1316/AB-BR BR
 
Herrn
Präsidenten des Bundesrates
Alfred GERSTL
Parlament
1017WIEN
In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. l 458/J-BR betreffend
Maßnahmen für die heimische Tourismuswirtschaft während der EU - Präsidentschaft, welche
die Bundesrätin Haunschmid und Kollegen am 22. Juli 1998 an mich richteten, stelle Ich fest:
Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:
Als Ratsvorsitzender im Rahmen der EU - Präsidentschaft habe ich gemeinsam mit der
Europäischen Kommission vom 9. - 12. Juli 1998 ein Tourismusforum im Mayrhofen/Tirol zum
Thema "Integriertes Qualitätsmanagement im Tourismus" abgehalten. Bei dieser Konferenz
wurde die strategische Bedeutung der Qualität im Tourismus auf allen Ebenen diskutiert. In
meinen Schlußfolgerungen habe ich die Bedeutung der Verbesserung der Rahmenbedingungen
für den europäischen Tourismus unter Beachtung des Prinzips der Subsidiarität
hervorgehoben. Dazu verweise ich auf mein 10 - Punkte - Programm für die Tourismus - und
 
Freizeitwirtschaft (siehe Beilage), dessen Verfolgung ich während der österreichischen
Präsidentschaft weiter vorantreiben möchte, mit dem Ziel, ein gemeinsames Arbeitsprogramm
für den Tourismus auf EU - Ebene zu entwickeln.
Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:
Die im 10 - Punkte - Programm vorgesehenen Maßnahmen werden sich auf die heimische
Tourismuswirtschaft erst mittel - bis langfristig auswirken. Der Tourismus - und
Freizeitwirtschaft können jedoch relativ rasch Vorteile daraus erwachsen, wenn die im
europäischen Raum gemachten Erfahrungen in Form von Best practices und Benchmarking
ausgetauscht werden.
Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:
Ich vertrete die Ansicht, daß Maßnahmen auf europäischer Ebene zur Verbesserung der
Rahmenbedingungen notwendig sind, um die Wirkung der nationalen Maßnahmen zur
Beseitigung der strukturellen Probleme im heimischen Tourismus zu verstärken.
Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:
Unter der "Verbesserung der Urlaubsfähigkeit der Europäer" verstehe ich Maßnahmen zur
generellen Verbesserung der wirtschaftlichen Grundlage der Europäer Ganz besonders
möchte ich dabei die Bedeutung einer erfolgreichen, europäischen Beschäftigungspolitik
hervorheben, die auch eine Steigerung der Nachfrage nach den Leistungen der
Tourismuswirtschaft mit sich bringt.
 
Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:
Zweck dieser Informationskampagne war es, die drei Servicestellen des
Wirtschaftsministeriums (Bürgerservice, Gründerservice und Tourismusservice) den
Bürgerinnen und Bürgern näherzubringen. Mit einfachen, aber eher ungewöhnlichen
Fragestellungen (die tatsächlich gestellt wurden), sollte in Form von Plakaten Aufmerksamkeit
und Interesse geweckt werden. Gleichzeitig sollten damit Schwellenängste im Umgang mit
dem Wirtschaftsministerium abgebaut werden. In den Zeitungsinseraten wurde der
Hintergrund der Frage erklärt und auf die zuständige Servicestelle verwiesen.
Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:
Der Gesamtaufwand für die Informationskampagne zur Präsentation der Serviceeinrichtungen
des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten beträgt insgesamt rd.
öS 5,483.500,--.
Antwort zu den Punkten 7 und 8 der Anfrage:
Ich bin der Meinung, daß der mit dieser Aktion verfolgte Zweck, die Servicestellen des
Wirtschaftsministeriums der Öffentlichkeit näherzubringen, ein Erfolg war. dies läßt sich auch
dadurch belegen, daß sich im Bereich des Inlandstourismus während der Kampagne viele
Anrufer mit Anliegen, die fast ausschließlich positiv erledigt werden konnten, an das
Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten wandten.
Beilage
 
Integriertes Qualitätsmanagement im Tourismus
Europäisches Tourismusforum der
Österreichischen Präsidentschaft des Rates der Europäischen Union
und der Europäischen Kommission
Mayrhofen/Zillertal/Tirol
9. bis 12. Juli 1998
SCHLUSSFOLGERUNGEN
Dr. Hannes Farnleitner
Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten
der Republik Österreich
 
