2161/AB-BR/2005

Eingelangt am 09.12.2005
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

JOSEF PRÖLL

Bundesminister

 

 

 

 

An den                                                                                               Zl. LE.4.2.4/0076-I 3/2005

Herrn Präsidenten

 
des Bundesrates

 

Parlament

1017 Wien                                                                                         Wien, am 5. DEZ. 2005

 

 

Gegenstand:   Schriftl.parl.Anfr. der Bundesräte Jürgen Weiss, Kolleginnen

und Kollegen vom 13. Oktober 2005, Nr. 2354/J-BR/2005,

betreffend Schweizer Endlager für Atommüll

 

 

 

 

 

Auf die schriftliche Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen vom 13. Oktober 2005, Nr. 2354/J-BR/2005, betreffend Schweizer Endlager für Atommüll, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass selbst bei sofortiger Stilllegung aller Kernkraftwerke das Problem der Entsorgung und Endlagerung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle gelöst werden muss. Weltweit werden seit Jahren große Anstrengungen unternommen, die jedoch noch zu keinem einzigen betriebsbereiten Endlager geführt haben. Angesichts der enormen Zeiträume, über die ein sicherer Einschluss bestimmter radioaktiver Abfälle gewährleistet werden muss, darf die Machbarkeit grundsätzlich bezweifelt werden. Dies ist einer der Gründe, warum Österreich die energetische Nutzung der Kernenergie ablehnt.

 

Die einzelnen Fragen beantworte ich wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 und 2:

 

Bereits im Zuge des ersten Expertentreffens am 5. Oktober 2001 im Rahmen des „Abkommen

zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Schweizer Bundesrat über den frühzeitigen Austausch von Informationen aus dem Bereich der nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes („Nuklearinformationsabkommen“ Österreich – Schweiz) samt Anhang und Gemeinsamer Erklärung“ (BGBl. III Nr. 201/2000), das mit 1. Jänner 2001 in Kraft getreten ist, berichtete die Schweizer Seite auch über ihre Standortsuche für ein Lager für hochradioaktive Abfälle.

 

Im März und im Mai 2002 hat dann das BFE (Bundesamt für Energiewirtschaft) ausführliche Informationen im Gegenstand übermittelt. Generell ist die Suche nach einem Endlager in der Schweiz sowie die Problematik radioaktiver Abfälle insgesamt Gegenstand der regulären Expertentreffen im Rahmen des bilateralen Nuklearinformationsabkommens, die jährlich – auch unter Beteiligung des Landes Vorarlberg – stattfinden, zuletzt am 15. November 2004 in Bern. Das Expertentreffen 2005 fand am 2. Dezember in Wien statt.

 

Darüber hinaus fand am 17. September 2005 eine Informationsveranstaltung zum Entsorgungsnachweis in Marthalen statt. Österreich wurde zu dieser Veranstaltung eingeladen und war sowohl durch das BMaA (Generalkonsulat Zürich) als auch durch das Land Vorarlberg vertreten.

 

Im Laufe der diesbezüglichen schweizerischen Aktivitäten wurden verschiedene geologische Formationen untersucht, wobei sich die Arbeiten auf den Opalinus-Ton konzentrierten. Insbesondere wurden auch im Zürcher Weinland – in der Umgebung von Schaffhausen – umfangreiche Untersuchungen durchgeführt. Diese Resultate wurden mit der Absicht ausgewertet, die grundsätzliche technische Realisierbarkeit der Entsorgung in der Schweiz zu demonstrieren. Darüber hinaus wurde ein so genannter Optionenbericht erstellt, der auch andere Standorte in die Betrachtung mit einschließt. Das nunmehr diesbezüglich öffentlich zur Begutachtung aufliegende Unterlagenkonvolut umfasst 14 Dokumente mit insgesamt weit über 2000 Seiten.

 

Zu Frage 3:

 

Grundsätzlich ist klarzustellen, dass der Bau eines Lagers für abgebrannte Brennelemente, hochaktive und langlebige mittelaktive Abfälle derzeit in der Schweiz auf längere Sicht noch nicht aktuell ist. Vorerst geht es um das Erbringen des vom schweizerischen Bundesrat geforderten Entsorgungsnachweises, das heißt des Nachweises, dass die dauernde und sichere Beseitigung dieser Abfälle in der Schweiz grundsätzlich als technisch realisierbar angesehen werden kann. Damit ist noch keine Standortauswahl verbunden.

 

Die Gesuchsunterlagen und alle relevanten Gutachten und Stellungnahmen sind zwischen 13. September und 12. Dezember 2005 öffentlich aufgelegt. Alle Interessierten können dazu Stellung nehmen. Erst danach entscheidet der Schweizerische Bundesrat über die weitere Vorgangsweise.

 

Das Umweltbundesamt wurde mit der Erstellung eines Fachgutachtens beauftragt. Dieses Fachgutachten wurde am 29. 11. 2005 auf der Homepage des Umweltbundesamtes veröffentlicht. Auf Basis dieses Gutachtens werden dann auf Expertenebene unter Beteiligung des Landes Vorarlberg konkrete technische Konsultationen mit der Schweiz beginnen.

 

Den rechtlichen Rahmen für die Mitwirkung Österreichs bietet oben erwähntes Nuklearinformationsabkommen, das zum einen potentiell betroffenen BürgerInnen sowie Gebietskörperschaften entsprechende Beteiligungsmöglichkeiten einräumt, wie den BürgerInnen der Schweiz und zum anderen Konsultationen auf Staatenebene regelt.

 

Mit einer Entscheidung des Schweizerischen Bundesrates, ob der potentielle Entsorgungsnachweis als erbracht anzusehen ist, sowie bezüglich des weiteren Verfahrens zur Auswahl des Standortes für ein technisch mögliches und politisch auch durchsetzbares geologisches Tiefenlager ist frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2006 zu rechnen. Eine endgültige Standortentscheidung ist nicht vor dem Jahre 2010 zu erwarten, eine Inbetriebnahme des Endlagers soll frühestens 2040 erfolgen.

 

Zu Frage 4:

 

Bereits im Dezember 2001 hat das für die Umsetzung des bilateralen Nuklearinformationsabkommens federführend zuständige Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten auf Ersuchen meines Ressort die Schweizer Seite ausdrücklich und schriftlich auf das besondere Interesse des Landes Vorarlberg hingewiesen und um laufende Information ersucht. Darüber hinaus ist – wie erwähnt – die Suche nach einem Endlager in der Schweiz sowie die Problematik radioaktiver Abfälle insgesamt Gegenstand der regulären Expertentreffen im Rahmen des bilateralen Nuklearinformationsabkommens, zu denen regelmäßig VertreterInnen der Bundesländer geladen sind. Somit verfügt das Land Vorarlberg regelmäßig über alle Informationen, die auch dem Bund zur Verfügung stehen. Bezüglich der verfahrensrechtlichen Beteiligungsmöglichkeiten verweise ich auf die Beantwortung der Frage 3.

 

Zu Frage 5:

 

Ich betone im Sinne des bereits Ausgeführten, dass dem Land Vorarlberg in seiner kritischen Auseinandersetzung mit Projekten für kerntechnische Anlagen in der Schweiz alle Möglichkeiten einer entsprechenden Beteiligung gewahrt bleiben, die ich auch gerne weiterhin institutionell und politisch unterstützen werde.

 

 

Der Bundesminister: