2236/AB-BR/2006
Eingelangt am 25.09.2006
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Land –und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Anfragebeantwortung
JOSEF PRÖLL
Bundesminister
An den Zl. LE.4.2.4/0092-I 3/2006
Herrn Präsidenten
des Bundesrates
Parlament
1017 Wien Wien, am 25. Sept. 2006

Gegenstand: Schriftl.parl.Anfr. der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum,
Kolleginnen und Kollegen vom 25. Juli 2006, Nr. 2426/J-BR/2006,
betreffend Lanzenkirchner Werkskanal und das Verhalten der
damit befassten Behörden
Auf die schriftliche Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen vom 25. Juli 2006, Nr. 2426/J-BR/2006, betreffend Lanzenkirchner Werkskanal und das Verhalten der damit befassten Behörden, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:
Allgemeines:
Grundsätzlich ist eine Ausleitung aus einem natürlichen Gewässer in einen Werkskanal ökologisch immer bedenklich, da das natürliche Gewässer – dem durch die Ausleitung Wasser entzogen wird – meist ökologisch höherwertiger ist als ein Werkskanal oder Ähnliches. Die nun fehlende Ausleitung von Leithawasser in den Werkskanal kommt dem ökologischen Zustand der Leitha in diesem wertvollen Bereich sehr zugute.
Zur aktuellen ökologischen Situation an der Leitha hat der ökologische Sachverständige der Bezirkshauptmannschaft ausgeführt, dass seit der Auflassung des Lanzenkirchner Werkskanals in der Leitha eine ständige Wasserführung gegeben ist und sich eine mäandrierende Niederwasserrinne ausgebildet hat. Das gesamte Flussbett der Leitha ist durch ausgedehnte Schotterbänke, Stillwasserbereiche, Totholzansammlungen etc. sehr gut strukturiert und stellt einen Lebensraum für verschiedene Vogelarten, wie Eisvogel und Flussläufer dar. Im Gewässerbetreuungskonzept für die Leitha wurde der gegenständliche Abschnitt als der wertvollste des Untersuchungsgebietes hinsichtlich der Gewässermorphologie bezeichnet und diese liegt auch innerhalb des Natura 2000 Gebietes im Abschnitt Feuchte Ebene Leithaauen. Die begleitenden Auwälder der Leitha sind in den zwei nördlichen Dritteln des betroffenen Abschnittes als Schutzobjekt der Erlen-Eschen-Weiden-Au ausgewiesen.
Zu den Fragen 1 bis 3:
Zur Ansicht der Fragesteller, die öffentliche Hand wäre gemäß § 4 WRG 1959 verpflichtet, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um eine entsprechende Dotierung des Lanzenkirchner Kanals zu gewährleisten, ist festzuhalten, dass diese keine Aufgabe der Verwaltung des ÖWG darstellen.
Zum Unterschied von öffentlichen Gewässern ist unter öffentlichem Wassergut aber nicht das Wasser selbst, sondern vielmehr ausschließlich eine Grundfläche zu verstehen. Das öffentliche Wassergut setzt sich aus jenen (katastermäßig ausgewiesenen) Grundstücken zusammen, die das Gewässerbett öffentlicher Gewässer bilden.
Die Widmungszwecke des ÖWG sind im Interesse der wasserwirtschaftlichen Entwicklung nur demonstrativ ausgeführt und vermitteln kein subjektives Recht des einzelnen.
Der Lanzenkirchner Werkskanal, der bis 18. Oktober 1997 das Wasser aus der Pitten zu den beiden Wasserkraftanlagen mit den Postzahlen WB-627 und WB-536 abgeleitet hat, beginnt bei der ehemaligen Ausleitung aus der Pitten und endet bei dessen Einmündung in die Leitha.
Öffentliches Wassergut können nur solche Flächen sein, an denen der Bund als Eigentümer eingetragen ist. Im Privateigentum stehende Flächen können nicht öffentliches Wassergut sein. Anhand der Digitalen Katastermappe (DKM) stellen sich die Eigentumsverhältnisse am Lanzenkirchner Werkskanal so dar, dass nur ein Grundstück, nämlich Nr. 179, EZ 394, KG Haderswörth, öffentliches Wassergut darstellt – also nur ein geringer Abschnitt; die restlichen Grundstücke befinden sich im Privateigentum mehrerer Personen.
