307/A(E)-BR/2021

Eingebracht am 15.07.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Bundesrät*innen Horst Schachner, Andrea Schartel, Günther Novak, Andrea Kahofer

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend Installierung einer Tourismuskasse

 

Die derzeitige Corona Krise stellt Tourismusbetriebe vor finanziell kaum lösbare
Herausforderungen. Die Branche ist in ihren Betroffenheiten und Möglichkeiten aktuell sehr unterschiedlich aufgestellt. Hotels in allen Preiskategorien mit Saison- und Ganzjahresbetrieb, Take-Away Lokale, Cateringanbieter, ländliche Wirtshäuser und Nobelrestaurants stehen vor unterschiedlichen Herausforderungen.

 

Ein Schicksal teilen aber alle Betriebe: im Normalfall ist die Eigenkapitalquote gering und

Branchenvertreter*innen haben bereits öffentlich kundgetan, dass Urlaubsrückstellungen
krisenbedingt als belastend wahrgenommen werden. Zugleich waren und sind tausende
Tourismusmitarbeiter*innen von Arbeitslosigkeit betroffen.

 

Aktuell sind noch 45.000 Menschen an ihrer beruflichen Tätigkeit gehindert. Dennoch wird aus der Branche ein hoher Fachkräftebedarf medial kommuniziert. Die Branche scheint, auch aufgrund der instabilen Rahmenbedingungen und dem Arbeitskräftebedarf anderer Branchen Schwierigkeiten zu haben, Mitarbeiter*innen zu lukrieren.

 

Eine Tourismuskasse (TUAK) könnte hier branchespezifische langfristige Lösungen schaffen. Sie soll einerseits ein Instrument zur Abwicklung von Urlaubs- und Abfertigungsansprüchen sein. Anderseits kann sie – je nach Ausgestaltung – auch Modelle der Aus- und Weiterbildung und der Saisonverlängerung enthalten.

 

Im März 2021 sind es bereits 12 Monate in der sich die Branche im Pandemiemodus befindet. 12 Monate, die von Unsicherheit und einem starken Umsatzrückgang geprägt sind. Wie lange dieser Umstand noch anhält, ist derzeit nicht absehbar. Eine TUAK würde Geschäftsbilanzen sofort massiv entlasten, da Rückstellungen für offene Urlaubstage umgehend aufgelöst
werden können und für die Zukunft nicht mehr gebildet werden müssten.

 

Beschäftigte und Arbeitgeber*innen im Tourismus haben gleichermaßen mit instabilen
Beschäftigungsverhältnissen zu kämpfen, aber es kann gegengesteuert werden:
Rahmenbedingungen, die helfen die bestehenden Probleme zu lösen, z.B. mit der Schaffung einer TUAK.

 

In einer ersten Phase ist die Abwicklung von Urlaubsansprüchen und Feiertagen (“Guttage“) angedacht. Mittel- und langfristig bietet eine TUAK eine Vielzahl an weiteren Möglichkeiten.

 

Gerade in der Frage der Errichtung und der damit verbundenen Ausstattung eines
entsprechenden Startkapitals, ist jetzt in der Krise der richtige Zeitpunkt dafür. Allein durch die monatlich anfallenden Urlaubsansprüche je Arbeitnehmer*in entstehen den Betrieben
zusätzliche Kosten, welche im Augenblick in keinster Weise in Förderprogrammen
berücksichtigt sind.

 

Als zusätzliche betriebliche Unterstützung sollen daher die monatlich anfallenden
Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer*innen über einen definierten Zeitraum durch die
öffentliche Hand übernommen werden und in die Tourismuskasse transferiert werden.

 

Dies würde den Betrieben die aktuell dringend notwendige finanzielle Entlastung bringen und eine Wiedereinstellung von Arbeitnehmer*innen erleichtern. In weiterer Folge beteiligen sich die Betriebe schrittweise an der Abwicklung der Urlaubsansprüche und leisten schrittweise einen monatlichen Betrag zur Deckung der Urlaubsansprüche. Neben dem Urlaubsanspruch sollen weitere Instrumente zur Branchenattraktivierung gesetzlich ermöglicht werden
(z.B. Winterfeiertagsregelung).

 

Mittel- und langfristig eröffnet sich für eine Tourismuskasse eine ganze Reihe von
Betätigungsfeldern, in denen Verbesserungen für Arbeitnehmer*innen und Betriebe denkbar sind:

 

·         Ausbildung, Qualifizierungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten

·         Jahresbeschäftigung, Jahresarbeitszeitmodelle

·         Arbeitszeit, Arbeitszeitaufzeichnungen

·         Schlechtwetterregelung für ausgewählte Bereiche

·         Entgeltfortzahlung für Betriebe bei Krankenständen, die mehr als 3 Tage dauern

 

Voraussetzung ist allerdings, dass eine entsprechende Abwicklungseinheit mit

entsprechender Besicherung der Ansprüche geschaffen wird. Dafür ist die

gesetzliche Grundlage zu schaffen.

