1902/AB-BR/2003 BR. GP

Eingelangt am 15.07.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Verkehr, Innovation und Technologie

 

Anfragebeantwortung

 

 

Die schriftliche Anfrage Nr. 2071/J-BR/2003 betreffend Regelungen für die Versprühung von
Flugzeugtreibstoff über dem Bodenseeraum, die die Bundesräte Jürgen Weiss und KollegInnen am
15. Mai 2003 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

Frage 1:

Streben Sie eine vertragliche Regelung mit der Schweiz an, wonach diese ihre Nachbarstaaten
über von ihr veranlasste Versprühung von Treibstoff durch Flugzeuge im Bodenseeraum
informieren muss?

Antwort:

Lassen Sie mich einleitend folgendes voranstellen: Das Notablassen von Treibstoff, in der Regel
Kerosin, dient zur raschen Gewichtsreduktion von Luftfahrzeugen deren zulässiges Startgewicht
über dem höchst zulässigen Landegewicht liegt und die auf Grund einer unmittelbaren Gefährdung
landen müssen. Würde eine Landung über dem höchst zulässigen Landegewicht unternommen
werden, bestünde die akute Gefahr einer Bruchlandung mit allen Folgewirkungen.
Wenn auf Grund eines technischen Gebrechens die Beschädigung eines Luftfahrzeuges bei der
Landung nicht ausgeschlossen werden kann, wird der Treibstoff bis zu jenem für eine sichere Lan-
dung notwendigem Minimum „verflogen" um der Gefahr eines Brandausbruches bestmöglich zu
begegnen.

Konkret zu Ihrer Frage: Es ist bis dato nicht bekannt, dass das Ablassen von Treibstoff je in einem
bilateralen Abkommen geregelt worden wäre. Flugsicherungen setzten und setzen sich zudem von
solchen Notfällen auch ohne gesetzliche Regelungen gegenseitig in Kenntnis. Ferner gibt es in der
Schweiz die Anweisung, dass in dem Fall von Treibstoffablassen das Gebiet des Bodensees zu
vermeiden ist, daher wird eine vertragliche Regelung über eine Informationspflicht bei Ablassen
von Treibstoff nicht angestrebt.

Fragen 2 und 3:

Teilen Sie die Auffassung der schweizerischen Flugsicherungsgesellschaft, dass eine diskrete
Behandlung solcher Vorfälle geboten sei und daher keine Auskünfte zu erteilen seien? Wenn Ja:
Aus welchen Gründen?

Werden solche Vorfälle in Österreich von den zuständigen österreichischen Stellen auch so diskret
wie in der Schweiz behandelt?


Antwort:

Sollte aus Gründen eines Notfalls ein Treibstoffablassen notwendig sein, ist der Pilot angewiesen,
diesen Vorgang unter Angabe der beabsichtigten Treibstoffmenge bei der jeweiligen Flugsiche-
rungsstelle zu beantragen. Die Meldungen solcher Vorfälle werden bei der Austro Control GmbH
gesammelt bzw. liegen auch als Störungsmeldungen gemäß AOCV §12 (VO betr. Voraus-
setzungen für die Erteilung der Luftverkehrstreiberzeugnisse) beim bmvit als Oberste Zivilluftfahrt-
behörde auf und können bei entsprechender Begründung eingesehen werden.

Fragen 4 bis 6:

Wie verhält es sich mit Schweizer Medienberichten, wonach es nicht nur in einem Fall zu einer
Versprühung von Flugzeugtreibstoff im Bodenseeraum gekommen sei?

An welchen Tagen und bei welchen Witterungsbedingungen wurde von der Schweiz das Ver-
sprühen von Flugzeugtreibstoff in einer Weise veranlasst, die Auswirkungen auf den Bodensee-
raum haben konnte ?

Welche Treibstoffmengen wurden dabei jeweils versprüht ?

Antwort

Es wurden keine Daten über das Ablassen von Treibstoff von den Schweizer Behörden übermittelt.
Ich habe aber Anweisung gegeben bei der Schweizer Flugsicherung nachzufragen ob in den letz-
ten Jahren Treibstoff über dem Bodensee abgelassen wurde. Sobald die Antwort vorliegt, werde
ich Sie ihnen zukommen lassen.

Ich verweise überdies nicht nur auf die Beantwortung der Frage 1, sondern erlaube mir auch fest-
zuhalten, dass das Ablassen von Treibstoff von den Fluggesellschaften aus wirtschaftlichen
Gründen nicht angestrebt wird, da Treibstoff einen der wesentlichsten Kostenfaktoren im Flugbe-
trieb darstellt und die Verbrauchsminimierung neben der Sicherheit immer im Vordergrund steht.

Frage 7:

Aus welchen Gründen sehen die anzuwendenden internationalen Regeln der International Civil
Aviation Organization zwar die Schonung von dichtbesiedelten Gebieten und von bestimmten In-
dustriegebieten vor, nicht aber der Trinkwasserversorgung dienende Gewässer wie beispielsweise
den Bodensee ?

Antwort:

Da es in einem solchen Notfall vorrangig um die Gefährdung der Sicherheit der Menschen in
einem in einer Notsituation befindlichen Flugzeug geht, muss der verantwortliche Pilot alle erfor-
derlichen Handlungen setzen, um das Flugzeug sicher zu landen. Ein Ablassen von Treibstoff
kann - wenn technisch möglich - dabei eventuell unvermeidbar sein. Das Gebiet, über dem abge-
lassen wird, hängt von den örtlichen Gegebenheiten, der Flugverkehrssituation und den
vorherrschenden Wetterbedingungen ab.


Frage 8:

Besteht die Absicht, auf eine entsprechende Ergänzung hinzuwirken?

Antwort:

Diesbezüglich bestehen keine Absichten.