1266/AB-BR BR
 
Die Bundesräte Weiss, Rieser und Giesinger haben am 9. März 1998 unter der
Nr. 1363/J - BR/98 an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend
Kundmachung von Gesetzesbeschlüssen im Bundesgesetzblatt und deren
nachträgliche Veränderung gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:
"1. Halten Sie das Bundesgesetz über das Bundesgesetzblatt für eine aus -
reichende Rechtsgrundlage zur Berichtigung von Fehlern, die nicht erst
bei der Verlautbarung von Gesetzesbeschlüssen, sondern bereits bei
deren Zustandekommen aufgetreten sind?
2. Welche Rechtsgrundlage besteht für eine nachträgliche Berichtigung von
Gesetzesbeschlüssen, die über die Korrektur von offenkundigen Druck -
fehlern hinausgeht?
3. Welche Rechtsgrundlage besteht für die geschilderte Vorgangsweise bei
der Kundmachung des Führerscheingesetzes?
4. Welche Vorstellungen bestehen für eine sowohl praxisgerechte als auch
dem Gesichtspunkt der Gewaltenteilung entsprechende Schaffung geeig -
neter Rechtsgrundlagen?"
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
 
Bevor ich im einzelnen auf die mir gestellten Fragen eingehe, weise ich grund -
sätztlich auf folgendes hin:
Für Druckfehler in Verlautbarungen des Bundesgesetzblattes ist einerseits als
gesetzliche Grundlage das Bundesgesetz über das Bundesgesetzblatt 1996,
BGBl. I Nr.660, und andererseits die Rechtsprechung des Verfassungsge -
richtshofes maßgebend.
Aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 3719/1960) er -
gibt sich, daß für den Begriff des "Druckfehlers" nicht entscheidend ist, wo der
Fehler unterlaufen ist, also etwa schon im Beschluß des Nationalrates oder erst
in der Staatsdruckerei, sondern wie er äußerlich in Erscheinung tritt, weil für die
Rechtsverbindlichkeit nicht der beschlossene Text, sondern ausschließlich der
kundgemachte Text maßgebend ist.
Das Gesetz über das Bundesgesetzblatt definiert den Begriff "Druckfehler"
nicht. Das erwähnte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes besagt zu dieser
Frage: "Unter Druckfehler in einem Gesetzestext sind nicht nur unrichtig ge -
setzte Buchstaben, Zahlen, Zeilen usw., sondern auch Auslassungen zu ver -
stehen, sofern sie nur den materiellen Gesetzesinhalt unverändert lassen." In
der Praxis ergibt sich immer wieder die Frage, ob eine im Bundesgesetzblatt
aufscheinende Fehlerhaftigkeit noch als Druckfehler betrachtet werden kann
oder schon darüber hinausgeht. Es handelt sich in solchen Zweifelsfällen letzt -
lich um eine Wertungsfrage.
Bei der redaktionellen Gestaltung des Bundesgesetzblattes nimmt das Bun -
deskanzleramt in Wahrnehmung der Aufgaben eines Herausgebers (§1
BGBIG) auch die Berichtigung von Druckfehlern vor.
 
Zu den Fragen im einzelnen:
Zu Frage1:
Das Bundesgesetz über das Bundesgesetzblatt ist in Verbindung mit dem zi -
tierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes eine ausreichende Rechts -
grundlage zur Berichtigung von Fehlern, die nicht erst bei der Verlautbarung
von Gesetzesbeschlüssen, sondern bereits bei deren Zustandekommen auf -
getreten sind, da es - wie sich aus dem zitierten Erkenntnis des Verfassungs -
gerichtshofes ergibt - nicht entscheidend ist, wo der Fehler unterlaufen ist.
Zu Frage 2:
§ 2 Abs. 7 Bundesgesetz über das Bundesgesetzblatt, BGBI. Nr.660/1996, er -
mächtigt zur Berichtigung von Druckfehlern sowie ferner von Verstößen gegen
die innere Einrichtung des Blattes (Numerierung der einzelnen Verlautbarun -
gen, Seitenangabe, Angabe des Ausgabe - und Versendungstages und dgl.).
Der Begriff des Druckfehlers ist dabei im Sinne der eingangs dargestellten
Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu verstehen.
Zu Frage 3:
Was den konkreten Fall des Führerscheingesetzes anlangt, so war klar, daß
die Verordnungsermächtigung des § 2 Abs. 5, die zur Festsetzung des Um -
fanges und Inhaltes des praktischen Unterrichtes ermächtigte, sich im Rahmen
des § 2 dieses Gesetzes nur auf den Abs. 1 Z 2 lit. c) und lit. cc) beziehen
konnte, weil allein dort vom praktischen Unterricht die Rede ist. Unter den ge -
gebenen Umständen hielt sich deshalb die Redaktion des Bundesgesetzblattes
als Herausgeber für berechtigt, das offensichtliche Versehen im Rahmen der
redaktionellen Aufarbeitung des Textes zu korrigieren, aber nur deshalb, weil
 
dies die einzig denkbare, in sich konsistente Leseart des Gesetzestextes sein
konnte.
Zu Frage 4:
Vom Gesichtspunkt der von mir vorzunehmenden Kundmachung von Rechts -
vorschriften (Art. 49 Abs. 1 Bundes - Verfassungsgesetz) halte ich die bestehen -
de Rechtslage für ausreichend. Die Frage der Zweckmäßigkeit der Schaffung
einer Einrichtung im Rahmen der Organe der Gesetzgebung zur Berichtigung
bestimmter formaler Mängel sollte meiner Ansicht nach der parlamentarischen
Willensbildung vorbehalten bleiben.