Darüber hinaus wird festgehalten, dass der Lanzenkirchner Werkskanal im Verzeichnis der Gewässer zu § 2 Abs. 1 lit. a WRG 1959 und zu § 99 Abs. 1 lit. a leg. cit. (Anhang A zum Wasserrechtsgesetz) nicht aufscheint und somit kein öffentliches Gewässer ist. Es handelt sich beim Lanzenkirchner Werkskanal um ein künstliches Gewässer, welches vor dem Erlöschen des Rechtes für die Erlacher-Wehr zum überwiegenden Teil aus der Pitten gespeist wurde. Zwar münden verschiedene Bachläufe in den Werkskanal ein, diese sind gemäß den Angaben der Bezirksverwaltungsbehörde jedoch nicht ständig wasserführend und daher nicht geeignet, die beiden Kraftanlagen zu betreiben.
Die Erhaltungspflicht am Lanzenkirchner Werkskanal ist mittels Vereinbarungen geregelt und trifft die Kraftwerksbetreiber am Werkskanal.
Zu den Fragen 4 bis 6:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 12. April 1984 wurde der Gemeinde Walpersbach die wasserrechtliche Bewilligung für die Teilregulierung des Leidingbaches in Walpersbach erteilt.
Die Auflagen dieser Bewilligung sahen vor, dass die Schäden am Lanzenkirchner Werkskanal, welche im Zuge des Baues der Regulierungsmaßnahmen entstehen könnten, von der Gemeinde Walpersbach auf ihre Kosten zu beheben sind. Dies ergibt sich aus der Zusammenschau der Auflagen 4 und 5.
Auflage 4 besagt: „Um allfällige Beeinträchtigungen (Verlandungen, Verschotterungen), die durch die Bauarbeiten hervorgerufen werden, im Lanzenkirchner Werkskanal beurteilen zu können, ist eine Beweissicherung im Unterlauf des Leidingbaches vorzunehmen.“
Schäden können nur behoben werden, wenn vor den zu setzenden Maßnahmen der Ist-Stand ermittelt wird, um negative Veränderungen durch die Baumaßnahmen später genau quantifizieren zu können.
Somit bezieht sich die Pflicht zur Schadensbeseitigung durch Verschotterung nur auf die Bauphase dieses Projektes. Hiezu ist auszuführen, dass Verschotterung durch Geschiebetransport ein natürlicher Effekt an Fließgewässern ist.
Die Kraftwerksbetreiber am Lanzenkirchner Werkskanal waren an diesem Verfahren als Partei beteiligt und haben sowohl den Bewilligungsbescheid samt Auflagen, als auch die wasserrechtliche Überprüfung der Regulierung – in der keine Mängel festgestellt wurden – akzeptiert. Die Bescheidauflagen wurden somit von der Gemeinde Walpersbach erfüllt.
Hinsichtlich der Rückhaltebecken am Klingfurther Bach ist auszuführen, dass den Gemeinden Bromberg und Walpersbach die wasserrechtliche Bewilligung für Verbauungsmaßnahmen am Klingfurther Bach erteilt wurde. Diese beinhaltet auch Rückhaltemaßnahmen am Kühbach. Durch diese Maßnahmen ergibt sich eine wesentliche Verbesserung sowohl für das Siedlungsgebiet, als auch die landwirtschaftlich genutzten Flächen gerinneabwärts dieser Retentionsbecken und auch eine Verbesserung für den Lanzenkirchner Werkskanal, da sowohl die Hochwassermenge, als auch das Geschiebe vermindert werden.
Durch ein weiteres Rückhaltebecken am Leidingbach wird auch Geschiebe zugunsten des Werkskanals zurückgehalten.
