2245/AB-BR/2006
Eingelangt am 04.10.2006
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BM für Wirtschaft und Arbeit
Anfragebeantwortung
Präsident des Bundesrates
Gottfried KNEIFEL
Parlament
1017 Wien
Wien, am 3. Oktober 2006
Geschäftszahl:
BMWA-10.102/0012-IK/1/2006
In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 2437/J-BR betreffend Ökostromabwicklungsstelle, welche die Abgeordneten Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen am 3. August 2006 an mich richteten, stelle ich einleitend fest, dass das Interpellationsrecht gemäß Art. 52 Abs. 1 B-VG Akte der Vollziehung umfasst, nicht jedoch Auskünfte über mögliche Motive, die der Ausgestaltung von Rechtsvorschriften zugrunde lagen, die im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses vom Nationalrat veranlasst wurden. Wie auch die Abgeordnete Kerschbaum in ihrer Anfrage zutreffend ausführt, sind die Bestimmungen über die Erteilung einer Konzession für die Ausübung der Tätigkeit der Ökostromabwicklungsstelle erst aufgrund eines Abänderungsantrages des Wirtschaftsausschusses in das Gesetz aufgenommen worden, weshalb die Beantwortung der in den Punkten 2 bis 4 der Anfrage enthaltenen Fragestellungen nicht auf das Interpellationsrecht des Bundesrates gestützt werden kann. Dessen ungeachtet werde ich jedoch auch auf diese Fragen eingehen.
Zu den einzelnen Punkten nehme ich wie folgt Stellung:
Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:
Gemäß § 14 Abs. 3 Ökostromgesetz sind im Konzessionsverfahren die Bestimmungen über die Ausschreibung von Dienstleistungskonzessionen anzuwenden. Dem entsprechend erfolgt die Konzessionsvergabe in einem zweistufigen Verfahren.
Mit Kundmachung von 24.6.2006 im Amtsblatt zur Wiener Zeitung bzw. im Supplement S des Amtsblattes der Europäischen Gemeinschaften wurde bekannt gemacht, dass ein Verfahren zur Erteilung einer Konzession gemäß § 14 ff Ökostromgesetz eingeleitet worden war, die Entscheidung mit Bescheid erfolgen werde und die Bewerbungsunterlagen zur Teilnahme am Konzessionsverfahren ab 3.7.2006 im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit abgeholt werden könnten bzw. ab diesem Zeitpunkt unter der Internetadresse www.bmwa.gv.at verfügbar seien. Als Schlusstermin für den Eingang der Anträge zur Teilnahme an diesem Konzessionsverfahren wurde der 25.7.2006 bestimmt. Zwischen dem 3.7.2006 und dem 24.7.2006 konnten die Teilnahmeunterlagen vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit unmittelbar abgeholt oder von der Homepage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit herunter geladen werden. In diesen Teilnahmeunterlagen waren auch sämtliche Voraussetzungen enthalten, die zur Teilnahme am weiteren Konzessionsverfahren erforderlich waren.
Aufgrund der Kundmachung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung bzw. im Supplement S des Amtsblattes der Europäischen Gemeinschaft in Verbindung mit den Teilnahmeunterlagen hat eine Bewerberin innerhalb der Bewerbungsfrist einen Antrag auf Teilnahme am Konzessionsverfahren gestellt und diesem Antrag die geforderten Unterlagen beigeschlossen.
Mit Schreiben vom 31.7.2006 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit dieses Unternehmen unter Beischluss der Ausschreibungsunterlagen aufgefordert, die ausgefüllten Ausschreibungsunterlagen samt den für die Beurteilung ihres Antrages erforderlichen Ergänzungen und Präzisierungen dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit so rechtzeitig zu übermitteln, dass sie bis 16.8.2006, 16 Uhr im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit eingelangt sind. Die Übermittlung dieser Unterlagen erfolgte innerhalb dieser Frist.
Am 17.8.2006 fand eine mündliche Verhandlung statt.
Zur Beurteilung der im Gesetz vorgesehen Konzessionsvoraussetzungen werden dem Verfahren zwei unabhängige nicht amtliche Sachverständige beigezogen. Unter der Voraussetzung, dass die einzige Teilnehmerin an diesem Konzessionsverfahren die im Gesetz vorgeschriebenen Konzessionsvoraussetzungen erfüllt, wird die Erteilung der Konzession so rechtzeitig erfolgen, dass die Ökostromabwicklungsstelle zu dem im Gesetz vorgesehenen Zeitpunkt (1.10.2006) ihre Tätigkeit aufnehmen kann.
Wie viele österreichische Unternehmen die im Gesetz geforderten Voraussetzungen erfüllen, kann nicht gesagt werden. Zu betonen ist jedoch, dass – wie bereits erwähnt – gemäß § 14 Abs. 3 Ökostromgesetz im Konzessionsverfahren die Bestimmungen über die Ausschreibung von Dienstleistungskonzessionen Anwendung zu finden haben, weshalb die Ausschreibung nicht auf österreichische Unternehmen zu beschränken war, sondern – entsprechend den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts – alle in der EU tätigen Unternehmen zur Teilnahme am Konzessionsverfahren eingeladen wurden.
Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der Begriff „Anfangskapital“ nicht mit dem Begriff „Grundkapital“ gleichzusetzen ist. Der Begriff des Anfangskapitals ist im § 2 Bankwesengesetz definiert. Daraus abgeleitet bedeutet dieser Begriff für Kapitalgesellschaften, welche nicht im Bankenbereich tätig sind, dass folgende Elemente dem Anfangskapital zuzurechnen sind:
Þ eingezahltes Kapital bei Aktiengesellschaften, das ist das eingezahlte Grund- und Stammkapital;
Þ offene Rücklagen, der laufende Jahresüberschuss, soweit Steuern und Gewinnausschüttung abgezogen sind und er festgestellt wird;
Þ sowie diverses nachrangiges Kapital (z.B. Gesellschafterzuschüsse).
