1431/AB-BR BR
Auf die - aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigeschlossene - schriftliche
parlamentarische Anfrage Nr. 1542/J - BR der Bundesräte Dr. Peter Harring und Genossen
vom 20. November 1998, betreffend IWF Bericht über Österreichs Finanzsektor, beehre ich
mich folgendes mitzuteilen:
Zu 1.:
Die sogenannten Artikel IV - Konsultationsberichte des Währungsfonds werden in drei Teilen
erstellt:
Der Staff Report wird im Fonds intern diskutiert und sodann an die Mitgliedstaaten des
Währungsfonds weitergeleitet, die den Bericht vertraulich zu behandeln haben.
Ein zweiter Teil, Selected Issues and Statistical Appendix genannt, wird darüberhinaus auch
an eine Reihe von Internationalen Organisationen verteilt, die allerdings gleichfalls
verpflichtet sind, diesen Teil vertraulich zu behandeln. Das in der Einleitung zur Anfrage
erwähnte Kapitel European and Global Integration - the Challenges for Austria's Financial
Sector, ist Teil dieses zweiten Teiles. Zum Dritten veröffentlicht der IWF für jedes Land
sogenannte Public Information Notices über das Ergebnis seiner Artikel IV - Konsultationen.
Diese sind einer breiten Öffentlichkeit zugänglich.
Mit der vertraulichen Behandlung des Berichtes des Fondsstabes über die
Artikel IV - Konsultation mit dem jeweiligen IWF - Mitgliedsland soll sichergestellt werden, daß
freizügige Diskussionen im IWF stattfinden und kritische Empfehlungen inkludiert werden
können. Außerdem sind diese Berichte auch denjenigen Behörden und Institutionen, die in
den Mitgliedstaaten des Fonds für die Beobachtung der Volkswirtschaften im Ausland
zuständig sind, zugänglich, sodaß sich diese Stellen ein klares Bild über die wirtschaftliche
Lage in anderen Staaten machen können.
Zu 2.:
Es darf festgehalten werden, daß die in der Anfrage genannten Verweise hinsichtlich des
Staatseinflusses auf die Banken, eine politische Aufteilung des Finanzsektors, mangelhafte
Vorbereitung sowie geringe Rentabilität und große Überkapazitäten in dieser Form im
Bericht nicht oder nur in Ansätzen enthalten sind. Der Bericht kommt vielmehr zum Ergebnis,
daß der Staat sich schon weitgehend als Eigentümer aus dem Bankwesen zurückgezogen
habe. Der Einfluß der Gemeinden bei Gemeindesparkassen wiederum wird durch die
jüngste Novelle zum Sparkassengesetz, die die Umwandlung von Anteilsverwaltungs -
Sparkassen in Stiftungen ermöglicht und diesfalls zu einem Auslaufen der Gemeindehaftung
führt, weiter reduziert werden.
Es ist aber richtig, daß der Bericht auch Kritik am Österreichischen Banken - und Finanz -
sektor enthält. Sie betrifft vor allem die hohen operativen Kosten, den relativ großen Anteil
der öffentlichen Hand, das geringe Interesse an Aktien und ähnlichen Instrumenten und die
große Zweigstellendichte sowie mangelhafte Vorbereitung auf die Integration der Finanz -
märkte und Überkapazitäten. Diese Kritik wird im Finanzministerium und in der Oester -
reichischen Nationalbank ernst genommen und mit den Vertretern der Banken und
Finanzinstitute diskutiert.
Dem Bundesministerium für Finanzen in seiner Funktion als Bankenaufsichtsbehörde ist es
nicht möglich, wirtschaftslenkend in die Geschäftspolitik der einzelnen Institute einzugreifen.
Selbstverständlich wurde das Bankwesen vom Bundesministerium für Finanzen und der
Oesterreichischen Nationalbank aber immer auf die wichtigen neuen Aufgaben und die
damit verbundene neue Wettbewerbssituation hingewiesen. Die unternehmerische
Entscheidung und Letztverantwortung in einem liberalen Wirtschaftssystem wie dem öster -
reichischen muß aber schlußendlich immer bei den Wirtschaftssubjekten selbst liegen.
Das Bundesministerium für Finanzen wird anläßlich der Artikel IV - Konsultationen im
nächsten Jahr neuerlich mit Interesse die Analysen des Fondsstabes, insbesondere auf
diesem Gebiet, verfolgen. Ich würde es mir wünschen, daß dann eine Verbesserung in den
kritisierten Bereichen festgestellt werden kann.