Zu Frage 7:
Es ist nicht richtig, dass die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt in ihrem Schreiben vom 22. August 1989 zugab, dass aufgrund der oben genannten Regulierungen (Klingfurther- bzw. Leidingbach) Schäden aufgetreten seien und Unterstützung bei deren Behebung zugesagt hätte.
Zu Frage 8:
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 20. September 2001, 2000/07/0222 festgehalten, dass keine Umstände hervorgekommen sind, die darauf hinweisen, dass die Klingenfurther Wehr je wasserrechtlich bewilligt wurde.
Nur die Tatsache, dass diese Wehranlage keine eigene Bewilligung hat, schließt jedoch nicht aus, dass die Klingenfurther Wehr eine unselbständige Nebenanlage des Wasserrechts Postzahl WB-627 ist. Zu dieser ist im Wasserbuch unter Oberwasserführung Folgendes eingetragen:
„Im gemeinsamen Werkskanal besteht 380 m aufwärts der Säge in der Kreuzung des Klingfurther Baches ein Sandkasten mit Entlastungsschleuse mit 2 Schützen je 2,65 m weit; aufwärts dieser Schleusen besteht ein Überfall 8,0 m lang“.
Diese Beschreibung trifft auf die Klingenfurther Wehr zu. Am Lanzenkirchner Werkskanal waren mehrere Entlastungseinrichtungen („Ablassfallen und Ablassgerinne bzw. Feilgerinne“) als unselbständige Nebenanlagen zu den Wasserkraftanlagen eingetragen. Im Regelfall ist bei jedem Werkskanalgerinne oberhalb einer Wasserkraftanlage zumindest ein Sandfang bzw. Sandkasten mit Ablassmöglichkeit (Ablassschleuse, Falle) vorhanden und somit erscheint diese Schlussfolgerung für die Klingenfurther Wehr durchaus plausibel.
Auch haben die Kraftwerksbetreiber der Wasserkraftanlage Postzahl 627 und 536 am 18. Dezember 1952 um wasserrechtliche Genehmigung für die Wiederherstellung der damals zerstörten Klingenfurther Wehr angesucht. Dies wertete die Verwaltung in der Vergangenheit als starkes Indiz für die Zugehörigkeit der Wehr zur Kraftwerksanlage.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 11. August 1953 wurde dann den Wasserberechtigten zu den Postzahlen 627 und 536 die wasserrechtliche Genehmigung zur Wiederherstellung der Klingfurther Wehr erteilt.
Zu Frage 9:
Thema des Beschwerdeverfahrens, das mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. September 2001, 2000/07/0222, abgeschlossen wurde, ist die Frage, ob der Beschwerdeführer Ernst Schicker als Grundeigentümer zur Beseitigung der Klingfurther Wehr verpflichtet ist.
Es ist nicht richtig, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. September 2001, Zl. 2000/07/0222, abschließend festgestellt hätte, dass eine wasserrechtliche Erhaltungspflicht des/der Kraftwerksbetreiber(s) an der Klingfurther Wehr nicht besteht.
Vielmehr wurde mit diesem Erkenntnis ausgesagt, dass Voraussetzung für die Erteilung eines Beseitigungsauftrages gem. § 138 Abs. 4 WRG 1959 an den Grundeigentümer bezüglich der Klingfurther Wehr hinsichtlich einer eigenmächtigen Neuerung eine ausdrückliche Gestattung der Errichtung dieser eigenmächtigen Neuerung durch den betroffenen Grundeigentümer ist und eine Duldung (wie bei Ablagerungen) nicht ausreicht. Anhand der bisherigen Aktenlage kann nach § 138 Abs. 4 WRG 1959 der Grundeigentümer subsidiär nicht zur Beseitigung dieser Wehr herangezogen werden.
Zu Frage 10:
Die Erhaltungsverpflichtungen für die Wasserkraftanlagen und den Lanzenkirchner Werkskanal samt Anlagen und die damit verbundenen bescheidmäßigen Aufträge basieren auf den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 und den von den Wasserberechtigten abgeschlossenen und bei der Behörde aufliegenden Übereinkommen. Aufgrund dieser Tatsachen obliegt die Instandhaltung des Werkskanals den Kraftwerksbetreibern. Die Vorschreibung der Instandhaltung an diese war somit rechtens.
