Parlamentskorrespondenz Nr. 652 vom 10.06.2022

Parlament: TOP im Nationalrat am 14. Juni 2022

Kurzarbeit, E-Sport, Spekulation mit geförderten Wohnungen, Corona-Regelungen im Fremdenwesen

Wien (PK) – Am ersten Tag seiner Sitzungen im Juni berät der Nationalrat über großzügigere Kurzarbeitsbeihilfen für Betriebe mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten noch bis Ende 2022 und etwaige Corona-Sonderfreistellungsmöglichkeiten von Schwangeren via Verordnung des Ministers. Im Sportbereich geht es unter anderem um einen Bericht zum Thema E-Sport und um die Coronahilfen aus dem NPO-Unterstützungsfonds. Debattiert werden sollen außerdem Verfahrenserleichterungen bei Anträgen auf erhöhte Familienbeihilfe.

Des Weiteren könnten die Abgeordneten auch über eine Novelle zum Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, unter anderem zur Unterbindung von Spekulationen mit geförderten Wohnungen, sowie über eine Verlängerung von Corona-Regelungen im Fremdenwesen beraten. Dafür müssen aber der Bautenausschuss und der Innenausschuss noch grünes Licht geben.

Vor Beginn der Nationalratssitzung am Dienstag ist der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk ab 09.05 Uhr zu Gast im Parlament und hält im Rahmen einer parlamentarischen Veranstaltung eine Rede im Nationalratssitzungssaal.

Aktuelle Stunde

Die Plenarsitzung beginnt um 10.15 Uhr mit einer Aktuellen Stunde, in der die NEOS über eine sofortige Abschaffung der kalten Progression diskutieren wollen.

Aktuelle Europastunde

In der daran anschließenden Aktuellen Europastunde geht es um die Autonomie Südtirols als Beispiel für eine friedliche Konfliktlösung in Europa.

Verfahrenserleichterungen bei Anträgen auf erhöhte Familienbeihilfe

Konsens zwischen den Fraktionen herrscht in Bezug auf geplante Verfahrenserleichterungen bei der Beantragung einer erhöhten Familienbeihilfe für Menschen mit Behinderung. Derzeit müssen minderjährige Behindertenpassinhaber:innen einen zusätzlichen Nachweis des Sozialministeriumservices erbringen, um erhöhte Familienbeihilfe zu bekommen, obwohl die Voraussetzungen für den Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe und für den Behindertenpass ident seien. Hier soll es künftig Erleichterungen geben. SPÖ und FPÖ äußerten im Ausschuss allerdings Unverständnis darüber, dass von den Regierungsparteien dazu keine Gesetzesnovelle, sondern lediglich ein Entschließungsantrag vorgelegt wurde.

Mehr finanzielle Mittel für Ferienbetreuung

Nach Meinung der SPÖ gibt es vor allem außerhalb Wiens zu wenig leistbare Ferienbetreuungsangebote für schulpflichtige Kinder und Jugendliche. Das stelle viele Familien in den Sommerferien vor große organisatorische und finanzielle Herausforderungen, vor allem, wenn beide Elternteile berufstätig seien, geben die Sozialdemokrat:innen zu bedenken. Die SPÖ spricht sich daher dafür aus, den Ländern und Gemeinden ausreichend finanzielle Mittel zur Erweiterung des bestehenden Angebots zur Verfügung zu stellen. Der Antrag fand im Familienausschuss allerdings keine Mehrheit.

Coronahilfen für gemeinnützige Vereine und Organisationen

Der von Vizekanzler Werner Kogler vorgelegte Bericht über bisher gewährte Coronahilfen an Non-Profit-Organisationen wurde auf Verlangen der NEOS auf die Tagesordnung gesetzt. Wie aus dem Bericht hervorgeht, hat der NPO-Unterstützungsfonds bis Ende April 2022 Auszahlungen in der Höhe von 725 Mio. € getätigt. Die Mittel flossen an 23.195 gemeinnützige Vereine und Organisationen, die Durchschnittsförderung betrug 31.260 €. Spitzenreiter ist der Sportsektor mit 152,61 Mio. € (21% der Auszahlungssumme), es folgen die Bereiche Gesundheit, Pflege, Soziales (17,4%), Kunst und Kultur (14,6%), Bildung und Wissenschaft (14,3%) sowie Religion und Kirche (13,3%).

Eingerichtet wurde der NPO-Fonds, um gemeinnützige Organisationen, die durch die Corona-Krise wirtschaftlich geschädigt wurden, zu unterstützen. Nicht nur Vereine aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen, sondern auch kirchliche Organisationen und Freiwillige Feuerwehren können demnach Zuschüsse aus diesem Topf erhalten. Ziel der Förderungen ist es, dass die Vereine und Organisationen ihre Leistungen weiterhin erbringen können.

Vorberaten wurde der Bericht im Sportausschuss. Angesichts der aktuellen öffentlichen Diskussion ist allerdings zu erwarten, dass sich die Debatte auch im Plenum vorrangig um die Inanspruchnahme von Förderungen durch den als Verein organisierten Oberösterreichischen Seniorenbund drehen wird.

