1170/AB-BR BR

Beantwortung
der parlamentarischen Anfrage der Bundesräte Dr. Bösch, Dr. Tremmel
vom 13. März 1997, Nr. 1273/J - BR/97,
betreffend Unterschiede zwischen den Einstufungen nach dem Bundespflegegeld-
gesetz und den Landespflegegeldgesetzen
Frage 1:
1. Halten Sie den unterschiedlich geregelten Einstufungsvorgang zur Erlangung des
Bundes - oder eines Landespflegegeldes (Überprüfung durch den Hausarzt oder
den Vertrauensarzt der Sozialversicherungsträger) im Sinne gleicher Leistungs -
standards für akzeptabel?
Antwort:
Laut Einstufungsverordnung zum Bundespflegegeldgesetz bildet ein ärztliches
Sachverständigengutachten die Grundlage der Entscheidung. Erforderlichenfalls
sind zur ganzheitlichen Beurteilung der Pflegesituation Sachverständige aus ande -
ren Bereichen wie beispielsweise der Heil - und Sonderpädagogik, der Sozialarbeit
oder der Psychologie beizuziehen. Eine derartige Regelung findet sich auch in allen
Einstufungsverordnungen zu den Landespflegegeldgesetzen.
Die Einstufungskriterien sind im Bundespflegegeldgesetz und in den Landespflege -
geldgesetzen übereinstimmend geregelt. Der Einstufungsvorgang dürfte daher keine
besondere Relevanz aufweisen.
Darüber hinaus finden sich nähere Ausführungen in den Richtlinien des Hauptver -
bandes der österreichischen Sozialversicherungsträger für die einheitliche Anwen -
dung des Bundespflegegeldgesetzes, die grundsätzlich nur für die Sozialversiche -
rungsträger verbindlich sind. Die Länder wurden jedoch um analoge Anwendung
dieser Richtlinien ersucht.
Um eine Momentaufnahme durch den begutachtenden Arzt bei geistig oder psy -
chisch behinderten Menschen aber auch bei pflegebedürftigen Personen in stationä -
ren Einrichtungen zu vermeiden, sehen die Hauptverbandsrichtlinien vor, daß in die -
sen Fällen insbesondere die Pflegedokumentationen und Pflegeberichte zu berück -
sichtigen sind.
Frage 2:
2. Wieviele Beschwerden über unterschiedliche Einstufungen wurden bisher an das
BMAGS herangetragen ?
Antwort:
Daten über die Anzahl der Beschwerden betreffend die Einstufung werden nicht ge -
sondert erfaßt, jedoch ist die Zahl der an das BMAGS herangetragenen Beschwer -
defälle im Hinblick auf die große Zahl der Leistungsbezieher als äußerst gering zu
bezeichnen.
Frage 3:
3. Finden Befunde des Hausarztes oder behandelnden Facharztes Eingang in die
Entscheidungen der Vertrauensärzte ? Werden die Versicherten über die Mög -
lichkeit der Beibringung privater Befunde informiert?
Antwort:
In den Antragsformularen der Sozialversicherungsträger wird besonders darauf hin -
gewiesen, bisher erhobene Befunde sowie Bestätigungen über allfällige Spitalsauf -
enthalte beizuschließen. Darüber hinaus werden durch Haus- oder Fachärzte und
krankenhausabteilungen erhobene Befunde, Diagnosen und Befundberichte seitens
der begutachtenden Ärzte in die Anamnese aufgenommen. Auf diese Weise werden
diese Befunde im Rahmen der ärztlichen Begutachtung berücksichtigt und erleich -
tern die Beurteilung der funktionellen Defizite und des daraus resultierenden Pflege -
aufwandes.
Frage 4:
4. Werden Sie eine verpflichtende Einbeziehung des Haus- bzw. Facharztes anstre -
ben, der schließlich die längsten Erfahrungen mit dem Leidenszustand des Pfle -
gebedürftigen hat ? Wenn nein, warum nicht?
Antwort:
Aufgabe der Hausärzte ist eine ständige oder regelmäßig wiederkehrende Betreu -
ung von Patienten. Ein gutes Vertrauensverhältnis ist die Grundlage jeder ärztlichen
Behandlung, insbesondere der hausärztlichen Lebensbegleitung von Menschen.
Eine verptlichtende Einbeziehung der Hausärzte in die Begutachtungstätigkeit kann
dieses Vertrauensverhältnis stören und wäre somit auch im Sinne der betreuten
Menschen problematisch.
Frage 5:
5. Welche anderen Maßnahmen werden Sie setzen, um ohne gerichtliche Klärung
ein einheitlicheres Leistungsniveau sicherzustellen ?
Antwort:
Um ein einheitliches Leistungsniveau in der Begutachtungspraxis sicherzustellen,
werden seitens des BMAGS laufend Gespräche mit Vertretern der Entscheidungs -
träger, vor allem mit den Chefärzten der Sozialversicherungs - anstalten, geführt. Im
Rahmen dieser Zusammenarbeit wurde auch das sogenannte konsensuspapier er -
arbeitet, das eine Grundlage zur einheitlichen Begutachtung darstellt. Ein weiteres
Ergebnis dieser Aktivitäten war die Schaffung eines einheitlichen Untersuchungsbo -
gens bei Kindern und Jugendlichen. Diese Gespräche mit den Vertretern der Ent -
scheidungsträger und einzelner Länder werden laufend fortgesetzt, um eine Klärung
neu auftretender Fragen möglichst rasch und bundesweit einheitlich herbeizuführen.
Weiters finden regelmäßig Arbeitssitzungen zum Thema ,,Oualitätssicherung im Be -
reich der Pflegevorsorge" statt, an denen immer auch Vertreter der einzelnen Länder
teilnehmen.
Frage 6:
6. Welche Haltung nehmen die einzelnen Länder bezüglich der Möglichkeiten einer
vereinheitlichten Begutachtungspraxis bisher ein ?
Antwort:
Aus der Sicht des Bundes kann dazu festgestellt werden, daß bisher eine engagierte
Teilnahme der Ländervertreter an Sitzungen zu den Themen ,,Begutachtungspraxis"
und "Qualitässicherung" erfolgte. Dies kann jedenfalls als deutliches Indiz dafür be -
trachtet werden, daß auch die Länder eine möglichst gleichlautende Begutach -
tungspraxis anstreben.