Parlamentskorrespondenz Nr. 386 vom 28.04.2020

Nationalrat setzt Neuerungen bei Blutspenden

Entlastung der Gesundheitsbehörden durch SanitäterInnen, AGES-MitarbeiterInnen und ein Screening-Programm

Wien (PK) – Neuerungen bei Blutspenden: SanitäterInnen können künftig Blutabnahmen zur Feststellung von Corona-Antikörpern durchführen. Außerdem will die Regierung Diskriminierungen bei Blutspenden abbauen, so der gesundheitspolitische Tenor in der heutigen Nationalratssitzung.

Darüber hinaus stand die Unterstützung der Gesundheitsbehörden durch AGES-MitarbeiterInnen sowie durch ein Screening-Programm auf der heutigen Agenda. Weiters wurde über die Art und Weise debattiert, wie das alltägliche Gesundheitswesen hochgefahren werden soll. Auch die Öffnung des Breitensports, Unterstützung der Sportvereine sowie eine ELGA-EU-Schnittstelle wurden diskutiert.

Blutspenden: Regierung setzt auf Risikoverhalten statt Risikogruppen

Die NEOS nahmen sich die gesundheitspolitische Diskussion des Nationalrats zum Anlass, um für ein Ende von Diskriminierung bei Blutspenden zu kämpfen. Mittels Entschließungsantrags zeigte Yannick Shetty auf, dass Blutspenden homosexueller Männer aufgrund ihrer Einstufung als Risikogruppe nicht zugelassen würden, obwohl derzeit eine Knappheit an Blutspenden bestehe. Insbesondere das Blutplasma von genesenen COVID-19-Patienten sei möglicherweise hilfreich in der Behandlung Erkrankter, so Shetty, der eine Überarbeitung des standardisierten Anamnesefragebogens für Blutspenden vorschlug, dafür aber keine Mehrheit fand. Die Regierungsparteien nahmen sich der Thematik an und wollen eine Arbeitsgruppe einrichten, die Kriterien gegen diese Diskriminierung ausarbeitet und dabei das Risikoverhalten der SpenderInnen in den Vordergrund rückt. Ein entsprechender Antrag wurde mehrheitlich beschlossen.

Entlastung der Gesundheitsbehörden durch SanitäterInnen, AGES-MitarbeiterInnen und ein Screening-Programm

Blutabnahmen zur Bestimmung von SARS-CoV-2-Antikörpern bis März 2021 dürfen laut dem heute einstimmig angenommenen 13. COVID-19-Gesetz auch von SanitäterInnen durchgeführt werden. Weitere Unterstützung erhalten die Gesundheitsbehörden von AGES-MitarbeiterInnen sowie einem Screening-Programm, das im Rahmen des 16. COVID-19-Gesetz beschlossen wurde. Damit wird die nötige Datenbasis für die laufende Überprüfung der Maßnahmen geschaffen. Mittels einer Proben-ID bzw. eindeutiger Personenzuordnung sollen Informationen in einem Screening-Register erfasst und die Bezirksverwaltungsbehörden direkt über positive Ergebnisse informiert werden. Die NEOS machten jedoch darauf aufmerksam, dass die Medizinuniversitäten weiterhin nicht auf die Daten zugreifen könnten und in Österreich verwertbare Daten fehlten.

Veranstaltungen: Auflagen statt Totalverbot

Überdies enthält das mehrheitlich beschlossene 16. COVID-19-Gesetz Bestimmungen über die Abhaltung von Veranstaltungen. Anstelle eines Totalverbots größerer Menschenansammlungen gibt es Auflagen, führte Ralph Schallmeiner (Grüne) aus. Mit einer Änderung des ursprünglichen Gesetzestextes trägt die Regierung Kritik der SPÖ Rechnung, betonte Martina Diesner-Wais (ÖVP) und unterstrich, dass dadurch Versammlungen ermöglicht werden sollen. Klargestellt wird darin überdies, dass die Nutzung einer App nicht Voraussetzung für die Teilnahme an Veranstaltungen sein werde.

FPÖ für Dokumentation von COVID-19-Fällen und flächendeckende Antikörpertests

Für die genaue Analyse und Dokumentation von schweren Corona-Krankheitsfällen machte sich die FPÖ stark. Die Erforschung von Kausalitätszusammenhängen sei für Wissenschaft und Medizin äußerst relevant, so der Zugang der Freiheitlichen. Die Forderung nach der verpflichtenden Obduktion von an COVID-19 Verstorbenen sowie der Dokumentation der Vorerkrankungen und Krankheitsverläufe wurde von den Regierungsparteien allerdings nicht anerkannt.

Auf die Notwendigkeit von Antikörper-Tests machte Gerhard Kaniak (FPÖ) aufmerksam, der die von der Regierung zur Bekämpfung der Pandemie gesetzten Maßnahmen als überschießend empfand. Derzeit liege eine "unterdurchschnittliche Sterberate vor", sagte er. Der Kritik an der Politik des Bundeskanzlers schloss sich Jörg Leichtfried (SPÖ) an, insbesondere forderte er größere Sorgfalt bei der Erstellung von Gesetzen.

Harte Kritik an der Regierungspolitik äußerte auch Gerald Loacker (NEOS). Nun kenne bereits jeder eine Person, die sich entweder in Kurzarbeit befinde oder den Job verloren habe, sagte er in Anspielung auf die Warnung des Bundeskanzlers, dass bald jeder einen Menschen gekannt haben werde, der an COVID-19 verstorben sei.

