2102/AB-BR/2005

Eingelangt am 21.03.2005
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0010-Pr 1/2005

 

An den

                                      Herrn Präsident des Bundesrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 2290/J-NR/2005

 

Die Bundesräte Günther Prutsch, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Schließungspläne für weitere Bezirksgerichte in der Steiermark“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 3:

Seit den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts waren und sind Justizminister bemüht, die Struktur der Bezirksgerichte — sie stammt im Wesentlichen aus dem 19. Jahrhundert — an die heutigen Anforderungen anzupassen. Gerichte müssen, wie Betriebe und andere öffentliche Einrichtungen auch, zur Sicherung ihrer Qualität und Wirtschaftlichkeit eine Mindestgröße haben.

Durch die Bezirksgerichte- Verordnungen 2002 wurde in Niederösterreich, der Steiermark, Tirol, Salzburg und Oberösterreich mit der Zusammenlegung Kleinstbezirksgerichten ein erster und sehr erfolgreicher Schritt in diese Richtung gesetzt; die Zusammenführungen sind völlig problemlos verlaufen, an den aufgelassen Standorten werden für die Rechtsversorgung der Menschen regelmäßig Gerichtstage abgehalten.

In Österreich bestehen derzeit 140 Bezirksgerichte, also nach wie vor wesentlich mehr als Bezirksverwaltungsbehörden. Es bestehen nach wie vor 11 Bezirksgerichte, bei denen der Arbeitsanfall nicht einmal eine Richterkapazität mit richterlichen Rechtsprechungsagenden auslastet, bei etwa 50 Bezirksgerichten werden weniger als zwei Richterkapazitäten mit richterlichen Rechtsprechungsagenden ausgelastet. Die damit verbundenen negativen Folgen für die rechtsuchende Bevölkerung können nicht tatenlos hingenommen werden; durch notwendige Doppelplanstellen können die Richterinnen und Richter nicht an allen Tagen beim jeweiligen Gericht anwesend sein. Die angesichts der Anforderungen an den Richter notwendige Spezialisierung kann nicht erreicht werden.

Fragen der Gerichtsorganisation wurden auch ausführlich im Österreich-Konvent beraten. Im Lichte dieser Beratungen werden nun die erforderlichen Planungen für eine leistungsfähige Justiz der Zukunft erstellt. Dabei leitet uns der Wunsch nach Bürgerservice, Gerechtigkeit, Qualität und Sparsamkeit.

Künftig soll es prinzipiell am Sitz der Bezirksverwaltungsbehörden als Eingangsgerichte Kreisgerichte geben, die im Bereich der Zivilsachen ohne Streitwertbegrenzung zuständig sein sollen. Verschiedene Spezialsachen sollen bei den Landesgerichten verbleiben. Eine weitgehend an die Standorte der Bezirksverwaltungsbehörden angelehnte Gerichtsorganisation bietet viele Vorteile. Diese Standorte werden für die Bürgerinnen und Bürger umfassende Servicezentren. Zu diesen Orten besteht österreichweit eine gute Verkehrsinfrastruktur. Die Anfahrtswege sind jedenfalls zumutbar, zumal aus verschiedenen empirischen Erhebungen hervorging, dass die Bürgerinnen und Bürger weitaus seltener persönlich zu Gericht kommen als zu Bezirksverwaltungsbehörden; im Durchschnitt kommen die Menschen etwa ein Mal im Leben persönlich zu Gericht.

Weiters wird geprüft, die derzeit vier Ebenen der Gerichte auf drei Ebenen zu reduzieren. Die Oberlandesgerichte als Rechtsprechungsgerichte sollen für eine einheitliche Anwendung des Rechts sorgen und weiterhin die Zentren der Justizverwaltung sein. Dabei würde es gesetzlich verpflichtend werden, Berufungsverhandlungen im jeweiligen Bundesland durchzuführen; so könnten Bürgerinnen und Bürger sowie ihre Parteienvertreter künftig alle Berufungsverhandlungen im eigenen Bundesland verrichten.

Die Detailplanungen werden derzeit noch nach betriebswirtschaftlichen, baulichen, topografischen und verkehrstechnischen Aspekten optimiert.

Ich meine, dass dieses Grundkonzept konsensfähig ist und die Weichen für eine leistungsfähige moderne Gerichtsbarkeit im 21. Jahrhundert stellt.

Fragen der Standorte sowie der Termine für die Umsetzung werden mit politischen Entscheidungsträgern auf allen Ebenen, mit der  Personal– und Standesvertretung sowie den Vertretern der Rechtsberufe noch eingehend diskutiert werden.

 

. März 2005

 

(Maga. Karin Miklautsch)