ) für die Initiative. Die Grünen würden sich beim Koalitionspartner dafür einsetzen, dass die Bundesgärten geöffnet werden, sagte Lukas Hammer (Grüne). Die derzeitige Krise solle aber nicht für vorgezogene Wahlkämpfe verwendet werden, meinte er in Richtung SPÖ.

Die Abgeordnete der Grünen Eva Blimlinger sagte, es gelte, auf die gegenwärtige Krise mit einem neuen Modell der Medienförderung zu reagieren, die Koalitionsparteien hätten daher einen entsprechenden Antrag zur Sicherung der Medienvielfalt vorgelegt. Auch wenn nicht alles darin ideal sei, ersuche sie um Zustimmung.

FPÖ warnt vor Schaden für Wirtschaft und kritisiert Abstimmungsmodus

Neuerliche Kritik kam von den Freiheitlichen zur Abwicklung des Härtefallfonds durch die Wirtschaftskammer. FPÖ-Abgeordneter Hannes Amesbauer forderte in einem Abänderungsantrag, den Finanzämtern die Administration zu überantworten. Weiters sollen die Mittel für die Kurzarbeit von 1 Mrd. auf 4 Mrd. € erhöht werden und die Vergütung der Arbeitgeber im Zuge der Sonderbetreuungszeit von einem Drittel auf 100% erhöht werden. Als letzten Punkt forderte Amesbauer eine Zertifizierung des Mund-Nasen-Schnellmasken.

In einem weiteren Abänderungsantrag zum 4. COVID-19-Gesetz forderte die FPÖ eine Reihe von Maßnahmen: Die Bundeswohnbeihilfe soll auch jenen helfen, die ihren Wohnbedarf durch Miete oder Kredite bestreiten und durch COVID-19 finanziell erheblich beeinträchtigt wurden. Demokratische Mitbestimmung durch Volksbegehren und die Mitbestimmung in Gemeinderäten dürfe nicht beeinträchtig werden, so eine weitere Forderung. Im Sinne des Medienpluralismus soll die vielfältige Medienlandschaft erhalten bleiben. Als Unterstützung für KMUs werden Inserate-Schecks, einlösbar auf frei wählbaren Werbeplattformen, vorgeschlagen. Außerdem soll die österreichische Staatsbürgerschaft in Krisenzeiten nicht leichtfertig vergeben werden und die Verfassungsänderungen sollen zeitlich befristet sein, erläuterte FPÖ-Mandatar Amesbauer die eingebrachten Abänderungsvorschläge. Scharfe Kritik übte der Abgeordnete am Vorgehen der Regierung, die Gesetze als Pakete einzubringen und nicht als getrennte Teile abzustimmen. Diese "Friss oder Stirb"-Mentalität sei nicht in Ordnung, so Amesbauer. Herbert Kickl (FPÖ) kritisierte in einer weiteren Wortmeldung ebenfalls den "Unfug", unterschiedlichste Materien in komplexe Sammelgesetze zu packen und in ihrer Gesamtheit abstimmen zu lassen. Scharfe Kritik übte er auch an der SPÖ, die sich ihre Zustimmung "billig abkaufen" lasse.

Vor einem nie dagewesenen Zusammenbruch der Wirtschaft warnte Erwin Angerer (FPÖ) und forderte einen Strategiewechsel. Susanne Fürst erklärte den heutigen Maßnahmen der Regierung eine Absage, da diese nicht der Eindämmung der Pandemie dienen, sondern eine politische Ausgestaltung der Folgemaßnahmen sei, die aufgrund der Einschränkung von BürgerInnenrechten nicht mitgetragen werden könnten.

NEOS: Home-Schooling evaluieren und Zivildiener besserstellen

Der Umstieg auf Home-Schooling funktioniere nicht überall, rund 20 Prozent der SchülerInnen seien von den LehrerInnen nicht erreichbar, kritisierte die NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre. Dass im Zuge der Coronakrise und der Schulschließungen eingeführte Home-Schooling solle wissenschaftlich begleitet und regelmäßig in Hinblick auf Erfolge und Verbesserungspotenziale überprüft werden, forderte die Abgeordnete. Außerdem solle der Bildungsminister erheben, wie vielen SchülerInnen E-Learning nicht möglich ist und was die Gründe dafür sind.

Auch die Verunsicherung der SchülerInnen durch die wiederholte Verschiebung der Matura und Unsicherheit darüber, wie es im Herbst mit dem normalen Lehrplan weitergehe, seien negativ und brauchten Lösungen, sagte die Abgeordnete. Die Bedürfnisse von Kindern mit sonderpädagogischen Bedarf seien zudem ungeklärt. Die NEOS forderten daher, eine Expertin oder einen Experten für den Bereich "Menschen mit Behinderung" in das staatliche Krisen- und Katastrophenschutzmanagement aufzunehmen, da diese Gruppe von den COVID-19-Maßnahmen besonders betroffen sei.

Yannick Shetty von den NEOS ortete eine finanzielle Ungleichbehandlung zwischen den freiwilligen Zivildienern und den automatisch verlängerten Zivildienern im Zuge der Coronakrise. Da sich aber auch viele verlängerte Zivildiener in Dienstverhältnissen befänden, müssten sie für Einkommensverluste entschädigt werden müssen.  Den Mangel an Corona-Schutzkleidung insbesondere im Gesundheits- und Pflegebereich nahmen die NEOS zum Anlass, per Entschließungsantrag die Versorgung für diese Gruppe einzufordern. Wenn dies nicht möglich sei, soll diesem Bereich die Schutzkleidung mittels entsprechender Belieferungsstrategie prioritär zugeteilt werden, so Shetty. Als Folge der Ankündigung des Gesundheitsministers Anschober, Coronoa-Risikogruppen anhand von ELGA-Medikationsdaten zu definieren, forderten die NEOS schließlich per Entschließung, Wissenschaft und Forschung für die gesamte Dauer der Pandemie in die Risikogruppendefinition einzubinden, um diese möglichst genau erstellen zu können.

EPUs brauchen dringend eine neue Steuergesetzgebung, die sie als vollwertige Unternehmen behandle. Das zeige sich in der Krise derzeit deutlicher denn je, meinte NEOS-Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS).

Die fraktionslose Abgeordnete Philippa Strache vermisste Wertschätzung und Respekt der Bundesregierung gegenüber der Bevölkerung und dem Parlament in der derzeitigen Situation. Vieles sei nicht klar geregelt, etwa im Mietbereich, die Menschen seien daher verunsichert. Unter dem Deckmantel der Dringlichkeit werde der parlamentarische Entscheidungsprozess ausgehebelt. Die gegenwärtige Krise sei zwar sehr ernst zu nehmen, die Bundesregierung könne aber trotzdem keinen Blankoscheck für alle Maßnahmen erwarten. (Schluss) sue/gla/gun/sox

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.