2552/AB-BR/2010

Eingelangt am 26.07.2010
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur

Anfragebeantwortung

 

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

 

 

 

Herrn

Präsidenten des Bundesrates

Martin Preineder

Parlament

1017 Wien

 

Geschäftszahl:

BMUKK-10.001/0006-III/4a/2010

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wien, 23. Juli 2010

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2759/J-BR/2010 betreffend Einführung des Pflichtfachs Politische Bildung ab der 5. Schulstufe, die die Bundesräte Mag. Bettina Rausch, Kolleginnen und Kollegen am 28. Mai 2010 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Zu Fragen 1 bis 3:

Bislang wurden noch keine Studien in Auftrag gegeben, die die Wirksamkeit des Unterrichts von Politischer Bildung selbst zum Inhalt hatte. Soweit bekannt, gibt es auch für andere Unterrichtsgegenstände keine gegenstandsspezifischen Wirksamkeitsforschungen durch eine Forschungseinrichtung.

 

Der Pflichtgegenstand „Geschichte und Politische Bildung“ in der 8. Schulstufe wurde erst im vorletzten Schuljahr mit 1. September 2008 eingeführt. Gleichzeitig wurden an allen Pädagogischen Hochschulen Lehrkräftefortbildungsvorhaben gestartet. Als wesentliche Neuerung des Politikunterrichtes ist zweifellos die Verankerung des kompetenzorientierten Unterrichtes zu nennen, basierend auf der Entwicklung eines Kompetenz-Strukturmodelles Politische Bildung. Dieses Modell erleichtert es grundsätzlich den Lehrkräften, noch schülerinnen- und schülerorientierter zu unterrichten und an der Anbahnung und Vermittlung von Politikkompetenzen zu arbeiten.


Grundsätzlich erscheint der Zeitraum für eine aussagekräftige Evaluierung noch zu kurz, da viele Fortbildungsmaßnahmen noch im Aufbau bzw. im Laufen sind und die Umsetzungsphase im Unterricht noch Zeit braucht. Eine Bestandserhebung liefern die Ergebnisse einer internationalen Vergleichsstudie zur Politischen Bildung in der 8. Schulstufe, deren Erhebungsphase mit der Einführungsphase des Gegenstandes „Geschichte und Politische Bildung“ zusammenfiel. Die ersten bereits veröffentlichten Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich die heimischen Schülerinnen und Schüler der 8. Schulstufe im internationalen Vergleich durch ein besonders hohes Interesse an politischen und sozialen Themen, eine starke Zustimmung zu gleichen Rechten für Frauen und durch ein hohes Vertrauen in staatliche Institutionen auszeichnen. Ihr politisches und bürgerinnen- bzw. bürgerschaftliches Wissen sowie ihre diesbezüglichen Analyse- und Argumentationsfähigkeiten liegen im internationalen Durchschnitt. Weitere Infos dazu finden sich unter http://www.sora.at/themen/politische-kultur/iccs-2006-2010.html .

 

Zu Frage 4:

Im genannten Kompetenz-Strukturmodell Politische Bildung wurde ein sogenannter Lernkorridor definiert, der altersgemäße Stufen des Kompetenzerwerbs festhält. Daraus ergibt sich intendiert, dass der Erwerb politischer Kompetenzen nicht allein in jenen Schulstufen erfolgen soll, in denen ein Pflichtgegenstand vorgesehen ist, sondern ein solcher Kompetenzerwerb im Rahmen des nach wie vor aufrechten Unterrichtsprinzips in allen Schulstufen, Gegenständen und Schultypen angestrebt wird. Dies schließt auch die Volksschule und die Schulstufen 5 bis 7 ein. In allen anderen Schulstufen ist Politische Bildung bereits als Pflichtgegenstand (Berufsschule) oder als Kombinationsgegenstand verankert.

 

Ziel der Lehrplanarbeit ist es jedenfalls, altersadäquate Lehrstoffinhalte zu formulieren und durch Materialien und Schulbücher sowie Lehrkräfteaus- und -fortbildung als Begleitmaßnahme zu unterstützen.

 

Zu Frage 5:

Derzeit ist keine Gesetzesvorlage in Vorbereitung.

