2054/AB-BR/2004

Eingelangt am 27.09.2004
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BM für Finanzen

 

Anfragebeantwortung

GZ 04 0301/29-I/4/04

Frau Präsidentin

des Bundesrates

Anna Elisabeth Haselbach

 

Parlament

1017 Wien

 

Wien, 27. September 2004

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Bundesräte Prof. Konecny und GenossInnen, Nr. 2236/J‑BR, vom 27. Juli 2004, betreffend Be-
spitzelung der Bediensteten des Bundesministeriums für Finanzen, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Einleitend möchte ich darauf hinweisen, dass mir die Beachtung des Grundrechtes auf Datenschutz, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung des Privat- und Familienlebens, ein wichtiges Anliegen ist. Sensible Daten und Informationen der österreichischen Steuerzahler, welche im Ab-
gabeninformationssystem gespeichert sind, müssen daher vor ungerecht-
fertigten Zugriffen geschützt werden. Aus dieser Überzeugung heraus, aber auch, um meinen gesetzlichen Verpflichtungen als Bundesminister nachzukommen, trage ich selbstverständlich dafür Sorge, dass keine unberechtigte Abfragen sensibler Bürgerdaten vorkommen.


 

Die Wahrnehmung gebotener Fürsorgepflichten als Dienstgeber ist mir ein ebenso wichtiges Anliegen. Beim Einsatz von Kontrollmaßnahmen zur Sicher­stellung der Rechtmäßigkeit der Abfrage und Verwendung sensibler Daten sind daher auch die Interessen der Mitarbeiter des Bundes-
ministeriums für Finanzen zu beachten.

 

Bei den Überlegungen möglicher Optimierungen von Antikorruptions-maßnahmen werden stets die Interessen der Bediensteten ausführlich mit ins Kalkül gezogen.

 

Zu 1.:

Daraus folgt, dass zu den grundlegenden Maßnahmen zur Erhaltung einer qualitativ hochwertigen Dienstleistung eine  präventive Korruptions­bekämpfung zählt. Neben Aufklärungs- und Schulungsmaßnahmen werden daher ständig Strategien zur nachhaltigen Schaffung eines korruptions­resistenten Klimas diskutiert, entwickelt und umgesetzt. So wurden im Bundesministerium für Finanzen auch theoretische Überlegungen zum Thema der Verwendung überschuldeter Bediensteter in sensiblen Funktionen angestellt. Die Tatsache und das Wissen, dass Bedienstete überschuldet sind, ergibt sich dabei für den Arbeitgeber Bund aus der Drittschuldnerfunktion bei Gehaltsexekutionen.

 

Wie mir berichtet wird, wurde im Rahmen von regelmäßig stattfindenden Besprechungen der PersonalleiterInnen auch die Frage aufgeworfen, ob und in welcher Form die finanzielle Situation eines Bediensteten im Fall schwerster Überschuldungen Auswirkungen auf das Dienstverhältnis haben kann oder soll. Dabei haben, wie mir berichtet wurde, zwei Mitarbeiter unverbindlich beim Kreditschutzverband aus 1870 angefragt, ob es grund­sätzlich möglich wäre, in bestimmten Fällen Bonitätsdaten des Auf-
nahmewerbers zu erhalten.

 

Den erwähnten Mitarbeitern wurde vom Kreditschutzverband aus 1870 mitgeteilt, dass derartige Auskünfte an den Dienstgeber grundsätzlich nicht gegeben werden, sondern dies gegebenenfalls der Aufnahmewerber selbst zu beantragen hätte.

 

Ich möchte betonen, dass zufolge der Stellungnahme der beiden Mitarbeiter hier nicht einmal der Versuch unternommen wurde, eine Auskunft zu einem konkreten Fall zu erhalten.

 

Zu 2. und 3.:

Da kein über grundsätzliche theoretische Überlegungen hinausgehendes konkretes Vorhaben besteht, gibt es auch keinen aktenmäßigen Verlauf. Es existieren daher auch keine Aktenzahlen, die bekannt gegeben werden könnten. Deshalb bedurfte es auch keiner Genehmigung.

 

Zu 4. bis 11.:

Wie erwähnt, gibt es kein konkretes Vorhaben, über den Kreditschutzverband von 1870 private Bonitätsdaten der Bediensteten abzufragen, weshalb ein solches weder mir und meinem Büro, noch Herrn Staatssekretär Dr. Alfred Finz und seinem Büro bekannt waren. Es konnte daher auch keine Reaktionen aus den genannten Personenkreisen geben.

