1191/AB-BR BR

Die Bundesräte Mag. John Gudenus und Kollegen haben am 5.6.1997 unter der Nr.
1291/J - BR/1997 an mich eine schriftliche Anfrage betreffend Besetzung von EU -
Institutionen gerichtet, welche folgenden Wortlaut hat:
"1. Wie viele Posten konnten bislang mit Österreicherinnen und Österreichern in der EU -
Kommission als
permanente Posten, aufgegliedert nach A 1 und A 2, A 3, A 4 und A 5, A 6 bis A 8, LA
(Sprachendienst), Laufbahngruppe B sowie Laufbahngruppe c
Posten auf Zeit (Laufbahngruppen A bis C)
besetzt werden?
2. Wie viele und welche Posten konnten bislang mit Österreicherinnen und Österreichern
im Rat besetzt werden?
3. Wie viele und welche Posten konnten bislang mit Österreicherinnen und Österreichern
beim Europäischen Parlament besetzt werden?
4. Wie viele und welche Posten konnten bislang mit Österreicherinnen und Österreichern
beim Europäischen Gerichtshof besetzt werden?
5. Wie viele und welche Posten konnten bislang mit Österreicherinnen und Österreichern
beim Europäischen Rechnungshof besetzt werden?
6. Wie viele und welche Posten konnten bislang mit Österreicherinnen und Österreichern
bei der Europäischen Investitionsbank besetzt werden?
7. Gibt es sonstige Positionen in Institutionen (im weitesten Sinn) der Europäischen
Union, die mit Österreicherinnen oder Österreichern besetzt sind (z.B. ESA etc.)?
Wenn ja, welche?
8. Wie hoch ist der Anteil der "österreichischen Beamten" in den Institutionen der EU im
Vergleich zu den anderen neuen Mitgliedstaaten?
9. Wird von der Ständigen Vertretung bei der Europäischen Union laufend eine Liste der
freiwerdenden Posten in den Verwaltungseinrichtungen der europäischen Organe
erstellt?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, wie oft wird diese Liste aktualisiert und wer wird davon unterrichtet?
10. Gibt es seitens Ihres Ressorts bzw. seitens der Bundesregierung Instruktionen an die
österreichische Mission in Brüssel hinsichtlich anzustrebender Posten in den
Verwaltungseinrichtungen der EU?
Wenn ja, welche?
11. Werden diese im Dienst der EU stehenden Österreicherinnen und Österreicher
regelmäßig betreut?
Wenn ja, von wem und in welcher Form?
Wenn nein, aus welchen Gründen nicht?"
Ich beehre mich, diese Fragen wie folgt zu beantworten:
Im "Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaften" (nachfolgend "Statut"
genannt) wird bestimmt, daß die Beamten der Organe der Gemeinschaften unter den
Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten auf möglichst breiter geographischer Grundlage
auszuwählen sind (Art. 21). Die Festlegung von "Quoten" für einzelne Mitgliedstaaten ist
demnach nicht vorgesehen und wäre auch unzulässig. Der Beamte hat sich im übrigen
bei der Ausübung seines Amtes und in seinem Verhalten ausschließlich von den
Interessen der Gemeinschaften leiten zu lassen; er/sie darf von keiner Regierung,
Behörde, Organisation oder Person außerhalb seines Organs Weisungen anfordern oder
entgegennehmen (vgl. Art. 11 des Statuts).
Um jedoch dem Gebot der geographischen Ausgewogenheit zu entsprechen, haben die
Organe der Gemeinschaften Maßnahmen getroffen, durch die Angehörige der neuen
Mitgliedstaaten während eines fünfjährigen Übergangszeitraumes (1995 bis 1999)
bevorzugt eingestellt werden.
Die Organe der Gemeinschaften sind aber bei der Einstellung der Beamten grundsätzlich
autonom und nur an die einschlägigen Bestimmungen des Statuts gebunden. Die
Einstellungen erfolgen im Rahmen von Auswahlverfahren auf Grund von
Befähigungsnachweisen oder Prüfungen (vgl. Art. 28 bzw. Anhang III des Statuts)1 die im
Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften angekündigt werden. Diese
Verfahrensregeln finden für die Besoldungsgruppen A 3 bis A 5 sowie für alle
Besoldungsgruppen der Laufbahngruppen B, C und D und die Sonderlaufbahn
Sprachendienst (LA) Anwendung. Der Stand der aufgrund dieser Auswahlverfahren
erfolgten Ernennungen - soweit er den österreichischen Behörden bekannt ist - ist
nachstehend angeführt.
