1428/AB-BR BR
Die Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen haben an mich eine schrift -
liche Anfrage, betreffend die Verurteilung eines 29 - jährigen Hilfsarbeiters zu drei
Monaten unbedingter Haft wegen Unzucht mit Unmündigen und gleichgeschlecht -
licher Unzucht, gerichtet und folgende Fragen gestellt:
"1. Halten Sie eine Strafe von drei Monaten unbedingter und fünfzehn Monaten
bedingter Haft für einen langjährigen mehrfachen Mißbrauch dreier Kinder für
angemessen?
2. Hat der Täter zuvor in Untersuchungshaft gesessen?
- Wenn ja, wie lange?
- Wenn ja, wird die Vorhaft auf die dreimonatige Strafhaft angerechnet?
3. Wurde in den letzten drei Jahren jemals die Höchststrafe wegen Kindesmiß -
brauchs verhängt?
- Wenn ja, wie oft und für welche Delikte?
4. Wie viele Verurteilungen wegen Kindesmißbrauchs hat es in den letzten drei
Jahren insgesamt gegeben?
5. Wieviel Prozent dieser Strafen waren unbedingte Haftstrafen?"
Ich beantworte diese Fragen wie folgt:
Zu 1 und 2:
In der in der Anfragebegründung angesprochenen Strafsache verhängte das Lan -
desgericht Linz am 20. Mai 1998 nach Einleitung der Voruntersuchung wegen
§§ 207, 209 Abs. 1 StGB die Untersuchungshaft über den Beschuldigten aus den
Haftgründen der Verdunkelungs - und der Tatbegehungsgefahr gemäß § 180 Abs. 1
und Abs. 2 Z 2 und 3 lit. a und b StPO. Mit Beschluss des Landesgerichts Linz vom
3. Juli1998 wurde die Untersuchungshaft gemäß § 180 Abs. 4 StPO zur Verbüßung
einer vom Landesgericht Linz am 15. Juni 1998 in einem anderen Verfahren über
den Beschuldigten verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten unter -
brochen.
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 7. Sep -
tember 1998 wurde der 1968 geborene Straftäter der Verbrechen der teils versuch -
ten, teils vollendeten Unzucht mit Unmündigen nach §§ 207 Abs. 1,15 Abs. 1 StGB
und der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Personen unter 18 Jahren nach § 209
StGB schuldig erkannt. Er wurde hiefür unter Anwendung des § 28 StGB nach dem
Strafsatz des § 207 Abs. 1 StGB sowie unter Bedachtnahme auf das - oben bereits
erwähnte - Urteil des Landesgerichts Linz vom 15. Juni 1998 (vier Monate unbe -
dingte Freiheitsstrafe wegen §§ 15,105 StGB) gemäß §§ 31, 40 StGB zu einer Zu -
satzfreiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt. Gemäß § 43a Abs. 3
StGB wurde der Vollzug eines Teiles der Freiheitsstrafe im Ausmaß von 15 Monaten
unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Zugleich
wurde gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 StGB die bisherige Vorhaft vom 19. Mai 1998, 21.40
Uhr, bis 3. Juli 1998, 8.00 Uhr, auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet. Ge -
mäß §§ 50 if. StGB wurde für den Verurteilten Bewährungshilfe angeordnet und ihm
"die Weisung erteilt, sogleich nach Verbüßung des unbedingten Strafanteiles eine
psychotherapeutische Behandlung seiner pädophilen Neigung aufzunehmen und
hierüber unaufgefordert dem Landesgericht Linz bis längstens 30.4.1999 zu berich -
ten".
Bezüglich eines Teiles der von der Staatsanwaltschaft Linz erhobenen Anklage -
punkte wurde der Angeklagte gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Bei der Strafbemessung wurden als mildernd das Geständnis und die mindere gei -
stige Begabung des Straftäters, als erschwerend die Faktenhäufung, der lange De -
liktszeitraum, das Zusammentreffen von zwei Verbrechen und der Umstand, dass
der Täter seine Unzuchtshandlungen gegenüber drei Unmündigen vorgenommen
hatte, gewertet.
Ich ersuche um Verständnis dafür, dass ich von einer Kommentierung dieses Urteils
des Landesgerichts Linz absehe. Die Strafzumessung im Einzelfall ist ausschließlich
Aufgabe der unabhängigen Rechtsprechung. In diesem Bereich ist auch bloß jeder
Anschein eines Eingriffs in die richterliche Entscheidungsfindung strikt zu vermei -
den.
Zu 3:
Nach den mir vorliegenden Berichten der staatsanwaltschaftlichen Behörden wurde
in den letzten drei Jahren zu den in Betracht kommenden Straftatbeständen - soweit
erinnerlich - in keinem Fall die gesetzlich vorgesehene Höchststrafe verhängt.
Zu 4 und 5:
Hiezu verweise ich auf die vom Österreichischen Statistischen Zentralamt, Referat
für Kriminalstatistik, zur Verfügung gestellten Unterlagen, Tabellen I bis IV, die die -
ser Beantwortung angeschlossen sind.
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