 

Zu 12. bis 19.:

Ich habe bereits erwähnt, dass es – wie mir berichtet wurde – keine Anforderung zu Bonitätsdaten bestimmter Bediensteter gegeben hat. Dement­sprechend existiert kein diesbezüglicher Aktenlauf, der unterzeichnet oder jemandem zur Kenntnis gebracht werden konnte.

 

Zu 20. und 21.:

Nachdem es, abgesehen von den beiden erwähnten allgemeinen und unverbindlichen Anfragen, kein konkretes Auskunftsbegehren gab, war auch keine Auskunft des Kreditschutzverbandes von 1870 zur Kenntnis zu bringen.


Zu 22. bis 24.:

Im Zusammenhang mit den eingangs erwähnten theoretischen Überlegungen zum Thema der Verwendung überschuldeter Bediensteter in sensiblen Funktionen wurde die Finanzprokuratur um eine gutachtliche Stellungnahme ersucht. Daher wurde geklärt, ob und in welcher Form im Vorfeld der Besetzung von sensiblen Funktionen die Befragung von Stellenbewerbern hinsichtlich ihrer finanziellen Situation zulässig ist. Auch wurde aus dienst­rechtlicher Sicht beleuchtet, ob die Überschuldung eines Bediensteten mit der Ausübung sensibler Funktionen vereinbar ist und welche präventiven Maßnahmen hier allenfalls in Betracht kommen beziehungsweise nach Ansicht der Finanzprokuratur als zulässig zu erachten sind.

 

Die entsprechende Stellungnahme der Finanzprokuratur wurde von deren Präsidenten an den Bereichsleiter Personal im Bundesministerium für Finanzen gerichtet.

 

Die rechtliche Wertung der Finanzprokuratur wurde in der Folge im Zuge einer Verhandlung mit dem Zentralausschuss erörtert, was letztendlich zu einer Zustimmung des Zentralausschusses führte, bei Neuaufnahmen für bestimmte Funktionen mit direktem Zugriff auf die Geldgebarung die Zustimmung des Bewerbers zur Einholung einer Bonitätsauskunft zu erwirken.

 

Zu 25.:

Selbstverständlich wurde im Bundesministerium für Finanzen die Funktion eines Datenschutzbeauftragten eingerichtet. Die damit verbundenen Aufgaben werden von Ing. Johann PLESKAC ausgeübt.

 

Zu 26.:

Da es keine über erste allgemeine Überlegungen hinausgehenden Vorgänge gibt war der Datenschutzbeauftragte auch nicht einzubinden.

 


Zu 27.:

Wie ich in meiner Einleitung erwähnt habe, ist mir der Datenschutz ein wesentliches Anliegen. Dieses Recht auf Datenschutz betrifft neben den Angehörigen des Bundesministeriums für Finanzen selbstverständlich jeden Steuerzahler, der den Abgabenbehörden zwecks Ermittlung der abgaben-
rechtlich relevanten Bemessungsgrundlagen die entsprechenden Daten offen legen muss. Diese Daten dürfen aber selbstverständlich ausschließlich für die Abgabeneinhebung verwendet werden.

 

Um allfälligen Missbräuchen vorzubeugen, erfolgen seit einiger Zeit prüfungs-
fallbezogene Auswertungen von Zugriffen auf interne Abgabendatenbanken auf deren Rechtmäßigkeit. Es handelt sich dabei um keine sogenannte "Schnüffelsoftware", sondern es werden einfache LOG-File-Auswertungen vorgenommen. Dies bedeutet, dass die Protokolle über erfolgte Datenbank-
zugriffe, die jeder Großrechner auf der Welt automatisch mitschreibt, im Hinblick auf gewisse Auffälligkeiten geprüft werden.

 

Dass derartige Auswertungen durchgeführt werden, wurde den Angehörigen meines Ressorts selbstverständlich mitgeteilt. Abgesehen davon werden die Angehörigen des Bundesministeriums für Finanzen seit vielen Jahren laufend darauf hingewiesen, dass unrechtmäßige Datenbankabfragen disziplinäre Konsequenzen haben.

 

Darüber hinaus ersuche ich jedoch um Verständnis, dass ich aus Gründen des Datenschutzes die Namen der überprüften Bediensteten nicht veröffent-
lichen darf. Um die Privatsphäre der betroffenen Bediensteten zu schützen,
verpflichtet mich das Datenschutzgesetz, die Schranken der Verhältnis-
mäßigkeit zu beachten. Eine Beschränkung der geschützten Interessen darf jeweils nur in der gelindesten zum Ziel führenden Art erfolgen.

