105/AE-BR BR
der Bundesräte Steinbichler, Hedda Kainz, Rodek, Gstöttner,
Mag. Strugl, Kraml, Wolfinger, Dr. Hummer, Uta
Pühringer,
und Kollegen
betreffend Fortführung der österreichischen Atomenergiepolitik
Die unterzeichneten Bundesräte stellen folgenden
Entschließungsantrag:
Der Bundesrat wolle beschließen:
1. Zur Reduktion bestehender und Vermeidung zusätzlicher
grenznaher kerntechnischer Anlagen wird die Bundesregierung
ersucht, im Rahmen der bevorstehenden EU - Beitritts -
verhandlungen mit Mittel - und Osteuropastaaten verbindlich für
die Erstellung von Atomausstiegskonzepten einzutreten. Zur
Unterstützung dieses Konzeptes soll eine gemeinsame Position
aller kernenergiefreien oder zum schrittweisen Ausstieg
bereiten Länder in der EU angestrebt werden.
2. Obwohl im Prinzip dem Ansatz der Europäischen Kommission
beigepflichtet werden kann, die einzelnen Kernkraftwerke
differenziert nach ihrem Konstruktionsprinzip, dem gegen -
wärtigen Sicherheitsstandard und ihrer Nachrüstbarkeit zu
beurteilen, sollte für Kernkraftwerke sowjetischer Bauart,
auch wenn sie als nachrüstbar eingestuft werden, grund -
sätzlich die Stillegungsoption verfolgt werden. Dies betrifft
insbesondere die AKW Dukovany, Temelin, Paks, Bohunice,
Mochovce und Kozloduy. Beim AKW Krsko sollte ebenfalls
langfristig die Stillegungsoption verfolgt werden.
3. Zusätzlich soll in den zuständigen EU - Organen die Schaffung
von Finanzierungsinstrumenten zur Umsetzung dieser Konzepte
angestrebt werden. Die Bundesregierung wird weiters ersucht,
nach Möglichkeit auf die Finanzierungsinstitutionen der EU
einzuwirken, damit sie nach dem Vorbild und entsprechend den
Analysen der Weltbank aus prinzipiellen Erwägungen in Zukunft
keine Kredite für den Ausbau der Kernenergie in Mitte l- und
Osteuropa gewähren möge.
4. Die Bundesregierung wird ersucht, sich für die Schaffung
einer globalen Organisation für erneuerbare Energieträger im
Rahmen der Vereinten Nationen einzusetzen und die Schaffung
europäischer Organisationssstrukturen zur Förderung erneuer -
barer und nachhaltiger Energieträger anzustreben.
5. Die Bundesregierung wird schließlich ersucht, unabhängig
von den Beitrittsverhandlungen der EU mit den Mittel - und
Osteuropastaaten in Fortführung ihrer bisherigen Anti -
Atompolitik alle rechtlichen und politischen Möglichkeiten
auszuschöpfen, um die Realisierung aller ausländischen
Projekte zur Errichtung neuer Atomkraftwerke in grenznahen
Bereichen zu verhindern, und sich weiterhin für eine
europäische Koalition atomfreier Staaten und Regionen
einzusetzen.
6. Weiters wird die Bundesregierung ersucht, dem Bundesrat im
zweiten Halbjahr 1999 über den Stand der Umsetzung bzw. die
Fortschritte, die in der österreichischen Atomenergiepolitik
erzielt werden konnten, zu berichten.
Begründung
Der Bundesrat unterstützt die vielfältigen Bemühungen der
Bundesregierung, sich für ein kernenergiefreies Mitteleuropa
einzusetzen und diese Zielsetzungen in die
Entscheidungsprozesse der Europäischen Union einfließen zu
lassen. So soll die Zusammenarbeit mit allen kernenergiefreien
oder zum schrittweisen Ausstieg bereiten Ländern in der EU und
auf internationaler Ebene verstärkt sowie bei grenznahen
Kernkraftwerken die Stillegungsoption verfolgt werden. Das
Einwirken auf die Finanzierungsinstitutionen der EU
dahingehend, daß für den Ausbau der Kernenergie in Mittel - und
Osteuropa keine Kredite gewährt werden, erscheint ebenfalls
wichtig.