 

Zu Frage 6:

Eingangs wird angemerkt, dass bereits mit der Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre eine verstärkte politische Partizipation der Schülerinnen und Schüler ermöglicht wurde. Ferner konnten mit der Demokratie-Initiative der Bundesregierung „Entscheidend bist Du!“ bereits wichtige Elemente von Schuldemokratie in zahlreichen Schulen initiiert werden. Im Lehrplan „Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung“ für die 8. Schulstufe heißt es dazu in den didaktischen Grundsätzen: „Der Unterricht soll die Bereitschaft und Fähigkeit zu politischem Handeln fördern. Dazu ist es erforderlich, eigene Positionen zu artikulieren, Positionen anderer zu verstehen und aufzugreifen, sowie an der gemeinsamen Entwicklung von Lösungen mitzuwirken. Diese für politisches Handeln zentralen Fähigkeiten sind anhand konkreter Beispiele, etwa durch Simulationsspiele und im Rahmen der Einrichtungen der Schuldemokratie zu vermitteln (Politische Handlungskompetenz).“

 

Des Weiteren wird für den Erwerb politischer Methodenkompetenz dezidiert die Vorbereitung und Teilnahme an Schülervertretungswahlen angeführt.


Bezogen auf individuell beeinflussbares politisches Handeln erfordert die Lehrstoffverteilung der 8. Schulstufe eine Auseinandersetzung mit folgender Formulierung: „Demokratie und Möglichkeiten ihrer Weiterentwicklung (Formen der Mitbestimmung, e-Democracy); Zukunftschancen im Spannungsfeld zwischen persönlichen und gesellschaftlichen Anliegen.“

 

Außerdem ist das Unterrichtsprinzip „Politische Bildung“ auch weiterhin fächerübergreifend gültig und ermöglicht somit auch in anderen Unterrichtsfächern die aktive Auseinandersetzung mit Themen zur politischen Bildung. Dies findet auch in den Lehrplänen zu anderen Unterrichtsgegenständen seinen Niederschlag.

 

Zu Frage 7:

-     Übereinkommen zur Regelung schulautonomer Tage

-     Umgehen mit dem Instrument der Verhaltensvereinbarungen

-     Entwicklung der neuen Reifeprüfung (unter intensiver Einbeziehung der Schülervertreter, Schulpartnerforum -2/2009, Einbeziehen in Arbeitsgruppen)

 

Zu Frage 8:

Die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler in den einzelnen Vertretungsgremien sind gesetzlich detailliert bestimmt und sehr umfangreich. So sind die Landes- und Bundesschülervertretungen dazu aufgerufen, Schülerinnen und Schüler in ihrer Schülereigenschaft zu vertreten. Damit sind alle Belange angesprochen, die Schülerinnen und Schüler betreffen. An die Schaffung weiterer Gremien ist derzeit nicht gedacht.

 

Zu Frage 9:

Das Schülervertretungengesetz (SchVG) sieht derzeit das aktive Wahlrecht für Stellvertreter im nachweislichen Verhinderungsfall vor. Eine Ausweitung des Stimmrechts auf die beiden Stellvertreter kann grundsätzlich überlegt werden, bedarf aber zunächst intensiver Abstimmung auch auf Landesebene.

 

Zu Fragen 10 und 11:

Wie bereits ausgeführt bestehen zahlreiche Möglichkeiten der Mitsprache auf Landes-, Bundes- und Schulstandortebene. Viele der vorgesehenen Möglichkeiten werden – wie aus diversen Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler hervorgeht – oftmals gar nicht genützt. Hier erfolgt eine regelmäßige Unterstützung durch die Fachabteilung des Ressorts, die die Schülervertreterinnen und –vertreter in allen Fragen und Anliegen berät und die auf Bundesebene für den Bereich der Zentralstelle vorgesehenen Veranstaltungen usw. abwickelt. Aber auch die Schulpartner in ihrer Gesamtheit haben gesetzlich geregelte Mitsprachemöglichkeiten, die in unterschiedlichem Ausmaß genützt werden. Schulpartnerschaft stärken kann aber nicht durch reines Erlassen von Gesetzen oder Verordnungen erfolgen, Schulpartnerschaft stärken heißt auch ein positives Gesprächklima schaffen, die Anliegen der jeweiligen Gesprächspartner ernst nehmen und ein gemeinsames Suchen nach Lösungen. Was die Stärkung des autonomen Schulstandortes betrifft, so müssen die nächsten Entwicklungen in Bezug auf die Verwaltungsreform, das neue Lehrkräftedienstrecht und die damit verbundenen Neuerungen in Bezug auf den Schulstandort abgewartet werden.


Zu Frage 12:

Die Aufgaben der gesetzlichen Schülervertreter sind im § 3 Abs. 1 SchVG genannt und sehen ua. vor:

-     Beratung der Schulbehörden in grundsätzlichen Fragen des Unterrichts und der Erziehung

-     Erstattung von Vorschlägen zur Erlassung von Gesetzen und Verordnungen

-     Abgabe von Stellungnahmen zu Gesetzes- und Verordnungsentwürfen

Über diese Einbindung der Schülervertreter in Gesetzesvorhaben der Bundesregierung oder Verordnungsentwürfe hinaus gibt es Sitzungen mit der Bundesschülervertretung, die die gegenseitige Information und den Gedankenaustausch über Anliegen der Schülerinnen und Schüler ermöglichen soll.

