2107/AB-BR/2005
Eingelangt am 15.04.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für
auswärtige Angelegenheiten
Anfragebeantwortung
Die Abgeordneten zum Bundesrat Jürgen Weiss, Edgar Mayer,
Ing. Reinhold Einwallner,
Kolleginnen
und Kollegen haben am 17. März 2005 unter der Nummer 2300/J-BR/2005 an mich
eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Ausstieg aus der
Atomenergie gerichtet, die
folgenden Wortlaut hat:
„In welcher Weise werden Sie dem Anliegen des Vorarlberger
Landtages Rechnung tragen?"
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Die Katastrophe, die sich vor 20 Jahren im Kernkraftwerk
Tschernobyl ereignete, ist nicht in
Vergessenheit geraten, zumal gewisse Auswirkungen in Österreich auch heute noch
nachweisbar
sind.
Der Schutz der Bevölkerung und der Umwelt haben für mich höchste Priorität.
Daher spreche
ich
mich auch in allen relevanten Gremien für einen Ausstieg aus der Kernenergie
und gegen den
Neubau von Kernkraftwerken aus. Ich vertrete auch mit Nachdruck die
österreichische Position,
dass Kernenergie keine nachhaltige Energiequelle ist, zumal die Frage ihrer
Endlagerung nicht
gelöst
ist.
Energiepolitik und die Entscheidung, welche
Energiequelle ein Land nützt, unterliegen der
nationalen
Entscheidung. Gegenüber Ländern, die sich für Kernenergie entschieden haben,
setze
ich mich konsequent für ein höchstmögliches Sicherheitsniveau ein und fordere
weitestgehenden
Informationsaustausch.
Im Hinblick darauf hat Österreich auch mit seinen Nachbarländern
Nuklearinformationsabkommen abgeschlossen. In den jährlichen Expertentreffen
werden
sicherheitsrelevante Schwerpunkte gesetzt und Informationen von beiderseitigem
Interesse
ausgetauscht.
Das Ziel eines europaweiten Ausstiegs aus der
Kernenergie scheint nach dem jetzigen
Diskussionsstand
kurzfristig nicht erreichbar. Dennoch werde ich - wie auch meine Kollegen in
der
Bundesregierung
- weiterhin eine Schrittmacherrolle für ein kernenergiefreies Europa einnehmen.
Die österreichische Kernenergiepolitik enthält drei strategische Dimensionen:
• Nukleare Sicherheit - risikobezogene Dimension:
Reduktion der Gefährdung durch (grenznahe) kerntechnische Anlagen,
• Energiepartnerschaften - energiewirtschaftliche Dimension:
Energiewirtschaftliche Kooperation mit den Reformstaaten
Zentral- und Osteuropas, um dazu
beizutragen,
die Voraussetzungen für einen Verzicht auf die Nutzung der Kernenergie in
diesen
Ländern zu schaffen, sowie Nuklearpolitik als Beitrag zu einer nachhaltigen
Energiewirtschaft,
• Nuklearrecht - rechtliche Dimension:
Weiterentwicklung und Verbesserung rechtlicher
Instrumente zur Wahrung der Interessen der
österreichischen Bevölkerung und zum Schutz der Umwelt;
Um die Nutzung der Kernenergie zu beenden, verfolgt die
Bundesregierung eine „Drei Stufen
Strategie":
•
Schließung von nicht nachrüstbaren Kernkraftwerken wie
z.B. der Reaktoren der ersten
Generation sowjetischer Bauart in Ignalina, Bohunice und Kosloduj.
•
Schaffung einheitlicher und hoher Sicherheitsstandards
für noch in Betrieb befindliche
Kernkraftwerke insbesondere auf europäischer Ebene.
•
Konsequente Verfolgung eines europaweiten Ausstiegs aus
der Nutzung der Kernkraft.