Bei der Einstellung von Beamten der Besoldungsgruppen A 1 und A 2 kann die
Anstellungsbehörde ein anderes Verfahren als das Auswahlverfahren gemäß Anhang III
des Statuts anwenden (Art. 29 Abs. 2 des Statuts). Die Europäische Kommission und das
Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union räumen den Mitgliedstaaten dabei
ein Vorschlagsrecht ein.
Zur Frage 1:
Die Kommission hat im Sinne des Gebotes der geographischen Ausgewogenheit zwei A 1
Planstellen (Generaldirektoren bzw. stellvertretende Generaldirektoren) und fünf bis neun
A 2 Planstellen (Direktoren) für österreichische Staatsangehörige vorgesehen. Bislang
konnten die beiden A 1 Planstellen und fünf A 2 Planstellen besetzt werden.
Mit Stand Mai 1997 waren insgesamt 211 Stellen in der Kommission als von
Österreicher/innen besetzt zu verzeichnen. Im einzelnen handelt es sich um folgende
Stellen:
AI 2
(Stellvertretender Generaldirektor für ,,Binnenmarkt und
Finanzdienste"; Stellvertretende Generaldirektorin für
"Haushalt")
A2 5
(Direktoren für: ,,Landverkehr"; "Entwicklungspolitik";
"Berufsbildungspolitik"; in der Generaldirektion "Regionalpolitik
und Kohäsion"; in der Generaldirektion "Zoll und indirekte
Steuern")
A3,4,5 11
(mit Leitungsfunktion)
A4,5 11
(ohne Leitungsfunktion)
A6,7,8 65
B 48
c 63
D 6
Zur Frage 2:
Im Generalsekretariat des Rates sind im Moment 13 Österreicher/innen beschäftigt.
Insbesondere wurde je eine A 1 und A 2 Stelle vorgesehen, die beide besetzt wurden. Die
Liste der besetzten Stellen läßt sich wie folgt aufgliedern:
A1 1
(Stellvertretender Generaldirektor "Beziehungen zum
Europäischen Parlamenten sowie ,,Informationspolitik und
Öffentlichkeitsarbeit)
A2 1
(Direktor im Bereich der "Gemeinsamen Außen - und
Sicherheitspolitik")
A3 1
AS 4
A7 5
LA7 1
Zur Frage 3:
Beim Generalsekretariat des Europäischen Parlaments mit Sitz in Luxemburg sind zur Zeit
11 Österreicher/innen tätig:
A2 1
(Direktor des Übersetzungsdienstes)
A7,8 5
B 1
c 4
Weitere 28 Österreicher/innen sind beim Europäischen Parlament in Brüssel, wo
insbesondere die Ausschußsitzungen stattfinden, beschäftigt.
Zur Frage 4:
Beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) und dem ihm beigeordneten Gericht erster
Instanz (EuGEI) sind 11 Stellen mit Österreicher/innen besetzt, inklusive des
Österreichischen Richters beim EuGH und des Österreichischen Richters beim EuGEI.
Zur Frage 5:
Beim Europäischen Rechnungshof (EuRH) arbeiten 4 Österreicher/innen, inklusive des
österreichischen Vertreters beim EuRH.
Zur Frage 6:
Bei der Europäischen Investitionsbank (EIB) wurden bisher 15 Posten mit
Österreicher/innen besetzt1 darunter der zuständige Generaldirektor für Deutschland und
Österreich.
Zur Frage 7:
22 Österreicher/innen sind bei der in Luxemburg ansässigen Generaldirektion XVIII bzw.
den gleichfalls in Luxemburg ansässigen ausgegliederten Dienststellen der
Generaldirektionen V, IX, XI, XIII, XVII und XIX der EU - Kommission tätig. Weitere 5
Österreicher/innen arbeiten in Luxemburg im Amt für amtliche Veröffentlichungen.