Corona-Regeln für den Sportbereich

Aller Voraussicht nach ablehnen wird das Plenum einen Entschließungsantrag der FPÖ, der darauf abzielt, jeglichen coronabedingten Einschränkungen im Sportbereich präventiv einen Riegel vorzuschieben. Sport müsse auch im kommenden Herbst und Winter uneingeschränkt erlaubt bleiben, ebenso der Besuch sportlicher Wettkämpfe, fordert die FPÖ und wendet sich in diesem Sinn etwa gegen 2G- oder 3G-Regelungen für Sportler:innen, Zuschauer:innen, Funktionär:innen und Betreuer:innen. Auch dürfe niemand zu einer Impfung verpflichtet werden, ebenso lehnt sie eine Maskenpflicht in Österreichs Sportvereinen und Sportverbänden ab. Der Antrag fand im Sportausschuss über die eigene Fraktion hinaus allerdings keine Zustimmung.

Bericht zum Thema E-Sport

Das Thema E-Sport, also der sportliche Wettkampf mit Videospielen, gewinnt zunehmend an gesellschaftlicher Bedeutung. Sportminister Werner Kogler hat daher eine Arbeitsgruppe zur Prüfung des rechtlichen Rahmens für E-Sport in Österreich eingerichtet, deren Ergebnisse dem Nationalrat vorgelegt wurden.

Die Arbeitsgruppe weist in ihrem Bericht auf viele offene Probleme hin, etwa was die Anerkennung von Profisportler:innen, das grundsätzliche Arbeitsverbot für Jugendliche zwischen 20.00 und 6.00 Uhr und den Gemeinnützigkeitsstatus von E-Sport-Vereinen betrifft. Zudem empfiehlt sie, das Thema auf die politische Bühne zu heben, etwa in Form einer interministeriellen Stelle. Schließlich sei E-Sport geeignet, kognitive und motorische Fähigkeiten sowie soziale Kontakte zu fördern, wenn bestimmte Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und zur Suchtprävention eingehalten werden. Genannt werden dabei etwa die Unterbrechung der Sitzzeiten bei Wettkämpfen, die Vorschreibung regelmäßiger körperlicher Bewegungs- und Sporteinheiten im Training und ein Nationaler Aktionsplan Ernährung.

Durch eine politische Integration von E-Sport könnte dieser außerdem besser gefördert werden, etwa durch Projekte zur Nachwuchsarbeit, gibt die Arbeitsgruppe zu bedenken. Ebenso könnte der bereits erarbeitete Jugendschutzkodex mittels Grundsatzerlass gefestigt werden. Laut Bericht spielen 5,2 Millionen Menschen in Österreich Videospiele, 1,3 Millionen davon messen sich in E-Sport-Wettkämpfen.

Im Sportausschuss gab es in Bezug auf die Gleichstellung von E-Sport mit klassischen Sportarten unterschiedliche Meinungen. Vizekanzler und Sportminister Werner Kogler hält eine Einbettung des E-Sports in den Sport in einem gewissen Rahmen allerdings für sinnvoll.

Höhere Kurzarbeitsbeihilfen

Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen schickte der Gesundheitsausschuss einen Koalitionsantrag ins Plenum, der für vorübergehend höhere Kurzarbeitsbeihilfen für Betriebe mit nicht-saisonbedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten sorgt. Bis Ende Dezember 2022 sollen diese Betriebe höhere Beihilfen erhalten als grundsätzlich im Gesetz vorgesehen. Konkret soll die Beihilfenhöhe wie in der Phase 5 der Corona-Kurzarbeit um 15% weniger betragen als die ursprünglich COVID-bedingt gewährte Kurzarbeitsbeihilfe. Eine Verordnungsermächtigung für den Arbeitsminister wird insofern erweitert, als er nun auch zur Bewältigung von besonderen wirtschaftlichen Schwierigkeiten die Obergrenze für Kurzarbeit von 1 Mrd. € für die Jahre 2020 bis 2022 anpassen darf. Bisher galt dies nur für die Bewältigung der COVID-19-Krise. Ein im Ausschuss von ÖVP und Grünen eingebrachter Abänderungsantrag diente lediglich der Behebung eines redaktionellen Fehlers.

Corona-Sonderfreistellungen für Schwangere

Mit einer im Ausschuss von ÖVP, Grünen und FPÖ befürworteten Änderung des Mutterschutzgesetzes soll der Arbeitsminister ermächtigt werden, die coronabedingte Sonderfreistellung von Schwangeren künftig per Verordnung zu regeln. Im Einvernehmen mit dem Gesundheitsminister soll dieser ab 1. Juli 2022 durch eine Verordnung festlegen können, für welchen Zeitraum und unter welchen Voraussetzungen werdende Mütter ab der 14. Schwangerschaftswoche freigestellt werden dürfen. Das soll ermöglichen, auf neue Varianten des Coronavirus rascher zu reagieren. Gelten soll die Verordnungsermächtigung bis Ende Dezember 2022.

