1315/AB-BR BR
 
Die Bundesräte Dr. Riess - Passer und Kollegen haben am 22. Juli 1998 unter der
Nr. 1455/J - BR/98 an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend die
Zeitdauer von Kontenüberweisungen in Österreich gerichtet, deren Wortlaut in der
Beilage angeschlossen ist.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Einleitend ist festzuhalten, daß sich die nachfolgenden Antworten ausschließlich auf
Inlandsüberweisungen beziehen. Für grenzüberschreitende Überweisungen in den
Währungen der Mitgliedstaaten der EU und in Ecu bis zum Gegenwert von
50.000 Ecu ist im Jänner 1997 die Richtlinie 97/5/EG erlassen worden. Diese ist bis
längstens 14. August 1999 innerstaatlich umzusetzen und enthält auch detaillierte
Regelungen über die zulässige Dauer von derartigen grenzüberschreitenden Über -
Weisungen, die in der Praxis derzeit am häufigsten Anlaß für Verbraucherbeschwer -
den sind.
Zu Frage 1:
Sofern Auftraggeber - und Empfängerbank nicht identisch sind, beträgt die Dauer von
Inlandsüberweisungen - gerechnet von der Übernahme des Überweisungsauftrages
durch die Auftraggeberbank bis zur wertmäßigen Gutschrift am Empfängerkonto -
 
erfahrungsgemäß in der Regel zwei bis vier Tage. Überweisungen, die sich über das
Wochenende erstrecken, dauern in der Regel fünf bis sechs Tage. Natürlich kann es
in Einzelfällen sowohl zu Unter - als auch Überschreitungen kommen. Institutseigene
Überweisungen sind in den meisten Fällen innerhalb eines Tages abgeschlossen, in
einzelnen Fällen - wenn der Überweisungsauftrag erst am nächsten Bankgeschäfts -
tag bearbeitet wird - können sie aber auch zwei Bankgeschäftstage dauern.
Zu Frage 2:
In der Vergangenheit sind von österreichischen Verbraucherschutzeinrichtungen ver -
schiedene Erhebungen zur Dauer von Überweisungen durchgeführt worden. So hat
die Arbeiterkammer Wien im Frühjahr 1998 eine umfangreiche Erhebung bei neun
großen Kreditinstituten in Wien durchgeführt. Auch diese Erhebung hat ergeben, daß
die Kreditinstitute bei Inlandsüberweisungen die maßgeblichen gesetzlichen Vor -
schriften des Bankwesengesetzes bis auf wenige Einzelfälle einhalten.
Nach diesen Vorschriften hat die Bank den überwiesenen Betrag längstens an dem
Bankarbeitstag an das Empfängerinstitut weiterzuleiten, der dem Tag des Einlan -
gens des Überweisungsauftrages folgt. Die Empfängerbank muß die Überweisung
längstens mit dem Werktag, der dem Tag des Einlangens des Betrages bei ihr folgt,
dem Konto des Empfängers gutschreiben.
Die eigentliche "Reise des Geldes" von der Auftraggeberbank bis zur Empfänger -
bank ist gesetzlich nicht geregelt und dauert in der Regel ein bis zwei Bankarbeits -
tage. Dieser Zeitraum ergibt sich dadurch, daß aus ökonomischen Gründen meist
Sammelüberweisungen von einem Institut zum anderen über Nachtleitungen ge -
schickt werden. Bei bankinternen Überweisungen ist der Tag der Weiterleitung
naturgemäß regelmäßig mit dem des Einlangens identisch.
Aufgrund des Bankwesengesetzes ist es daher möglich, daß sowohl die Auftrag -
geber - als auch die Empfängerbank Zinsgewinne lukrieren. Die Höhe dieser Ge -
 
