1424/AB-BR BR
 
Die Bundesräte Albrecht Konecny und Genossen haben an mich eine schriftliche
Anfrage, betreffend die tschechische und slowakische Namensführung, gerichtet,
und folgende Fragen gestellt:
 
 
"1. Welche legistischen Maßnahmen wären notwendig, um den in der Begründung
der Anfrage dargelegten Wunsch von Frauen, ihren Familiennamen in einer
weiblichen Form zu führen, umzusetzen?
 
 
2. Sind Sie bereit, einen Gesetzesvorschlag auszuarbeiten, welcher darauf hin -
ausläuft, daß Frauen, die sich der tschechischen oder slowakischen Volksgrup -
pe in Österreich zurechnen, das Recht haben sollten, ihren Familiennamen in
einer weiblichen Form zu führen?"
 
 
 
Ich beantworte diese Fragen wie folgt:
 
Zu 1:

Es trifft zu, dass das tschechische und das slowakische, aber beispielsweise auch
das ungarische Recht Regelungen vorsehen, die darauf hinauslaufen, dass Perso -
nen weiblichen Geschlechts unter bestimmten Voraussetzungen geschlechtsspezifi -
sche Zusätze zu ihren Familiennamen führen. Es sind dies für das tschechische und
das slowakische Recht die Namensendungen "-ová" und "-á" und für das ungari -
sche Recht die Namensendung "-ne". Während das tschechische und das slowaki -
sche Recht die dargestellten Namenszusätze für weibliche Personen grundsätzlich
bereits ab der Beurkundung von deren Geburt in den Personenstandsbüchern vor -
sehen, ermöglicht das ungarische Recht solches nur für verheiratete Personen
weiblichen Geschlechts. Vergleichbare Regelungen gibt es auch in anderen Staa -
ten, wie etwa Bulgarien, Litauen, Polen oder Russland.
 
Eine ältere Meinung ging dahin, dass es sich bei der Frage der Behandlung solcher
geschlechtsspezifischer Namensgestaltungen nur um ein sprachliches Problem
handle (vgl. Punkt 2.1 des Rundschreibens des Bundesministeriums für Inneres
vom 30.11.1978, 2034/6 - IV/4/78, ÖStA 1979, 4; Zeyringer, Das österreichische Per -
sonenstandsrecht [1986] 480). In jüngerer Zeit wird aber die Auffassung vertreten,
dass dies nicht ein Problem des Sprachgebrauchs, sondern eine Rechtsfrage sei
(Bungert, Tschechoslowakisches Namensrecht - Eintragungsfähigkeit der weibli -
chen Endung "-ová" in deutsche Personenstandsbücher, StAZ 1990, 126 mit Hin -
weisen auf deutsche Literatur und Rechtsprechung; Punkt 1 des Rundschreibens
des Bundesministeriums für Inneres vom 6.7.1990, 2197/517-IV/4/90, betreffend ge -
schlechtsspezifische Abwandlung von Familiennamen sowie Eintragung von Zwi -
schennamen, ÖStA 1990, 57). Dies ist für Überlegungen zur Übernahme derartiger
ausländischer Namensregelungen in das österreichische Namensrecht insofern von
Bedeutung, als die bloße Verweisung auf die sprachliche Übung einer Minderheit
dafür nicht ausreichte, sondern zu diesem Zweck in das allgemeine bürgerliche Ge -
setzbuch (ABGB) Bestimmungen einzufügen wären, die sowohl dem tschechischen
und slowakischen Recht als auch - zur Wahrung der Rechte der ungarischen Min -
derheit - dem ungarischen Recht entsprechen. Das schon heute durch zahlreiche
Wahlmöglichkeiten sehr vielschichtige österreichische Namensrecht würde dadurch
noch wesentlich komplizierter.
 
