1078/AB-BR
Die Abgeordneten zum Bundesrat Karl PISCHL und Kollegen haben am
29 . Februar 1996 unter der Nr. 1165/J-BR/96 an mich eine schrift-
liche parlamentarische Anfrage betreffend ''Maßnahmen im Zusammen-
hang mit Sekten, pseudoreligiösen Gruppierungen, Vereinigungen
und Organisationen sowie destruktiven Kulten" gerichtet , die
folgenden Wortlaut hat :
1 ) In welcher Weise werden die Tätigkeiten dieser Gruppen durch
die Sicherheitsbehörden beobachtet?
2 ) Sind Sie über die Verfahren in Deutschland gegen Scientology
informiert?
3 ) Ist ein ähnliches Vorgehen gegen Scientology in Österreich
denkbar, wie es derzeit in Deutschland praktiziert wird?
4 ) Können die Ergebnisse der Verfahren in Deutschland für
österreichische Behörden richtungsweisend sein?
5 ) Liegen gegen folgende (pseudoreligiöse) Gruppen Beschwerden
bei Sicherheitsorganen oder gar Anzeigen vor bzw haben sich
diese bereits strafbar gemacht :
a) Fiat Lux
b) Sahaja Yoga
c) Verein zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis
bzw Institut zur Förderung der psychologischen Menschen-
kenntnis
d) Thakar Singh
e ) Scientology bzw deren Unterorganisationen
f ) ADSUM
g) Universal-Life-Kirche (ULC) ? ( sh auch Anlage)
6 ) Gegen welche Sekten und destruktiven Kulte wurde seit Novem-
ber 1993 seitens der Sicherheitsexekutive bereits Anzeige
bei der Staatsanwaltschaft wegen welchen Tatbestandes erstat
tet? (Bitte um Auflistung)
7 ) Hat die von Ihrem Vorgänger eingesetzte Arbeitsgruppe zur
Überarbeitung des Vereinsgesetzes konkrete Vorschläge erar-
beitet?
8 ) Wollen Sie angesichts der offenbar nicht vorhandenen Aufklä-
rungstätigkeit der Sicherheitsbehörden den derzeitigen Zu-
stand beibehalten?
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1 :
Die Tätigkeit der in der Anfrage angesprochenen Gruppen wird von
den Sicherheitsbehörden nach Maßgabe ihrer gesetzlichen Aufgaben-
stellung und der gegebenen gesetzlichen Grundlagen wahrgenommen.
Eine spezielle Beobachtung bzw Überwachung erfolgt daher dann,
wenn der Verdacht der Begehung strafbarer Handlungen oder sonst
gesetzwidriger Aktivitäten besteht . Derzeit wird das Hauptaugen-
merk auf mögliche staatsgefährdende Aktivitäten gerichtet.
Zu den Fragen 2 , 3 und 4 :
Über die gegen Scientology in Deutschland anhängigen Verfahren
bzw über deren Ausgang sind mir derzeit nähere Details nicht
bekannt.
Bei jedem behördlichen Vorgehen gegen die in Österreich in Ver-
einsform organisierte " SCIENTOLOGY-Kirche'' unter grundsätzlich
denkbarer Berücksichtigung der Verfahrensergebnisse in Deutsch-
land wäre allerdings auf die in Österreich gegebene Sach- und
Rechtslage Bedacht zu nehmen. Dies gilt insbesondere auch für die
gesetzlichen Möglichkeiten der Sicherheitsverwaltung. Im Zusammen
hang weise ich auf die Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungs-
senates Wien vom 1. August 1995 hin, mit dem der Berufung einer
Verantwortlichen des Vereins " SCIENTOLOGY KIRCHE ÖSTERREICH"
gegen ein Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien wegen
Übertretung der Gewerbeordnung Folge gegeben und das Verwaltungs-
strafverfahren eingestellt wurde.
Im übrigen verweise ich auf meine Antwort zu Frage 1 .
Zu Frage 5 :
ad a) FIAT LUX:
Ich verweise auf die Beantwortung der parlamentarischen
Anfrage Nr 5347/J-NR/93 vom 23. September 1993 (Nr 5272/AB
zu Frage 1 ) .
ad b) SAHAJA YOGA:
Im Herbst 1994 wurde seitens der Bundespolizeidirektion Wr.
Neustadt einer Beschwerde eines Vaters nachgegangen, wonach
seine 22-jährige Tochter bei einem Mann, welcher dieser
Gruppe angehöre, aufhältig sein soll . Bei Überprüfung dieses
Sachverhaltes durch die Bundespolizeidirektion Wr. Neustadt
konnte jedoch kein Grund für ein polizeiliches Einschreiten
vorgefunden werden.
