Informationen über Ermittlungsverfahren: FPÖ hegt Zweifel an Richtigkeit einer Anfragebeantwortung durch den Bundeskanzler
Kurze Debatte im Nationalrat
Wien (PK) – Die Freiheitlichen hegen Zweifel an der Richtigkeit von Angaben, die Bundeskanzler Sebastian Kurz im Zuge einer Anfragebeantwortung an das Parlament übermittelt hat. In einer parlamentarischen Anfrage hatte die FPÖ vom Bundeskanzler wissen wollen, ob sich dieser im Justizministerium über laufende Ermittlungsverfahren in der Justiz erkundigt hatte. Konkret geht es dabei um die Causa rund um den Wiener Stadterweiterungsfonds, in der vier Personen, darunter Sektionschefs des Innenministeriums, wegen Untreue angeklagt und im Vorjahr von den Vorwürfen freigesprochen wurden.
Kurz hatte in seiner Anfragebeantwortung geltend gemacht, dass er weder in der vergangenen, noch in der aktuellen Legislaturperiode Informationen zu konkreten Ermittlungsverfahren angefragt habe. Darin sieht die FPÖ einen Widerspruch, zumal ein ehemaliger Kabinettsmitarbeiter aus dem Justizressort im Ibiza-Untersuchungsausschuss ausgesagt habe, dass ihm der ehemalige Justizminister Josef Moser (ÖVP) erzählt habe, der Bundeskanzler habe sich im Jahr 2019 nach dem Verfahrensstand in der Causa Stadterweiterungsfonds erkundigt.
"Es ist bemerkenswert, was sie uns nonchalant herübergeschmissen haben", kritisierte Christian Hafenecker (FPÖ) die Anfragebeantwortung des Bundeskanzlers in der von seiner Fraktion verlangten Kurzen Debatte in der heutigen Sondersitzung des Nationalrats. Diese Causa sei eine von vielen, durch die offengelegt werde, wie die "schwarzen Netzwerke arbeiten und unbehelligt operieren konnten", weil man im Justizministerium mit dem früheren Sektionschef Pilnacek einen "verlässlichen Partner" gehabt habe, um Verfahren wie jenes im Zusammenhang mit dem Wiener Stadterweiterungsfonds Stück für Stück zu entschärfen und letztendlich zu zerschlagen, sagte Hafenecker, der von einem "Interventionsnetzwerk der ÖVP" sprach. Es stelle sich nun die Frage, wer die Unwahrheit gesagt habe, so der FPÖ-Abgeordnete. Geht es nach den Freiheitlichen, soll eine Wahrheitspflicht analog zu Untersuchungsausschüssen auch im Interpellationsrecht eingeführt werden.
Einen Widerspruch ortete auch die SPÖ. "Einer der drei muss die Unwahrheit gesagt haben", meinte Abgeordneter Kai Jan Krainer. Man werde sich die Sache nochmal im Ibiza-Untersuchungsausschuss ansehen, in den der Kanzler unter Wahrheitspflicht erneut geladen werde. Diese Unklarheiten könne man so nicht stehen lassen, der Ibiza-Untersuchungsausschuss werde diese aufklären, stellte ebenfalls NEOS-Abgeordneter Felix Eypeltauer in Aussicht, der zudem den Umgang des Bundeskanzlers mit dem Interpellationsrecht und dem Parlament scharf kritisierte.
Kurz: Keine Erkundigungen über laufende Ermittlungsverfahren
Bundeskanzler Kurz bekräftigte in der Kurzen Debatte, dass die Anfragebeantwortung "selbstverständlich ordnungsgemäß und korrekt" ist. Es könne sein, dass bei Sitzungen der Bundesregierung über Causen der Justiz gesprochen werde, insbesondere wenn diese medial thematisiert würden. Es komme bei diesen Gesprächen aber nicht zu einer Verletzung der Amtsverschwiegenheit oder zu Einflussnahmen auf Verfahren, so der Bundeskanzler. Eine formale Anfrage an das Justizministerium seitens des Bundeskanzleramts samt entsprechendem Austausch von Akten oder Informationen habe es definitiv nicht gegeben.
ÖVP-Abgeordneter Klaus Fürlinger (ÖVP) wertete die Kurze Debatte der Freiheitlichen als Märchenstunde, um von den eigenen Problemen abzulenken. Die FPÖ sei es, die die Unwahrheit sagt, entgegnete Fürlinger, es gebe keinen einzigen Hinweis auf eine unwahre Beantwortung der parlamentarischen Anfrage. Gespräche der Regierung seien normale Vorgänge und nicht zu kriminalisieren.
Vonseiten der Grünen wertete Agnes Sirkka Prammer (Grüne) die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage mit den Angaben des Bundeskanzlers als erschöpft. Man könne aber darüber diskutieren, wo es gut ist, sich zu erkundigen und wo man aufpassen müsse, nicht in irgendeiner Form den Anschein zu erwecken, Einfluss zu nehmen. Das sei eine Abwägung im Einzelfall. "Lassen wir die Justiz in Ruhe arbeiten", so Sirkka Prammer (Fortsetzung Nationalrat) keg
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.