Bibliotheksgeschichte

In diesem Teil der Ausstellung erfahren Sie mehr über die Geschichte der Parlamentsbibliothek und die prägenden Persönlichkeiten Karl Renner, Siegfried Lipiner und Hilda Rothe. 

Beschreibung und Verortung der Regalinhalte

Im Regal vor Ihnen sind Ausstellungsobjekte mit Bild- und Textinhalten auf vier Regalebenen verteilt. In der obersten Regalebene (Regalebene 1)  befindet sich ein Leporello zu Karl Renner mit zwei Bildmotiven und Textinhalten. In der Regalebene 2 befindet sich ein Leporello zu Siegfried Lipiner mit drei Bildmotiven und Textinhalten. In der Regalebene 3 befindet sich ein Leporello zu Hilda Rothe mit zwei Bildmotiven und Textinhalten. In der untersten Ebene befindet sich links ein Easy Reader zum Thema „Bibliotheks-Ordnung“, rechts ein Easy Reader zum Thema „Stempel & Etiketten“.

Einleitungstext in Brailleschrift

Ein offener Schuber mit dem Einleitungstextzum jeweiligen Regal in Brailleschrift befindet sich in jedem Ausstellungsregal unterhalb der Braille-Zeile mit dem Titel des Ausstellungsabschnittes. Auf der Oberseite des Faches befindet sich ein QR-Code, über den jeder der Einführungstexte für die insgesamt 30 Ausstellungsabschnitte abrufbar ist.

Einleitung

Die 6000 Bände der Bibliothek des 1848 aufgelösten Staatsrates bilden den Grundstock der Parlamentsbibliothek, die 1869 gegründet wird. Der Urbestand umfasst Gesetzessammlungen sowie Werke aus dem juristischen und staatswissenschaftlichen Bereich, dazu Enzyklopädien, Lexika, Landkarten und philosophische Schriften. Während in den ersten Jahren nur etwa 120 neue Bücher erworben werden können, nimmt der Ankauf nach wenigen Jahren rasant zu. Als die Bibliothek des Reichsrates 1883 von der Bankgasse 10 in die heutigen Räumlichkeiten übersiedelt, hat sich der Bestand bereits auf 18.000 Bände vermehrt. Siegfried Lipiner, Karl Renner und Hilda Rothe haben zentrale Vorarbeit dafür geleistet, dass die Parlamentsbibliothek heute zu den führenden Spezialbibliotheken zählt.

Regalebene 1

Leporello „Karl Renner“

1895 tritt Karl Renner unter Lipiner in den Bibliothekdienst. Der Bibliothekar ist auch ein ambitionierter Funktionär der österreichischen Sozialdemokratie. Nach seiner Wahl zum Reichsratsabgeordneten 1907 lässt er sich vom Bibliotheksdienst beurlauben. Ihm steht eine steile politische Karriere bevor: Er wird Staatskanzler am Beginn der Ersten und der Zweiten Republik und der erste Bundespräsident der Zweiten Republik.

Regalebene 2

Leporello „Siegfried Lipiner“

Der Schriftsteller, Philosoph und Universalgelehrte Siegfried Lipiner tritt 1881 im Alter von 24 Jahren als Direktor der Reichsratsbibliothek in den Staatsdienst ein. Sein 1887 begonnenes Sach- und Autorenregister erschließt die Bestände umfassend neu. Am Ende seiner 30-jährigen Amtszeit zählt die Bibliothek bereits 50.000 Titel.

Regalebene 3

Leporello „Hilda Rothe“

Fast ihr ganzes Leben widmet Hilda Rothe, die als promovierte Philosophin 1920 in den Dienst der Parlamentsbibliothek tritt, den ihr anvertrauten Büchern. 1935 legt sie den alphabetischen Zettelkatalog an, der bis 1994 verwendet wird. In der Zeit des Nationalsozialismus gelingt es der couragierten Bibliothekarin, die angeordnete Zusammenlegung mit der Administrativen Bibliothek bis zum Kriegsende hinauszuzögern und so die Bestände zu retten. Auch 1945 schützt Hilda Rothe die Bücher weiterhin vor Vandalenakten.

Regalebene 4

Easy Reader zum Thema "Bibliotheks-Ordnung"

Die in formschöner Handschrift verfasste Bibliotheks-Ordnung verdeutlicht die zentrale Rolle der Bibliothek als Wissensquelle im Parlamentsbetrieb. Ihre Öffnungszeiten sind an die Zeitfenster der Plenar- und Ausschusssitzungen gebunden, Entlehnerinnen und Entlehner werden zum sorgfältigen Umgang mit den Werken ermahnt – „mehr als zehn Bände dürfen sich nie zu gleicher Zeit in den Händen eines und desselben Entlehners befinden“. Während frühe Regularien der Reichsratsbibliothek noch mit einer überschaubaren Anzahl an Paragraphen das Auslangen finden, werden die Bibliotheks-Ordnungen im Laufe der Zeit immer umfangreicher, die Verwaltung und das Zusammenhalten der wachsenden Bestände immer komplexer.

Easy Reader zum Thema „Stempel & Etiketten“

Der französische Literaturwissenschaftler Gérard Genette (1930–2018) hat die „Randerscheinungen“ von Druckwerken wie Impressum und Klappentext beforscht. Zum „Beiwerk des Buches“ zählen auch Bibliotheks-Etiketten und -Stempel, die Bibliotheksbücher als Teil einer öffentlich zugänglichen Sammlung ausweisen. Sie gehören zum bibliothekarischen Ordnungssystem und ermöglichen es entlehnungsberechtigten Leserinnen und Lesern, ein Bibliotheksbuch auf einen Blick von privaten Beständen zu unterscheiden. Herstellungstechnik und Aussehen der Signatur-Etiketten haben sich im Laufe der Zeit gewandelt, eben-so die Stempel im Inneren des Buchs. Aus diesen und anderen sogenannten Paratexten (vermerkter Kaufpreis und Datum der Erwerbung, Widmungen, Notizen …) lässt sich herauslesen, wann und warum ein Buch in den Bibliotheksbestand gelangte.