Zur Frage 8:
Im Sinne der geographischen Ausgewogenheit, d.h. der jeweiligen Bevölkerungsgröße ist
der Anteil der "österreichischen Beamten" in den Organen der Europäischen Union für die
Laufbahngruppen A 1 bis A 8 sowie D etwa so hoch wie jener von Schweden und
Finnland, für die Laufbahngruppen B und C (Sekretär/innendienste u.ä.) mit Stand Mai
1997 um ca. 1/3 niedriger als jener dieser neuen Mitgliedstaaten. Genaue Zahlen und
Gliederungen liegen den österreichischen Behörden in Bezug auf die Kommission und
das Generalsekretariat der Rates vor (siehe Fragen 1 und 2). Weitere detaillierte
Statistiken sind für die Behörden der Mitgliedstaaten nicht verfügbar, da die
Personalabteilungen der EU - Institutionen diese internen Zahlen als vertraulich behandeln.
Zur Frage 9:
Die Ständige Vertretung Österreichs bei der Europäischen Union führt Aufzeichnungen
insbesondere über all jene Ausschreibungen der Auswahlverfahren im Bereich der
Besoldungsgruppen A 3 bis A 8 sowie aller Besoldungsgruppen der Laufbahngruppen B,
C, und D und der Sonderlaufbahn Sprachendienst (LA), die sich im Rahmen der
besonderen Maßnahmen im fünjährigen Übergangszeitraum an österreichische
Staatsangehörige richten. (Konkrete Angaben über Namen und Daten der Teilnehmer
oder gar die Ergebnisse der Verfahren unterliegen dem Datenschutz und können daher in
diese Aufzeichnungen nicht aufgenommen werden.) Die Aufzeichnungen werden laufend
aktualisiert und Änderungen den zuständigen Zentralstellen berichtet. Die von den
betroffenen Organen der Europäischen Union durchgeführten Auswahlverfahren werden
außerdem im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht In der Regel
erfolgt in solchen Fällen auch ein Hinweis in den bekannten österreichischen
Tageszeitungen auf die Veröffentlichung im Amtsblatt.
Im Bereich der Besoldungsgruppen A 1 und A 2, in dem die Bundesregierung ein
Vorschlagsrecht hat, fungiert die Ständige Vertretung als Kontaktstelle zu den jeweiligen
Organen der Europäischen Union.
Zur Frage 10:
Im Bereich der Besoldungsgruppen A 4 bis A 8 sowie aller Besoldungsgruppen der
Laufbahngruppen B, C, und D und der Sonderlaufbahn Sprachendienst (LA) wurden
aufgrund besonderer Auswahlverfahren von der Europäischen Kommission sogenannte
"Eignungslisten" erfolgreicher Teilnehmer erstellt. Welche konkreten Planstellen
angestrebt werden, hängt ausschließlich von den betroffenen Personen ab. Die
Bundesregierung hat darauf keinen Einfluß.
Im Bereich der sogenannten "mittleren Leitungsfunktionen" (A 3 bzw. A 5/4) ist die
Bundesregierung zwar interessiert, eine möglichst ausgewogene Verteilung der für
österreichische Staatsangehörige auszuschreibenden Planstellen über alle wesentlichen
Dienststellen, d.h. Fachbereiche des jeweiligen Organs der Europäischen Union zu
erreichen, hat auf die konkrete Besetzung dieser Planstellen aber keinen Einfluß. Im
Bereich der sogenannten "höheren Leitungsfunktionen" (A 1 und A 2) wird ebenfalls eine
solche Ausgewogenheit angestrebt, bei der Besetzung übt die Bundesregierung ein
Vorschlagsrecht aus.
Angesichts dieser beschränkten Einflußmöglichkeiten der Bundesregierung erhält die
Ständige Vertretung Weisungen nur in wenigen Einzelfällen.
Zur Frage 11:
Die Ständige Vertretung Österreichs führt im Rahmen ihrer Kontaktpflege mit den
Organen der Europäischen Union unter anderem Einladungslisten für gesellschaftliche
Veranstaltungen mit Namen österreichischer Staatsangehöriger, soweit diese bekannt
sind. Hinsichtlich der statutenmäßig gewährleisteten Unabhängigkeit der Beamten der
Europäischen Gemeinschaften verweise ich auf die Einleitung zu dieser
Anfragebeantwortung.