Parlamentskorrespondenz Nr. 855 vom 08.07.2022

Nationalrat gibt grünes Licht für Gründung des Institute of Digital Sciences Austria in Linz

Hochschulen können bei Bedarf im kommenden Wintersemester wieder Maßnahmen der COVID-19-Prävention festlegen

Wien (PK) – Das Gründungsgesetz für das "Institute of Digital Sciences Austria" in Linz wurde in der heutigen Nationalratssitzung mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und Grünen beschlossen. Damit wird die Gründungsphase einer neuen Technischen Universität in Oberösterreich eingeleitet. SPÖ und NEOS sahen noch eine Reihe von offenen Fragen und verweigerten die Zustimmung. Ein Rückverweisungsantrag der SPÖ an den Wissenschaftsausschuss, um noch weitere Diskussionen zur führen, fand keine Mehrheit.

Ein weiterer Gesetzesbeschluss für den Hochschulbereich, der mehrheitlich gefasst wurde, betrifft die Verlängerung des 2. COVID-19-Hochschulgesetzes. Damit können Universitäten und Hochschulen bei Bedarf auch noch im Wintersemester 2022/23 auf sie zugeschnittene Maßnahmen der COVID-19-Prävention festlegen.

Von der Mehrheit der Abgeordneten abgelehnt wurden zwei Anträge der SPÖ und ein Antrag der Freiheitlichen. Die SPÖ forderte eine verfassungskonforme Rechtsgrundlage, um berufstätigen Studierenden den Studienbeitrag erlassen zu können. Die Sozialdemokrat:innen drängten auch darauf, dass der Bund sich wieder an der Finanzierung des Baus von Studierendenwohnheimen beteiligt. Aus Sicht der Freiheitlichen gilt es, die Universitätsfinanzierung weiter zu entwickeln, damit sie einer "echten Studienplatzfinanzierung" entspreche.

Neue universitäre Einrichtung in Linz mit Schwerpunkt Digitalisierung geht in Gründungsphase

Neue Wege in Forschung, Lehre und praktischer Anwendung sollen laut Wissenschaftsminister Martin Polaschek mit dem Institute of Digital Sciences Austria (IDSA) in Linz beschritten werden. Das nun vom Nationalrat beschlossene Gründungsgesetz soll sicherstellen, dass die neue universiäre Einrichtung mit Beginn des Studienjahres 2023/24 den Studienbetrieb aufnehmen kann, indem es die rechtlichen Grundlagen für den Gründungsprozess und die Handlungsfähigkeit der neuen Universität schafft. Festgelegt werden etwa Bestimmungen zur Rechtsform, zu den Gründungsorganen, zu Lehre und Studien und zum Personal.

SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl sah in dem Projekt einer TU Linz eine "Erfindung" aus dem Wahlkampf der ÖVP Oberösterreich im Jahr 2020. Nach wie vor gebe es viele Fragezeichen über dem Projekt. So liege weder eine Bedarfsanalyse noch ein Standortkonzept vor, bemängelte die Abgeordnete. Offen sei auch, wie die soziale Durchlässigkeit gesichert werde und welche Kriterien für die Vergabe von Stipendien angelegt werden sollen. Vor allem sei aber noch sehr vieles zur Finanzierung des neuen Instituts offen. Zwar sei eine 15a-Vereinbarung angekündigt worden, ihr Inhalt sei aber nicht bekannt. Sie stelle daher einen Rückverweisungsantrag, um im Ausschuss nochmals in Ruhe die vielen offenen Punkte diskutieren zu können, sagte Kuntzl.

Viele offene Fragen sah auch Eva Maria Holzleitner (SPÖ). Vor allem die Tatsache, dass in der wissenschaftlichen Community noch sehr große Skepsis zu dem Projekt bestehe, müsse eigentlich die Alarmglocken läuten lassen, meinte Holzleitner. Aus ihrer Sicht wäre es sinnvoll, die Konzeption der neuen Einrichtung in einer Enquete oder an einem Runden Tisches nochmals ausführlich diskutieren.