Im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizeidirektion Wien gab
es mehrere Beschwerden von Familienangehörigen von Mitglie-
dern der oa Gruppe. Als Hauptgrund wurde meist genannt, daß
die Sektenmitglieder ihre Kinder der Sekte ''überantworten" .
Auch hier bestand kein Anlaß zu polizeilichem Einschreiten.
ad c) Verein zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis
bzw Institut zur Förderung der psychologischen Menschenkennt-
nis:
Bei der Bundespolizeidirektion Wien wurden Beschwerden mit
ähnlichen Begründungen wie zur Gruppe "SAHAJA YOGA'' vorge-
bracht.
ad d) THAKAR SINGH:
Nein.
ad e) SCIENTOLOGY bzw deren Unterorganisationen:
Ich verweise zunächst auf die Beantwortung der parlamentari-
schen Anfrage Nr 5347/J-NR/93 vom 23. September 1993 (Nr
5272/AB zu Frage 1) und meine Antwort zu den Fragen 2 bis 4.
Bei der Bundespolizeidirektion Wien liegen einige Beschwer-
den von "Geschädigten" vor.
Im Dezember 1995 verteilte in Innsbruck ein deutscher
Staatsangehöriger Flugblätter von SCIENTOLOGY und griff
einen Sicherheitswachebeamten, der ihn um die Standortbewil-
ligung befragen wollte, tätlich an. Gegen den deutschen
Staatsangehörigen wurden daraufhin Anzeigen nach § 270 StGB
(tätlicher Angriff auf einen Beamten) und nach § 82 SPG
(aggressives Verhalten gegenüber Organen der öffentlichen
Aufsicht) erstattet.
ad f) ADSUM:
Nein.
ad g) UNIVERSAL-LIFE-KIRCHE (ULC) :
Nein.
Zu Frage 6:
Vorweg ist zu bemerken, daß strafrechtliche Schritte ausschließ-
lich gegen physische Personen gesetzt werden können. Gegen Perso
nen, die den nachstehend angeführten Gruppen angehören oder nahe
stehen (sollen) , wurden seitens der Sicherheitsbehörden bei der
Staatsanwaltschaft seit November 1993 folgende Anzeigen erstat-
tet:
Verein ''ETERNAL LIGHT FRATERNITY, VEREINIGUNG IM EWIGEN
LICHT - Hilfe für Welt- und Religionsfrieden und Humanitär-
Hilfe" mit dem Sitz in Innsbruck
Anzeigen nach § 146 StGB (Betrug) , § 147 StGB (schwerer
Betrug) und § 165 StGB (Geldwäscherei)
MA BHAGWATI :
Anzeigen nach § 107 StGB (gefährliche Drohung) und § 133
StGB (Veruntreuung)
SATANISMUS:
Anzeigen nach § 83 StGB (Körperverletzung) , § 106 StGB
(schwere Nötigung) , § 107 StGB (gefährliche Drohung) , § 125
StGB (Sachbeschädigung) , § 126 StGB (schwere Sachbeschädi-
gung) , § 129 StGB (Einbruchsdiebstahl) und § 190 StGB (Stö-
rung der Totenruhe)
RAM-THA:
Anzeigen nach § 105 StGB (Nötigung) , § 144 StGB (Erpres-
sung) , § 147 StGB (versuchter schwerer Betrug) und § 208
StGB (sittliche Gefährdung von Unmündigen)
UNDERTAKER:
Anzeige nach § 125 StGB ( Sachbeschädigung)
Im übrigen verweise ich auf meine Antwort zu Frage 5 ( ad e) .
Zu Frage 7 :
Zwar hat die Tätigkeit der weiterhin amtierenden Arbeitsgruppe
bereits Ergebnisse gezeitigt, die die Grundlage für die Ausarbei
tung des Entwurfes eines neuen Vereinsgesetzes bilden; im Zuge
dieser Tätigkeiten haben sich jedoch die Voraussetzungen für die
Beendigung der Entwurfsarbeiten geändert. Bei der Erstellung des
Begutachtungsentwurfes ist nunmehr auch auf die Beratungen über
den Entwurf einer Verordnung (EWG) des Rates über das Statut des
Europäischen Vereines Rücksicht zu nehmen, der auf eine Initiati
ve der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zurückgeht.
Zu Fraqe 8 :
Ich verweise auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage
Nr 5347/J-NR/93 vom 23 . September 1993 (Nr 5272/AB zu Frage 8 ) .