2540/AB-BR/2010

Eingelangt am 18.05.2010
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Herrn

Präsidenten des Bundesrates

Peter Mitterer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger diplô

Bundesminister

 

 

 

GZ: BMG-11001/0087-I/5/2010

Wien, am        17. Mai 2010

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 2747/J–BR/2010 der Bundesräte Georg Keuschnigg, Martin Preineder, Ferdinand Tiefnig, Kolleginnen und Kollegen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Fragen 1 bis 4:

Das EU-Lebensmittelkennzeichnungsrecht ist voll-harmonisiert. Wenn Österreich über die eu-weit einheitlich geltenden verpflichtenden Kennzeichnungselementen weitere Pflichtelemente vorgeben würde, ginge dies nur aus Gründen des Gesundheitsschutzes aufgrund einer spezifischen österreichischen Situation (die uns von den anderen Mitgliedsstaaten unterscheidet). Ob ein Lebensmittel sicher ist, hängt nicht von seiner Herkunft ab. Unabhängig von der Herkunft von Produkten bzw. deren Zutaten müssen Lebensmittel, die am Markt sind bzw. in den Markt kommen, sicher sein. Eine Verpflichtung zur Herkunftsangabe bei Lebensmitteln ist aus diesen Gründen in Österreich nicht möglich und kann nur auf EU-Ebene verwirklicht werden.


Freiwillig können sich Hersteller und Anbieter zur Kennzeichnung der Herkunft verpflichten. EU-weit einheitliche Regeln für eine derartige freiwillige Herkunftskennzeichnung gibt es derzeit nicht. Hier gilt grundsätzlich das allgemeine Irreführungsverbot, das sich am Handelsbrauch und an der Verbrauchererwartung orientiert. Da es ein jahrelanger Handelsbrauch in Österreich ist und war, dass eine 50-prozentige Wertschöpfung im Inland eine Auslobung mit „Österreich“ rechtfertigt, wurden Herkunftsauslobungen mit „Österreich“ trotz Verwendung von nichtösterreichischen landwirtschaftlichen Rohstoffe von den Lebensmittelgutachtern bisher nicht als irreführend gekennzeichnet beurteilt. Entsprechende Verfahren wegen unlauteren Wettbewerbs z.B. von Unternehmen, die auf Herkunftsangaben setzen, die eine 100prozentige Herkunft der Rohstoffe aus Österreich garantieren wie z.B. zahlreiche AMA-Betriebe oder von Interessensvertretungen der Landwirtschaft, die hier – zum Schutz ihrer Mitglieder – auch klagsbefugt sind, sind bisher nicht geführt worden.

 

Da auch aus meiner Sicht die 50prozentige Wertschöpfung in Österreich heutzutage nicht mehr die Verbrauchererwartung im Zusammenhang mit einer Auslobung „Österreichisches Erzeugnis“ rechtfertigt, habe ich die Codexkommission beauftragt, sich dieses Themas anzunehmen und neue Beurteilungsgrundsätze und Begriffsbestimmungen zur Verbesserung des Täuschungsschutzes von Verbraucherinnen und Verbrauchern zu erarbeiten (Arbeitsgruppe „Kennzeichnung, Irreführung, Herkunft“ im Rahmen des Codex). Ziel ist, vor allem Lebensmittelgutachter/innen mit detaillierteren Ausführungen bei ihren Entscheidungen zu unterstützen und auch Unternehmen hier Leitlinien und somit bestmögliche Sicherheit zu geben.

 

Auf EU-Ebene wird das gesamte Lebensmittelkennzeichnungsrecht nun einer Revision unterzogen; so wurde am 30. Jänner 2008 von der Europäischen Kommission ein Vorschlag für eine Verordnung betreffend die Information der Verbraucher/innen

über Lebensmittel, 2000/0028 (COD), vorgelegt, der derzeit auf Ratsebene intensiv diskutiert wird.

Zielsetzung der oben genannten „Informationsverordnung“ ist, dem Verlangen der Verbraucherinnen und Verbraucher nach mehr und „besserer“ Information (klare, einfache, umfassende, standardisierte und zuverlässige Informationen) auf der Etikettierung nachzukommen. Österreich setzt sich auf Gemeinschaftsebene besonders für den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Täuschung ein; dies ist ein zentrales Anliegen.

 

Der Verordnungsentwurf der Kommission enthält auch Bestimmungen hinsichtlich der Kennzeichnung der Herkunft; er ermöglicht eine freiwillige Kennzeichnung des Ursprungslandes oder Herkunftsortes unter Einhaltung bestimmter Anforderungen (Beachtung des allgemeinen Irreführungsverbotes): wird das Ursprungsland oder der Herkunftsort des Lebensmittels ausgelobt und deckt sich dieser nicht mit demjenigen seiner primären Zutat(en), so ist das Ursprungsland oder der Herkunftsort dieser Zutat(en) verpflichtend anzugeben.


Österreich unterstützt diese Forderung nach einer detaillierten Herkunftsangabe der wertbestimmenden Bestandteile eines Lebensmittels bei freiwilliger Auslobung der Herkunft des Lebensmittels. Überdies fordert Österreich in diesem Zusammenhang einerseits eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung bei unverarbeiteten Lebensmitteln und andererseits auch die verpflichtende Herkunftskennzeichnung für verarbeitete Lebensmittel.

 

Die EU-Verbraucherinformationsverordnung wird nach ihrer Beschlussfassung als unmittelbar anwendbarer Gemeinschaftsrechtsakt Teil des österreichischen Lebensmittelrechts sein.

 

Frage 5:

Die wesentlichen Forderungen von Österreich sind eine verpflichtende Nährwertkennzeichnung, eine verpflichtende Angabe der Herkunft, eine verpflichtende Mindestschriftgröße bei gutem Kontrast sowie eine verpflichtende Allergenkennzeichnung bei unverpackter Ware.

 

Frage 6:

In Zusammenhang mit den Diskussionen über Lebensmittelinformationen in Gastronomiebetrieben werden bereits Gespräche mit der Wirtschaftskammer geführt, um eine gemeinsame Vorgangsweise mit dem Ziel praxisgerechter Lösungen im Sinne des Konsumentenschutzes zu erreichen. In weiteren Gesprächen sollen die Möglichkeiten und eine machbare Umsetzung in der Praxis erörtert werden. Aus Gründen der Gleichbehandlung kann für die Gastronomie verpflichtend nur vorgeschrieben werden, was auch für verpackte Lebensmittel verpflichtend ist. Es gibt mit Ausnahme von Rindfleisch keine Verpflichtung zur Angabe der Herkunft bei verpackten Lebensmitteln.

 

Frage 7:

Hier verweise ich auf die bereits eingangs genannte Initiative, die einen verbesserten Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher zum Ziel hat und die in diesem Zusammenhang erfolgte Einberufung der Arbeitsgruppe „Kennzeichnung, Irreführung, Herkunft“ im Rahmen der Österreichischen Codexkommission, um Begriffsbestimmungen und Beurteilungsgrundsätze zu erarbeiten. Wie bereits ausgeführt, sollen dadurch vor allem Lebensmittelgutachter/innen mit detaillierteren Ausführungen bei ihren Entscheidungen unterstützt und den Unternehmen Leitlinien und somit bestmögliche Sicherheit gegeben werden.

In dieser Gruppe befasst man sich auch mit Produktbezeichnungen wie „Bauern-“ oder ähnlichem.