Weiters erfolgt die Einladung der Schülervertreter zu Veranstaltungen mit allen Schulpartnern, wie dem Schulpartnerforum (Bildungsstandards – 2008, Standardisierte, kompetenzorientierte Reifeprüfung – 2009, Lehrer/innenbildung – 2010) oder dem Schulpartnerdialog (Verhaltensvereinbarungen – 2008, Sprachenlernen – 2010).

 

Zu Frage 13:

Eine Auseinandersetzung mit dem gesetzlichen Aufbau der Schülervertretung ist gemäß Lehrplan schon jetzt jederzeit möglich, da der Lehrplan nicht nur in den didaktischen Grundsätzen und in der Lehrstoffverteilung dies ermöglicht, sondern in den Einleitungssätzen des Lehrplanes dezidiert darauf verweist, dass auf die Lebens- und Erfahrungswelt der Schülerinnen und Schüler Bezug zu nehmen ist. Die Verankerung reinen Institutionenwissens widerspräche allerdings den Bemühungen, Jugendlichen jene Kompetenzen zu vermitteln, die sie befähigen, selbst mitzugestalten, sich selbst Wissen anzueignen und die bestehenden Instrumente, zu denen auch die Schülervertretung zählt, für die Durchsetzung ihrer eigenen Interessen zu nützen. Hier scheint es viel wesentlicher zu sein, die SchülerInnenvertreterInnen selbst ausreichend in Bildungsvorhaben zu schulen, sodass sich diese ihrer Rechte und Pflichten und vor allem ihrer Möglichkeiten im Rahmen der schuldemokratischen Einrichtungen bewusst werden und dadurch engagiert und couragiert handeln können.

 

Zu Frage 14:

Die Aufgabe der überschulischen Schülervertretung besteht zunächst in der Vertretung der Interessen der Schülerinnen und Schüler gegenüber den in § 2 Abs. 1 bis 3 SchVG aufgelisteten Stellen und Einrichtungen. Darüber hinaus obliegt ihr die Beratung der Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Schülermitverwaltung (§ 2 Abs. 4 SchVG). Mit welchen Mitteln die Schülervertretung diese Aufgaben erfüllt, spricht § 3 SchVG an, darunter die Herausgabe von Rundschreiben und Informationen in schulischen Angelegenheiten. Die in dieser Bestimmung genannten Rundschreiben und Informationen können auch auf elektronischem Weg veröffentlicht werden. Die überschulische Schülervertretung hat demnach bestimmte, gesetzlich vorgegebene Aufgaben zu erledigen. Die Bundesschülervertretung hat sohin im Zuge der Erfüllung der gesetzlich übertragenen Aufgaben bei der Öffentlichkeitsarbeit jene Autonomie, die notwendig ist, um Schülerinnen und Schüler in ihrer Schülereigenschaft zu vertreten. Zu beachten sind dabei einerseits die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit, andererseits die Wertmaßstäbe von § 2 des Schulorganisationsgesetzes (§ 3 Abs. 2 SchVG). Rechtlich gesehen ist die überschulische Schülervertretung als gesetzlich eingerichtete Interessensvertretung der Schülerinnen und Schüler der jeweiligen Schulbehörde zugeordnet und verfügt die überschulische Schülervertretung über keine eigene Rechtspersönlichkeit. Sie kann daher keine Rechtsgeschäfte abschließen, die die Einrichtung eines eigenen Internetauftritts zum Gegenstand haben oder eine Homepage im eigenen Namen und unter eigener Verantwortung betreiben. Den infrastrukturellen Erfordernissen wird durch Zurverfügungstellung von Ressourcen durch die Schulbehörden in deren Namen und deren (finanzieller) Verantwortung Rechnung getragen (§ 37 SchVG).

 

Zu Frage 15:

Im Schuljahr 2009/2010 gab es neben den in Beantwortung der Frage 12 angeführten schulpartnerschaftlichen Sitzungen eine Sitzung mit der Bundesschülervertretung im März 2010. Themen waren dabei die standardisierte, kompetenzorientierte Reifeprüfung, die Lehrer/innenbildung NEU, Stärkung der Schulpartnerschaft, Strukturen der Schülervertretung. Eine zusammenfassende Niederschrift wurde angefertigt.

Maßnahmen zur Steigerung der Bildungsqualität können nur auf gesetzlicher Basis getroffen werden, bei der die Schülervertretung im Rahmen der Begutachtungsverfahren selbstverständlich einbezogen wird.

 

 

Die Bundesministerin:

 

Dr. Claudia Schmied eh.