2547/AB-BR/2010
Eingelangt am
30.06.2010
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Wirtschaft, Familie und Jugend
Anfragebeantwortung
Präsident des Bundesrates
Peter MITTERER
Parlament
1017 Wien
Wien, am 30. Juni 2010
Geschäftszahl:
BMWFJ-10.102/0006-IK/1a/2010
In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 2755/J-BR betreffend „einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld für Grenzgänger“, welche die Abgeordneten Cornelia Michalke, Kolleginnen und Kollegen am 6. Mai 2010 an mich richteten, stelle ich fest:
Antwort zu den Punkten 1 und 2 der Anfrage:
Der Status "Grenzgänger" (Wohnort in einem Staat und Beschäftigung in einem anderen Staat) ist in der Datenbank zum Kinderbetreuungsgeld nicht vermerkt.
Es werden in der Statistik jedoch jene Fälle erfasst, die als Wohnort "Ausland" angeben. Diese sind jedenfalls Grenzgänger-Fälle, da zumindest ein Elternteil in Österreich beschäftigt sein muss, damit Österreich nach der EU-Verordnung 883/2004 für Familienleistungen (vorrangig oder nachrangig) zuständig ist und daher Kinderbetreuungsgeld oder eine Ausgleichszahlung zum Kinderbetreuungsgeld gebührt.
Die Monatsstatistik April 2010 weist beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld in acht Fällen einen Wohnort im Ausland auf.
Antwort zu den Punkten 3 bis 5 der Anfrage:
Die zusätzliche Anspruchsvoraussetzung einer 6-monatigen Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes, die in Österreich sozialversicherungspflichtig ist, entspricht dem Gleichheitssatz. Die Intention des Gesetzgebers war es, das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld nur jenen Elternteilen zur Verfügung zu stellen, die aufgrund einer Pflichtversicherung in die österreichische Sozialversicherung eingezahlt haben und für die demnach auch Dienstgeberbeiträge in den Familienlastenausgleichsfonds geflossen sind. Demnach wird all jenen Elternteilen, die in das österreichische Sozialversicherungssystem für eine bestimmte Zeit einzahlen, ein Ersatz dieses Einkommens gewährt. All jene Eltern, die - aus welchen Gründen immer - in das Sozialversicherungssystem eines anderen Staates einzahlen, ersetzt Österreich nicht das ausländische Einkommen.
Bei Grenzgängern innerhalb der EU ist die EU-Verordnung 883/2004 anzuwenden. Diese Verordnung bestimmt, dass eine Person den Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit nur eines Mitgliedstaates unterliegt. Demnach zahlt eine Person, die den Rechtsvorschriften eines Staates unterliegt, nicht nur in das Sozialversicherungssystem dieses Staates ein, sondern erhält auch die Leistungen dieses Staates. Zur sozialen Sicherheit gehören etwa Leistungen bei Krankheit, Mutterschaft (dazu gehört auch das Wochengeld), Leistungen bei Invalidität, Alter, Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten, Arbeitslosigkeit, aber eben auch Familienleistungen. Gemäß dieser Verordnung unterliegt eine Person grundsätzlich den Rechtsvorschriften des Staates, in dem sie ihre Erwerbstätigkeit ausübt. Daneben bestehen Sonderbestimmungen; so unterliegt etwa eine entsendete Person weiterhin den Rechtsvorschriften des Entsendestaates. Weiters besteht grundsätzlich die Möglichkeit, den Rechtsvorschriften des bisher zuständigen Staates weiterhin zu unterliegen, wenn eine Ausnahmevereinbarung beantragt wird.
Zusammengefasst bedeutet dies: Eine Person, die als Grenzgänger z.B. in Deutschland wohnt und längere Zeit in Österreich arbeitet, unterliegt in der Regel den österreichischen Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit, zahlt in das österreichische Sozialversicherungssystem ein und hat damit auch Anspruch auf österreichische Familienleistungen. Im umgekehrten Fall bedeutet es, dass eine Person, die z.B. in Österreich wohnt und längere Zeit in Deutschland arbeitet, in der Regel den deutschen Rechtsvorschriften unterliegt, in das deutsche Sozialversicherungssystem einzahlt und Anspruch auf die deutschen Familienleistungen hat.
Die EU-Verordnung bestimmt weiters, dass bei früheren Versicherungs- und Beschäftigungszeiten in einem anderen Staat eine Zusammenrechnung mit inländischen Versicherungs- und Beschäftigungszeiten zu erfolgen hat. Arbeitet daher etwa eine Person zuerst zwei Monate in Deutschland und dann vier Monate bis zur Geburt des Kindes in Österreich, so wird die Anspruchsvoraussetzung der 6-monatigen Erwerbstätigkeit beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld erfüllt werden.
Die Antikumulierungsregeln der EU-Verordnung können dazu führen, dass eine Person, die als solche nicht den Rechtsvorschriften eines bestimmten Staates unterliegt, trotzdem Familienleistungen dieses Staates beanspruchen kann. Sie sehen jedoch keine Verpflichtung vor, dass dieser Staat der ihr nicht unterliegenden Person Einkommensersatzleistungen wie das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld gewähren muss. Einkommensersatzleistungen hat demnach der andere, für Familienleistungen nachrangig zuständige Staat, dessen Rechtsvorschriften diese Person als solche unterliegt, nach Anrechnung der Leistungen des vorrangigen Staates zu erbringen. Sieht der Staat, dessen Rechtsvorschriften eine Person als solche unterliegt, keine Einkommensersatzleistungen in seinem Rechtssystem vor, so ist es nicht Aufgabe anderer Staaten, einen Ausgleich dafür zu schaffen und die Kosten dafür zu tragen. In Bezug auf Österreich sind betroffene Personen aufgrund der großzügigen Pauschalvarianten des Kinderbetreuungsgeldes, welche unabhängig von einer vor der Geburt ausgeübten Erwerbstätigkeit gebühren, in einer überaus vorteilhaften Lage verglichen mit Staaten, die nur einkommensabhängige Leistungen oder gar keine Erziehungsleistungen vorsehen.