winne bei den einzelnen Banken ist unbekannt, da die diesbezüglichen Daten der
Kreditinstitute nicht zur Verfügung stehen.
Aus meiner Sicht ist die Erstellung einer Studie zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht
sinnvoll, da hinsichtlich der Dauer der Inlandsüberweisungen die gesetzlichen Vor -
schriften überwiegend eingehalten werden.
Zu Frage 3:
Bereits im Zuge der Verhandlungen zum Bankwesengesetz im Jahr 1993 hat das
damals für Konsumentenschutz zuständige Ressort vehement eine gesetzliche
Mindestdauer für Inlandsüberweisungen gefordert. Schließlich wurde eine Be-
stimmung über die Wertstellung bei Überweisungen in das Gesetz aufgenommen,
die durch eine spätere Novelle hinsichtlich der Abhebung bei Bankomatkassen noch
verbessert wurde. Auch wenn elektronische Systeme eine relativ schnelle Über -
weisung ermöglichen, darf nicht vergessen werden, daß zur Bedienung dieser elek -
tronischen Systeme Personal erforderlich ist. Die österreichischen Banken werden
ab Oktober 1998 weitgehend ein System benutzen, das das Scannen von Belegen
ermöglicht, wodurch ein neuerlicher Zeitgewinn gegeben sein müßte. Tatsächlich
wird es allerdings noch einige Zeit dauern (spätestens bis zum Wegfall des Schilling
als gesetzliches Zahlungsmittel), bis sämtliche Banken mit der entsprechenden EDV
ausgerüstet sind.
Darüber hinaus bin ich bemüht, im Zuge der Umsetzung der EU - Richtlinie über
grenzüberschreitende Überweisungen die dort vorgesehenen Mindestbestimmungen
auch auf Inlandsüberweisungen auszudehnen. Demnach wäre - sofern nicht aus -
drücklich anderes vereinbart ist - eine Überweisungsdauer von maximal fünf Bank -
geschäftstagen zulässig. Dabei muß am fünften Bankgeschäftstag der Betrag dem
Konto des Begünstigten gutgeschrieben worden sein.
 
Zu Frage 4:
Über die Zinsgewinne, die die einzelnen österreichischen Banken bei Überweisun -
gen erzielen, liegt keine Untersuchung vor. Entsprechende Daten sind allenfalls den
Bilanzen der Kreditinstitute zu entnehmen.
Zu Frage 5:
Wie bereits erwähnt, können aufgrund der Rechtslage nach dem Bankwesengesetz
bei der Auftraggeber - und bei der Empfängerbank Zinsgewinne entstehen, wenn die
Überweisung erst am Tag nach der Abbuchung vom Auftraggeberkonto weiterge -
leitet wird oder die Überweisung erst am Tag nach dem Einlagen bei der Empfänger -
bank dem Konto des Begünstigten gutgeschrieben wird. Ob und bei wem während
des Zeitraums der eigentlichen "Reise" des Geldes Zinsgewinne entstehen, kann
nicht gesagt werden.
Zivilrechtlich ist die Kontoüberweisung in den Girovertrag eingebettet, der die Bank
verpflichtet, Überweisungen an Dritte durchzuführen und Überweisungen von Dritten
für den Kunden entgegenzunehmen. Der Girovertrag ist an sich ein entgeltlicher Ver-
trag, sodaß die Bank nicht nur einen Aufwandsersatzanspruch, sondern grundsätz -
lich auch einen Entgeltanspruch hat.
In der österreichischen Praxis besteht dieses Entgelt zum überwiegenden Teil im
Wertstellungsgewinn sowie in der Möglichkeit der Bank, den sogenannten "Boden -
satz" des Girokontos zu nutzen. Die Praxis der bewußten Erzielung von Wertstel -
lungsgewinnen wird von meiner Seite jedoch als eine bedenkliche Form der Ent -
geltfestsetzung angesehen:
Kontoführungsgebühren wurden von den Kreditinstituten schon in der Vergangenheit
als nicht kostendeckend bezeichnet, wodurch es immer wieder zu Erhöhungen ge -
kommen ist, die in der Bevölkerung großes Ärgernis auslösten. Die Banken ver -
suchen daher, diese Differenz durch Wertstellungsgewinne auszugleichen; eine
Praxis, die manchmal zu unvertretbaren Überweisungszeiträumen führt und für
Konsumenten nicht nachvollziehbar ist.
 
Diese Form der Erlangung des Entgelts wird von den Banken gewählt, weil ihnen die
Einhebung wirklich kostendeckender Gebühren in Österreich politisch nicht durch -
setzbar erscheint.
Zu Frage 6:
Anläßlich der bevorstehenden Umsetzung der genannten EU - Richtlinie, die sich an
sich nur auf Auslandsüberweisungen bezieht, werden die angesprochenen Probleme
sicherlich zur Diskussion kommen. Eine Mindestüberweisungsdauer von fünf Bank -
arbeitstagen erscheint zwar für den Inlandszahlungsverkehr immer noch sehr lang,
wäre aber bei gesetzlicher Verankerung zumindest mit Zinszahlungen der säumigen
Banken verbunden.