Parlamentskorrespondenz Nr. 523 vom 18.05.2022

Staatssekretär:innen Kraus-Winkler, Tursky und Plakolm stellen sich im Nationalrat vor

Regierungserklärung mit Debatte über Digitalisierung, Tourismus und Zivildienst

Wien (PK) – Auch die beiden neuen Staatssekretär:innen, Susanne Kraus-Winkler, zuständig für den Tourismus, und Florian Tursky, der in Hinkunft für die Digitalisierung verantwortlich zeichnet, sowie Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm, die nun auch die Zivildienstagenden übertragen bekommt, stellten sich in ihrer neuen Funktion dem Nationalrat vor.

Neben der Bewältigung der Krise durch die Pandemie und dem Krieg in der Ukraine wurden vor allem der Mitarbeiter:innenmangel im Tourismus und eine Neuausrichtung dieses Wirtschaftszweigs durch den Klimawandel als große Herausforderungen gesehen. Den Ausbau der Infrastruktur und die Schaffung von Akzeptanz in der gesamten Bevölkerung bezeichnete Tursky als vordringliche Aufgabe im Bereich der Digitalisierung. Als "Headhunter" für Sozialdienste bezeichnete Plakolm den Zivildienst und sah auch in diesem Aufgabenfeld noch Handlungsbedarf.

Tursky: Die Bevölkerung bei der Digitalisierung mitnehmen

Die Pandemie habe das Leben verändert, man habe vermehrt auf digitale Kontakte gesetzt, skizzierte Staatssekretär Florian Tursky die jüngste Entwicklung im gesellschaftlichen Leben. Es sei nun wichtig, bei der für den Standort Österreich notwendigen digitalen Transformation die Bevölkerung mitzunehmen. Es brauche ein Knowhow von der Schule bis zu den Senior:innen, sagte er und unterstrich zudem die Notwendigkeit, die Infrastruktur rasch auszubauen. In diesem Zusammenhang stellte er in Aussicht, bis 2030 Österreich flächendeckend mit festen und mobilen Gigabit-Anschlüssen zu versorgen.

Seitens der SPÖ bedauerte Petra Oberrauner, dass für die Digitalisierung kein eigenes Ministerium geschaffen wurde. Sie ortete auch große Mängel in der bisherigen Digitalisierungspolitik der Regierung. So sei es beispielsweise nicht gelungen, gute Projekte aufzustellen. Man brauche auch Souveränität in diesem Bereich und dürfe kritische Infrastruktur nicht internationalen Konzernen überlassen, warnte sie. Kritik übte sie zudem daran, dass man den Kindern in der Schule Microsoft vorsetzt und damit für den Konzern die Kundinnen und Kunden der Zukunft schaffe.

In gleicher Weise zeigten sich die NEOS mit der bisherigen Digitalisierungspolitik unzufrieden. Es sei beschämend, wie weit hinten Österreich liege, sagte Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS), in der Regierung herrsche ein grundsätzliches Unverständnis, wie digitale Prozesse funktionieren. Das sei ein Nachteil für den Wirtschaftsstandort und damit auch für nachhaltigen Wohlstand. Hoyos-Trauttmansdorff gab dem neuen Staatssekretär recht, dass man die Bevölkerung mitnehmen müsse, es bedürfe aber auch einer entsprechenden Benutzer:innenfreundlichkeit, und beides habe man bisher nicht gemacht. Der NEOS-Mandatar forderte ein Gründer:innenpaket und Investitionen in Zukunftsprojekte wie künstliche Intelligenz.

Der oppositionellen Kritik widersprach Maria Theresia Niss (ÖVP) und meinte, Ministerin Schramböck habe wichtige Akzente in der Digitalisierung gesetzt. Sie zeigte sich zufrieden, dass Staatssekretär Tursky im Rahmen der Digitalisierung auch für die digitale Infrastruktur zuständig sein wird. Als große Herausforderungen sieht sie die durchgängige Digitalisierung der Verwaltung und weitere Reduzierung der Bürokratie sowie eine verstärkte Ausbildung für digitale Fachkräfte. Es gehe ferner darum, die diesbezügliche Forschung zu fördern und zu intensivieren, damit Österreich digitale Technologien produziert und exportiert.

Kraus-Winkler: Im Tourismus ist Krise längst nicht überstanden

Susanne Kraus-Winkler ist nach eigenen Angaben mit dem Tourismus privat und beruflich groß geworden. Sie bringe daher viel Erfahrung mit und kenne die Hürden und Schwierigkeiten der Branche, betonte die neue Staatssekretärin anlässlich ihrer heutigen Präsentation vor den Abgeordneten. Auch wenn die Buchungslage derzeit zufriedenstellend und der Ausblick auf den Sommer vielversprechend sei, sei im Tourismus noch längst nicht alles überstanden, sagte sie. Probleme machten die Fernreisen als Folge des Ukraine-Kriegs, oberste Priorität habe der Städtetourismus. Sorgen bereitet ihr insbesondere auch der Arbeitskräftemangel. Dazu braucht es laut Kraus-Winkler weitere Programme. Sie hofft in diesem Zusammenhang auch auf die geplante Arbeitsmarktreform.

