2263/AB-BR/2006
Eingelangt am 18.12.2006
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BM für Finanzen
Anfragebeantwortung
GZ. BMF-310102/0012-I/4/2006
Herrn Präsidenten
des Bundesrates
Gottfried Kneifel
Parlament
1017 Wien
Sehr geehrter Herr Präsident!
Auf die schriftliche
parlamentarische Anfrage Nr. 2456/J-BR
vom
18. Oktober 2006 der Bundesräte
Jürgen Weiss,
Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen, betreffend Handhabung der von der Schweiz
nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zu leistenden Vergütung, beehre ich
mich Folgendes mitzuteilen:
Einleitend möchte ich auf die rechtliche Beurteilung der von der Schweiz gemäß dem Doppelbesteuerungsabkommen zu leistenden Vergütung eingehen und darauf hinweisen, dass eine umfassende Prüfung, wie diese Vergütung finanzverfassungs- und finanzausgleichsrechtlich zu beurteilen ist, stattgefunden hat und zu folgendem Ergebnis führte:
Entscheidend für die Beantwortung dieser Frage ist, ob es sich bei der, von der Schweizerischen Eidgenossenschaft zu leistenden Ausgleichszahlung um eine Abgabe im Sinne der Finanzverfassung handelt.
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind unter öffentlichen Abgaben im Sinne des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 nur Geldleistungen zu verstehen, die der Bund, die Länder oder die Gemeinden kraft öffentlichen Rechts zur Deckung ihres Finanzbedarfs erheben. Ähnlich der Verwaltungsgerichtshof: "Unter dem Begriff ’öffentliche Abgaben’ im Sinne der Finanzverfassung sind alle einmaligen oder laufenden Geldleistungen zu verstehen, die kraft öffentlichen Rechts aufgrund einer generellen Norm zwecks Erzielung von Einnahmen der Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden) zur Bestreitung des Aufwandes im öffentlichen Interesse allen auferlegt werden." [Zitate nach Ruppe, F-VG § 5, in: Korinek/Holoubek (Hrsg), Bundesverfassungsrecht, RZ 7 (1999)].
Leistungen von Staaten auf der Basis von Staatsverträgen sind von vornherein nicht unter diesen Abgabenbegriff zu subsumieren, weil solche Leistungen nicht erhoben bzw. aufgrund einer generellen Norm auferlegt, sondern vertraglich von gleichrangigen Vertragsparteien vereinbart werden. Leistungen von Staaten auf Basis von völkerrechtlichen Verträgen sind insofern mit Leistungsentgelten auf privatrechtlicher Grundlage vergleichbar, die ebenfalls nicht als Abgaben im Sinne der Finanz-Verfassung angesehen werden.
Da somit Art. VIII Z 4 dieser Vereinbarung weder die Schweizerische Eidgenossenschaft noch die in Österreich ansässigen, in der Schweiz unselbständig arbeitenden Bürger gegenüber dem Bund abgabepflichtig macht, kann es sich bei dieser Vergütung nicht um Einnahmen aus einer Abgabe im Sinne der Finanz-Verfassung handeln, für die das Finanzausgleichsgesetz 2005 (FAG 2005) eine Teilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden anordnen würde.
Bezüglich der Vorgehensweise in dieser Angelegenheit möchte ich Folgendes festhalten:
Die Landesfinanzreferentenkonferenz hat sich am 4. Oktober 2006 ebenfalls mit dem Doppelbesteuerungsabkommen Österreich-Schweiz befasst und u.a. um Zuleitung einer Regierungsvorlage an den Nationalrat, mit der die gesetzliche Grundlage für die Aufteilung derartiger Ausgleichsleistungen auf den Bund, die Länder und die Gemeinden entsprechend dem einheitlichen Aufteilungsschlüssel im FAG 2005 geschaffen wird, ersucht.
Das Bundesministerium für Finanzen hat in seinem Antwortschreiben in Aussicht gestellt, zu gegebener Zeit dieses Ersuchen der Länder gemeinsam und im Zusammenhang mit den weiteren gegenseitigen finanzausgleichspolitischen Vorschlägen mit den Finanzausgleichspartnern zu besprechen, und darauf hingewiesen, dass die Schweiz erst im Jahr 2007 erstmals eine Vergütung leisten wird, sodass kein Zeitdruck für das Einbringen einer Regierungsvorlage besteht.