Zu Frage 11:
Es ist nicht richtig, dass die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt nach der Berufungsentscheidung des Landeshauptmannes von Niederösterreich über den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 21. November 1996, Zl. 9-W-82120/86, die Instandsetzung der Klingfurther Wehr vorschrieb.
Zu den Fragen 12 und 13:
Es ist nicht richtig, dass die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt mit Schreiben vom 15. Oktober 1997 von den Kraftwerksbetreibern verlangte, die Wasserrechte an der Klingfurther Wehr eintragen zu lassen.
Richtig ist, dass die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt Herrn Dr. Andreas Haberl-Schicker mit Schreiben vom 15. Oktober 1997, Zl. 9-W-8295/44, ersuchte, den Besitzwechsel unter Anschluss eines aktuellen Grundbuchsauszuges gem. § 22 Abs. 4 WRG 1959 der Behörde anzuzeigen, weil Herr Dr. Andreas Haberl-Schicker schon seit längerer Zeit neuer Eigentümer der Baufläche 28, KG Kleinwolkersdorf war, womit das Wasserbenutzungsrecht zu Postzahl WB-536 verbunden ist.
Zu den Fragen 14 bis 16:
Laut Grundbuchabfrage vom 2. August 2006 ist Herr Ernst Schicker, geb. 1940, Eigentümer der Gst. Nrn. 167 und 345/1, beide KG Lanzenkirchen. Auf diesen beiden Grundstücken befindet sich die Klingfurther Wehr, bestätigt durch das Gutachten der Abteilung Vermessung vom 13. Jänner 2004, BD5-V-1 0417/1.
Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 17. März 2000 ist rechtskräftig und somit rechtsverbindlich. Begründend wurde in diesem festgehalten, dass der auf § 4 Abs. 2 WRG 1959 gestützte Antrag keine Grundlage für eine Erledigung nach dieser Gesetzesstelle ist, da diese Bestimmung kein subjektiv öffentliches Recht einräumt.
Zu Frage 17:
Es ist nicht richtig, dass die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt die Sanierung des Lanzenkirchner Werkskanals seit Jahren hinausschiebt und die Sanierung auf Private abwälzt. Instandhaltungsverpflichtete für den Werkskanal sind gem. § 50 WRG 1959 und der beurkundeten Abkommen die Kraftwerksbetreiber und nicht die öffentliche Hand.
Zu den Fragen 18 und 19:
Hinsichtlich der Klingfurther Wehr ist auszuführen, dass die Schützen der Wehranlage seit Jahren dauerhaft geöffnet sind, um die ankommenden Wässer des Leidingbaches und Klingfurther Baches schadlos abführen zu können.
Zu Frage 20:
Wie oben geschildert wurde, sind in der Vergangenheit durch die Errichtung von Rückhaltebecken und ähnlichen Maßnahmen Anlagen errichtet worden, die der Verbesserung des Hochwasserschutzes dienen sollen. Die Klingenfurther Wehr ist zurzeit offen und somit können die Wässer aus dem Klingenfurther Bach direkt in die Leitha weitergeleitet werden. Ein akuter Handlungsbedarf in Bezug auf eine zu befürchtende Verschärfung der Hochwassergefahr besteht nicht.
Zu Frage 21:
Ich ersuche um Verständnis dafür, dass ich diese Frage nicht beantworten kann, da sie nicht in meinen Zuständigkeitsbereich fällt.
Zu Frage 22:
Wie bereits in Beantwortung der Fragen 1 bis 3 ausgeführt, handelt es sich hiebei um keine Aufgabe im Rahmen der Verwaltung des ÖWG.
Zu Frage 23:
Die Verwaltungsbehörden sind bemüht, die in dieser Angelegenheit offenen Verfahren rasch abzuwickeln und mit einer rechtmäßigen Entscheidung abzuschließen. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass von den Oberbehörden mangels Zuständigkeit in laufende Verfahren inhaltlich nicht eingegriffen werden kann.
Der Bundesminister: