Parlamentskorrespondenz Nr. 501 vom 12.05.2022

Arbeitsminister Kocher berichtet über Ausgaben für Corona-Kurzarbeit und Sonderbetreuungszeit

Zahlreiche Oppositionsanträge im Sozialausschuss vertagt

Wien (PK) – Die Ausgaben für die Corona-Kurzarbeit und die ebenfalls im Zuge der Pandemie geschaffene Sonderbetreuungszeit waren heute einmal mehr Thema im Sozialausschuss. Die Kurzarbeit kostete bis Ende März 2022 rund 9,56 Mrd. €, die Sonderbetreuungszeit schlug mit rund 20 Mio. € zu Buche.

Arbeitsminister Martin Kocher sprach sich für eine Einschränkung der Kurzarbeit mit strengeren Zugangsregeln aus. Unternehmerisches Risiko dürfe nicht durch Kurzarbeit ausgeglichen werden, sagte er. Für den Herbst kündigte er Planungssicherheit in Bezug auf Sonderbetreuungszeit und die Freistellung von schwangeren Arbeitnehmerinnen an.

Mehrere Anträge der Opposition zu vielfältigen Arbeitsthemen sowie zu Pensionen und Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen wurden von den Koalitionsparteien vertagt.

Kurzarbeit kostete bis Ende März 9,56 Mrd. €

Mit Ende März 2022 lagen die Ausgaben für COVID-19-Kurzarbeit bei rund 9,56 Mrd. €. Inklusive noch offener Verpflichtungen betrug die Budgetbelastung rund 11,31 Mrd. €. Das geht aus dem aktuellsten Bericht des Arbeitsministers hervor (III-626 d.B.), der heute gemeinsam mit jenem vom Februar 2022 (III-609 d.B.) diskutiert wurde. Von den bis Ende März 2022 verzeichneten 1.328.177 betroffenen Personen waren 44,5% Frauen. Am meisten betroffen waren wie in den Vormonaten die Branchen Warenerzeugung, Handel sowie Beherbergung und Gastronomie. Die meisten Kurzarbeitshilfen gingen mit Stichtag Ende März an Betriebe in Wien und Niederösterreich. Im Ausschuss wurden die Berichte mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und SPÖ zur Kenntnis genommen.

Ernst Gödl (ÖVP) bezeichnete die Kurzarbeit als extrem wichtige und notwendige Maßnahme, um in der Pandemie Arbeitsplätze zu sichern. Auch für Alois Stöger (SPÖ) war die Kurzarbeit in der Pandemie das richtige Instrument. Nun komme man aber in eine Phase, wo Kurzarbeit aufgrund von Problemen mit Lieferketten oder ins Ausland verlagerten Produktionsprozessen gefordert werde. Es dürfe nicht dazu kommen, dass Unternehmen das Risiko, das sie mit derartigen Entscheidungen eingegangen sind, auf Arbeitnehmer:innen oder das öffentliche Budget abwälzen. Gerald Loacker (NEOS) forderte einmal mehr eine Einschränkung der Kurzarbeit.

Dem stimmte Arbeitsminister Martin Kocher zu. Die Corona-Kurzarbeit sei mit Ende März ausgelaufen, die Regelungen für den Zugang wurden verschärft. Man müsse jedenfalls ausschließen, dass Schwankungen bei Aufträgen, die dem normalen unternehmerischen Risiko entsprechen, durch Kurzarbeit abgefedert werden. Er werde sich für strengere Zugangsvoraussetzungen einsetzen, so Kocher.

Rund 20 Mio. € Ausgaben für Sonderbetreuungszeit

Die Sonderbetreuungszeit, die es Eltern seit Mitte März 2020 ermöglicht, von der Arbeit freigestellt zu werden, wenn sie ihre Kinder coronabedingt zu Hause betreuen müssen, kostete bis Ende März 2022 rund 20,07 Mio. €. Im Ausschuss stand der aktuellste Bericht aus dem Arbeitsressort für März 2022 (III-628 d.B.) sowie jener mit den Zahlen bis Februar 2022 (III-603 d.B.) zur Debatte. In der Phase 5, die bis Jahresende 2021 galt, sind bis Ende März 2022 insgesamt 8.276 Anträge eingelangt, von denen 5.045 ausbezahlt und 260 abgelehnt wurden. 2.971 Anträge sind in dieser Phase noch offen. Für die Phase 6 der Sonderbetreuungszeit, die seit 1.1.2022 gilt, sind bis Ende März 5.827 Anträge eingelangt, von denen 8 abgelehnt wurden und 5.819 noch offen sind. Die Berichte wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen im Ausschuss zur Kenntnis genommen.