Auch er sei anfangs dem Projekt durchaus skeptisch gegenübergestanden, berichtete ÖVP-Wissenschaftssprecher Rudolf Taschner. Er habe seine Meinung dann aber geändert und sei der Auffassung, dass es durchaus klug sei, an einer neuartigen Einrichtung, die jedenfalls im Endausbau eine Universität sein solle, Forschung und Lehre zu Fragen der Digitalisierung zu bündeln. Er sehe auch den derzeitigen Namen nur als "Arbeitstitel", meinte Taschner. Aus seiner Sicht wäre es angemessen, eine österreichisch-amerikanische Mathematikerin zu würdigen und eine "Olga-Taußky-Universität" zu schaffen. Linz sei ein attraktives Umfeld für eine kleine Universität, die Exzellenz biete und internationale Koryphäen anziehen könne. Zweifellos müsse man auf die skeptischen Stimmen hören. Der nun getroffene Beschluss sei daher als eine Verantwortung und Verpflichtung zu verstehen, das Beste aus dem Projekt zu machen.

Sie sei überrascht, dass ein Projekt, dass sich dem wissenschaftlichen Fortschritt in einem zentralen Zukunftsthema, der Digitalisierung, widme, auf soviel Skepsus stoße, meinte Bettina Rausch (ÖVP). Wichtig sei, falschen Darstellungen entgegentreten und darauf hinzuweisen, dass die Finanzierung der Gründungsphase über zusätzliche Budgetmittel erfolgen werde, sagte die Abgeordnete.

Klaus Fürlinger (ÖVP) sprach von einem "guten Tag für die Wissenschaft und für Linz". Das Gründungspapier des Institute of Digital Sciences Austria zeige den klaren Fokus auf Innovation und Fortschritt. Er sei überzeugt, dass die neue Einrichtung die besten Köpfe im Bereich der Digitalisierung anziehen werde und sichergestellt sei, dass Österreich nicht den Anschluss an internationale Entwicklungen verliert.

Martina Künsberg Sarre (NEOS) erklärte, die NEOS würden dem Gesetz nicht zustimmen, weil die Vorgehensweise zur Umsetzung des Projekts verfehlt sei. Anstatt wichtige Stakeholder einzubinden, habe man viele von ihnen von Anfang an vor den Kopf gestoßen und so viel Gegenwind erzeugt. Jetzt liege nur ein Rahmen vor, ohne dass das Parlament beurteilen könne, ob dieser letztlich befüllt werden könne. Der mehrfach bemühte Vergleich mit dem IST Austria in Klosterneuburg greife nicht, da dort der Gründungsprozess gut strukturiert und transparent abgelaufen sei. Verfehlt sei jedenfalls die Erwartung, dass die neue Einrichtung dem Fachkräftemangel abhelfen könne, meinte Künsberg Sarre.

Gerhard Deimek (FPÖ) hielt die Nähe von Universität und Wirtschaft am Standort Oberösterreich für einen wichtigen Faktor, der den Erfolg eines Projektes sicherstellen könne. Zweifellos seien noch einige Fragen offen, insgesamt treffe man aber eine gute Grundsatzentscheidung. In weiterer Folge werde man darauf achten müssen, dass das Land auch weiterhin seinen Finanzierungsbeitrag leisten werde.

Martin Graf (FPÖ) meinte, die Koalition habe den Prozess der Gründung einer neuen Unversität nicht ideal aufgesetzt und damit seiner Fraktion die Zustimmung sehr schwer gemacht. Der Wissenschaftsausschuss des Parlaments habe daher sehr nachdrücklich auf die Beantwortung offener Fragen gedrängt. Er sei nun aber überzeugt, dass mit dem neuen Institut etwas sehr Positives entstehen werde.

Eva Blimlinger (Grüne) sagte, ihre Fraktion stimme der Gründung der neuen Einrichtung zwar zu, sie halte aber an ihrer Skepsis fest, was entscheidende Punkte des Projekts angehe. Aus ihrer Sicht sollte digitale Kunst in der neuen Einrichtung eine zentrale Rolle spielen, da Linz ein passender Standort dafür wäre. Wichtig sei nun, dass der Gründungskonvent gut arbeiten könne. Sie hoffe, dass am Ende eine Institution entstehen werde, die internationale Anerkennung genießt und die nach einer Künstlerin benannt sei, erklärte Blimlinger.

Polaschek: Gesetz legt Basis für Weiterentwicklung des Hochschulsystems

Das Konzept für die neue Universität sei ausführlich verhandelt worden, dabei sei man auch auf kritische Anmerkungen eingegangen, betonte Wissenschaftsminister Martin Polaschek. Das betreffe etwa die Rechte und Pflichten für Studierende und Lehrende an der neuen Einrichtung. Diese seien selbstverständlich sichergestellt. Ein wichtiger Punkt sei auch, dass die neue Einrichtung nicht zu Lasten der bestehenden Universitäten gehen werde. Die Finanzierung der Gründungsphase 2022 und 2023 könne zur Gänze aus zusätzlichen Mittel in der Ministerreserve des Wissenschaftsministeriums bedeckt werden, für die weitere Finanzierung der neuen Universität werden der Bund und das Land Oberösterreich gemeinsam aufkommen. Die 15a-Vereinbarung dazu ist laut dem Wissenschaftsminister bereits fertiggestellt. Er sei überzeugt, dass die neue Institution wesentliche Impulse setzen werde, um die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs zu sichern, zeigte sich Polaschek überzeugt.

Hochschulen können COVID-19-Maßnahmen bei Bedarf verlängern

Universitäten und Hochschulen sollen für den Fall der Verschärfung der COVID-19-Situation im Herbst vorbereitet sein und bei Bedarf Präventionsmaßnahmen setzen können, argumentieren die Abgeordneten von ÖVP und Grünen. Sie haben daher mit einem Initiativantrag eine nochmalige Verlängerung der Bestimmungen des 2. COVID-19-Hochschulgesetzes bis zum 28. Februar 2023 auf den Weg gebracht. Der Antrag erhielt im Plenum mehrheitliche Zustimmung.

Kritik an der Verlängerung der Bestimmungen kam vom Freiheitlichen Abgeordneten Martin Graf. Er sprach von einem "unsäglichen Gesetz", das den Universitäten Autonomie nur vorspiegeln solle. Die Studierenden hätten mit den COVID-Regeln der Hochschulen keine guten Erfahrungen gemacht. Die COVID-19-Sondergesetze würden willkürliche Regelungen schaffen und seien auch demokratiepolitisch bedenklich, das habe auch Johannes Rauch so gesehen, bevor er Gesundheitsminister geworden sei, sagte Graf.

Josef Smolle (ÖVP) meinte hingegen, man gebe den Universitäten und Hochschulen die Möglichkeit, selbständig die ihrem Studienbetrieb angemessenen Regelungen zu schaffen. Er schließe sich aber der Forderung der Hochschüler:innenschaft an, dass Hochschulen mit gleichen Strukturen auch synchron gleich Regelungen treffen sollten. Er sei aber optimistisch, dass man alle auftretenden Situationen mit Verantwortungsbewusstsein gut lösen werde. Eva Blimlinger (Grüne) teilte den Optimismus ihres Vorredners und meinte, das Gesetz schaffe die Voraussetzungen, um im Bedarfsfall gute Regelungen treffen zu können.

SPÖ: Studienbeitragsnachlass für berufstätige Studierende und Förderung des Baus von Studierendenwohnheimen

Eine Reparatur der vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Regelung des Erlasses des Studienbeitrags für berufstätige Studierende forderte SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl und schlug mittels Initiativantrag, der in der Minderheit blieb, eine verfassungskonforme Regelung vor.

Der Bund soll die Schaffung von Wohnraum für Studierende wieder fördern, fordert SPÖ-Abgeordnete Katharina Kucharowits mit einem Entschließungsantrag, der keine Mehrheit fand.

FPÖ fordert Weiterentwicklung der Universitätsfinanzierung

FPÖ-Wissenschaftssprecher Martin Graf fordert in einem Entschließungsantrag, die Universitätsfinanzierung zu einer, wie die FPÖ es nennt, "echten Studienplatzfinanzierung" weiterzuentwickeln. Außerdem sollte nach Vorstellung der Freiheitlichen der kompetitive Anteil der Forschungsfinanzierung erhöht werden. Der Antrag blieb in der Minderheit. (Fortsetzung Nationalrat) sox

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