Auch sei - nur ansatzweise und keineswegs erschöpfend - auf zwei Problemfelder
hingewiesen, die eine solche Novellierung zur Übernahme geschlechtsspezifischer
Namensgestaltungen in ausländischen Namensrechten mit sich brächte: Einerseits
enthält das österreichische Bundesverfassungsrecht das Verbot der Ungleichbe -
handlung von Mann und Frau (Art. 7 B - VG), zu dem eine derartige Neuregelung, die
wohl nur Frauen zugute käme, in einem Spannungsverhältnis stünde. Andererseits
sieht das österreichische Kindschaftsrecht eine buchstabengetreue Übernahme des
Familiennamens eines der Elternteile vor, weshalb im Kindschaftsrecht komplizierte
Regelungen zumindest für diejenigen Fälle geschaffen werden müssten, in denen
ein Kind männlichen Geschlechts den mit einem weiblichen Namensbestandteil aus -
gestatteten Familiennamen erhalten soll. Der Umstand, dass die erwähnten auslän -
dischen Rechte diese Frage gelöst haben, kann nicht darüber hinwegtäuschen,
dass es zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen aufwändiger Regelungen bedürfte,
die in die das Namensrecht der Kinder regelnden Passagen des ABGB einzubauen
wären.
 
Abschließend sei erwähnt, dass die Problematik geschlechtsspezifischer Schreib -
weise von Familiennamen auch bei deutschen Familiennamen auftreten kann, wie
etwa die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs vom 13.6.1984,
Zl. 83/01/0290, und vom 20.12.1995, Zl. 95/01/0516, gezeigt haben.
 
 
Zu 2:

Das Namensrechtsänderungsgesetz, BGBl. Nr.25/1995, brachte auch eine weitge -
hende Liberalisierung des Rechts der verwaltungsbehördlichen Namensänderung
mit sich. Ziel dieser Liberalisierung war es, vielfältigen berücksichtigungswürdigen
Fallkonstellationen durch wesentliche Erweiterungen der Gründe für eine verwal -
tungsbehördliche Namensänderung Rechnung zu tragen, ohne das zivilrechtliche
Namensrecht aufzublähen. Nunmehr ist sogar die Namensänderung auf einen blo -
ßen Wunschnamen möglich, sofern kein Versagungsgrund vorliegt. Ein nicht uner -
heblicher Aspekt dieser Liberalisierung bestand darin, dass bei den übrigen im Ge -
setz aufgezählten (also nicht einen Wunschnamen betreffenden) Gründen für die
verwaltungsbehördliche Namensänderung keine Gebühren und Verwaltungsabga -
 
ben des Bundes zu entrichten sind. Die mit einer verwaltungsbehördlichen Namens -
änderung verbundenen Kosten liegen daher - wenn nicht eine Namensänderung auf
einen Wunschnamen begehrt wird - in jener Höhe, wie sie auch bei der Empfang -
nahme von Erklärungen durch den Standesbeamten zu gewärtigen sind. Personen,
die sich in Österreich zu einer sprachlichen Minderheit bekennen und ihren Fami -
liennamen in jener sprachlichen Form zu führen wünschen, wie sie die Rechtsord -
nung des betreffenden Nachbarstaats ermöglicht, haben daher seit 1.5.1995 die
Möglichkeit, eine darauf gerichtete verwaltungsbehördliche Namensänderung zu er -
langen, ohne mit nennenswerten Kosten belastet zu werden.
 
Das Recht der verwaltungsbehördlichen Namensänderung ermöglicht es seinem
System nach einem Antragsteller weit eher, einen seinen Vorstellungen entspre -
chenden Familien - oder Vornamen zu erhalten, als das auf eine Bewältigung der
Regelfälle zugeschnittene bürgerliche Recht. Der verwaltungsbehördlichen Namens -
änderung kommt somit - zumindest seit der erwähnten Gesetzesänderung - die Rol -
le zu, das Namensrecht des ABGB dort zu ergänzen, wo Fälle vorliegen, in denen
das ABGB keine befriedigende Abhilfe zu schaffen vermag. In diesem Sinn bildet
die verwaltungsbehördliche Namensänderung ein sinnvolles, das zivilrechtliche Na -
mensrecht abrundendes Rechtsinstitut. Aus diesem Grund sehe ich keine Benach -
teiligung der Angehörigen von Minderheiten darin, dass ihre berechtigten namens -
rechtlichen Anliegen in bestimmten Fallkonstellationen im Weg der verwaltungsbe -
hörduchen Namensänderung und nicht durch Institute des bürgerlichen Rechts um -
setzbar sind. Eine zivilrechtliche Regelung des mit der Anfrage angesprochenen
Fragenkreises sollte man meiner Meinung nach erst dann ins Auge fassen, wenn
sich durch eine häufigere Inanspruchnahme der Möglichkeit einer verwaltungsbe -
hörduchen Namensänderung in den in Rede stehenden Konstellationen ein Bedürf -
nis nach einer generellen namensrechtlichen Regelung manifestiert.