Diese aktiven Bemühungen werden mit Nachdruck
fortgesetzt. Dort, wo Entscheidungen direkt
beeinflusst werden können, vor allem auf europäischer Ebene, werde ich -
ergänzend zu den
bilateralen „Nuklearinformationsabkommen" - alle Möglichkeiten
ausschöpfen. Darüber hinaus
bieten
grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsverfahren nach der ESPOO-Konvention
bzw.
nach
der Umweltverträglichkeitsrichtlinie Möglichkeiten, unsere Ansichten und ggf. unsere
Be-
denken
einzubringen.
Zum Thema EURATOM-Vertrag ist bedauerlicherweise
festzuhalten, dass wir hier - trotz aller
Bemühungen - unser Ziel einer Modernisierung nicht erreicht haben. Der
EURATOM-Vertrag
wurde
lediglich marginal an den Verfassungsvertrag angepasst. Seine inhaltlichen
Bestimmungen,
insbesondere
jene über den Förderzweck der Nuklearenergie und seine demokratiepolitischen
Defizite, bleiben jedoch weitgehend unverändert bestehen.
Österreich hat daher gemeinsam mit Deutschland, Irland,
Schweden und Ungarn eine Erklärung
zum
Europäischen Verfassungsvertrag abgegeben, in der die Einberufung einer eigenen
Regierungskonferenz
zur umfassenden Überprüfung des Euratom-Vertrags gefordert wird. Dies
zeigt einerseits, dass Österreich mit seinem Bestreben nicht alleine ist,
andererseits aber auch die
Schwierigkeit, einen Konsens zu diesem Thema herbeizuführen.
Es wird unser Ziel sein, weitestgehende Unterstützung
für dieses Vorhaben zu erlangen.
In
Bezug auf nachhaltige Entwicklung, Energieeffizienz und erneuerbare
Energiequellen hat sich
die
Europäische Union ambitionierte Ziele gesetzt, die von Österreich gefördert und
unterstützt
werden.
Geplant sind eine
•
Steigerung des Anteils erneuerbarer Energiequellen von 6
% auf 12 % im Jahr 2010 gemäß
Weißbuch Erneuerbare Energien,
•
Steigerung des Anteils von „grünem Strom" auf über
22 % im Jahr 2010 gemäß EU-Richtlinie
zur Förderung der Stromerzeugung aus Erneuerbaren,
•
Verbesserung der Energieeffizienz und Senkung der
Energieintensität um einen weiteren
Prozentpunkt pro Jahr gemäß Aktionsplan,
•
Anhebung des Anteils alternativer Kraftstoffe auf 2 % aller
Otto- und Dieselkraftstoffe bis 2005
und auf 5,75 % bis 2010 gemäß Biotreibstoff-Richtlinie.
Für die Erreichung dieser Ziele ist ein Engagement auf
allen Ebenen erforderlich. Das Programm
„Intelligente
Energie - Europa" ist die Fortführung des szt. unter österreichischer
Präsidentschaft
verabschiedeten
„Rahmenprogramms Energie" und soll wesentliche Programme, die der
Erreichung
der
genannten Ziele dienen, fortführen. Dafür werden ca. 200 Mio. EURO für Projekte
zur
Verfügung gestellt, die sich im weiteren Sinne der Beseitigung von
nicht-technischen Hemmnissen
zur stärkeren Marktdurchdringung von Technologien zur Nutzung erneuerbarer
Energieträger und
der
rationalen Energieverwendung widmen.
Eine Richtlinie zur Endenergieeffizienz und zu
Energiedienstleistungen sowie eine Richtlinie für
die
Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung
energiebetriebener Produkte,
die
einen Rechtsrahmen für die Festlegung von Ökodesign-Anforderungen festlegen
soll, sollen
ebenfalls der Erreichung der im Bereich nachhaltige Entwicklung und
Energieeffizienz gesetzten
Ziele
dienen.
Die Ziele des Landes Vorarlberg entsprechen jenen der
Österreichischen Bundesregierung und
werden
in allen relevanten Gremien mit Nachdruck vertreten. Ich versichere Ihnen, dass
ich diesen
Anliegen bestmöglich Rechnung tragen und mich gemeinsam mit meinen Kollegen und
Vertretern
für ein Maximum des Erreichbaren einsetzen werde.