Parlamentskorrespondenz Nr. 1063 vom 22.11.2024

Forschungsjahr 2024: Wie Parlamentarier:innen entscheiden, wenn Meinung der Wissenschaft und Wähler:innenwille auseinandergehen

Wien (PK) – Stichwort Klimapolitik: Was passiert, wenn politische Vorschläge zur Bekämpfung des Klimawandels wissenschaftlich gut fundiert sind, jedoch bei den Wähler:innen scheinbar auf Ablehnung stoßen? Wie reagieren Politiker:innen auf ein solches Dilemma? Was machen sie zu ihrer Entscheidungsgrundlage? Diese Fragen stehen im Zentrum der Initiative "Forschungsjahr im Parlament" 2024.

Seit 2023 lobt die Parlamentsdirektion jährlich das "Forschungsjahr im Parlament" aus. Dabei handelt es sich um einen Werkvertrag für eine wissenschaftliche Forschungsarbeit, der heuer mit einem Honorar in der Höhe von 16.000 € dotiert ist. Die Voraussetzungen: Das Projekt soll einen Beitrag zur Weiterentwicklung aktueller wissenschaftlicher Debatten leisten. Und es sollen die Wissensressourcen des österreichischen Parlaments verwendet werden. Zudem soll die Fragestellung relevant für den parlamentarischen Betrieb, die Informationstätigkeit des österreichischen Parlaments und die Wissensbereitstellung in und von der Parlamentsdirektion sein.

Vergleich zwischen Österreich, Deutschland und Großbritannien

Genau diese Voraussetzungen erfüllt das Projekt von Josef Lolacher von der Universität Oxford, das im Forschungsjahr 2024 ausgewählt wurde. Der 26-Jährige setzt sich im Rahmen seiner Doktorarbeit mit der Frage auseinander, welchen Einfluss persönliche Überzeugungen, Meinungsumfragen und Expert:innenwissen auf politische Entscheidungen von Parlamentarier:innen haben.

Die zentralen Forschungsinteressen Lolachers fokussieren sich dabei vor allem auf scheinbare Dilemma-Situationen, wenn Expert:innenmeinung und jene der Wähler:innen auseinander gehen. Er konzentriert seine Forschung dabei auf drei Themenbereiche: Gesundheits-, Umwelt- und Sozialpolitik. Aber nicht nur Österreich interessiert ihn hierbei, sondern auch sein Heimatland Deutschland und Großbritannien, wo er seit 2020 lebt.

Antworten auf die Fragestellungen möchte der Politikwissenschaftler durch qualitative Interviews mit ausgewählten Vertreter:innen aller Parlamentsfraktionen und einer anonymisierten Fragebogenstudie, bei der alle Nationalratsabgeordneten adressiert werden, geben.

Erste Einblicke erhielt er diese Woche von führenden Politiker:innen des Nationalrats, die er zu Forschungsinterviews traf. "Mit meiner Forschungsarbeit möchte ich nicht zuletzt auch Erkenntnisse gewinnen, welche Anforderungen Politiker:innen an die wissenschaftlichen Dienste der Parlamente haben", betont Lolacher. In Österreich sei das der Rechts-, Legislativ- und Wissenschaftliche Dienst (RLW) der Parlamentsdirektion, eine ähnliche Einrichtung gebe es auch in Deutschland und Großbritannien – "allerdings größer". Eigentlich hätte die Forschung im deutschen Bundestag und im österreichischen Parlament parallel laufen sollen, doch auf Grund der aktuellen politischen Entwicklungen in Deutschland, habe er bereits umdisponiert, schildert Lolacher. Dennoch wird es im Juni 2025 vorläufige Ergebnisse geben, die beim Tag der Parlamentsforschung 2025 präsentiert werden. (Schluss) map

HINWEIS: Weitere Details zum aktuellen Forschungsjahr sind im Webportal des Parlaments abrufbar.