 

Folgende Ansprüche sollten geregelt werden:

·         Die Urlaubsregelung und eine branchenspezifische Mitarbeitervorsorgekasse.

·         Eine Schlechtwetterregelung ist eine weitere Möglichkeit, müsste jedoch auf die
Branche adaptiert werden (mehrere Regentage bei großen Gastgärten, kein
Skihüttenbetrieb weil wegen Sturm die Seilbahnen nicht fahren, u.v.m.).

·         Saisonverlängerungsmodelle über die TUAK verwalten und abwickeln. Ziel ist somit Arbeitnehmer*innen länger in Beschäftigungsverhältnissen zu halten und damit
weniger Arbeitslosenzeiten entstehen zu lassen.

·         Meldung von Überstunden an die TUAK. Sollte es zur Auszahlung der Überstunden kommen übernimmt die TUAK die Abwicklung. Für den Fall der Abgeltung in
Freizeit ersetzt die TUAK dem Betrieb die entsprechenden Kosten durch
Rücküberweisung.

·         Ein anderes Themenfeld ist der Bereich Aus- und Weiterbildung, der so auch
branchenthematisch organisiert werden könnte und somit z.B. Zeiten zwischen
Saisonen genutzt werden können.

·         Die TUAK könnte zum Vermittler und Abwickler für Betriebe fungieren, wenn diese in der Lehrausbildung externe Angebote nutzen möchten z.B. wegen vorgeschriebener Verbundmaßnahmen. Es könnte durch die TUAK auch die Möglichkeit eines dritten Bildungsortes geschaffen werden.

·         Übernahme/Refundierung der Entgeltfortzahlung bei Krankheit für Betriebe, wenn der Krankenstand länger als 3 Tage dauert.

 

Vorteile einer gemeinsamen Einrichtung für Arbeitgeber:

·         In der derzeitigen Krise kann es zu einer sofortigen Entlastung der Betriebe, durch ein Transferieren von derzeit offenen Urlaubsansprüchen der Arbeitnehmer*innen
kommen.

·         Die Arbeitsstunde wird mit bestimmten, kalkulierbaren und vorhersehbaren

(monatlichen) Kosten belastet, keine zusätzlichen Belastungen darüber hinaus.

·         Keine permanenten Rückstellungen in den Büchern mehr notwendig, im Gegenteil: kurzfristige Auflösung der Rückstellungen und damit Stärkung der
Eigenkapitalausstattung.

·         Beiträge für Urlaubsansprüche können unabhängig von 5 oder 6 Wochen
Urlaubsanspruch gestaltet werden.

·         Arbeitnehmer*in wird in der Zugehörigkeit zum Betrieb/zur Branche gestärkt.

·         Gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Betriebe; kein Austragen des Wettbewerbs über niedrige Sozialstandards.

·         Saisonverlängerungsmodelle möglich machen.

·         Schaffung eines dritten Bildungsortes, um den Betrieben Ausbildungsverbünde zu
erleichtern.

·         Besseres Image, Erhöhung der Attraktivität für zusätzliche Arbeitskräfte.

·         Eigene und branchenspezifische Förderabwicklung bzw. Förderanknüpfung da in der Kasse die Arbeitgeber gebündelt sind.

 

Vorteile einer gemeinsamen Einrichtung für Arbeitnehmer:

·         Sicherung der Ansprüche unabhängig von einem konkreten Arbeitgeber.

·         Mitnahme von Ansprüchen in ein neues Arbeitsverhältnis bzw. einen neuen Betrieb.

·         Information über Ansprüche und alle wichtigen Daten kann durch überbetriebliche Einrichtung erfolgen.

·         Anhebung der Sozialstandards in der Branche auf ein höheres Niveau.

 

·         Bei Insolvenz muss der/die Arbeitnehmer*in unter Umständen nicht bis zu 6 Monate auf die Auszahlung warten.

 

Die unterfertigenden Bundesrätinnen und Bundesräte stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

 

Der Bundesrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit,

Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, so rasch wie möglich, längstens

jedoch bis Ende 2021 dem Nationalrat und dem Bundesrat einen Gesetzesentwurf, der unter Einbindung der zuständigen Sozialpartner und der Expert*innen erstellt werden soll,
vorzulegen, mit dem eine Tourismuskasse errichtet wird.“

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss Tourismus, Kunst und Kultur vorgeschlagen.