2427/AB-BR/2008

Eingelangt am 21.07.2008
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

Herrn Präsidenten

des Bundesrates

Jürgen Weiss                                                                       Wien, am       Juli 2008

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310102/0003-I/4/2008

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2627/J-BR/2008 vom 21. Mai 2008 der Bundesräte Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Freibeträge für außergewöhnliche Belastungen auf Grund von Behinderung, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen.

 

Bevor ich auf die einzelnen Fragestellungen konkret eingehe, ist einleitend darauf hinzuweisen, dass die Unterstützung von Menschen mit Behinderung der österreichischen Bundesregierung traditionell ein wichtiges Anliegen war und ist. So sieht bereits das Regierungsprogramm für die XXIII. Gesetzgebungsperiode eine Reihe von Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Gleichstellungspolitik und zur Verbesserung der Beschäftigungssituation von Menschen mit Behinderung vor. Im Sinne des Regierungsprogramms sind auch im 95-Punkte Programm der Bundesregierung für das Jahr 2008 der Ausbau familienentlastender Dienste im Behindertenfall für Oktober 2008 sowie die Evaluierung des Pflegegeldes im Dezember 2008 vorgesehen. Die Bundesregierung setzt damit einen bewährten Kurs fort, denn schon in der Vergangenheit wurden wichtige Maßnahmen für Menschen mit Behinderung gesetzt. Zu nennen ist hier beispielsweise die Einführung der „Behindertenmilliarde“, die als Beschäftigungsoffensive für Menschen mit Behinderung auf die Eingliederung in den Arbeitsmarkt sowie die Sicherung gefährdeter Arbeitsplätze gerichtet ist, ferner die Erhöhung des Pflegegeldes im Jahr 2005.

 

Zu 1.:

Es ist zutreffend, dass die Freibeträge gemäß § 35 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988) sowie die Freibeträge für Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung und für Mehraufwendungen für die Fahrten von Menschen mit einer Körperbehinderung gemäß §§ 2 und 3 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF, seit längerem nicht angehoben worden sind.

 

Hinsichtlich der Freibeträge gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 sowie der Freibeträge für Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung ist allerdings darauf hinzuweisen, dass es sich hier lediglich um Freibeträge handelt, die statt der tatsächlichen Kosten und ohne Nachweis dieser tatsächlichen Kosten geltend gemacht werden können. Das bedeutet, dass statt dieser Freibeträge stets die tatsächlichen Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden können. Darüber hinaus können diese Freibeträge bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen sogar dann in Anspruch genommen werden, wenn tatsächlich gar keine Mehrkosten entstehen. Aus den genannten Gründen kann daher Menschen mit Mehraufwendungen aus einer Behinderung aus dem Umstand, dass die genannten Freibeträge in den letzten Jahren nicht erhöht wurden, kein Nachteil entstanden sein.

 

Der Freibetrag für Mehraufwendungen für die Fahrten von Menschen mit einer Körperbehinderung gemäß § 3 Abs. 1 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF, soll Mehrkosten gegenüber der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel abgelten, nicht jedoch die aus der Benützung eines eigenen Kraftfahrzeuges entstehenden Vollkosten (dies gilt sinngemäß auch für den Freibetrag gemäß § 3 Abs. 2 der genannten Verordnung, der nur die Mehrkosten für Taxifahrten abdecken soll). Zu beachten ist auch, dass sich die allgemeinen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Verwendung eines eigenen Kraftfahrzeuges innerhalb der letzten 20 Jahre wesentlich geändert haben. In der gegenwärtigen Situation ist davon auszugehen, dass die überwiegende Anzahl der österreichischen Haushalte über ein privates Kfz verfügt und ein solches auch entsprechende Verwendung findet. Eine ausschließliche Verwendung auf Grund der Gehbehinderung wird zweifelsohne vorkommen, stellt aber keinesfalls den Regelfall dar. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass gehbehinderte Pendler auch von den jüngsten Erhöhungen der Pendlerpauschalen sowie von der Erhöhung der Negativsteuer für Pendler mit geringem Einkommen im Rahmen des Ökologisierungsgesetzes 2007 profitiert haben.

 

Überdies ist zu bedenken, dass auch zahlreiche andere Beträge im EStG 1988 seit längerer Zeit nicht erhöht worden sind. Eine isolierte Erhöhung der Freibeträge gemäß § 35 Abs. 3  EStG 1988 sowie der Freibeträge für Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung und für Mehraufwendungen für Fahrten von Menschen mit einer Körperbehinderung gemäß §§ 2 und 3 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF, würde daher mit Sicherheit zu – mehr oder weniger berechtigten – Forderungen anderer Interessensgruppen führen. Damit bestünde die Gefahr, dass die budgetären Kosten einer solchen Maßnahme durch die Ausweitung auf weitere Beträge enorm steigen würden.

 

Aus den genannten Gründen kommt eine isolierte Erhöhung der Freibeträge gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 sowie der Freibeträge für die Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung und für Mehraufwendungen für Fahrten von Menschen mit einer Körperbehinderung gemäß §§ 2 und 3 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen,  BGBl. Nr. 303/1996 idgF, zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in Betracht. Allenfalls kann eine diesbezügliche Diskussion in einem breiteren Kontext erfolgen.

 

Zu 2.:

Im Sinne der Ausführungen zu Frage 1. wird im Zuge der Arbeiten an der Steuerreform 2010 auch über eine Erhöhung der Freibeträge gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 sowie der Freibeträge für Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung und für Mehraufwendungen für Fahrten von Menschen mit einer Körperbehinderung gemäß §§ 2 und 3 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF, zu diskutieren sein. Da es sich bei der Steuerreform 2010 aber um ein Gesamtpaket von Maßnahmen handeln wird  und die Details derzeit noch nicht feststehen bzw. gerade verhandelt werden, ersuche ich um Verständnis, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Zusagen gemacht werden können.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Mag. Wilhelm Molterer eh.