2518/AB-BR/2009

Eingelangt am 30.10.2009
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

NIKOLAUS BERLAKOVICH

Bundesminister

 

 

 

 

 

An den                                                                                               Zl. LE.4.2.4/0157-I 3/2009

Herrn Präsidenten

des Bundesrates

 

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 27. OKT. 2009

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfrage der Bundesräte Ing. Reinhold Einwallner,

                        Kolleginnen und Kollegen vom 8. Sept. 2009, Nr. 2724/J-BR/2009,

                        betreffend Hangrutschung in Doren

 

 

 

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Bundesräte Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen vom 8. Sept. 2009, Nr. 2724/J-BR/2009, teile ich Folgendes mit:

 

Zu Frage 1:

 

Die Ortschaft Doren ist eine verhältnismäßig junge Siedlung (Kirchenbau 1824, eigene Pfarrei seit 1853), deren Gebiet ursprünglich einen hohen Waldanteil aufwies.

 

Am Ende des 16. Jahrhunderts wurde der Raum um Doren gerodet und diese Rodungen wurden immer mehr erweitert. Nach mündlichen Überlieferungen wurde die Rutschung Doren das erste Mal in den Jahren 1847 und 1864 aktiv.


Weitere Rutschungen waren in den Jahren 1927, 1935, 1952, 1954, 1988, 2005 und 2007. Bei den Großrutschungen 1927, 1935 und 1988 waren jeweils ca. 2 – 3 Mio. m³ Material in Bewegung, im Jahr 1935 wurde die Weißach vollständig aufgestaut, wobei sich hinter der Rutschung ein See mit einer Länge von ca. 400 – 500 m bildete. Die Ereignisse von 2007 (19.02 und 09.12.) sind vergleichbar mit dem von 1988, wenn es nicht sogar überschritten wird.

 

Ab dem Jahr 1935 wurden von der Wildbach- und Lawinenverbauung umfangreiche Sicherungsmaßnahmen (Entwässerungsstollen, Tiefdrainage, Sickerschlitze, Stützbauten und Aufforstungen) mit folgendem Kostenaufwand  und nachfolgender Finanzierung durchgeführt:

 

Jahre

Kostenaufwand

Finanzierungsanteile (Bund/Land/Gde. Doren/Ldstr.)

 

1935 - 1937

27.000,-- Altschilling

65/20/15

 

1938  -1941/42

215.000,-- Reichsmark

65/20/15

 

1950 - 1951

20.000,--  ATS

100/0/0

ERP-Forstwirtschaft

1952

       10.000,--  ATS

33/33/34

Elementararbeiten

1952 - 1964

113.000,--  ATS

65/20/15

 

1988

825.000,--  ATS

33,3/33,3/33,3

Sofortmaßnahmen

1990 - 1994

2.750.000,--  ATS

60/20/13/7

 

1994 - 2001

3.641.000,--  ATS

63/15/15/7

 

 

·         Im Jahre 2002 wurden eine Inklinometerbohrung sowie Messungen und geologische Erkundungen durchgeführt. Die Kosten hierfür betrugen € 37.525,00 (Finanzierung 63/15/15/7).

·         2003 wurde die verbesserte Tiefdrainage unterhalb des Gasthauses Adler Richtung Kirchgraben errichtet (ca. 200 lfm), die Kosten hierfür betrugen € 355.030,00 (Finanzierung (60/18/15/7). Außerdem wurden weitere Erkundungen durchgeführt sowie Drainagen und Wasserabzugsgräben errichtet. Die Kosten hierfür betrugen € 17.150,00 (Finanzierung (63/15/15/7).

·         2004 wurden € 7.750,00 (Finanzierung (63/15/15/7) ausgegeben für diverse Auswertungen (Inklinometer) und Messungen.


·         2005 wurden Schlägerungen durchgeführt und ein oberflächliches Entwässerungssystem errichtet. Die Kosten hierfür betrugen € 90.600,00 (Finanzierung (60/18/15/7).

·         2006 wurden ebenfalls Schlägerungen durchgeführt und Entwässerungsgräben gezogen, weiters wurde ein Zufahrtsweg in die Rutschung errichtet. Die Kosten hierfür betrugen € 18.400,00 (Finanzierung (60/18/15/7).

·         2007 wurden weitere Untersuchungen getätigt (es wurden geologische Auswertungen durchgeführt und wurden 6 Inklinometer gebohrt), das zerstörte Entwässerungssystem aufgrund des Ereignisses vom Feb. 2007 wieder errichtet. Außerdem wurde die Drainage unterhalb des Reitplatzes saniert und der Pumpschacht Richtung Kirchgraben abgeleitet. Die Kosten betrugen mit Stand vom 31.12.2007 (Rutschung Doren BP 06 und Rutschung Doren Vorprojekt 2007) € 665.500,00 (Finanzierung (60/18/15/7).

·         2008 wurde bereits Mitte Jänner mit der Sanierung des zerstörten Entwässerungssystems aufgrund des Rutschungsereignisses vom 09.12.2007 begonnen. Die Ausgaben betrugen € 60.000,00 (Finanzierung (60/18/15/7). Für weiterführende Untersuchungen und Projek­tierungsarbeiten wurden weitere € 156.300,00 (Finanzierung (60/18/15/7) aufgewendet.

·         2009 wurden bisher (Stand Anfang September 2009) ca. € 100.000,00 (Finanzierung (60/18/15/7) für die Sanierung der Entwässerungsgräben, für das Monitoringsystem sowie eine Messbrunnenbohrung aufgewendet. Derzeit sind die Arbeiten für die Erstellung eines Vakuumbrunnens im Gange.

 

Zu Frage 2:

 

Im Zuge der Voruntersuchungen zum Projekt 2008 wurde von den von uns befassten Geologen Gefährdungsszenarien entwickelt, wie sich die Rutschung in 50 bzw. 100 Jahren weiterentwickelt, um so die Anzahl der gefährdeten Objekte und Straßen ermitteln zu können (siehe Beilage).

 

Zu Frage 3:

 

Die Voruntersuchungen zum Projekt 2008 haben ergeben, dass eine Sanierung der gesamten Massenbewegung und eine Stabilisierung der Abbruchwand primär nur durch den Abbau des Druckniveaus des Bergwasserkörpers in den Weißach Schichten erreicht werden kann. Er müsste in der Terrasse von Doren sowie in ihrem Vorland unter dem Kopf des Erd-Schuttstromes deutlich unter die jeweilige Geländeoberkante abgesenkt werden.


Entsprechend dieser Vorgaben wurde ein Sicherungskonzept mit einem Kostenaufwand von € 10,140 Mio. und einem Finanzierungsschlüssel von 60 % Bund, 18 % Land Vorarlberg, 15 % Gemeinde Doren und 7 % Land Vorarlberg als Straßenerhalter der L4 und der L20 erarbeitet.

 

Zu Frage 4:

 

Gemäß Gefährdungskarten (siehe Beilage) sind nachfolgende Objekte und Infrastruktur­einrichtungen von der Hangrutschung Doren bedroht:

 

Wohnhaus Hnr. 144

Wohnhaus Hnr. 151

Wohnhaus Hnr. 196

Wohn- und Gasthaus Hnr. 7

Mehrzweckgebäude: RAIBA, Bäckerei , Gemeindesaal. – alle Doren Hnr. 169

Wohn- und Gasthaus Hnr. 9

Frequenz L4 (Vorderwälder Straße)

Frequenz L20 (Dorener Straße)

 

Zu Frage 5:

 

Nach den durchgeführten Untersuchungen und den Aussagen der befassten Geologen und Erdmechaniker ist davon auszugehen, dass mit den geplanten Maßnahmen eine Stabilisierung der Abbruchwand und damit eine Sicherung der gefährdeten Objekte erreicht wird.

 

Zu Frage 6:

 

Als ein wesentlicher Faktor für die Rutschaktivität wurde der unterirdische Wasserabfluss in der der Felsoberfläche aufgelagerten Moräne gesehen. Im Jahre 1989 wurde nach dem damaligen Stand der Technik eine Tiefdrainage errichtet und es wurde versucht, einen Teil des unterirdischen Zuflusses abzuleiten.

 

Wasseraustritte an der Vorderkante der aufgelagerten Moräne haben aber gezeigt, dass die Wirkung der Tiefdrainage von 1989 nicht ausreichend war.

 

Mit dieser, leider nicht ausreichenden, Entwässerungswirkung wurde jedenfalls die Situation der Rutschung nicht verschärft. In jedem Fall wurde kein zusätzliches Wasser im Bereich der alten Tiefdrainage eingeleitet, es fand somit keine Bewässerung statt. Allerdings wurde aufgrund der unzureichenden Wirksamkeit der Tiefdrainage 1989 im Jahre 2003 eine verbesserte Tiefdrainage gebaut.

 

Zur Beweissicherung wurden die durch diese Anlage dem Hang entzogenen Wassermengen ständig automatisch beobachtet und gemessen. Es handelt sich dabei um jährlich ca. 13 Mio. bis 14 Mio. Liter Wasser, welche schadlos in einen nahegelegenen Bach ausgeleitet werden.

 

Leider hat auch diese, sehr wesentliche Reduktion der Hangwassermenge nicht zur Beruhigung der Rutschung in Doren geführt. In ganz extremen Fällen baut sich im Festgestein ein enormer Hangwasserdruck auf, der zur Ausbildung von Gleitbahnen und – wenn die davor liegenden Mergelschichten durch die ständig wirkende Abwitterung eine ausreichend geringe Mächtigkeit aufweisen – zu einem Ausdrücken dieser Mergelpakete an der Abbruchwand führt. Das derzeit in Ausführung befindliche Projekt zielt darauf ab, diese hohen Hangwasserdrücke auf ein unschädliches Ausmaß zu reduzieren und die Abwitterung an der Abbruchwand so weit wie möglich zu verhindern.

 

Der Bundesminister:


Beilage zur Parl. Anfrage Nr. 2724/J-BR/2009

 

Abb. 1: Von Mag. Wolfgang Jaritz entwickeltes Gefährdungsszenario für die nächsten 50 bzw. 100 Jahre

 

Abb. 2: Von Dr. Walter Bauer entwickeltes Gefährdungsszenario für die nächsten 50 bzw. 100 Jahre