Drei-Parteien-Entschließung für Hochfahren des alltäglichen Gesundheitswesens

Aus dem Gesundheitsausschuss ins Plenum kam ein dort abgelehnter Antrag der SPÖ mit der Forderung nach einem einheitlichen Masterplan zum schrittweisen Hochfahren des alltäglichen Gesundheitswesens. ExpertInnen sollten demnach einen Kriterienkatalog erstellen, um sowohl den niedergelassenen Bereich als auch die Spitäler vom Not- in den Regelbetrieb zu überführen, so der Vorschlag. Aufgrund der rückläufigen Entwicklung der COVID-19-Fallzahlen sollten Operationen, Untersuchungen und Behandlungen nun so rasch wie möglich durchgeführt werden. Kapazitäten seien ausreichend vorhanden und Nicht-Corona-PatientInnen dürften keine PatientInnen zweiter Klasse sein. Insbesondere Reha-Einrichtungen sollten rasch wieder öffnen und ein besonderes Augenmerk auf psychische Belastungen gelegt werden, so der SPÖ-Antrag.

Josef Smolle (ÖVP) erklärte, dass er dem Antrag zwar einiges abgewinnen könne, aber man wolle "dem Gesundheitsminister nichts in den Rucksack packen, was er nicht erfüllen" könne. Deshalb brachte er einen Drei-Parteien-Antrag von ÖVP, Grünen und SPÖ ein, der schließlich einstimmig angenommen wurde. Darin wird Gesundheitsminister Anschober aufgefordert, einen Rahmenplan zu koordinieren, mit dem das Gesundheitssystem wieder hochgefahren werden soll. Dabei soll mit den Ländern, Sozialversicherungsträgern, den Krankenanstalten, der Ärztekammer und ExpertInnen kooperiert werden, so Smolle. 

Diskussion um Schul- und Breitensport sowie Unterstützung für Sportvereine

Zwei Entschließungsanträge der Sozialdemokraten und Freiheitlichen zur Öffnung von Sportstätten und finanzielle Hilfen für Sportvereine fanden hingegen keine Mehrheit. SPÖ-Sportsprecher Maximilian Köllner forderte mindestens 100 Mio. € Soforthilfe für die österreichischen Sportvereine. Außerdem solle der Sportminister für klare Rahmenbedingungen sorgen, um Sport sowohl drinnen als auch draußen wieder zu ermöglichen. Ebenso solle der Sportunterricht an Schulen sobald wie möglich wieder aufgenommen werden. Die Freiheitlichen forderten, den Turnunterricht ab Mitte Mai wieder zu starten. Außerdem sollen die Fitnessstudios und Sportstätten auch für den Breitensport so rasch wie möglich zugänglich gemacht werden und Sportvereine sollen finanziell mit 150 Mio. € unterstützt werden, forderte Hermann Brückl (FPÖ).

Christoph Zarits (ÖVP) versicherte, dass auf die Sportvereine nicht vergessen werde und ein Härtefallfonds für diese geplant sei. Außerdem sei ab 1. Mai eine Reihe von Sportarten im Freien wieder erlaubt. Sein Antrag zur schrittweisen Öffnung des Sports wurde von den Regierungsparteien unterstützt. Demnach soll Schulkindern Sport ermöglicht werden, aber nur unter Einbindung von ExpertInnen und nach Maßgabe der COVID-19-Situation. Dieser Antrag wurde mehrheitlich angenommen.

NEOS-Forderung nach ELGA-EU-Schnittstelle abgelehnt

Ein NEOS-Antrag für eine ELGA-EU-Schnittstelle wurde im Gesundheitsausschuss abgelehnt und fand auch im Plenum keine Mehrheit. Nach Ansicht der NEOS wurden im Zuge der Corona-Pandemie bestehende Schwächen des ELGA-Systems deutlich, so NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker, der dessen Erweiterung und die Einrichtung einer EU-Schnittstelle forderte. Die nationalen Gesundheitsdatensätze seien besonders bei nicht so weit verbreiteten Krankheiten zu klein, begründete er den Vorstoß. Außerdem sollte die Wissenschaft einen leichteren Zugang zu einem anonymisierten Gesundheitsforschungsdatensatz erhalten und in einem elektronischen Impfpass sollte abgebildet werden, wer immunisiert ist. Loacker bedauerte, dass die Phase des Lock-downs nicht zur Verbesserung des Systems genutzt worden sei und stattdessen Intransparenz und Inszenierung vorherrsche.

Markus Vogl (SPÖ) sieht den NEOS-Vorschlag positiv. Er erinnerte an die intensive Diskussion bei Einführung von ELGA und plötzlich würden Möglichkeiten wie das elektronische Rezept ganz schnell und einfach umsetzbar, so Vogl. Wie wichtig ELGA sei, zeige auch, dass genau dort Probleme in der Behandlung bestünden, wo das Opting-out genutzt wurde. Er halte die Opting-out-Möglichkeit zwar für wichtig und gut, aber diese müssen aufgrund richtiger Informationen erfolgen.

Er kenne ELGA aus dem täglichen Gebrauch und sehe die Weiterentwicklung nicht als derzeit primäre Aufgabe, erklärte Werner Saxinger (ÖVP). Eine EU-Schnittstelle sehe er grundsätzlich skeptisch. (Fortsetzung Nationalrat) gla/gun

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.