Während Gerald Loacker (NEOS) keine Notlage und daher keine Notwendigkeit mehr für eine solche Notmaßnahme sah, erkundigte sich Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ), wie sich der Arbeitsminister in Sachen Sonderbetreuungszeit auf den Herbst vorbereite. Die Regelung laufe nämlich mit Ende des Schuljahres aus und es brauche Gewissheit für die Eltern, sowohl bei der Sonderbetreuungszeit als auch bei der Freistellung von Schwangeren.

Auch für Arbeitsminister Martin Kocher ist die Not noch nicht unbedingt vorbei. Es gebe immer noch Quarantänefälle, weshalb die Sonderbetreuungszeit noch immer benötigt werde, sagte er. Man werde sich natürlich auf den Herbst vorbereiten und auf die Szenarien reagieren, die das Gesundheitsministerium derzeit erarbeite. Kocher sicherte den betroffenen Eltern Planungssicherheit zu.

Oppositionsanträge vertagt

Zahlreiche Initiativen der Opposition standen bereits wiederholt auf der Tagesordnung und wurden von den Koalitionsparteien erneut vertagt.

Die FPÖ hatte etwa bereits bei der Ernennung von Martin Kocher zum Arbeitsminister dessen Bestellung hinterfragt (1246/A(E)). Sie sahen in ihm einen "beinharten Wirtschaftsliberalen ohne Empathie für den österreichischen Sozialstaat" und wendeten sich mit einem Forderungskatalog an Kocher. Einen neuen Anlauf starteten die Freiheitlichen auch mit einem Antrag, mit dem sie den Arbeitsminister dazu verpflichten wollten, einen Bericht über die Kontrollen des Arbeitsinspektorats im Unternehmen Hygiene Austria und damit zusammenhängende Kommunikationsvorgänge vorzulegen (1438/A(E)). Anlass waren Medienberichte über Missstände im Unternehmen. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) warf Kocher vor, Transparenz nicht für wichtig zu halten und möglicherweise aus Dankbarkeit dafür nun zum Wirtschaftsminister ernannt worden zu sein. Diese Unterstellung wies der Minister auf das Schärfste zurück. Sein Haus bemühe sich stets, die zahlreichen Anfragen der FPÖ zum Thema Hygiene Austria ausführlich zu beantworten.

Auch ihre Kritik an der Verwendung von Beiträgen in der Wirtschaftskammer brachte die FPÖ erneut aufs Tapet. In einem Entschließungsantrag (1553/A(E)) zitieren die Freiheitlichen Medienberichte, denen zufolge die Wirtschaftskammer Zuschüsse für Mitgliedschaften in Golf-, Jacht- oder Sportvereinen finanziere. Sie wollen den Wirtschaftsminister angesichts dieses "Privilegienskandals" zum Handeln auffordern. Die NEOS stoßen sich ebenfalls an der Verwendung von Geldern in den Kammern, konkret wenn es um Inserate geht, die häufig als Eigenwerbung für die Funktionär:innen verwendet würden. Sie sprechen sich daher dafür aus, dass bei Inseraten der Kammern - wie auch bei Regierungsinseraten - künftig keine Fotos von Funktionär:innen mehr verwendet werden dürfen und fordern eine Regierungsvorlage für ein solches "Kopfverbot" (2021/A(E)). Für Gerald Loacker (NEOS) ist diese Praxis nicht anständig. Auch Markus Koza (Grüne) zeigte sich darüber verärgert, wies aber ebenso wie Rebecca Kirchbaumer (ÖVP) darauf hin, dass dies Sache der Selbstverwaltung sei.  

Mit einem erneut vertagten Antrag wollte die SPÖ die Ratifizierung eines internationalen Abkommens betreffend den Arbeitsschutz in der Landwirtschaft und einer zugehörigen Empfehlung umsetzen. Konkret geht es um das Übereinkommen Nr. 184 und die Empfehlung Nr. 192 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) (773/A(E)). Alois Stöger (SPÖ) wollte nach dem Vertagungsantrag von Markus Koza (Grüne) genau wissen, welche Arbeit dazu im Ministerium stattgefunden habe und wann es eine Entscheidung über die Ratifizierung gebe. Kocher verwies auf die Praxis, dass nur ratifiziert werde, wenn die Inhalte des Abkommens erfüllt werden könnten. Weil das für die vom Abkommen ebenfalls umfassten selbstständigen Landwirt:innen nicht möglich sei, sei dies bisher nicht passiert. Stöger kündigte an, bei diesem Thema hartnäckig zu bleiben.

