Ukrainischer Parlamentspräsident Stefantschuk: Europa muss seine Werte schützen
Nationalratspräsident Sobotka sichert Ukraine die volle Solidarität Österreichs zu
Wien (PK) – Die Ukraine verteidige das zivilisierte Europa vor den imperialistischen Bestrebungen Russlands. Das betonte der Präsident der ukrainischen Werchowna Rada heute bei einer Rede im österreichischen Parlament. Ruslan Stefantschuk nutzte seinen Besuch, um Österreich den Dank seines Landes für die Unterstützung in Zeiten der russischen Aggression auszusprechen und warb um Unterstützung der ukrainischen Bemühungen, EU-Mitglied zu werden. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka drückte seinem Amtskollegen die uneingeschränkte Solidarität Österreichs aus und verurteilte deutlich den vom russischen Präsidenten Wladimir Putin ausgelösten Angriffskrieg gegen die Ukraine. Österreich unterstütze die Ukraine mit finanzieller und humanitärer Hilfe und versuche damit, das Leid der Ukrainer:innen zu mildern, so Sobotka mit Hinweis auf die Aufnahme Tausender Geflüchteter und die 75 Mio.€ Hilfszahlungen. Österreich sei neutral, aber niemals äquidistant und unsolidarisch in seiner Haltung gegenüber dem Unrecht und den Leiden in der Ukraine.
Von Regierungsseite wohnten dem Besuch Vizekanzler Werner Kogler, Europaministerin Karoline Edtstadler, Innenminister Gerhard Karner, Sozialminister Johannes Rauch und Staatsekretärin Claudia Plakolm bei. Zu Beginn und am Ende der Besuchsveranstaltung würdigten alle Anwesenden den Auftritt des ukrainischen Parlamentspräsidenten mit Standing Ovations.
Stefantschuk: Österreich und Ukraine sind eng verbunden
Seinen tiefen Dank drückte heute Parlamentspräsident Stefantschuk dem österreichischen Volk für die Aufnahme von Tausenden ukrainischen Geflüchteten aus. "Die Solidarität Österreichs bleibt unvergessen", ging er näher auf die historische und emotionale Verbindung der beiden Länder ein, die im Westen der Ukraine noch durch Erinnerungen an die Habsburgerzeit sichtbar seien. Auch wirtschaftlich habe Österreich eine bedeutende Rolle in seinem Heimatland eingenommen, wies Stefantschuk auf die Vielzahl österreichischer Investitionen hin, vom Banken- und Versicherungswesen bis hin zu Kooperationen bei der Stahlproduktion, und er lud österreichische Unternehmen ein, sich am Wiederaufbau des zerstörten Landes zu beteiligen. Als Teil der Europäischen Union wäre der ukrainische Markt mit 45 Millionen Einwohner:innen und seiner großen Bedeutung für die weltweite Ernährungssicherheit aber nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht eine Bereicherung für die Union, so der Parlamentspräsident, der zusicherte, sein Land wolle alle Kriterien für eine Mitgliedschaft erfüllen. Angesichts der täglichen Kriegsverbrechen durch den russischen Aggressor würde die EU mit der Zuerkennung eines Beitrittsstatus für die Ukraine auch ein klares Signal an Putin senden, dass der Krieg zu beenden sei. Denn: "Die Ukraine ist Teil von Europa", 91% der Ukrainer:innen würden sich als Mitglieder der europäischen Familie sehen.
Österreich spiele eine wichtige Rolle bei den Sanktionen gegen den Aggressor, führte Stefantschuk weiter aus, wobei er forderte, Schadenersatzzahlungen für russische Kriegsverbrechen sollten aus den Vermögen jener Oligarchen der russischen Föderation geleistet werden, die den Krieg mitfinanzieren. Wichtig seien in diesem Zusammenhang die Untersuchungen durch den Internationalen Strafgerichtshof, für die der österreichische Staat zusätzliche Mittel zur Verfügung stelle. "Das Böse, das in die Ukraine gekommen ist, muss bestraft werden", Gerechtigkeit sei genauso wichtig wie der Sieg in diesem Krieg.
"Wir verteidigen auch die Grenzen des zivilisierten Europas", unterstrich Stefantschuk, Neutralität biete keinen Schutz vor den imperialistischen Bestrebungen Russlands. Die grundlegend veränderte Einstellung zur Verteidigung der eigenen Sicherheit zeige sich aktuell in Finnland und Schweden. In seiner schon vor Jahren mit Propaganda und Wirtschaftsinteressen begonnenen hybriden Kriegsführung sei Russland nun in die "dritte Phase" des Kriegs mit Panzern und Raketen und täglich Hunderten zivilen Opfern eingetreten. Niemand wisse, wann im Rest Europas diese Phase beginne.
Sobotka: Ukraine gehört zur Europäischen Familie
Der Ukraine gelte angesichts der beispiellosen militärischen Aggression die uneingeschränkte und ungebrochene Solidarität Österreichs, versicherte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka. Es sei eine Selbstverständlichkeit für Österreich, dem Land durch finanzielle und humanitäre Hilfe zur Seite zu stehen. Als Ausdruck der politischen Unterstützung sei Österreich zudem seit Beginn des russischen Angriffskriegs mit der Botschaft und einem vom Außenministerium geleiteten Krisenunterstützungsteam durchgehend in der Ukraine präsent, so Sobotka.
Besonders zu verurteilen seien die Gräueltaten, denen die ukrainische Bevölkerung in den vergangenen Monaten ausgesetzt war. Österreich setze sich dafür ein, dass die Verantwortlichen für die Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden. Daher werde sowohl der Internationale Strafgerichtshof, also auch die vom UN-Menschenrechtsrat eingesetzte Untersuchungskommission unterstützt, die Anfang Mai ihre Arbeit in Wien aufgenommen hat. "So unermesslich das Leid der Zivilbevölkerung ist, so eindrucksvoll ist die Tapferkeit, mit der die ukrainische Bevölkerung die Souveränität des Landes und europäische Werte verteidigt", sagte Sobotka. Die Ukraine sei Teil der europäischen Familie und Österreich unterstütze den Wunsch des ukrainischen Volkes, am europäischen Modell teilzuhaben. Für die Zeit nach dem Krieg sei der Wiederaufbau von entscheidender Bedeutung, Österreich wolle auch hier mithelfen.
(Fortsetzung Besuch des ukrainischen Parlamentspräsidenten) rei/kar
HINWEIS: Die Debatte im Nationalrat zum Besuch des ukrainischen Parlamentspräsidenten ist als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.