Daraus muss gefolgert werden, dass der Begriff „Anfangskapital“ am ehesten mit dem Begriff „Eigenkapital“ gleichgesetzt werden kann. Ein ausreichendes Anfangskapital ist deswegen erforderlich, um auch Anfangsverluste abdecken zu können und eine den Verbindlichkeiten angemessene Eigenmittelquote zu erreichen, die dem § 22 URG entspricht. Weiters ist daran zu erinnern, dass der erwartete Jahresumsatz der Ökostromabwicklungsstelle über € 600 Mio. liegen wird, wodurch sich an Bilanzstichtagen Verbindlichkeiten ergeben können, die die im Ökostromgesetz für die Ökostromabwicklungsstelle vorgesehene Anfangskapitalausstattung durchaus erforderlich machen.
Demgegenüber wurde in der Regierungsvorlage, die die Errichtung einer Ökostromenergie AG vorsah und die im Eigentum der öffentlichen Hände gestanden wäre, lediglich auf das Grundkapital in Höhe von € 1 Mio. dieser Gesellschaft abgestellt.
Haftungen der Republik Österreich für die Ökostromabwicklungsstelle sind nicht vorgesehen. Für eine Haftungsübernahme durch die Republik Österreich wäre ein eigenes Bundesgesetz erforderlich. Darüber hinaus würde eine Bundeshaftung durch Zurechnung der Haftungssumme den Bundeshaushalt belasten.
Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:
Die Höhe der angemessenen Verzinsung des Kapitals wird im Rahmen des Konzessionserteilungsverfahren durch den von meinem Ressort bestellten unabhängigen Gutachter aus dem Gebiet der Betriebswirtschaft zu ermitteln sein.
Die Frage 3 b kann nicht beantwortet werden, da – wie bereits oben erwähnt – Grundkapital, Anfangskapital und Eigenkapital verschiedene betriebswirtschaftliche Kenngrößen sind, die miteinander nicht vergleichbar sind.
Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:
Bei der Regelung bezüglich der fachlichen Eignung ist der Gesetzgeber offensichtlich davon ausgegangen, dass für den erfolgreichen Betrieb eines Unternehmens Branchenkenntnisse sowie Kenntnis des Rechnungswesens unabdingbar sind, weshalb die fachliche Eignung jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn der Leiter einer Abwicklungsstelle eine zumindest dreijährige leitende Tätigkeit auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft oder des Rechnungswesens nachweist. Aus der Formulierung des § 14 b Abs. 2 Z 7 Ökostromgesetz muss jedoch gefolgert werden, dass die Qualifikation der fachlichen Eignung als Vorstand durchaus auch auf andere Personen zutreffen kann. In diesem Fall ist die Frage der fachlichen Eignung im Rahmen des Ermittlungsverfahrens festzustellen.
Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:
Gesetzliche Grundlage für die Bestimmung des Verrechnungspreises durch Verordnung ist § 22 b Ökostromgesetz idF der Ökostromgesetznovelle 2006.
Gemäß § 32 a Abs. 4 Ökostromgesetz tritt § 22 b am 1. Jänner 2007 in Kraft. Die Bestimmung des Verrechnungspreises kann daher erst nach diesem Zeitpunkt erfolgen. Daher ist davon auszugehen, dass die Bestimmung des § 22 b Abs. 1, wonach die Energie-Control Kommission diese Verordnung im Vornhinein zu erlassen hat, nur für die dem Kalenderjahr 2007 folgenden Jahre Anwendung findet.
Da jedoch der Verrechnungspreis eine wesentliche kalkulatorische Grundlage der Stromhändler ist, beabsichtigt die Energie-Control Kommission nach Ablauf des 3. Quartals des Jahres 2006 und somit nach Vorliegen aktueller Werte, die eine möglichst exakte Prognose erlauben, einen Verordnungsentwurf zur Begutachtung zu versenden und die Verordnung unmittelbar nach Inkrafttreten des § 22b Abs. 1 zu erlassen. Die Energie-Control Kommission hat die Energie-Control GmbH bereits beauftragt, alle vorbereitenden Maßnahmen für die rechtzeitige Erlassung der Verordnung zu treffen.
Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Investitionssicherheit für die Projektplanung im Ökostrombereich und dem Verrechnungspreis ist nicht zu erkennen. Der Verrechnungspreis ist jeweils für Kleinwasserkraft und sonstigen Ökostrom in einer solchen Höhe festzulegen, dass die Mehraufwendungen der Ökostromabwicklungsstelle für Kleinwasserkraft bzw. für sonstigen Ökostrom (bei Berücksichtigung der Einnahmen aus der Zählpunktpauschale) abgedeckt sind (§ 22 b Abs. 2 bzw. 3 Ökostromgesetz). Da der Verrechnungspreis lediglich im Verhältnis zwischen Ökostromabwicklungsstelle und Stromhändlern maßgeblich ist - es handelt sich dabei um das für die den Stromhändlern zugewiesene elektrische Energie zu bezahlende Entgelt -, ist davon auszugehen, dass der Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung über den Verrechnungspreis auf die Investitionssicherheit für die Projektplanung keinen Einfluss hat.
Für die Planungs- und Investitionssicherheit ist jedoch die Höhe der mit Verordnung festgelegten Einspeisetarife für neue zusätzliche Ökostromanlagen entscheidend. Der Begutachtungsentwurf für diese Verordnung wurde bereits am 1. August 2006 ausgesendet. Die Stellungnahmefrist endete am 8. September 2006. Eine rechtzeitige Erlassung der Verordnung ist gewährleistet.