Das Europäische Tourismusforum in Mayrhofen hat die europa - und weltweite
Bedeutung dieses Wirtschaftsbereiches in eindrucksvoller Weise unterstrichen.
Der europäische Binnenmarkt ist insgesamt ein äußerst attraktiver Standort
für die Tourismus - und Freizeitwirtschaft. 90 % der europäischen Bürger
machen Urlaub im EU - Binnenmarkt. Das hohe Beschäftigungspotential der
Tourismus - und Freizeitwirtschaft soll durch gemeinsame Anstrengungen
auch auf EU - Ebene vermehrt genützt werden.
Die Urlaubsfähigkeit und - willigkeit der europäischen Bürgerinnen und Bürger
hat entscheidenden Einfluß auf die wirtschaftliche Entwicklung der Freizeit -
wirtschaft. Daher haben alle Rahmenbedingungen, die die Lebensqualität und
den Lebensstandard verbessern, in die Überlegungen zur Tourismus -
und Freizeitwirtschaft einzufließen.
Das Wohlbefinden der Konsumenten ist für einen anhaltenden Erfolg
entscheidend. Zufriedene Kunden sind ohne zufriedene Arbeitgeber und
Arbeitnehmer undenkbar. Dem Arbeitsklima und den Beziehungen der
Sozialpartner ist daher auch auf europäischem Niveau höchste Aufmerk -
samkeit zu schenken.
Der Binnenmarkt - Tourismus kann das Wissen um Europas kulturelle
Vielfalt und den Zusammenhalt der Bürgerinnen und Bürger stärken.
Die Tourismusdestination EU soll künftig verstärkt gemeinsam weltweit
vermarktet werden.
Der Freizeitwirtschaft können entscheidende Vorteile daraus erwachsen,
daß die im europäischen Raum gemachten Erfahrungen durch den
Austausch von Best practices und durch Benchmarking ausgetauscht
werden und zum gegenseitigen Vorteil genutzt werden.
Da die Tourismus und Freizeitwirtschaft von vielen anderen Politiken
abhängig ist und beeinflußt wird (Umwelt, Kultur, Infrastruktur etc.),
ist bei der Politikentwicklung und - abstimmung auf die Erfahrungen
und Notwendigkeiten der Freizeitwirtschaft Rücksicht zu nehmen.
 
Der Rat der Tourismusminister und die Europäische Kommission sind
gefordert, in systematischer Arbeit
- Koordination und Kooperationen der europäischen
Freizeitwirtschaft zu fördern,
- Schwachstellen Zu analysieren und Stärken herauszuarbeiten
und weiterzuentwickeln.
- Aus den bei diesem Seminar besprochenen Qualitätsstrategien
sollte jeder Mitgliedsstaat die entsprechenden Konsequenzen
ziehen
Tourismus - und Freizeitwirtschaft sind auch im Lichte der europäischen
Beschäftigungspolitik in zweifacher Hinsicht von Interesse
- In diesem Bereich können viele neue Arbeitsplätze geschaffen
werden, vor allem auch in peripheren Regionen.
- Eine erfolgreiche europäische Beschäftigungspolitik schafft
mehr Nachfrage nach Leistungen dieses Wirtschaftsbereiches.
Die Diskussionen dieses Forums haben die von mir präsentierten 10 Punkte
weithin bestätigt (siehe Anhang), deren Verfolgung ich während der österreichischen
EU - Präsidentschaft weiter vorantreiben möchte mit dem Ziel, ein gemeinsames
Arbeitsprogramm auf EU - Ebene zu entwickeln.
Mit dem Dank an die Veranstalter, die eine ausgezeichnete organisatorische
Leistung vollbracht und die Teilnehmer mit ihrer Gastfreundschaft verwöhnt
haben, verbinde ich die Feststellung, daß Österreich und insbesondere Tirol
mit diesem Forum bewiesen haben, daß es sich hier um ein Weltkompetenzzentrum
für Tourismus - und Freizeitwirtschaft handelt.
Ich möchte anregen, daß eine derartige ,,Academy of Touristic Excellence" auch
von den künftigen Präsidentschaften weiter verfolgt wird.
Mayrhofen, 11. Juli 1998
 
ANHANG:
10 - Punkte - Programm
von Wirtschaftsminister Hannes Farnleitner
für die Tourismus - und Freizeitwirtschft:
Ziel: Mehr Europäer urlaubsfähig und - willig zu machen.
Hebung des Lebensstandards.
2. Dem Urlaub durch Qualitätstandards zu höherem Erholungs -
und Erlebniswert verhelfen.
3. Hindernisse, Praktiken abbauen, die vor allem Urlaubsbeginn
und - ende Zu einer Mühsal für alle Beteiligten werden lassen:
- Stauvermeidung durch gestaffelte Urlaubs - und Betriebsferien
- Änderung Lind Flexibilisierung der Buchungsdaten
4. Begleitende Untersuchungen auf EU - Ebene über alle den Tourismus
tangierenden Phänomene (Streß, Lärm, Erholung etc.)
5. Vergleich (Benchmarking) der Bemühungen um den Gast
- in den ländlichen Gebieten
- in den städtischen Gebieten
- bei der Nutzung von Stätten kulturellen Erbes
- europäische Auszeichnung von Best practices
6. Sicherung Lind Entwicklung des Tourismusstandortes Europa:
- gemeinsames Marketing
- Skills und Beschäfligung (saisonal, ganzjährig)
- Bessere Regulierungen (Bürokratieabbau)
- Flughafengebühren
7. Euro:
Konsequenzen der gemeinsamen Währung (Transparenz, elektronische
Buchungssysteme, cashfreier Tourismus)
8. Arbeitsmarkt:
Nutzung des europäischen Arbeitsmarktes und Förderung von
Langzeitbeschäftigung
9. Ausbildung:
Tourismus/Erholung sollen Teil des lebenslangen Lernens werden
(Kurse & Kulturen, Sprachen etc.)
10. Steuern:
Harmonisierung des Steuersystems, Kerosin - Steuer.