Oppositionsforderungen zu Pensionen vertagt

Mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt wurden mehrere Initiativen der Oppositionsparteien zum Thema Pensionen. Die SPÖ beantragte etwa Änderungen bei der Schwerarbeitspension. Viele Menschen, die Schwerarbeit geleistet haben, könnten aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht bis 60 arbeiten, argumentierte Christian Drobits (SPÖ) im Ausschuss. Die Sozialdemokrat:innen wollen daher eine Änderung im Allgemeinen Pensionsgesetz (2423/A) erwirken. Wer vor Vollendung des 60. Lebensjahres Invaliditäts-, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitspension bezieht und in den 240 Kalendermonaten davor 120 Monate Schwerarbeit verrichtet hat, soll demnach mit nur 9% Abschlägen in Pension gehen können.

Die NEOS thematisierten in einem Entschließungsantrag (2476/A(E)) Versicherungslücken für die Pension von Menschen mit Behinderungen. Beim Nachkauf von Versicherungszeiten für diese Gruppe gebe es einige Probleme mit der Anrechnung der Ausbildungsstätten, berichtete Fiona Fiedler (NEOS). Der Sozialminister soll daher aufgefordert werden, die Möglichkeiten für den Nachkauf von Ausbildungszeiten für die Pensionsversicherung von Menschen mit Behinderungen in Abstimmung mit der Pensionsversicherungsanstalt zu überarbeiten. Von der Koalition meinten Kira Grünberg (ÖVP) und Heike Grebien (Grüne), es sei ihnen bewusst, dass es Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt brauche. Es handle sich aber um eine komplexe Materie mit noch vielen offenen Punkten.

In einem weiteren vertagten Entschließungsantrag sprechen sich die NEOS für eine Harmonisierung zwischen den Pensionssystemen der gesetzlichen Sozialversicherung und den Systemen der Kammern aus (2378/A(E)). Der Sozialminister soll eine wechselseitige Anrechnung der Beitrags- und Versicherungszeiten aus den Pensionssystemen der Rechtsanwaltskammern und der gesetzlichen Pensionsversicherung mit einer Regierungsvorlage umsetzen. Laut Gerald Loacker (NEOS) sei das Pensionssystem der Rechtsanwält:innen nämlich nicht auf Jobwechsel ausgelegt und damit veraltet. Auch hier sei manches noch nicht geklärt, argumentierte Ernst Gödl (ÖVP) die Vertagung.

FPÖ mit Forderungen für Menschen mit Behinderungen

Erneut vertagt wurde auch eine Initiative der FPÖ, mit der sie die zeitnahe Schaffung von sogenannten One-Stop-Shops für Menschen mit Behinderungen forderten (1629/A(E)). Für solche zentralen Ansprechstellen hat sich der Nationalrat mit einer einstimmig gefassten Entschließung ausgesprochen. Die Regierung müsse hier endlich ins Tun kommen, sagte Dagmar Belakowitsch (FPÖ). Sie habe sich mit dem Antrag übernommen und selbst gedacht, dass die One-Stop-Shops schneller umgesetzt werden könnten, gestand Heike Grebien (Grüne) ein. Es gebe Verhandlungen mit Ländern und Sozialversicherungsträgern, die sich allerdings schwierig gestalteten. Kira Grünberg (ÖVP) berichtete in diesem Zusammenhang von Pilotprojekten in den westlichen Bundesländern. Weil es für Menschen mit Behinderungen so wenig Bürokratie wie möglich brauche, hätte ihre Fraktion dem Antrag zugestimmt, so Fiona Fiedler (NEOS). Von der SPÖ forderte Verena Nussbaum mehr Informationen zum Prozess ein.

In einem weiteren, ebenfalls vertagten Entschließungsantrag (2430/A(E)) kritisieren die Freiheitlichen, dass für die Einstufung als "begünstigt Behinderte/-r" in verschiedenen Bereichen unterschiedliche Grade der Behinderung herangezogen werden. Während im Arbeitsrecht laut Behinderteneinstellungsgesetz ein Grad der Behinderung von 50% ausreiche, würden Vorteile in anderen Bereichen erst ab einer Behinderung von 70% gewährt. Die FPÖ fordert daher eine einheitliche und für den gesamten öffentlichen Verkehr bindende Definition von "begünstigt Behinderten" ab einem 50-prozentigen Grad der Behinderung. Das würde nicht nur eine Erleichterung für die Betroffenen, sondern auch mehr Gerechtigkeit bringen, sagte Dagmar Belakowitsch (FPÖ). Rebecca Kirchbaumer (ÖVP) und Heike Grebien (Grüne) zeigten Verständnis für das Anliegen. Auf Bundesebene strebe man eine Standardisierung an, zudem gebe es Verhandlungen mit den Ländern, so Grebien. Fiona Fiedler (NEOS) bezeichnete eine Vereinheitlichung als "dringend notwendig". Alois Stöger (SPÖ) regte eine Verfassungsbestimmung an, um die Möglichkeiten der Länder zu reglementieren. (Fortsetzung Sozialausschuss) kar