2498/AB-BR/2009

Eingelangt am 02.09.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für europäische und internationale Angelegenheiten

Anfragebeantwortung

Die Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen haben am 2. Juli 2009
unter der Zl. 2696/J-BR/2009 an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend
„AKW Projekte“ gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Eingangs möchte ich erwähnen, dass das Bundesministerium für europäische und
internationale Angelegenheiten (BMeiA) die österreichische Nuklearpolitik auf der Grundlage
der einschlägigen Bestimmungen der österreichischen Verfassung sowie des geltenden
Regierungsprogramms und im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) umsetzt. Dementsprechend
werden die diesbezüglichen Aktivitäten des BMeiA vom Grundsatz der Ablehnung der
Nutzung der Atomenergie geleitet, weil diese weder im Einklang mit nachhaltiger
Entwicklung steht noch eine kostengünstige und zukunftsverträgliche Option zur
Bekämpfung des Klimawandels darstellt. Österreich hat allerdings im Einklang mit
internationalem und europäischem Recht die nationale Souveränität anderer Staaten
hinsichtlich deren Auswahl der Energieträger zu respektieren. Dort jedoch, wo es um die
legitimen Schutzbedürfnisse der österreichischen Bevölkerung bzw. um den Schutz der
Umwelt geht, ist Österreich berechtigt und verpflichtet, seine Stimme zu erheben und tut dies
auch nachdrücklich.


Zu Frage 1:

Derzeit hat Österreich bilaterale Nuklearinformationsabkommen mit 11 Staaten - Slowakei,
Tschechien, Deutschland, Schweiz, Slowenien, Ungarn, Weißrussland, Polen, Russische
Föderation, Tadschikistan und der Ukraine - abgeschlossen. Somit bestehen bilaterale
Nuklearinformationsabkommen mit allen Nachbarstaaten mit der Ausnahme Italiens und
Liechtensteins sowie aus historischen Gründen mit einer Reihe osteuropäischer Staaten.

Mit den unmittelbaren Nachbarstaaten werden in deren Rahmen in der Regel einmal jährlich
Expertengespräche abgehalten. Auf Basis dieser Abkommen wird Österreich über neue
Kernkraftwerks-Projekte oder über Projekte von Zwischen- oder Endlagerungen von
radioaktivem Abfall informiert und in den damit im Zusammenhang stehenden Prozess von
Umweltverträglichkeitsprüfungen eingebunden. Wesentliches Element der Abkommen ist
auch der Informationsaustausch und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet Strahlenschutz,
Frühwarnung und Notfallschutzplanung.

Im Falle Italiens, das einen Wiedereinstieg in die Atomenergie und den Bau von neuen
Atomkraftwerken beabsichtigt, habe ich im Rahmen eines bilateralen Treffens Außenminister
Franco Frattini am 21. Juli 2009 auf das österreichische Anliegen eines Abschlusses eines
bilateralen Nuklearinformationsabkommens hingewiesen. Es wurde daraufhin vereinbart, eine
bilaterale Expertenkommission einzusetzen, die ein solches Abkommen zwischen Österreich
und Italien ausarbeiten soll.

Zu Frage 2:

Ich verweise auf die Beantwortung der Parlamentarischen Anfrage Zl. 2700/J-BR/2009 vom
2. Juli 2009 durch den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft.


Zu Frage 3:

Ich verweise auf die Beantwortung der Parlamentarischen Anfrage Zl. 2699/J-BR/2009 vom
2. Juli 2009 durch den Herrn Bundeskanzler.

Zu Frage 4:

Ich verweise auf die Beantwortung der Parlamentarischen Anfrage Zl. 2602/J-BR/2008 vom
18. Februar 2008 durch meine Amtsvorgängerin. Bisher sind alle Bemühungen, eine
Anerkennung des österreichischen Atomhaftungsrechts durch die Nachbarstaaten zu erreichen,
erfolglos geblieben, da es im Vergleich zu den bestehenden Regimen des internationalen
Atomhaftungsrechts den Geschädigten wesentlich mehr Rechte einräumt. Die
Geltendmachung von Haftungsansprüchen vor österreichischen Gerichten ist nicht
Gegenstand der Vollziehung des BMeiA.

Zu Frage 5:

Eine detaillierte Recherche der genauen Haftungsgrenzen und der Beträge für
grenzüberschreitende Unfallfolgen für sämtliche angefragten Staaten wäre nur mit einem
unverhältnismäßig hohen übermäßigen Verwaltungsaufwand zu bewerkstelligen und ist daher
nicht möglich.

Zu den Fragen 6 und 9:

Die österreichische Position zur Atomenergie wird laufend im Rahmen bilateraler Treffen
angesprochen. So habe ich unter anderem bei bilateralen Treffen mit Vertretern der
Tschechischen Republik (9. Jänner 2009 - Außenminister Schwarzenberg; 5. Juni 2009 -Außenminister Kohout), Ungarns (12. Februar 2009 - Außenministerin Göncz, Premierminister Gyurcsany, Staatspräsident Sólyom), der Schweiz (16. Februar 2009 -Außenministerin Calmy-Rey), der Slowakei (9. März 2009 - Außenminister Lajčák),
Sloweniens (13. März 2009 - Außenminister
 Žbogar) und Italiens (21. Juli 2009 -Außenminister Frattini) die österreichische Position zu Nuklearenergie klar zum Ausdruck
gebracht. Daran werde ich auch in Zukunft festhalten.

Zu Frage 7:

Ich verweise auf die Beantwortung der Parlamentarischen Anfrage Zl. 2698/J-BR/2009 vom
2. Juli 2009 durch die Frau Bundesministerin für Justiz.

Zu Frage 8:

Mit kernenergiekritischen Ländern findet sowohl auf politischer als auch auf administrativer
Ebene ein ständiger Kontakt und Informationsaustausch statt.

Als jüngstes Beispiel dieser Zusammenarbeit möchte ich erwähnen, dass im Juni 2009 auf
EU-Ebene mit intensiver Unterstützung Österreichs und anderer kritischer Partnerländer mit
der Annahme der Richtlinie zur nuklearen Sicherheit, die gemeinsame Sicherheitsnormen für
Kernkraftwerke innerhalb der EU vorsieht, ein bedeutender Erfolg erzielt werden konnte. Mit
dieser Richtlinie ist die EU der erste große regionale Akteur, der die wichtigsten
internationalen kerntechnischen Sicherheitsnormen, nämlich die von der Internationalen
Atomenergie-Organisation (IAEO) erarbeiteten Sicherheitsgrundsätze und die aus dem
Übereinkommen über nukleare Sicherheit erwachsenden Verpflichtungen, rechtsverbindlich
vorgibt. Dies stellt somit einen ersten, wichtigen Schritt zur Verbesserung der nuklearen
Sicherheit in Europa dar und trägt wesentlich zum Schutz von Arbeitnehmern, Bevölkerung
und Umwelt bei.

Dieser Erfolg illustriert die Bedeutung dieses informellen Netzwerkes mit den Partnerländern.
In jenen Fällen oder bei jenen Themen, bei welchen ähnlich gelagerte Interessen gegeben sind,
werden diese auch gemeinsam verfolgt. Dies beschränkt sich übrigens keineswegs nur auf
grundsätzlich kernenergiekritische Staaten.

Zu den Fragen 10 bis 15:

Ich verweise auf die Beantwortung der Parlamentarischen Anfrage Zl. 2700/J-BR/2009 vom
2. Juli 2009 durch den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft.