1204/AB-BR BR

Sehr geehrter Herr Präsident!
Die Bundesräte Dr. Susanne Riess - Passer und Kollegen haben am 24.7.1997 unter
der Nummer 1317/J - BR/1997 an mich eine schriftliche Anfrage betreffend
Einflußnahme von österreichischen Diplomaten auf ausländische Journalisten
gerichtet, welche den folgenden Wortlaut hat:
1. Ist Ihnen der von Frau Sissons gestaltete Beitrag über Dr. Haider im European
vom 29.5. - 4.6.1997 bekannt?
2. Ist es zutreffend, daß die österreichische Botschaft bereits vor Erscheinen des
gegenständlichen Artikels im European mehrfach versucht hat, mit Frau Sissons in
Kontakt zu treten, um sie über die in Wien gemachten Eindrücke zu befragen?
Wenn ja, was sollte mit dieser "Befragung" erreicht werden?
3. Wußten Sie von dieser äußerst befremdlichen Vorgangsweise von Frau
Dr. Nowotny bzw. seitens der ÖB London?
Wenn ja, warum billigten Sie diese Vorgangsweise der österreichischen
Botschafterin?
4. Wurde die österreichische Botschaft in London von Ihrem Ressort oder von Ihnen
selbst angewiesen, bei Frau Sissons zu intervenieren?
Wenn nein, wer hat die österreichische Botschaft in London angewiesen bzw.
veranlaßt, bei Frau Sissons zu intervenieren?
5. Ist eine derartige Einflußnahme seitens der österreichischen Diplomaten auf
(ausländische) Journalisten üblich oder gewollt?
Wenn nein, was haben Sie unternommen bzw. werden Sie unternehmen, daß
derartige Vorgangs - und Verhaltensweisen seitens österreichischer Diplomaten im
Ausland unterbunden werden?
6. Ist es dem Ansehen der Republik dienlich, wenn österreichische
Diplomaten versuchen, (ausländische) Journalisten bei der
Berichterstattung über Österreich, insbesondere über erfolgreiche
österreichische Oppositionspolitiker, zu beeinflussen?"
Ich beehre mich, diese Anfrage wie folgt zu beantworten:
Zu Frage 1): Ja
Zu Frage 2): Ja
Die Botschaft, nicht der Missionschef, stand bereits seit dem Vorjahr mit
Frau Saskia SISSONS in regelmäßigem Kontakt. Die Genannte hatte der
Botschaft gegenüber mehrfach Interesse an einem ausführlichen
Hintergrundbericht über die österreichische EU - Integrationspolitik sowie
innenpolitische Themen geäußert. Daraufhin wurde Frau Sissons für das
bestehende Einladungsprogramm für ausländische Journalisten
vorgeschlagen und schließlich vom Bundespressedienst zu einem
einwöchigen Wienbesuch eingeladen. Das zusammengestellte
umfangreiche Programm umfaßte neben Interviews mit führenden
österreichischen Politikern auch Gespräche mit Experten auf kultur -,
integrations - und sicherheitpolitischem Gebiet. Mit Frau Sissons wurden -
wie auch in der Vergangenheit mit allen anderen für das
Einladungsprogramm in Frage kommenden Journalisten - vor Antritt der
Reise mehrere Informationsgespräche über das aktuelle politische
Geschehen in Österreich und die österreichische Europapolitik geführt.
Dabei wurde auch bereits vor Antritt der Reise vereinbart, nach ihrer
Rückkehr die in Wien gewonnenen Eindrücke und allfällige offengebliebene
Fragen zu erörtern. Die Nach - und Weiterbetreuung der eingeladenen
Journalisten ist Teil der kontinuierlichen Pressearbeit der Botschaft und
nicht zuletzt im Hinblick auf die Kosten des Einladungsprogramms
gerechtfertigt. Eine Einflußnahme auf den Inhalt der Berichterstattung von
Frau Sissons ist weder erfolgt noch war sie beabsichtigt.
Zu Fragen 3) und 4):
Die Vorgangsweise der Österreichischen Botschaft London erfolgte im
Rahmen ihrer üblichen Pressebetreuung und bedurfte daher keiner
besonderen Anweisung. Sie war weder - befremdlich" noch eine
"Intervention", die angesichts der bekannten Unabhängigkeit der Medien
auch gar nicht möglich wäre.
Die Botschafterin Dr. Nowotny unterstellten Äußerungen stammen aus dem
Artikel von Frau Sissons (Absatz 2, zweiter Satz): "... that makes it difficult
to see him as the most feared politican in Austria and leader of the most
powerful for - right party in Europe" und nicht von Dr. Nowotny, die mit Frau
Sissons gar nicht in Kontakt stand.
Zu Fragen 5) und 6):
Die sehr entwickelte britische Medienlandschaft ist einer Einflußnahme
durch ausländische Diplomaten nicht zugänglich. Eine solche war auch
nicht beabsichtigt. Vielmehr ist die Botschaft daran interessiert, durch
ausführliche Information über aktuelle Entwicklungen in Österreich und
Herstellung diesbezüglicher Kontakte den britischen Journalisten ein
möglichst umfassendes Bild unseres Landes zu vermitteln.