ÖVP-Abgeordneter Franz Hörl forderte seinerseits zusätzliche Saisonnier-Kontingente und zusätzliche Arbeitskräfte aus der EU. Es brauche aber auch finanzielle Anreize, um die Menschen in Beschäftigung zu halten, meinte er. Die Wichtigkeit des Tourismus für Österreich unterstrich Hörl mit dem Hinweis, dass dies jene Wirtschaftsform mit der größten Wohlstandsverbreitung sei.  

Auch wenn von allen die Problemlagen im Tourismus in gleicher Weise gesehen werden, so war man sich in der Einschätzung der Ursachen uneinig. Gerald Hauser (FPÖ) machte einmal mehr die Regierung als Urheber für die wirtschaftlichen Probleme aus. Vor allem die Lockdowns hätten für Wirtschaft und Arbeitsmarkt desaströse Auswirkungen gehabt, sagte er. Außerdem sei nicht der Krieg in der Ukraine schuld an der Inflation, diese habe schon viel früher durch die Politik der EZB eingesetzt, die den Markt mit Geld überflutet habe.

Im Gegensatz dazu sehen die NEOS Handlungsbedarf beim Arbeitskräftemangel. Julia Seidl (NEOS) sprach in diesem Zusammenhang vor allem neue Arbeitszeitmodelle an. Sie warnte aber auch davor, dass viele Tourismusbetriebe aufgrund der hohen Inflation und hohen Energiepreise ihre Kreditraten nicht zurückzahlen können und es daher zu einer Insolvenzwelle kommen könnte, die nichts mit einer Marktbereinigung zu tun hat. Seidl kritisierte die undurchsichtige Förderlandschaft scharf und forderte Zukunftsprojekte für ganze Regionen ein.

In diesem Sinn äußerte sich auch Barbara Neßler von den Grünen, die vor allem die durch den Klimawandel auf den Tourismus zukommenden Änderungen thematisierte. Man müsse den Tourismus zukunfts- und klimafit gestalten, meinte sie und mahnte eine Politik ein, die neue Wege "abseits des immer mehr" beschreitet. Für die Erfolgsbilanz sollten nicht nur die Nächtigungszahlen gelten, vielmehr gehe es um die Wertschöpfung in der Region und die Zufriedenheit von Bevölkerung und Mitarbeiter:innen. Daher hält sie neue Indikatoren für die Erfolgsbilanz für unabdingbar.

Plakolm möchte starke Stimme für junge Menschen sein

Sie möchte weiterhin eine starke Stimme für junge Menschen in der Bundesregierung sein, sagte Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm, die nun auch für den Zivildienst zuständig sein wird. Dieser sei wesentlich für die Ehrenämter, ohne die die Gesellschaft nicht auskommen würde. Wehr- und Zivildienst gehen ihr zufolge Hand in Hand, weshalb sie auch eng mit Verteidigungsministerin Klaudia Tanner zusammenarbeiten werde. Plakolm unterstrich auch die Bedeutung der dualen Ausbildung. Sie wolle die Klammer zwischen Wirtschaft und Bildung sein. Die Lehre sei eine Karriereautobahn, ihr Anliegen sei es, den Weg der Durchlässigkeit weiterzugehen und umzusetzen.

Darin wurde sie von Lukas Brandweiner (ÖVP) unterstützt, der den Zivildienst als unverzichtbar bezeichnete und dafür eintrat, diesen weiterzuentwickeln. Auch müsse man die kürzlich eingeführte Teiltauglichkeit evaluieren.

Die bisherige Politik der schwarz-grünen Koalition sei ein Etikettenschwindel, war sich im Gegensatz dazu Eva Maria Holzleitner (SPÖ) mit ihrem Kollegen Philip Kucher (SPÖ) einig. Er sprach von einer "Bankrotterklärung", man habe heute keine Ideen gehört, sondern lediglich "Nullmeldungen". Holzleitner forderte Plakolm auf, die Jugendpolitik ganzheitlich zu sehen und meinte konkret eine moderne Gleichstellungspolitik. Sie kritisierte zudem, dass die Bundesjugendförderung seit 20 Jahren nicht valorisiert worden ist.

Auch wenn er die Ausgliederung des Zivildienstes aus dem ehemaligen Köstinger-Ressort begrüßte, fand Yannick Shetty seitens der NEOS kein gutes Haar in Bezug auf die Regierungspolitik in diesem Bereich. Er forderte die Angleichung des Zivildienstes an die Wehrpflicht, die Abschaffung der aus seiner Sicht absurden Krankenstandsregelungen sowie die Anhebung der Grundvergütung. Da die NEOS beim Wehrdienst den Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte ohnehin kritisch sehen, so müssten wenigstens die Rahmenbedingungen menschenwürdig sein, sagte Shetty.

(Schluss Regierungserklärung/Fortsetzung Nationalrat) jan

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