404/A(E)-BR/2023

Eingebracht am 08.11.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

 

der Bundesrät:innen Mag. Sandra Gerdenitsch, Günter Kovacs,

Genossinnen und Genossen

betreffend Echte Bekämpfung von Kinderarmut statt Burger-Verhöhnung

 

Bundeskanzler Nehammer sorgte mit seinen Äußerungen in einem Video über Familien für internationales Aufsehen und entsprechend negative Schlagzeilen. In dem bekannt gewordenen Video „empfiehlt“ der Bundeskanzler armutsgefährdeten Kindern und ihren Familien, sich einen Hamburger von einem Fastfood-Restaurant um 1,40 Euro zu holen, wenn sie sich kein warmes Essen leisten können. Mit dem Skandal-Video verhöhnt Nehammer armutsgefährdete Familien und bestreitet damit, dass Armut – speziell Kinderarmut - in Österreich ein Thema ist. Damit dokumentiert er als Regierungschef, dass er die Lebensrealitäten der Menschen in Österreich völlig aus den Augen verloren hat.

 

Laut Statistik Austria sind 22 Prozent der Null- bis Siebzehnjährigen armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Das sind in absoluten Zahlen 360.800 Kinder und Jugendliche. Demnach lebt jedes fünfte Kind in Österreich unter der Armutsgrenze, obwohl Österreich auf Platz neun der reichsten Länder Europas liegt.

Eine aktuelle Studie der Gesundheit Österreich GmbH kommt zu erschreckenden Ergebnissen: Mehr als die Hälfte der Befragten gibt an, aufgrund eines Mangels an finanziellen Mitteln ihre Kinder nur eingeschränkt vor Kälte in der Wohnung schützen zu können. 58 Prozent der im Februar und März 2023 interviewten Eltern schildern, dass sie aufgrund der steigenden Heizkosten andere Bedürfnisse ihrer Kinder – wie Freizeitaktivitäten, Kleidung und auch Essen - einschränken. Drei von vier Kindern mussten sogar Straßen-Winterkleidung im privaten Haushalt anziehen, um vor Kälte im Wohnraum bewahrt zu werden.

 

Auch die Europäische Union betrachtet die wachsende Zahl armer Kinder mit Sorge. Daher stimmte der Rat der Europäischen Union am 14. Juli 2021 einer Empfehlung der Kommission zur Einführung einer Europäischen Garantie für Kinder – kurz: Kindergarantie ‑ einstimmig zu. Alle Kinder in der Europäischen Union sollen das Recht auf einen kostenlosen Kindergartenplatz und eine ausreichende Schulbildung haben. Weiters sollen sie gesundheitlich gut versorgt werden, ausreichend Platz zu Hause haben und einmal am Tag eine warme Mahlzeit bekommen. Durch die Empfehlung wurden die Mitgliedstaaten aufgefordert, bis März 2022 einen nationalen Aktionsplan gegen Kinderarmut auszuarbeiten und der Kommission vorzulegen. Obwohl sich die Österreichische Bundesregierung zur Kindergarantie bekannt hat, hat sie bis dato weder einen nationalen Aktionsplan gegen Kinderarmut erstellt noch der Kommission vorgelegt und ist daher säumig.

 

Bildungschancen stellen einen wesentlichen Faktor dar, um aus der Armut auszubrechen. Leider wird Bildung in Österreich besonders stark „vererbt“.

 

Die 2021 vorgelegte Kinderkostenstudie stellt einen wichtigen Gradmesser der finanziellen Belastung von Familien dar. Die hohen Kosten zeigen den akuten Handlungsbedarf. Armutsbetroffene Familien müssen relativ gesehen mehr von ihrem Einkommen für Kinder aufwenden. Im aktuellen System werden besonders Alleinerziehende und Geringverdienende benachteiligt - also gerade jene Gruppen, die am meisten Unterstützung benötigen. Die enorme Teuerungswelle ist mittlerweile für viele Familien eine Existenzbedrohung. Umso mehr kommt daher einer Kindergrundsicherung Bedeutung zu.

Das Modell der Kindergrundsicherung eröffnet hier neue Perspektiven und stellt eine volkswirtschaftliche Investition dar, die spätere Sozialausgaben nachhaltig minimieren kann. Sie erzielt nicht nur eine Umverteilung hin zu gesellschaftlich benachteiligten Gruppen, sondern ist ein wirksames und effizientes Instrument in der Bekämpfung von Kinderarmut. Mit der finanziellen Absicherung der Kinder ist sichergestellt, dass weder Entwicklungsmöglichkeiten noch Zukunftschancen der Kinder von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern abhängen. Eine Kindergrundsicherung würde einen Großteil der Kinder aus der Armut befreien und den Spielraum für armutsbetroffene Familien auch in Zeiten der Inflation deutlich erhöhen.

Die Leistungen aus der Kindergrundsicherung sollen die vier Dimensionen der kindlichen Entwicklung sicherstellen, nämlich materielle Versorgung, gesundheitliche Entwicklung, soziale Teilhabe und Wahrnehmung von Bildungschancen.

 

Der gegenständliche Antrag wurde im Burgenland auf Initiative der SPÖ in der Landtagssitzung am 19.10.23 mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grünen beschlossen.

 

Daher stellen die unterzeichnenden Bundesrätinnen und Bundesräte nachfolgenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Bundesrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend einen Aktionsplan gegen Kinderarmut zu erarbeiten und der EU-Kommission vorzulegen sowie dem Nationalrat und dem Bundesrat ehestmöglich Gesetzesvorlagen zuzuleiten, mit denen eine Kindergrundsicherung, ein Rechtsanspruch auf einen kostenlosen Kinderbildungsplatz sowie täglich ein gesundes, warmes Essen für jedes Kind in allen Bildungseinrichtungen sichergestellt wird.

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Familie und Jugend