 

Zu 28.:

Solche Auswertungen werden seit dem 9. Dezember 2003 durchgeführt.

 


Zu 29.:

Allgemein ist festzustellen, dass die Rechtsgrundlage zur Auswertung von Zugriffsdaten auf interne Datenbanken in erster Linie aus den Bestimmungen über die Dienstaufsicht durch Vorgesetzte (insbesondere § 45 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes) resultiert. Aber auch die in § 4 des Bundesministerien-
gesetzes verankerte Verpflichtung des Ressortleiters zur Ausübung der Dienstaufsicht ist hier zu nennen. Demzufolge haben die Bundesminister in geeigneter Weise, erforderlichenfalls durch unmittelbare Einschau, unter anderem dafür Sorge zu tragen, dass die ihren Bundesministerien nach-
geordneten Verwaltungsbehörden, Ämter und Einrichtungen ihre Geschäfte in gesetzmäßiger Weise besorgen.

 

Die Durchführung von LOG-File-Auswertungen erfolgte als Kontrolle der Zulässigkeit der Verwendung des protokollierten oder dokumentierten Datenbestandes auf Grundlage des § 14 Datenschutzgesetz 2000 (DSG).

 

Zu 30.:

Das derzeit in Verwendung stehende Abgabeninformationssystem besteht seit 1993 und beinhaltet alle abgabenrechtlich relevanten Daten sämtlicher österreichischer Steuerzahler. Entsprechend der damit gegebenen Sensibilität der Applikation wurden die Bediensteten von Beginn an wiederkehrend auf die Unzulässigkeit bestimmter Datenbankabfragen hingewiesen. Auch die elektronische Erfassung und Auswertung der LOG-Daten, darunter versteht man die Protokollierung der einzelnen Nutzung von zentralen EDV-Ein-
richtungen etwa in Form einer Datenbankabfrage, ist bekannt. Hier möchte ich den Erlass „Verfahrensvorschrift für die ADV-Unterstützung der Betriebs-
prüfung“ ausdrücklich erwähnen. Dieser, wie auch andere Erlässe in diesem Zusammenhang, sind stets an sämtliche Bedienstete des Ressorts ergangen. Die Personalvertretung war somit immer über die laufenden Aktivitäten des Dienstgebers informiert und hat diese zur Kenntnis genommen.

 


Zu 31.:

Die Zugriffsdaten zum Abgabeninformationssystem werden sieben Jahre gespeichert.

 

Zu 32. und 33.:

In meinem Ressort erfolgt selbstverständlich keine systematische Speicherung der Verbindungs- oder Inhaltsdaten von E-Mails. Jeder einzelne Bedienstete kann nach eigenem Ermessen unter Berücksichtigung der im Einzelfall bestehenden dienstlichen Interessen und gesetzlichen Vorschriften die von ihm empfangenen und versendeten E-Mail-Verbindungs- und Inhaltsdaten aufbewahren.

 

Zu 34.:

Grundsätzlich ist jeder EDV-Arbeitsplatz mit der Zugangsmöglichkeit zum Internet ausgestattet.

 

Zu 35.:

Eine Software, die den Besuch von gewissen Internet-Seiten verhindert, wird eingesetzt. Es handelt sich dabei um das Softwareprodukt "Surfcontrol". Theoretisch könnte das Surf-Verhalten der Bediensteten damit kontrolliert werden, da dieses Produkt mit einer automatischen Protokollierung ausge­stattet ist. Tatsächlich wird das Surf-Verhalten der Bediensteten nicht über­prüft.

 

Zu 36.:

Es gibt keine Vereinbarung über die private Nutzung von Internet und E-Mail. Für die dienstliche Nutzung wurde eine eigene Internet-Richtlinie und eine eigene E-Mail-Richtlinie erlassen.

 

Zu 37. bis 39.:

Für den dienstlichen Gebrauch von Internet-Diensten wurde eine Richtlinie ausgearbeitet. Diese stellt klar, dass die Nutzung der erlaubten Internet-Dienste ausschließlich zu dienstlichen Zwecken und im ausdrücklich

erlaubten Umfang zur Erledigung der dienstlichen Aufgaben gestattet ist. Dies wurde allen Bediensteten zur Kenntnis gebracht und ist für diese darüber hinaus über das Intranet jederzeit im Volltext abrufbar.

 

Darüber hinaus existieren keine Vereinbarungen über die private Nutzung von Internet und E-Mail.

 

Mit freundlichen Grüßen