Novelle zum Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz

Wenn der Bautenausschuss seine Beratungen darüber abschließt, wird auch eine Novelle des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes den Weg ins Plenum finden. Der entsprechende Antrag der Regierungsfraktionen sieht Verbesserungen in der Revision von gemeinnützigen Bauvereinigungen sowie Maßnahmen gegen Wohnungsspekulationen vor. Dies geschehe unter anderem vor dem Hintergrund des Rechnungshofberichts zum Wohnbau in Wien, wird im Antrag angeführt. Präzisierungen, etwa bei der Veräußerung und der folgenden Vermietung von Immobilien, sollen zum Schutz der gemeinnützigen Vermögenswidmung sowie der Bewohner:innen im Sinne eines effizienten leistbaren Wohnens beitragen und Spekulationen verhindern.

Ausdrücklich verankert werden soll beispielsweise die Pflicht zur Offenlegung der bestehenden Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den Organwalter:innen, insbesondere zwischen den jeweiligen Mitgliedern von Aufsichtsrat, Vorstand und der Geschäftsführung untereinander. Außerdem geht es um eine Pflicht zur Offenlegung von bestehenden Treuhandschaften und treuhandähnlichen Verhältnissen gegenüber der Revision und der Aufsichtsbehörde. Im Bereich von "Paketverkäufen" wird klargestellt, dass eine Zustimmungspflicht der Aufsichtsbehörde bei der Veräußerung von mehr als drei einzelnen Wohnungen (Reihenhäuser, Ein- und Zweifamilienhäuser) oder Geschäftsräumen, aber künftig nicht mehr bei Ein- und Abstellplätzen nötig ist. Weitere Regelungen etwa betreffen bei sofortigen Eigentumsübertragungen insbesondere eine Spekulationsfrist.

Außerdem plant der Bautenausschuss, vor dem Plenum noch mehrere Anträge der Opposition zu verhandeln. Die Ablesung des Heiz-, Kälte- und Warmwasserverbrauchs steht im Mittelpunkt zweier Entschließungsanträge der SPÖ. Die FPÖ fordert eine rechtskonforme Handhabung des Gebäude- und Wohnungsregister-Gesetzes durch Wien und setzt eine Initiative, um die gestiegenen Baukosten im geförderten Wohnbau abzufedern. Die NEOS treten für eine Harmonisierung von Betriebsanlagengenehmigungen mit Baubewilligungen ein. Ob die Forderungen im Plenum ebenfalls zur Debatte stehen werden, ist noch offen.

Verlängerung von Corona-Regelungen im Fremdenwesen

Die aufgrund der COVID-19-Pandemie im April 2020 verhängten Sonderregelungen im Fremdenrecht sollen bis zum 31. Dezember 2022 verlängert werden. Ein entsprechender Antrag der Regierungsfraktionen ÖVP und Grüne liegt dem Innenausschuss des Nationalrats bei seiner Sitzung kommenden Montag vor. Unter anderem sollen dadurch Inhaber:innen des Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt – EU" diesen auch künftig nicht verlieren, wenn sie der Behörde nicht rechtzeitig mitteilen, dass sie sich aufgrund besonders berücksichtigungswürdiger Gründe für länger als zwölf aufeinanderfolgende Monate außerhalb des EWR-Gebietes aufhalten. Damit soll den betreffenden Fremden, die sich aufgrund der globalen krisenhaften Entwicklungen nicht im EWR-Gebiet aufhalten, ein angemessener Zeitraum zur Wiedereinreise nach Ende der einschränkenden Bedingungen ermöglicht werden.

Verlängerungen von Sonderregelungen zum Umgang mit minderjährigen Flüchtlingen sollen weiterhin ermöglichen, dass diese bei pandemiebedingten Schließungen von Erstaufnahmestellen nach Asylantragstellung auch künftig in Regionaldirektionen und deren Außenstellen verbracht werden können.

Weitere Tagesordnungspunkte des geplanten Innenausschusses betreffen Oppositionsanträge. So fordert die SPÖ etwa die Auszahlung eines Corona-Bonus an die Exekutive, eine bessere Absicherung junger Polizist:innen bei Dienstunfällen, die Wiedereröffnung des Wachzimmers am Bahnhof Wiener Neustadt und passende Schutzkleidung auch für Polizistinnen. Der FPÖ geht es um den Abschluss weiterer Rücknahmeabkommen mit Herkunftsländern von Flüchtlingen, einer Koppelung der österreichischen Entwicklungshilfegelder an Rücknahmeabkommen und eine Reform des Schengener Grenzkodex für unbefristete Grenzkontrollen. Die NEOS treten für eine stärkere Berücksichtigung des Kindeswohls bei Aufenthaltsentscheidungen, die Gleichstellung der Vertriebenen aus der Ukraine mit anerkannten Flüchtlingen und die Einrichtung einer zentralen Stelle für die Bekämpfung von Völkerrechtsverbrechen in der Ukraine ein. Auch diese Anträge könnten auf die Tagesordnung der Sitzung kommen. (Fortsetzung TOP im Nationalrat) mbu/gs/rei/kar

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.