1437/AB-BR BR
zur Zahl 1544/J - BR/1998
Die Bundesräte Dr. Susanne Riess - Passer und Kollegen haben an mich eine schrift -
liche Anfrage, betreffend "die Entlassung eines mutmaßlichen Mörders aus der An -
stalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach fünf Monaten", gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1:
Die in der Anfragebegründung angesprochene Person ist mit Urteil des Geschwore -
nengerichtes beim Landesgericht Innsbruck vom 25. Mai 1998 gemäß § 21 Abs. 1
StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen worden. Mit
Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 28. Mai 1998 wurde das psychiatri -
sche Krankenhaus Hall i.T. um den Vollzug der Unterbringung nach § 21 Abs. 1
StGB ersucht. Dieser Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck gründet sich auf
§ 158 Abs. 4 des Strafvollzugsgesetzes, wonach eine Unterbringung gemäß § 21
Abs. 1 StGB durch Aufnahme in eine öffentliche Krankenanstalt für Psychiatrie unter
anderem dann vollzogen werden darf, wenn unter Berücksichtigung des Zustandes
des unterzubringenden Rechtsbrechers das Auslangen mit den Einrichtungen ge -
funden werden kann, wie sie in der öffentlichen Krankenanstalt für die Unterbrin -
gung von psychisch kranken nach dem Unterbringungsgesetz bestehen.
Gemäß § 165 Abs. 1 Z 1 des Strafvollzugsgesetzes sind Untergebrachte unter Be -
rücksichtigung ihres Zustandes zur Erreichung der Vollzugszwecke und zur Auf -
rechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in den Anstalten so zu behandeln, wie
es den Grundsätzen und anerkannten Methoden der Psychiatrie, Psychologie und
Pädagogik entspricht. Im Rahmen der Behandlung ist dem Untergebrachten am
16. Oktober 1998 von der Krankenanstalt für den 18. Oktober 1998, 13.30 bis 21.00
Uhr, ein Ausgang gemäß § 166 in Verbindung mit § 165 Abs. 1 des Strafvollzugsge -
setzes in Begleitung seines Sohnes (aus erster Ehe) nach Götzens gewährt worden.
Die Bewilligung von Ausgängen in dieser Zeitdauer fällt auf Grund des Gesetzes in
die Zuständigkeit der Krankenanstalt.
Zu 2 bis 4:
Nach den mir aus Anlass der vorliegenden Anfrage zugekommenen Informationen
ist nach Meinung der behandelnden Ärzte das Krankheitsbild soweit abgeklungen,
dass eine Gefährlichkeit des Untergebrachten nicht mehr besteht.
Zu 5:
Diese Frage kann nur von ärztlichen Sachverständigen beantwortet werden und ich
ersuche daher um Verständnis, dass ich von einer Beantwortung Abstand nehme.
Zu 6:
Zur Frage der Vollzugslockerungen bei Strafgefangenen und Untergebrachten im
Allgemeinen und der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Risikoabwägung
verweise ich auf den Bericht der interdisziplinären Kommission für den Strafvollzug
("Haas - Kommission") vom 1. Juli 1994, in dem dazu unter anderen ausgeführt wird:
"Die Kommission ist daher der Überzeugung, daß sowohl das Vollzugsziel
"Sicherung" als auch das Vollzugsziel "Verbesserung der (Re)Integrations -
aussichten" nicht durch einseitige oder undifferenziert rigide Maßnahmen,
sondern nur durch ein sorgfältiges Abschätzen und Abwägen von Chancen
und Risiken optimiert werden können. Das Risikokalkül bei Maßnahmen im
Vollzug, vor allem bei Vollzugslockerungen, ist auch im Zusammenhang mit
der Wahrscheinlichkeit erneuter Straffälligkeit nach - urteilsmäßiger oder
vorzeitiger - Entlassung zu sehen. Gelingt es demnach, durch den Einbau
abgestufter Lockerungen in die Vollzugsgestaltung die Integrationsaussich -
ten nach der Entlassung zu verbessern, so bedeutet dies im Ergebnis einen
Gewinn an Sicherheit. Hiebei ist zu berücksichtigen, daß das Rückfallsrisiko
nach einem Freiheitsentzug insgesamt statistisch hoch, jedoch delikts - und
täterbezogen sehr unterschiedlich ist. Der Schweregrad der dem Vollzug
zugrundeliegenden Tat ist für die Beurteilung des konkreten Gefährdungs -
potentials durchaus nicht immer entscheidend.
Vollzugslockerungen dienen der Heranführung an eigenverantwortliches
Handeln und dessen Erprobung, der Vorbereitung auf die Entlassung und
auf ein sozial angepaßtes Leben danach sowie dadurch letztlich auch der
Erhöhung der Sicherheit. Die Gewährung von Vollzugslockerungen sollte
als Bestandteil des Vollzugskonzeptes eines sozialen Trainings und einer
stufenweisen Vollzugsgestaltung stets in Betracht gezogen werden, soweit
das unter Bedachtnahme auf die Sicherheit der Allgemeinheit vertretbar er -
scheint. Die Risiken einer nicht vorbereiteten Entlassung und der damit ver -
bundenen Rückfallsgefahr sind mit denjenigen einer schrittweisen, kalkulier -
ten und kontrollierten Vorbereitung auf das Leben in Freiheit abzuwägen."
Zu 7:
Bei dem Untergebrachten handelt es sich nicht um einen österreichischen Staats -
bürger. Die Frage der Abschiebung dieser Person aus Österreich fällt nicht in mei -
nen Vollziehungsbereich, weshalb ich um Verständnis ersuche, dass ich von einer
Beantwortung dieser Frage Abstand nehme.